Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150294/4/Lg/Hue/Hu

Linz, 17.11.2005

 

 

 

VwSen-150294/4/Lg/Hue/Hu Linz, am 17. November 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des T R, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M P, R, E, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 3. März 2005, Zl. BauR96-166-2004, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er am 9. April 2004 um 6.16 Uhr als Lenker eines Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen ... die mautpflichtige A1 Westautobahn auf Höhe des Strkm 250 im Gemeindegebiet Straß i.A., Bezirk Vöcklabruck, benützt habe, ohne dass die für die Benützung der Autobahn vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei, indem ein für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zwingend vorgeschriebenes Fahrzeuggerät nicht angebracht gewesen sei.
  2.  

  3. In der Berufung wird vom Bw im Wesentlichen vorgebracht, dass die belangte Behörde ausschließlich auf die Stellungnahme der ASFINAG zurückgegriffen habe. Es liege auf der Hand, dass die ASFINAG einen Systemfehler oder -ausfall nicht einträumen könne oder wolle bzw. auch möglich sei, dass der ASFINAG ein solcher Fehler nicht bekannt worden sei. Unerklärlich sei die Feststellung der Erstbehörde, dass ein zwingend vorgeschriebenes Fahrzeuggerät für die elektronische Entrichtung der Maut nicht angebracht gewesen sei. Diese Feststellung widerspreche sämtlichen Beweisergebnissen. Die belangte Behörde begründe im angefochtenen Straferkenntnis sodann, dass eine GO-Box zwar montiert aber defekt gewesen sein soll. Die Tatsache, dass die im gegenständlichen LKW montierte GO-Box bei Tausenden Mautbalken ordnungsgemäß gepiepst und ordnungsgemäß abgebucht habe, sei von der Erstbehörde außer Acht gelassen worden. Weshalb die Abbuchung am vorgeworfenen Tatort nicht funktioniert haben soll, sei dem Straferkenntnis nicht zu entnehmen.

 

Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 27. Mai 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Eine zwingend vorgeschriebene GO-Box sei am LKW nicht angebracht gewesen.

 

Nach Strafverfügung vom 11. August 2004 äußerte sich der Bw dahingehend, dass eine GO-Box ordnungsgemäß auf der Windschutzscheibe des gegenständlichen LKW montiert gewesen und bis kurz vor diesem Vorfall sämtliche Buchungen ordnungsgemäß erfolgt seien. Der LKW sei am 8. Mai 2004 von zwei Kontrollorganen der ASFINAG im Hinblick auf die ordnungsgemäße Montage der GO-Box kontrolliert und nicht beanstandet worden.

Anlässlich der Fahrt am 7. April 2004 hätte die GO-Box ordnungsgemäß gepiepst, vor der Tauernmautstelle St. Michael auf dem Weg nach Italien sei jedoch die Schranke nicht aufgegangen. Der Mautner hätte die Auskunft erteilt, wenn das Gerät gepiepst habe, sei alles in Ordnung. Bei der Rückreise von Italien am 8. April 2004 hätte sich die Schranke an der Hauptmautstelle in Schönberg wiederum nicht geöffnet, obwohl die GO-Box ordnungsgemäß die akustischen Signale abgegeben habe. Der dortige Mautner hätte auf Anfrage wiederum mitgeteilt, dass alles in Ordnung sei. Am Tattag (9. April 2004) seien wiederum alle Piepstöne ordnungsgemäß erfolgt, lediglich am Kontrollpunkt Enns sei das akustische Signal nicht zu hören gewesen. Nach telefonischer Rückfrage beim Arbeitgeber (Zulassungsbesitzer) sei der Bw zur GO-Servicestelle nach Linz, Salzburgerstr. 383, beordert worden, um die GO-Box überprüfen zu lassen und die nicht abgebuchte Maut nachzuentrichten. Dort hätte der Bw die Information erhalten, dass der GO-Maut-Computer nicht funktioniere. Eine Bestätigung darüber hätte die Mitarbeiterin der GO-Servicestelle nicht ausstellen wollen. Der Bw sei daraufhin über die Bundesstraße zur GO-Servicestelle nach Haag/Hausruck gefahren. Dort sei die GO-Box nach Prüfung gegen eine neue ausgetauscht und vom Bw der Ausdruck der letzten 30 Transaktionen verlangt worden. Hier habe sich gezeigt, dass keine einzige Buchung erfolgt sei. Dies deute eindeutig auf einen Defekt der GO-Box hin, da diese beim Durchfahren der Mautbalken immer einmal gepiepst habe.

 

Einer ergänzenden Stellungnahme der ÖSAG vom 4. Oktober 2004 ist zu entnehmen, dass es im konkreten Fall zu sechs Kontrollfällen gekommen sei und in diesen Fällen immer davon ausgegangen werde, dass eine GO-Box nicht angerbacht sei. Die behaupteten Abbuchungsfehler aufgrund eines mangelhaften elektronischen Abbuchungssystem könnten nicht nachvollzogen werden, da zu diesem Zeitpunkt definitiv kein Systemausfall oder -fehler vorgelegen sei. Es wurde darauf hingewiesen, dass die GO-Box nur dann einmal piepse, wenn auch tatsächlich abgebucht werde. Wenn keine Abbuchung stattgefunden habe, piepse das elektronische Gerät viermal.

Mit diesem Schreiben wurde ein Beweisfoto übermittelt.

 

Dazu brachte der Bw vor, dass die GO-Box an den durchfahrenen Mautstellen jeweils einmal gepiepst habe und deshalb davon ausgegangen hätte werden können, dass die Abbuchungen ordnungsgemäß erfolgt seien. Ein Systemausfall oder -fehler werde vermutet. Zwischen dem 2. Jänner und dem 20. April 2004 hätten etwa 3000 Buchungen ordnungsgemäß stattgefunden.

 

Auf die von der belangten Behörde beim Bw angeforderten weiteren Beweismittel und auf die Einkommens- und Vermögenserhebung erfolgte seitens des Bw keine Antwort.

 

Der Akt schließt mit dem Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat erhielt auf Anfrage von der ASFINAG mittels E-Mail vom 11. August 2005 die Stellungnahme, dass eine Analyse der Beweisbilder ergeben habe, dass die GO-Box nicht ordnungsgemäß an der Windschutzscheibenoberkante montiert worden sei und dies die Abbuchung der fahrleistungsabhängigen Maut verhindern könne. Aus einer der Beilage angeschlossenen Ablaufdarstellung ergebe sich, dass die Bestätigung der ordnungsgemäßen Mautabbuchung (einmaliges Piepsen) als letzter Schritt in der Transaktions-Sequenz vorgenommen werde und deshalb die Angaben des Bw sehr unwahrscheinlich seien. Die GO-Boxen seien unter Berücksichtigung aller zu erwartenden Einflüsse designt, entwickelt, geprüft und getestet worden und entsprächen den derzeit gültigen (europäischen) Vorschriften und Richtlinien.

 

In einem Schreiben vom 31. August 2005 übermittelte der Bw die Kopie eines Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol. Darin wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw wegen einer Übertretung des BStMG am 8. April 2004 wegen einer Nichtanbringung einer GO-Box gem. § 45 Abs. 1 Ziffer 3 VStG eingestellt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Im bekämpften Straferkenntnis (und schon in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung) wurde dem Bw vorgeworfen, am näher definierten Ort und Tag eine Mautstrecke benützt und einen LKW gelenkt zu haben, an dem "ein für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zwingend vorgeschriebenes Fahrzeuggerät nicht angebracht war".

 

Aus dem vom Bw vorgelegten Erkenntnis des UVS Tirol vom 1. August 2005, Zl. UVS-2004/28/111-5, geht hervor, dass für den (gegenständlichen) LKW mit dem amtlichen Kennzeichen ... im Zeitraum vom 6. April 2004, 14.54 Uhr, bis zum 12. April 2004, 14.17 Uhr, - wie aus dem in deren Akt befindlichen Einzelleistungsinformationen ersichtlich ist - die fahrleistungsabhängige Maut je nach Tarifen für die befahrenen Mautabschnitte (in Tirol) ordnungsgemäß entrichtet bzw. abgebucht worden ist. Am (Tiroler) Tattag, dem 8. April 2004, haben keine Transaktionen stattgefunden.

 

Schon dies legt die Annahme nahe, dass sich im gegenständlichen LKW im oben angeführten Zeitraum, somit auch am 9. April 2004, 6.16 Uhr, ein Gerät zur elektronischen Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut befunden haben muss.

Diese Feststellung wird erhärtet durch die Stellungnahme der ASFINAG vom 11. August 2005, wonach eine Analyse der Beweisbilder eine nicht ordnungsgemäß montierte GO-Box ergeben hat und dies eine Abbuchung der Maut verhindern kann.

 

Steht sohin fest, dass am gegenständlichen LKW zwar eine GO-Box angebracht (diese jedoch nicht ordnungsgemäß i.S.v. Punkt 8.1 der Mautordnung montiert) war, so folgt daraus, dass der gegenständliche Tatvorwurf falsch und das angefochtene Straferkenntnis rechtswidrig ist. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

In Anbetracht dieses Ergebnisses kann dahingestellt bleiben, ob das vom Bw behauptete Ertönen des (einmaligen) akustischen Signals der GO-Box während des Durchfahrens eines Mautabschnittes obwohl es zu keiner Transaktion gekommen ist, glaubwürdig und technisch möglich ist und zum selben Ergebnis führen würde.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 

 

 

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