Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-140001/10/Ki/Shn

Linz, 04.11.1996

VwSen-140001/10/Ki/Shn Linz, am 4. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Anita W, gegen das Straferkenntnis der BH Braunau/Inn vom 19. April 1996, VerkR96-15198-1996-Shw, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. September 1996 zu Recht erkannt:

I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat die Berufungswerberin als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 300 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 19. April 1996, VerkR96-15198-1996-Shw, gemäß § 54 Abs.3 Eisenbahngesetz 1957 über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt, weil sie am 1.3.1996 gegen 07.15 Uhr den Schulbus mit dem Kennzeichen auf der unbenannten Gemeindestraße im Ortsbereich von O, Gemeinde S, von Reikersdorf kommend in Richtung Dietfurt lenkte und im Zuge dieser Fahrt den im Ortsbereich von O befindlichen unbeschrankten Bahnübergang der Bahnlinie Braunau/Inn Neumarkt/Kahlham (Eisenbahnkilometer 56,272) trotz Annäherung eines Schienenfahrzeuges übersetzt hat. Sie habe dadurch § 17 Abs.2 1. Satz Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1991 und § 54 Abs.3 Eisenbahngesetz 1957 verletzt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 150 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Bw mit Schriftsatz vom 7. Mai 1996 Berufung erhoben und beantragt, das gegen sie eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen bzw angesichts ihrer bisherigen Unbescholtenheit auch eine Ermahnung auszusprechen oder die Geldstrafe entsprechend herabzusetzen.

In der Begründung führt sie im wesentlichen an, daß sie sich vor dem Übersetzen Gewißheit darüber verschafft hat, daß ihr Fahrmanöver völlig gefahrlos sei. Zur Übersetzung des Bahnüberganges sei es gekommen, als das Schienenfahrzeug noch 400 - 500 m vom Bahnübergang entfernt war.

Der Begriff "Annäherung" bedeute ihrer Ansicht nach nicht, daß ein Bahnübergang dann nicht überfahren werden dürfe, wenn sich ein Schienenfahrzeug im Sichtbereich befinde. Nur wenn sich ein Schienenfahrzeug bereits nahe der Eisenbahnkreuzung befinde und sich somit annähere, sei eine Querung verboten.

Die Gesetzesstelle des § 17 Abs.2 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung könne im Zusammenhang mit der Gesetzesstelle des § 17 Abs.1 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung nur so ausgelegt werden, daß ein Queren des Bahnüberganges dann verboten sei, wenn sich das Schienenfahrzeug bereits in einer entsprechenden Nähe zum Bahnübergang befinde.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. September 1996 Beweis erhoben. Diese Verhandlung wurde am vorgeworfenen Tatort im Beisein der Bw bzw ihres Rechtsvertreters geführt. Die Erstbehörde hat sich für die Teilnahme an der mündlichen Berufungsverhandlung entschuldigt. Als Zeuge wurde der Anzeiger, Lokführer Franz R, einvernommen.

I.5. Die Bw bestätigte im Rahmen ihrer Einvernahme, daß sie die verfahrensgegenständliche Eisenbahnkreuzung zur Tatzeit mit einem Schulbus aus Richtung Reikersdorf kommend passiert hat. Sie sei vor der Eisenbahnkreuzung stehen geblieben und habe den aus Richtung Linz kommenden Zug gesehen. Dieser habe sich auf Höhe einer kleinen Siedlung in einer Entfernung von ca 400 - 500 m von der Eisenbahnkreuzung befunden. Sie sei daraufhin losgefahren und habe langsam beschleunigt. Zum Vorfallszeitpunkt hätten sich zwei Kinder im Fahrzeug befunden.

Der als Zeuge einvernommene Lokführer führte aus, daß er zum Vorfallszeitpunkt mit einer Fahrgeschwindigkeit von ca 100 km/h unterwegs gewesen sei. Er habe sich in etwa 500 m vor der Eisenbahnkreuzung befunden, als er den tatgegenständlichen Schulbus bereits gesehen habe. Er könne sich nicht mehr genau erinnern, ob die Bw vor der Eisenbahnkreuzung angehalten habe, als sie die Eisenbahnkreuzung passierte, habe er sich auf Höhe eines Stehers, und zwar des vierten Stehers von der Eisenbahnkreuzung gesehen, befunden. Dieser Steher ist ungefähr 30 m von der Eisenbahnkreuzung entfernt.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö. Verwaltungssenat im Rahmen der Beweiswürdigung wie folgt erwogen:

Gemäß § 17 Abs.2 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961, BGBl.Nr.2/1961 idgF, darf bei Annäherung eines Schienenfahrzeuges die Eisenbahnkreuzung nicht übersetzt werden.

