Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150071/6/Lg/Bk

Linz, 25.02.1999

VwSen-150071/6/Lg/Bk Linz, am 25. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 11. Februar 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn G gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 29. Juli 1998, Zl. BauR96-648-1997, wegen Übertretung des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 600 S zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 VStG iVm §§ 7 Abs.1, 12 Abs.1 Z2 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (BStFG), BGBl.Nr. 201/1996 idF BGBl.Nr. 656/1996. Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG. Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 3.000 S verhängt, weil er am 26.8.1997 um 10.50 Uhr das Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen (D) auf der A8 Innkreisautobahn als mautpflichtige Bundesstraße A (Autobahn) gemäß § 1 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (Mautstreckenverordnung BGBl.Nr. 615/1996) aus Richtung Wels kommend zum Grenzübergang Suben gelenkt habe, wobei im Zuge der Ausreisekontrolle etwa bei ABKm 75,4 festgestellt worden sei, daß am Kfz keine gültige Maut-Vignette angebracht war und somit die zeitabhängige Maut nicht entrichtet wurde.

2. In der Berufung wird - im Hinblick auf ausländische Praktiken - geltend gemacht, daß dem Berufungswerber die Mautpflicht nicht bekannt gewesen sei. Die auf die Mautpflicht verweisende Beschilderung sei unzureichend gewesen. Auch sei der Bw bei der Einreise nicht auf die Mautpflicht aufmerksam gemacht worden. Der Grenzübergang liege außerdem nicht bei ABKm 75,4, sodaß ein unrichtiger Tatort angelastet worden sei. Weiters wird angeführt, daß sich auf der Grundlage der Angaben des Meldungslegers eine Zahlstelle erst 100 m nach der Grenzkoje befinde, sodaß man aus dem Ausland kommend notwendig 100 m auf einer mautpflichtigen Strecke zurücklegen müsse, ohne eine Vignette gelöst haben zu können. Als Milderungsgründe werden angeführt: - der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, daß die Tat mit den sonstigen Verhalten in Widerspruch steht; - die Tat lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde; - die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen wurde; - die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit als mit vorgefaßter Absicht begangen wurde; - die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen; - es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen ist; - sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegenheit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde; - die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und seither ein Wohlverhalten vorliegt. 3. Da dies vom Vertreter des Bw ausdrücklich verlangt wurde, mußte eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden. In dieser kam es zu keiner relevanten Ergänzung des Berufungsvorbringens. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

4.1. Im vorliegenden Fall ist das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (BStFG 1996), BGBl.Nr. 201, anzuwenden, und zwar die §§ 7 und 12 in der Fassung BGBl.Nr. 656/1996. § 7 Abs.1 leg.cit. bestimmt, daß, solange für Fahrzeuge, die von den im Abs.2 genannten Kategorien umfaßt werden, keine fahrleistungsabhängige Maut für Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) und Bundesstraßen S (Bundesschnell-straßen) eingehoben wird, deren Benützung einer zeitabhängigen Maut unterliegt. Die Maut ist vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringung einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten. Abs.2 dieser Bestimmung regelt die Preise verschiedener Kategorien von Vignetten für verschiedene Kategorien von Fahrzeugen. Nach § 12 Abs.1 Z2 leg.cit. begehen Lenker von Kraftfahrzeugen, die mit diesen mautpflichtige Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) oder Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) benützen, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksver-waltungsbehörde mit Geldstrafe von 3.000 S bis zu 60.000 S zu bestrafen. Nach Abs.3 wird die Tat straflos, wenn der Täter bei der Betretung, wenngleich auf Aufforderung, den Preis einer entsprechenden Wochenvignette, einer Tageszusatzvignette für Fahrzeugkombinationen gemäß § 7 Abs.6, für einspurige Kraftfahrzeuge einer Zweimonatsvignette sowie einen in der Mautordnung festzusetzenden Zuschlag zahlt; hierüber ist dem Täter sofort eine Bescheinigung auszustellen. Nach Abs.6 sind die Bestimmungen der §§ 21 und 50 VStG auf Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 nicht anwendbar.

