Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150232/13/Lg/Gru/Hu

Linz, 24.11.2004

 

 

 VwSen-150232/13/Lg/Gru/Hu Linz, am 24. November 2004

DVR.0690392

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Z M, F, D H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 26. Juli 2003, Zl. BauR96-51-2003, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002, zu Recht erkannt:
 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er am 8.3.2003 um 16.45 Uhr ein Kraftfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen auf der A8 Innkreisautobahn als mautpflichtige Bundesstraße, ABKM 033,600 bis zum Parkplatz Aistersheim, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, gelenkt habe, wobei im Zuge einer Kontrolle festgestellt worden sei, dass am Kraftfahrzeug keine Mautvignette angebracht war und er somit die zeitabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet habe.
  2. In der Begründung wird auf die Anzeige der Verkehrsabteilung - Außenstelle Wels - vom 8.3.2003 und auf den Einspruch gegen die Strafverfügung vom 18.3.2003 Bezug genommen. Dort ist der entscheidungswesentliche Sachverhalt festgehalten.

     

  3. In der Berufung wird behauptet, der Bw habe an der ARAL-Autobahnstation in Aistersheim angehalten, um eine Vignette zu erwerben. Dabei wurde er von zwei Polizeibeamten ersucht sich auszuweisen bzw. gefragt, warum er keine Vignette angebracht habe. Nachdem er den Beamten erklärt habe, dass er auf Grund verschiedener Umstände noch keine Möglichkeit hatte, sich eine Vignette zu besorgen wurde er angewiesen, sich unverzüglich eine zu kaufen; er müsse sich dann keinerlei weiteren Maßnahmen mehr unterziehen.
  4.  

    Der Bw fühle sich ungerecht behandelt, denn nach den Aussagen der Polizeibeamten hätte er nicht mit weiteren Konsequenzen zu rechnen. Er verstehe nicht, warum er "solch eine Geldstrafe" verordnet bekäme, wo er sich doch eine Tagesvignette erwarb und dies auch mit dem Kassenbon nachweisen kann.

     

  5. Der Unabhängige Verwaltungssenat beraumte für den 27. Oktober 2004 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. Der Bw entschuldigte sich telefonisch beim erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats mit dem Hinweis auf eine Krankheit und eine für Ende November 2004 anberaumte Operation. Dies sei durch ärztliche Atteste belegbar. Er stehe frühestens ab Anfang Jänner für eine öffentliche mündliche Verhandlung zur Verfügung, an welcher er unbedingt teilnehmen möchte.
  6.  

    Zum Tathergang führt er aus, er habe seinen Bruder in Traiskirchen besuchen wollen. Er sei deshalb zur gegenständlichen Raststätte zugefahren, weil er die Vignette kaufen wollte. Er räumte allerdings ein, dass er bereits bei einer Autobahnraststätte zuvor dies hätte tun können, diese Raststätte allerdings wegen Tratschens seiner Frau und der Sichtbehinderung durch einen Lkw übersehen hätte.

     

    Auf der gegenständlichen Raststätte sei er von der Polizei kontrolliert worden, bevor er die Vignette kaufen habe können. Es habe sich um eine allgemeine Fahrzeugkontrolle gehandelt. Unter anderem hätte ihn der Polizist (der zweite Polizist sei im Polizeiauto verblieben) darauf aufmerksam gemacht, dass die Vignette fehlt. Der Bw habe ihn über seine Absicht, die Vignette zu kaufen, aufgeklärt. Der Polizist habe ihm gesagt, dass dies nicht genüge. Der Polizist habe daraufhin die Daten notiert und auf die Frage des Bw, was denn nun wegen der Vignette zu erwarten sei, gesagt, es werde ein Bescheid gegeben werden. Der Bw solle sich eine Vignette kaufen. Daraufhin habe sich der Bw eine Vignette gekauft. Es sei dem Bw mit Sicherheit nicht die erhöhte Ersatzmaut angeboten worden. Von dieser Möglichkeit habe er erst später erfahren. Diesen Hergang könne auch seine Frau bezeugen. Der Polizist habe ihm nur gesagt, er solle gehen und sich die Vignette kaufen; die erhöhte Ersatzmaut habe er dem Bw mit Sicherheit nicht angeboten. Der Bw hätte mit Sicherheit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, er habe ausreichend Bargeld mit sich geführt.

     

  7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs.1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs.1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs.1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs.1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs.1). Kann wegen einer von einem Organ der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommenen Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.1 keine bestimmte Person beanstandet werden, so ist nach Möglichkeit am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

 

4.2. In der vorliegenden Situation ist zu berücksichtigen, dass es dem Unabhängigen Verwaltungssenat innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist (§ 51 Abs.7 VStG) nicht möglich ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Teilnahme des befristet wegen Krankheit verhinderten Bw durchzuführen, wobei aus rechtsstaatlichen Gründen ein Anspruch auf eine solche Teilnahme gegeben ist. Dies hat zur Konsequenz, dass dem Bw aufgrund des derzeitigen Standes des Ermittlungsverfahrens - im Zweifel - hinsichtlich der Behauptung, es sei ihm die Ersatzmaut nicht angeboten worden, Glauben zu schenken ist.

 

4.3. Es stellt sich in rechtlicher Hinsicht die Frage, ob das Angebot der Ersatzmaut eine Voraussetzung für die Strafbarkeit nach dem BStMG darstellt.

 

Bei Verstößen gegen das BStFG sah dieses in § 13 Abs.3 leg.cit. einen Strafaufhebungsgrund (bei Bezahlung der Ersatzmaut "wenngleich auf Aufforderung") vor. Dazu sprach der Verwaltungsgerichtshof (vgl. das Erkenntnis vom 9.9.1999, Zl. 98/06/0105) aus, dass die Tat auch dann nicht straflos wird, wenn "die Aufforderung aus welchen Gründen immer unterblieben" ist. "Nach der klaren Anordnung des Gesetzes ist ... die erfolglose Aufforderung nicht Voraussetzung der Strafbarkeit; die Tat wird vielmehr auch dann nicht straflos, wenn die zuvor genannten Beträge nicht entrichtet werden, mag auch die Aufforderung aus welchen Gründen immer unterblieben sein" (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 18.12.1997, Zl.97/06/0242).

 

Dem gegenüber wurden die Bestimmungen des BStMG (anzuwenden ab 1.1.2003) über die Vorgangsweise der Organe wesentlich detailgenauer; dies trifft insbesondere auch auf die einschlägigen Passagen der als Verordnung einzustufenden Mautordnung zu. Insbesondere aber scheint nunmehr ausdrücklich eine Pflicht der Organe zu bestehen, auf bestimmte Art und Weise die Möglichkeit zur Bezahlung der Ersatzmaut einzuräumen.

 

Wessely, ZVR 07/08, 2004, Seite 229 ff, vertritt dazu die Auffassung, dass ein Rechtsanspruch auf die Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut besteht und verwaltungsstrafrechtliche Ahndung der Mautprellerei ohne vorhergehende Aufforderung nicht in Betracht kommt (Aufforderung als Voraussetzung der Strafbarkeit; vgl. Seite 232).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

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