Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150253/7/Lg/Hue/Hu

Linz, 19.07.2005

 

 

 VwSen-150253/7/Lg/Hue/Hu Linz, am 19. Juli 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Dr. R K, S, G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 8. Juli 2004, Zl. VerkR96-2748-2004, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen verhängt, weil er am 7.3.2004 um 14.30 Uhr als Lenker des PKW in Laakirchen auf der Westautobahn A1 auf der Höhe des Strkm. 212,300 (Parkplatz der Raststätte Lindach-Nord), eine Mautstrecke benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Am Fahrzeug wäre keine Mautvignette angebracht gewesen. Der Berufungswerber habe dadurch den § 20 Abs.1 iVm § 10 Abs.1 und § 11 Abs.1 BStMG verstoßen und sei gemäß § 20 Abs.1 leg.cit. in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.
  2.  

    In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige. Bezug genommen wird ferner auf den Einspruch gegen die Strafverfügung, eine zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers und auf eine weitere Stellungnahme des Bw.

     

  3. In der Berufung führt der Bw im Wesentlichen aus, dass er zum Tatzeitpunkt im Besitz einer gültigen Jahresvignette gewesen und diese auch hinter der Windschutzscheibe auf dem Armaturenbrett gut sichtbar gelegen sei. Die Vignette sei deshalb nicht angebracht worden, weil auf das polizeiliche Kennzeichen insgesamt 3 Kfz zugelassen seien und der Bw nicht einsehe, weshalb er auf alle drei Fahrzeuge eine Vignette aufkleben solle. Man könne immer nur mit einem dieser Kfz die öffentlichen Straßen befahren. Es liege Verfassungswidrigkeit vor, da die Besitzer mehrerer gemeinsam über ein Wechselkennzeichen auf sie zugelassener Fahrzeuge gegenüber den Besitzern lediglich eines Fahrzeuges durch die geltenden einschlägigen Bestimmungen gröblich benachteiligt würden. Weiters sei das gegenständliche Kfz auf einem Parkplatz beanstandet worden und dieser stelle keine mautpflichtige Bundesstraße dar. Auch sei eine allfällige Mautpflicht auf diesem Parkplatz jedenfalls und in jeder Hinsicht, sowohl was die Festlegung im BStMG bzw. in der Mautordnung als auch die entsprechende Beschilderung betrifft, nicht ordnungemäß kundgemacht worden. Auch habe es die belangte Behörde unterlassen zu erheben, wie das Kfz auf den Parkplatz gelangt sei. Der Strafrahmen ab 400 Euro sei überdies unangemessen hoch. Vor allem aber entspreche der am Fahrzeug hinterlassene Verständigungszettel nicht den Formvorschriften des BStMG zur Aufforderung der Entrichtung einer Ersatzmaut.
  4.  

    Beantragt wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

     

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  6.  

    Laut Anzeige vom 7. März 2004 sei am Fahrzeug keine Mautvignette angebracht gewesen. Aus dem Luftschlitz im Inneren des Kfz links vorne habe jedoch eine Jahresvignette herausgeragt. Diese sei aber nicht einwandfrei zu erkennen gewesen.

     

    Nach Strafverfügung räumte der Bw ein, im Besitz einer gültigen Vignette gewesen zu sein, diese jedoch wegen eines Wechselkennzeichens für 3 Kfz nicht auf die Windschutzscheibe aufgeklebt zu haben. Die restliche Argumentation des Bw folgt im Wesentlichen der Begründung in der später eingebrachten Berufung.

     

    Eine Kopie des Verständigungszettel, der am Kfz des Bw hinterlassen wurde, liegt im Akt auf. Auf diesem Vordruck heißt es: "Sehr geehrte(r) Fahrzeuglenker(in)! Ihr Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ... wurde am ... um ... Uhr auf dem 1. Groß-Parkplatz ...Loibichl, Gmd. Innerschwand, Bezirk Vöcklabruck, O.Ö., der A1 Westautobahn Fahrtrichtung Wien Km 259,1 ... 2. Lindach Nord Gmd. Laakirchen Bezirk Gmunden, O.Ö., A1 Westautobahn Fahrtrichtung Salzburg Km 212,331 3. Lindach Süd Gmd. Laakirchen, Bezirk Gmunden, O.Ö., A1 Westautobahn Fahrtrichtung Wien Km 212., 210 ... ohne oder ungültigen Vignette angetroffen. Ich ersuche Sie höflichst, bitte setzen Sie sich umgehend bis 19.00 Uhr mit der oben angeführten Dienststelle in Verbindung um den Sachverhalt klären. Sie haben die Möglichkeit 120 Euro zu bezahlen. Wenn Anzeige erstattet werden muss bewegt sich der Strafrahmen bis 2.180 Euro. Mindeststrafe bei einer Anzeige beträgt 220 Euro. Nach Ablauf der angeführten Zeit wird die Anzeige erstattet. Die abgelaufene Vignette Nr. ... wurde vorgefunden. Sonstiges: ... GI Z"