4.2. Dem Vorbringen der Rechtsunkenntnis des Bw ist entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch im Bereich des BStFG auch für den ausländischen Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme im Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. statt vieler das Erkenntnis des VwGH vom 18.12.1997, 97/06/0253). Dasselbe gilt bei Fehlen eines Hinweises auf die Mautpflicht bei der Zufahrt, da sich die Strafbarkeit aus § 12 Abs.1 Z2 iVm §§ 1 und 7 Abs.1 BStFG ergibt und § 6 BStFG daher nur deklarative Bedeutung hat (vgl. zB das Erkenntnis des VwGH vom 18.12.1997, Zl. 97/06/0224). Dies gilt selbstverständlich auch dann, wenn, wie vom Vertreter des Bw vorgebracht, die Tat ein Dreivierteljahr nach Inkrafttreten der diesbezüglichen Rechtslage liegt. Die zitierte Rechtsprechung des VwGH ist auch Bestandteil der ständigen Rechtsprechung des unabhängigen Verwaltungssenates und daher auch Inhalt von Entscheidungen in Fällen, in welchen der Vertreter des Bw anwaltlich tätig war (vgl. zB VwSen - 150028 vom 24.3.1998). Das Vorbringen, daß erst nach der Einreise der Kauf einer Vignette möglich sei, ist für den vorliegenden Sachverhalt irrelevant, da der Bw unbestrittenermaßen bei der Ausreise (!) betreten wurde. Abgesehen davon ist bekannt, daß sich schon auf dem Staatsgebiet der BRD Hinweistafeln auf die Mautpflicht in Österreich befinden und schon in der BRD auf der einschlägigen Strecke vor der Einreise in Österreich die Möglichkeit besteht, die Vignette zu erwerben. Überdies wird aufgrund einer Erlaßpraxis die ordnungsgemäße Anbringung der Vignette bei der Einreise bzw zumindest bis zur ersten Verkaufsstelle nicht kontrolliert. (Vgl. zu all dem zB die unwidersprochen gebliebenen Feststellungen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu VwSen - 150058 mit demselben Rechtsvertreter.) Dem Vorbringen, der Tatort sei - wegen einer unrichtigen Kilometerangabe der Lage der Grenzkontrollstelle - falsch bezeichnet, ist entgegenzuhalten, daß mit der Angabe der Betretung des Bw bei der Grenzkontrollstelle der Tatort ausreichend konkretisiert ist (keine Gefahr der Tatverwechslung bzw der Doppelbestrafung; keine Einschränkung des Bw in seinen Verteidigungsmöglichkeiten; zu diesen Kriterien vgl. die ständige Rechtsprechung des VwGH). Sollte daher die - nicht essentielle - Kilometerangabe über die Lage der Grenzkontrollstelle falsch sein, würde dies nicht schaden. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die Erstbehörde bereits begründet hat, warum sie von der Richtigkeit dieser Kilometerangabe ausgeht. Im Gegensatz dazu hat der Vertreter des Bw weder kundgetan, wie er zu der Auffassung kommt, daß die Angabe falsch sein könnte bzw wo seiner Auffassung nach die Grenzkontrollstelle tatsächlich liegt. Letztlich läuft dieses Ansinnen auf einen Erkundungsbeweis über die genaue geographische Lage der Grenzkontrollstelle hinaus. Dazu kommt, daß der Vertreter des Bw in anderen Fällen (vgl. VwSen - 150041) monierte, die Kilometerangabe 75,4 wäre in den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aufzunehmen gewesen, woraus erhellt, daß der Vertreter des Bw selbst von der Richtigkeit dieser Kilometerangabe ausging. Schließlich ist nochmals auf die Feststellung (der Richtigkeit der gegenständlichen Kilometerangabe) in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu VwSen - 150058 hinzuweisen, welche vom selben Rechtsvertreter unwidersprochen blieb.

Zu dem auf eine Anwendung des § 20 VStG abzielenden Katalog von Milderungsgründen im Berufungsschreiben des Vertreters des Bw ist zu bemerken, daß es sich bei § 20 VStG, wie der Titel dieser Bestimmung schon sagt, um eine "außerordentliche" Milderung der Strafe handelt. Eine solche "außerordentliche" Milderung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn Milderungsgründe behauptet werden, die sich, zumal bei ausländischen Kraftfahrern, geradezu regelmäßig geltend machen lassen, sodaß über § 20 VStG die gesetzliche Mindeststrafe in der Praxis unterlaufen würde. Der "Regelcharakter" des vom Vertreter des Bw angeführten Katalogs zeigt sich schon darin, daß der Vertreter des Bw diesen Katalog geradezu serienmäßig bei Berufungen nach dem BStFG ins Treffen führt. Anstelle weiterer Beispiele sei auf das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates vom 24.3.1998, Zl. VwSen - 150028 hingewiesen. Bereits dort hatte der unabhängige Verwaltungssenat gegenüber demselben Vertreter eines anderen Bw folgendes ausgeführt: "Die vom Bw geltend gemachten Milderungsgründe sind zwar zahlreich, fallen jedoch insgesamt nicht so ins Gewicht, daß von einem Überwiegen im Sinne des § 20 VStG gesprochen werden könnte: Die fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs.1 VStG). Die Unbesonnenheit, die verlockende Gelegenheit und die Nichtschädigung Dritter stellen normale Begleitumstände der Tatbegehung dar, denen kein erheblicher Milderungseffekt zukommen kann. Inwiefern die freiwillige Abstandnahme von weitergehenden Schadenszufügungen mildernd zum Tragen kommen könnte, ist nicht ersichtlich. Das Wohlverhalten vor und nach der Tat ist zwar lobenswert, jedoch nicht so bedeutsam, daß, auch in Verbindung mit den sonstigen Umständen, eine Anwendung des § 20 VStG gerechtfertigt wäre." Diese Ausführungen seien dem Vertreter des Bw im Interesse der Verfahrensökonomie in künftigen Fällen noch einmal in Erinnerung gerufen. Ergänzend sei bemerkt, daß der Rechtsirrtum des Bw am Ergebnis nichts ändert. Sonstige Umstände, die nach Auffassung des Vertreters des Bw einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen könnten, hat der Vertreter des Bw nicht angeführt. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Langeder

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