Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150288/8/Lg/Hue

Linz, 23.05.2006

 

 

VwSen-150288/8/Lg/Hue Linz, am 23. Mai 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Z. O., 52 H. U., L., vertreten durch Rechtsanwälte E & P, 52 M., S., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/I. vom 17. Februar 2005, Zl. BauR96-57-2004, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 73 AVG i.V.m. § 51 Abs. 7 VStG 1991 eingestellt.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er am 1. August 2004 um 21.11 Uhr als Lenker eines Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen BR die mautpflichtige A. bei Strkm. 74 in der Gemeinde St. Marienkirchen in Fahrtrichtung Knoten V. benützt habe, ohne dass die für die Benützung der Autobahn vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges (4) sei höher gewesen als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät (3).
  2.  

    In der Begründung des Straferkenntnisses wird im Wesentlichen ausgeführt, dass entgegen der Angaben des Bw von der A. mitgeteilt worden sei, dass am Tattag die GO-Box auf die Kategorie 3 eingestellt gewesen sei. Weiters wird auf die Mitwirkungspflicht des Lenkers gem. § 8 Abs. 2 BStMG hingewiesen und mitgeteilt, dass es nicht darauf ankomme, welche Ersparnis durch eine falsche Einstellung der GO-Box eingetreten sei, sondern ob diese ordnungsgemäß betrieben werde. Es sei auch nicht Angelegenheit der Verwaltungsstrafbehörde zu überprüfen, ob die gesetzliche Mindeststrafe überschießend sei.

    Zur Strafbemessung seien mangels entsprechender Auskünfte die geschätzten Einkommens- (2.000 Euro), Vermögens- (20.000 Euro) und Familienverhältnisse (keine Sorgpflichten) herangezogen worden.

     

  3. In der Berufung wird vom Bw im Wesentlichen vorgebracht, dass die gesetzliche Mindeststrafe gleichheitswidrig sei und verfassungsrechtlichen Bestimmungen und der Menschenrechtskonvention widerspreche. Auch sei im UVS-Erkenntnis (richtig wohl: Erkenntnis der Erstbehörde) auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw nicht Bedacht genommen worden. Es sei auch nicht erkennbar, weshalb im gegenständlichen Fall nicht § 21 VStG angewendet worden ist. Die Funktionsfähigkeit der GO-Box sei vor, während und nach der Fahrt durch den Bw überprüft worden. Eine Bestrafung wegen einer falsch eingestellten Achsenzahl sei durch das BStMG nicht gedeckt. Weiters sei die Mautordnung nicht als Durchführungsverordnung anzusehen.

 

Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

 

In einem Ergänzungsschreiben vom 18. Oktober 2005 verzichtete der Bw auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und brachte zusätzlich vor, dass § 19 Abs. 1 BStMG nicht zwischen fahrleistungs- und zeitabhängiger Maut unterscheide und deshalb der Lenker (Bw) als Normadressat einen Rechtsanspruch auf ein Ersatzmaut-Angebot habe. Weiters sei der Passus "den Zulassungsbesitzer" in § 19 Abs. 4 leg.cit. entbehrlich, unsachlich und gleichheitswidrig. Auch aus einem niederösterreichischen UVS-Erkenntnis vom 5. Oktober 2005, Zl. Senat-PL-04-0132, das in Kopie der Stellungnahme beiliegt, gehe hervor, dass dem Normadressaten ein Vergleichangebot zu stellen sei, da ansonsten die A. Willkür walten lassen könne. Die Mautordnung sei zudem nicht ordnungemäß kundgemacht worden, weil sie nur einmal im Amtsblatt zur Wiener Zeitung publiziert worden sei und diese Art der Kundmachung sei für den betroffenen in- und ausländischen Adressatenkreis nicht hinreichend publik. Die A. hebe als Fruchtnießer Mauten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ein. Angeführte Argumente würden gegen eine hoheitliche Beurteilung der Mauteinhebung sprechen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A. vom 16. September 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges (4) sei höher gewesen als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät (3). Der Zulassungsbesitzer sei gem. § 19 Abs. 4 BStMG am 3. August 2004 zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 11. Oktober 2004 wurde die Anzeige von der Bezirkshauptmannschaft Schärding an die Bezirkshauptmannschaft Braunau/I. gem. § 29a VStG abgetreten.

 

Der Bw brachte nach Strafverfügung vor, dass die Einzelleistungsnachweise der erkennenden Behörde vorgelegt werden, um zusammen mit dem angefertigten Übersichtsbild zu beweisen, dass die Achsenzahl richtig eingestellt gewesen sei. Weiters würde sich durch eine falsch eingestellte Achsenzahl kein wirtschaftlicher Vorteil ergeben. Einer ORF-Meldung vom 22. Juni 2004 sei zu entnehmen, dass es bis Mai (2004) zu 50.000 Problemfällen im Zusammenhang mit der LKW-Maut gekommen sei. Der Tatvorwurf sei auf eine fehlerhafte Erfassung durch das Mautsystem zurückzuführen. Die weitere Rechtfertigung entspricht im Wesentlichen Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Einer ergänzenden Stellungnahme der A. vom 20. Jänner 2005, in der auf die Mitwirkungspflicht des Fahrzeuglenkers hingewiesen wird, ist ein Beweisbild und eine Einzelleistungsinformation angeschlossen.

 

Dazu äußerte sich der Bw im Wesentlichen dahingehend, dass die zurückgelegte Mautstrecke nur wenige Kilometer lang gewesen sei, etwa drei Minuten gedauert und sich durch eine falsch eingestellte Achsenzahl eine Ersparnis von lediglich 1 Euro ergeben hätte. Wie aus einer beiliegenden Aussendung der Wirtschaftskammer zu entnehmen sei, komme es öfter vor, dass durch das An- und Abkoppeln von Anhängern auf das Umstellen der Achsenzahl bei der GO-Box vergessen werde und die Wirtschaft eine faire Frist von einigen Tagen für Korrekturen benötige. Die weitere Rechtfertigung folgt im Wesentlichen Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Dieser Stellungnahme ist die erwähnte Aussendung der Wirtschaftskammer als Beilage angeschlossen. Angeschlossen ist weiters in Kopie ein Schreiben des Zulassungsbesitzers vom 3. Februar 2005 an die Fa. Go Service Team, in dem einige abgebuchte Mautbeträge zwischen dem 31. Dezember 2004 und dem 15. Jänner 2005 zurückgefordert werden.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Mittels Schreiben vom 24. Jänner 2006 wurde die Abt. Verkehrstechnik beim Amt der Oö. Landesregierung vom erkennenden Verwaltungssenat um Abgabe einer gutachtlichen Stellungnahme über die vom Bw behaupteten technischen Defekte und Fehler des Mautsystems ersucht.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Gemäß § 51 Abs. 7 VStG 1991 endet die Entscheidungsfrist im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren am 4. Juni 2006. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist es nicht gelungen, rechtzeitig vor Ablauf dieser Entscheidungsfrist eine gutachtliche Stellungnahme über die vom Bw behaupteten technischen Defekte und Fehler des Mautsystems zu erhalten. Im Hinblick auf die dadurch entstandene Verkürzung der dem erkennenden Verwaltungssenat zur Verfügung stehenden Zeit konnte das eingeleitete ordentliche Verfahren nicht mehr rechtzeitig abgeschlossen werden und musste das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

 

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