Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150282/2/Lg/Hue/Hu

Linz, 24.01.2006

 

 

 

VwSen-150282/2/Lg/Hue/Hu Linz, am 24. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des S S, P, O, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H G, H, R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 4. Jänner 2005, Zl. BauR96-158-2004, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 17 Stunden herabgesetzt.
  2.  

  3. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 20 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er am 4. September 2004 um 5.28 Uhr als Lenker eines Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen ... im Gemeindegebiet St. Marienkirchen bei Schärding die A8 Innkreisautobahn bei km 74,290 auf der Richtungsfahrbahn Knoten Voralpenkreuz benützt habe, ohne dass die für die Benützung der Autobahn vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Die Achsenzahl des Kfz (4) sei höher gewesen als die eingestellte Kategorie bzw. Achsenzahl (2).
  2.  

    In der Begründung des Straferkenntnisses wird auf den Einspruch gegen die Strafverfügung Bezug genommen, wonach im Zuge der gegenständlichen LKW-Fahrt es bereits zu einer Bestrafung durch die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung wegen einer Übertretung des BStMG gekommen sei. Den vorgebrachten Rechtfertigungsgründen wird entgegen gehalten, dass die beiden Fahrten am 3. September und am 4. September 2004 in keinem zeitlichen Zusammenhang stünden, da der Bw das Kfz von Wundschuh nach Hennersberg gefahren und erst am darauffolgenden Tag nach einer längeren Pause dieses Kfz wieder in Hennersberg übernommen habe. Da die zeitliche Verbundenheit der beiden Fahrten keinesfalls gegeben sei, könne es sich nicht um ein fortgesetztes Delikt handeln.

     

  3. In der Berufung wird im Wesentlichen vom Bw vorgebracht, dass unbestritten sei, dass der Bw am 3. September 2004 von Wundschuh in der Steiermark mit dem gegenständlichen Zugfahrzeug samt Auflieger eine Fahrt nach Deutschland durchgeführt habe. Bereits bei Fahrtantritt sei die GO-Box fälschlicherweise auf 2 Achsen eingestellt gewesen. Diese Verwaltungsübertretung sei mit Strafverfügung vom 23. November 2004 durch die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung bereits bestraft worden. In Hennersdorf in Bayern sei vom Bw die gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeit eingehalten und der Sattelzug von einem zweiten Lenker zum Bestimmungsort gebracht worden. Der Bw habe am 4. September 2004 in Hennersdorf dieses Kfz wieder übernommen um wieder zurück nach Wundschuh zu fahren. Da in der Zusammensetzung des Sattelzuges von der Fahrt nach Deutschland und zurück keine Änderungen vorgenommen worden seien und der Bw keine Veranlassung gehabt hätte, die Richtigkeit der Einstellungen der GO-Box nochmals zu überprüfen, sei von einem fortgesetzten Delikt auszugehen, welches bereits von der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung bestraft worden sei. Der rechtliche Vergleich der belangten Behörde in ihrem Straferkenntnis mit dem Fahren ohne Lenkerberechtigung oder das Lenken eines Kfz unter Alkoholeinfluss sei verfehlt und unzulässig, da ein Verkehrsteilnehmer, der mehrmals ohne gültige Lenkerberechtigung fährt, sich selbstverständlich vollständig bewusst sein müsse, dass er über keine Lenkerberechtigung verfüge und somit bewusst die Gesetzesübertretung in Kauf nimmt, ebenso sei sich ein alkoholisierter Lenker bei einer relevanten Alkoholisierung bewusst, dass er kein Fahrzeug lenken dürfe.

Des weiteren sei - sofern man der Argumentation der belangten Behörde folgte - die verhängte Strafe von 400 Euro bei weitem überhöht, da im Hinblick des zeitlichen und sachlichen Zusammenhanges der beiden Delikte die Voraussetzungen des § 20 VStG vorliegen würden.