     

    Am 8. Juni 2004 wiederholte der Meldungsleger vor der BH Gmunden zeugenschaftlich im Wesentlichen die Angaben in der Anzeige. Er ergänzte, dass der hinterlegte Verständigungszettel von seiner Dienststelle ausgestellt wurde, da keine derartigen zur Verfügung gestellt wurden.

     

  7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs.1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs.1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs.1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs.1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs.1). Kann wegen einer von einem Organ der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommenen Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.1 keine bestimmte Person beanstandet werden, so ist nach Möglichkeit am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

 

4.2. Der Bw. geht von der Auffassung aus, dass ein (formgerechtes) Angebot zur Entrichtung der Ersatzmaut Strafbarkeitsvoraussetzung ist.

 

Dem ist grundsätzlich beizupflichten. Bei Verstößen gegen das BStFG sah dieses in § 13 Abs.3 leg.cit. einen Strafaufhebungsgrund (bei Bezahlung der Ersatzmaut "wenngleich auf Aufforderung") vor. Dazu sprach der Verwaltungsgerichtshof (vgl. das Erkenntnis vom 9.9.1999, Zl. 98/06/0105) aus, dass die Tat auch dann nicht straflos wird, wenn "die Aufforderung aus welchen Gründen immer unterblieben" ist. "Nach der klaren Anordnung des Gesetzes ist ... die erfolglose Aufforderung nicht Voraussetzung der Strafbarkeit; die Tat wird vielmehr auch dann nicht straflos, wenn die zuvor genannten Beträge nicht entrichtet werden, mag auch die Aufforderung aus welchen Gründen immer unterblieben sein" (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 18.12.1997, Zl.97/06/0242).

 

Dem gegenüber wurden die Bestimmungen des BStMG (anzuwenden ab 1.1.2003) über die Vorgangsweise der Organe wesentlich detailgenauer; dies trifft insbesondere auch auf die einschlägigen Passagen der als Verordnung einzustufenden Mautordnung zu. Insbesondere aber scheint nunmehr ausdrücklich eine Pflicht der Organe zu bestehen, auf bestimmte Art und Weise die Möglichkeit zur Bezahlung der Ersatzmaut einzuräumen.

 

Wessely, ZVR 07/08, 2004, Seite 229 ff, vertritt dazu die Auffassung, dass ein Rechtsanspruch auf die Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut besteht und verwaltungsstrafrechtliche Ahndung der Mautprellerei ohne vorhergehende Aufforderung nicht in Betracht kommt (Aufforderung als Voraussetzung der Strafbarkeit; vgl. Seite 232).

 

Gegenständlich wurde dem Bw zwar die Leistung der Ersatzmaut der Sache nach angeboten ("Sie haben die Möglichkeit, 120 Euro zu bezahlen"). Der Verständigungszettel enthielt jedoch falsche Angaben über den gesetzlichen Strafrahmen (220 Euro bis 2.180 Euro anstatt 400 Euro bis 4.000 Euro). Ein mit einem solchen Mangel behaftetes Angebot der Leistung der Ersatzmaut ist dem gänzlichen Unterbleiben des Angebots der Ersatzmaut gleichzuhalten, da dies zu einer Fehleinschätzung des Strafrisikos im Falle der Durchführung eines Strafverfahrens nach sich zu ziehen geeignet ist.

 

In Anbetracht dieses Ergebnisses kann dahingestellt bleiben, ob die vom Bw angeführten Mängel (Fehlen einer Identifikations- und Kontonummer) zum selben Ergebnis führen würden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 
 
 

 

 

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum