Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150318/10/Lg/Hue

Linz, 18.05.2006

 

 

 

VwSen-150318/10/Lg/Hue Linz, am 18. Mai 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 7. Februar 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des M F, M, S, vertreten durch Rechtsanwälte E & P, M, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/I. vom 13. Juni 2005, Zl. BauR96-54-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird jedoch auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

     

  2. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19, 20 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er am 17. November 2004 um 21.09 Uhr als Lenker eines Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen die mautpflichtige A8 bei Strkm. 37.400 im Gemeindegebiet von Weibern in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz benützt habe, ohne dass die für die Benützung der Autobahn vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges (4) sei höher gewesen als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät (3).

     

    In der Begründung des Straferkenntnisses wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behauptung des Bw, eine falsche Abbuchung beruhe offensichtlich auf einem technischen Gebrechen beim Mautbalken, als reine Schutzbehauptung angesehen werde, da keinerlei konkrete Hinweise auf einen technischen Defekt vorliegen würden und auch von der A/Ö mitgeteilt worden sei, dass das Mautportal ordnungsgemäß funktioniert habe. Weiters wird auf die Mitwirkungspflicht des Lenkers gem. § 8 Abs. 2 BStMG hingewiesen. Der Behauptung, das BStMG normiere nichts hinsichtlich der Einstellung der Achsenzahl, wird § 7 Abs. 3 BStMG entgegengehalten und mitgeteilt, dass es nicht darauf ankomme, welche Ersparnis durch eine falsche Einstellung der GO-Box eingetreten sei, sondern ob diese ordnungsgemäß betrieben werde. Es sei auch nicht Angelegenheit der Verwaltungsstrafbehörde zu überprüfen, ob die gesetzliche Mindeststrafe überschießend sei.

    Zur Strafbemessung seien mangels entsprechender Auskünfte die geschätzten Einkommens- (1.100 Euro netto), Vermögens- (kein Vermögen) und Familienverhältnisse (keine Sorgepflichten) herangezogen worden.

  2. In der Berufung wird vom Bw Folgendes vorgebracht:

 

"Der gegenständliche Tatvorwurf ist schon aus den in der Rechtfertigung angeführten Gründen nicht berechtigt und verletzt mich die über mich verhängte Strafe in den nachstehend angeführten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten:

 

a) Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art. 7 Abs. 1 B-

VG und Art. 2 StGG:

 

In der Judikatur des VfGH hat der Gleichheitsgrundsatz in mehrfacher Hinsicht eine über den Wortlaut weit hinausgehende Bedeutung erhalten und wird von VfGH dem Gleichheitsgrundsatz außerordentlich große Bedeutung zugemessen.

Der Gleichheitssatz verbietet dem Gesetzgeber, Gleiches ungleich zu behandeln, sachlich gerechtfertigte Differenzierungen sind zulässig.

Die Frage, ob ein Gesetz gleichheitskonform ist, ist nach der objektiven Rechtslage, nach dem Inhalt des Gesetzes zu beurteilen, das "Bemühen" des Gesetzgebers um eine sachgerechte Lösung genügt nicht (Adamovich-Funk-Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, Band 3, Rz. 42.002, 42.013 und 42.015).

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 10.413) vor, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

 

Ein Gesetz entspricht dann nicht dem Gleichheitssatz wenn die in Betracht kommende Regelung sachlich nicht gerechtfertigt ist. Jede sachliche Entscheidung ist unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes verfassungswidrig (vgl. VfSlg. 11.013).

Nicht jeder Unterschied im Tatsächlichen rechtfertigt eine rechtliche Differenzierung, vielmehr muß die Ungleichheit einer im Bezug auf die rechtliche Regelung wesentliche sein (vgl. VfSlg. 5397 und 11.190).

 

Der Gleichheitsgrundsatz richtet sich auch an den Gesetzgeber. Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. VfSlg. 8457, 10.064 und 10.084).

 

Wenn das Gesetz für das mir zur Last liegende Delikt eine Mindestgeldstrafe von
€ 400,-- vorsieht; so ist dies exzessiv und damit gleichheitswidrig (vgl. G312/97 vom 16.03.2000,0121/02 vom 03.03.2003, G181/01 vom. 14.12.2001 u.a.).

 

b) Gesetzliche Mindeststrafe von € 400.--:

 

Diese gesetzliche Mindestgeldstrafe und somit der Passus "von € 400,00" in § 20 Abs. 2 leg.cit. ist exzessiv und somit gleichheitswidrig.

 

Abgesehen von Organstrafverfügungen ist mindestens eine Geldstrafe von € 7,-- zu verhängen (§ 13 VStG).

 

Das StGB sieht in § 19 Abs. 1 eine Mindestgeldstrafe von zwei Tagessätzen vor.

 

Abweichend von § 13 VStG hat der Gesetzgeber hier eine Mindestgeldstrafe von
€ 400,-- vorgesehen, wofür es keine tatsächliche Notwendigkeit und keine sachliche Rechtfertigung gibt.

 

Im Erkenntnis vom 16.03.2000, G 312/1997 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "von 50.000" im § 39 Abs. 1 lit.a AWG als gleichheitswidrig aufgehoben.

Begründend wird darin ausgeführt, dass selbst dann, wenn aus Gründen der General- und Spezialprävention vom Gesetzgeber strengen Strafen intendiert sind, auch in diesen Fällen die Strafe in einem angemessenen Verhältnis zum Grad des Verschuldens und zur Höhe des durch das Vergehen bewirkten Schadens stehen muß (vgl. VfSlg. 9901 und 11.785).

Ein aus präventiven Erwägungen für erforderlich befundenes Strafausmaß kann aber auch ohne die angefochtene Mindestgeldstrafe erreicht werden. Die angefochtene Mindestgeldstrafe könnte allenfalls für einen eingeschränkten Personenkreis gerechtfertigt sein.

 

Auch in einem Fall wie den vorliegenden ist es nicht notwendig, den präventiven Erwägungen mit einer derart hohen Mindestgeldstrafe zum Durchbruch zu verhelfen, auch ein Strafrahmen von bis zu € 4.000,-- (ohne Mindestgeldstrafe) ist geeignet, eine entsprechende abschreckende Wirkung zu erzeugen, wie dies auch bei den meisten Verwaltungsstraftatbeständen der Fall ist, welche ohne Mindestgeldstrafe auskommen.

 

Im Erkenntnis G 121/02 vom 03.03.2003 hat der Verfassungsgerichtshof keine sachliche Rechtfertigung einer Mindestgeldstrafe von ATS 20.000,-- für Lenker von LKW wegen Beförderungen ohne erforderliche Bewilligungen (Kontingenterlaubnis) nach dem Güterbeförderungsgesetz gesehen und diese als verfassungswidrig aufgehoben, dies mit Verweis auf das Erkenntnis vom 14.12.2001, G 181/01 u.a.

 

Die über mich verhängte Geldstrafe von € 400,-- kommt mehr als einem Drittel meines monatlichen Nettoverdienstes gleich, was ebenfalls zeigt, dass die vom Gesetz vorgesehene Mindeststrafe von € 400,-- einer sachlichen Rechtfertigung entbehrt.

 

Die Normierung einer gesetzlichen Mindeststrafe führt zum Ergebnis, dass die behördliche Strafbemessung, welche auf der Grundlage des § 19 VStG vorzunehmen ist, verbietet, Geldstrafen zwischen € 7,-- (§ 13 VStG) und € 200,-- zu verhängen, was keinen sachlichen Grund haben kann. Gerade in Anbetracht der Preise der Zehntages- Zweimonats- und Jahresvignette erscheint dieser Rahmen für die Bemessung einer Geldstrafe praktisch bedeutsam, der Verwaltungsstrafbehörde ist es aber wegen der im Gesetz enthaltenen Mindestgeldstrafe von € 400,-- verwehrt, Strafen zwischen € 7,-- und € 200,-- zu verhängen, was einerseits mit dem Sachlichkeitsgebot (Gleichheitssatz) nicht in Einklang zu bringen ist, andererseits aber auch der Strafzumessungsvorschrift des § 19 VStG widerspricht, nach welcher Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach Abs. 2 leg.cit. ist im ordentlichen Verfahren auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen und unter sinngemäßer Anwendung der §§ 32 bis 35 StGB die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe abzuwägen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Auf letztere wurde im UVS-Erkenntnis nicht Bedacht genommen.