Beantragt wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Strafe auf ein dem Sachverhalt und dem Verschulden angemessenes Maß zu reduzieren bzw. eine Verwarnung auszusprechen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 2. November 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

Der Zulassungsbesitzer sei am 5. September 2004 gemäß § 19 Abs. 4 BStMG schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 25. November 2004 wurde der angezeigte Sachverhalt vom Bw nicht bestritten und eingeräumt, auf das Umstellen der GO-Box auf 4 Achsen vergessen zu haben. Die weitere Rechtfertigung entspricht im Wesentlichen der Begründung in der später eingebrachten Berufung. Als Beilage ist die Kopie der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 23. November 2004 angeschlossen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2. der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2. zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die ASFINAG den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organes der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich mit falsch eingestellter Achsenzahl bei der GO-Box) benützt und er somit das Tatbild des § 20 Abs. 2 BStMG verwirklicht hat. Unstrittig ist ferner, dass der Zulassungsbesitzer im Sinne des § 19 Abs. 4 BStMG zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist.

 

Der Bw geht von der Auffassung aus, dass es sich bei den beiden festgestellten Verwaltungsübertretungen am 3. und 4. September 2004 im Zuge der Fahrt von Wundschuh in der Steiermark nach Fulda in der BRD und zurück um ein fortgesetztes Delikt handelt und deshalb zu einer Tateinheit zusammenzufassen sind. Dem ist entgegen zu halten, dass ein fortgesetztes Delikt dann gegeben ist, wenn eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei sie nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden dürfen (vgl. VwGH 2003/05/0201 vom 18.3.2004). Von einem fortgesetzten Delikt kann - abgesehen davon, dass in so einem Fall Vorsatz vorliegen müsste - aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Bw - wie im gegenständlichen Fall - durch Verlassen einer mautpflichtigen Strecke (spätestens an der Staatsgrenze zur Bundesrepublik Deutschland) das gegenständliche Delikt abgeschlossen hat, da mit jeder neuerlichen Benützung einer mautpflichtigen Strecke eine neuerliche Deliktsverwirklichung beginnt. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass der Lenker laut Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung vor jedem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes u.a. die richtig eingestellte Kategorie (Achsenzahl) zu überprüfen hat. Dieser Verpflichtung ist der Bw - wie von ihm selbst eingeräumt worden ist - weder vor dem (erstmaligen) Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes am 3. September 2003 noch tags darauf (dem gegenständlichen Tattag) vor dem neuerlichen Auffahren auf das mautpflichtige Straßennetz an der österreichischen Staatsgrenze nachgekommen. Hinzu kommt weiters, dass schon aufgrund der zeitlichen Differenz von etwa 16 Stunden zwischen den beiden Delikten in Gratkorn und St. Marienkirchen und der dazwischen liegenden Nachtruhe des Bw keinesfalls ein zeitlicher Zusammenhang hergestellt werden kann. Gegen den Bw spricht aus den besagten Gründen in diesem Zusammenhang, dass ein anderer Lenker in Deutschland die Fahrt mit dem gegenständlichen LKW fortgesetzt hat. Die in der Mautordnung näher definierten Lenkerverpflichtungen treffen jedenfalls denjenigen Lenker, der eine Mautstrecke benützt. Dies war in beiden Fällen der Bw.

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird (kein fortgesetztes Delikt vorliegt), hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet (vgl. VwGH 2005/02/0015 vom 15.4.2005). Folgerichtig war der Bw unter Anwendung des Kumulationsprinzips (§ 22 VStG) deshalb für die Verwaltungsübertretungen anlässlich der Fahrten am 3. und 4. September 2004 mehrmals zu bestrafen.

 

Dem Bw ist vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker gem. Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung nicht nachgekommen ist, da er die geänderte Achsenzahl nicht manuell umgestellt und auch die Statusabfragen vor den Fahrten bei der GO-Box, die auch die eingestellte Achsenzahl/Kategorie umfassen, nicht durchgeführt hat.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die geänderte Achsenzahl manuell umzustellen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Im Hinblick darauf, dass zur Unbescholtenheit als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG), die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

 

 

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