Zur Auslegung der verfahrensgegenständlichen Bestimmung der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung vertritt der O.ö. Verwaltungssenat die Auffassung, daß diese Bestimmung nicht nur dem Schutz der sich auf der Fahrbahn befindlichen bzw die Eisenbahnkreuzung querenden Fahrzeuge dient, sondern daß insbesondere auch die Sicherheit des Eisenbahnverkehrs gewährleistet sein soll. Die Anhaltepflicht bei Annäherung eines Eisenbahnfahrzeuges hat auch den Sinn, daß der Lokführer durch querende Fahrzeuge in keiner Weise genötigt wird, durch eine allfällige Notbremsung die Fahrgäste des Zuges zu gefährden.

Ausgehend von der Rechtfertigung der Bw, sie hätte vor der Eisenbahnkreuzung angehalten, und es hätte sich die Zuggarnitur zu diesem Zeitpunkt in einer Entfernung von 500 m befunden, sodaß sie die Eisenbahnkreuzung noch vor dem Zug passieren konnte, vertritt der O.ö. Verwaltungssenat die Auffassung, daß unter diesen Umständen die Überquerung nicht mehr zulässig gewesen wäre. Rein rechnerisch ergibt sich, daß die Zuggarnitur eine Strecke von 500 m bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h in ca 18 sec zurücklegt. Wenn auch im Regelfall während dieses Zeitraumes das Passieren der Eisenbahnkreuzung ohne Behinderung der Zuggarnitur noch möglich sein wird, so darf nicht übersehen werden, daß im Falle einer allfälligen Fahrzeugpanne bzw eines allfälligen Fehlverhaltens (etwa Schaltfehler udgl) das Fahrzeug auf der Eisenbahnkreuzung zum Stillstand kommen könnte. In diesem Fall hätte der Lokführer keinerlei Chance mehr, die Zuggarnitur rechtzeitig zum Stillstand zu bringen. Eine Kollision mit dem sich auf der Eisenbahnkreuzung befindlichen Fahrzeug wäre dann unvermeidlich und es wäre auch eine Gefährdung der Zugpassagiere durch die Kollision bzw die vermutlich eingeleitete Notbremsung sehr wahrscheinlich.

Aus diesem Grund hätte die Bw auch unter den von ihr dargelegten Umständen die Eisenbahnkreuzung nicht mehr passieren dürfen.

Aufgrund der dargelegten Erwägungen gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zum Ergebnis, daß die der Bw vorgeworfene Verwaltungsübertretung objektiv als erwiesen anzusehen ist.

Was die subjektive Tatseite (§ 5 VStG) anbelangt, so sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, welche die Bw diesbezüglich entlasten würden und es wurden solche Umstände von ihr auch nicht behauptet. Sie hat daher die vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

Bei diesem Verfahrensergebnis war es nicht mehr erforderlich, die von der Bw beantragten Beweise (Sichtprobe, Sachverständigengutachten) aufzunehmen, zumal ohnehin eine Beurteilung aufgrund ihrer eigenen Angaben erfolgte.

Was die Strafbemessung (§ 19 VStG) anbelangt, so hat die Erstbehörde vom Ermessen iSd Gesetzes Gebrauch gemacht. Die verhängte Strafe erscheint tat- und schuldangemessen und auch im Hinblick auf die - unbestrittenen - Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zumutbar. Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit wurde als strafmildernd gewertet.

Bei dem gesetzlich vorgesehenen Strafrahmen (Geldstrafe bis zu 10.000 S) erscheint sowohl aus spezialpräventiven als auch aus generalpräventiven Gründen die Erteilung einer bloßen Ermahnung bzw Herabsetzung der Geldstrafe nicht vertretbar, darf doch nicht übersehen werden, daß die Bw als Schulbuslenkerin eine besondere Verantwortung trifft.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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