 

Im Finanzstrafverfahren ist nach § 16 FinStrG eine Geldstrafe von mindestens € 7,25 zu verhängen, was den Gesetzgeber allenfalls dazu animiert hat, das in Rede stehende Verhalten des Straßenbenützers zur Verwaltungsübertretung zu erklären, um die Normierung einer hohen Mindestgeldstrafe zu ermöglichen.

 

Hier ist auch ein Vergleich mit der deutschen Rechtslage angebracht; nach § 10 des deutschen Autobahnmautgesetzes, BGBI. I 2002, 1234 idF vom 02.12.2004, BGBl. I 2004, 3122, kann die Ordnungswidrigkeit im Sinne des Abs. 1 in den Fällen des
Abs. 1 Nr. 1 und 2 mit einer Geldbuße bis € 20.000,--, in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis € 10.000,-- geahndet werden.

Dieser Vergleich zeigt, dass es keineswegs geboten ist, eine gesetzliche Mindeststrafe vorzusehen, vielmehr kann eine einzelfallgerechte Strafbemessung iSd § 19 VStG nur dann vorgenommen werden, wenn die Behörde innerhalb des Gesamtstrafrahmens von € 0,-- bis zur gesetzlich vorgesehen Höchststrafe die Strafe bemessen kann und gibt es keinen sachlichen Grund hiefür, warum es nicht Fälle geben soll, in welchen Geldstrafen zwischen € 0,-- und € 400,-- zu verhängen wären.

Die Praxis zeigt, dass die Verwaltungsstrafbehörden in allen Fällen die gesetzliche Mindeststrafe von € 400,-- verhängen; mein Rechtsvertreter vertritt derzeit vor verschiedenen Verwaltungsstrafbehörden von fünf österreichischen Bundesländern Verfahren betreffend Übertretung des § 20 BStMG, einige davon sind schon in zweiter Instanz bei den Verwaltungssenaten anhängig und ist festzustellen, dass ohne jede Ausnahme in allen Fällen eine Strafe von exakt € 400,-- verhängt wurde. Gespräche meines Verteidigers mit Verwaltungsstrafsachbearbeitern bei verschiedenen Behörden haben ergeben, dass selbst die Behörden mit dieser extrem hohen Mindestgeldstrafe nicht zufrieden sind und diese für unsachlich halten, was dazu führt, dass in allen Fällen, unabhängig vom Unrechts- und Schuldgehalt, die gesetzliche Mindeststrafe verhängen. Ich gehe davon aus, dass dies auch der praktischen Erfahrung des UVS des Landes Oberösterreich entspricht.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass nicht erkennbar ist, warum von der Bestimmung des § 21 VStG nicht Anwendung genommen wurde, dass die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind, ist schlichtweg falsch, ich habe bereits genau dargelegt, dass die mir zur Last gelegte Übertretung zu einer Mauteinsparung in der Höhe von € 0,20 geführt hat, mein Verschulden ist geringfügig und entspricht einer leichten Fahrlässigkeit, wenn man davon ausgeht, dass mich überhaupt ein Verschulden an dieser Übertretung trifft, welches ich nicht erblicke; dies aus den bereits im erstinstanzlichen Verfahren dargelegten Gründen. Jedenfalls hätte die Erstbehörde die Strafe nach § 20 VStG außerordentlich mildern müssen, die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür liegen vor, steht kein einziger Straferschwerungsgrund den Strafmilderungsgründen der Unbescholtenheit gegenüber sowie dass die Tat keinen Schaden herbeigeführt hat, überdies wird mir Unbesonnenheit zuzubilligen sein (§ 34 Abs. 1 Z. 2, 7 und 13 StGB).

 

Aus den genannten Gründen ist meiner Rechtsansicht nach der Passus "von 400 €" unsachlich und somit gleichheitswidrig, weswegen ich mich wegen Anwendung einer gleichheitswidrigen Bestimmung im Sinne des Art. 144 Abs. 1 B-VG in meinen Rechten verletzt erachte und rege ich in diesem Zusammenhang an, der Verfassungsgerichtshof möge von Amtswegen ein Gesetzesprüfungsverfahren einleiten und im Sinne des Art. 140 Abs. 4 B-VG aussprechen, dass dieser Passus verfassungswidrig war.

 

c) Verletzung im verfassungsgesetzIich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art. 5 StGG und Art. 1 des 1. ZP zur EMRK:

 

Primäre Strafzumessungsgründe sind nach § 19 Abs. 1 VStG das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Im ordentlichen Verfahren ist nach Abs. 2 leg.cit auch das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Das zuletzt genannte Strafzumessungskriterium der persönlichen Verhältnisse kommt in der Praxis - um es offen auszusprechen - so gut wie nicht zum Zug.

 

Im Gegensatz zum gerichtlichen Strafprozeß kennt das VStG das Tagessatzsystem nicht.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner jüngsten Judikatur etwa zur Bestimmung des § 100 Abs. 5 StVO betreffend die Anwendbarkeit der §§ 20 und 21 VStG dem Vergleich zwischen Verwaltungsstrafrecht und gerichtlichem Strafrecht maßgebliche Bedeutung zugemessen, zumal das Verwaltungsstrafrecht im Vergleich in unsachlicher Weise strengere Maßstäbe anlegt wie das gerichtliche Strafrecht.

 

Das Tagessatzsystem des § 19 StGB ist eine tragende Säule einer gerechten Strafrechtspflege. Dieses leistet Gewähr, dass Geldstrafen jeden Rechtsbrecher mit annähern derselben Härte treffen.

Die in der Geldstrafe alter Prägung gelegene "Opferungleichheit" wird durch das im skandinavischen Rechtskreis seit langem bestehende System der Tagessätze vermindert. Danach wird im Urteil als erster Schritt eine tatschuldangemessene bestimmte Anzahl von Tagessätzen ausgesprochen. Im selben Urteil wird dann als zweiter Schritt die Höhe des Tagessatzes nach den persönlichen VerhäItnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz bemessen.

Geldstrafen sollen nicht konfiskatorisch wirken (vgl Foregger Fabrizy, StGB 7, S. 94 ff).

 

Meines Erachtens ist das Tagessatzsystem für eine gerechte Strafrechtspflege unverzichtbar und in einem modernen Rechtsstaat unabdingbar.

 

Die Judikatur hat klargestellt; dass nicht nur das Kriminalstrafrecht eine strafrechtliche Anklage im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK darstellt sondern auch das österreichische Verwaltungsstrafrecht (vgl. etwa E B gegen Österreich, EGMR vom 20.12.2001, Beschwerde-Nr. 32.381/96), eine Differenzierung zwischen diesen beiden Strafrechtssystemen ist daher meines Erachtens auch in diesem Punkt nicht sachgerecht, in der BRD gilt das Tagessatzsystem auch im Bußgeldverfahren, welches mit unserem Verwaltungsstrafrecht vergleichbar ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat in der zitierten Judikatur mit Blick auf die Bestimmungen der §§ 41 bis 44 StGB den Ausschluß der Anwendung der Bestimmungen der § § 20 und 21 VStG im Verwaltungsstrafverfahren als unsachlich und gleichheitswidrig festgestellt, die Entscheidungsgründe in diesen Erkenntnissen gelten auch für den Vergleich der Strafzumessungsvorschrift des § 19 StGB und § 19 VStG, weswegen ich eine Strafbemessung ohne Heranziehung des Tagessatzsystems als unsachlich und somit gleichheitswidrig erachte und mein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt sehe.

 

d) Verletzung im verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht nach Art. 1 des 4. ZP zur EMRK und Art. 2 Abs. 2 PersFrG:

 

Niemandem darf die Freiheit alleine deshalb entzogen werden, weil er nicht in der Lage ist, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen (Verbot der "exekutiven Schuldhaft;" Walter- Mayer, Bundesverfassungsrecht 9, Rz.1396).

 

Diese Verfassungsbestimmung (Verbot der Freiheitsentziehung wegen Schulden) ist im gegenständlichen Fall deshalb verletzt worden, weil die belangte Behörde neben der Geldstrafe auch eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt.

 

Die Strafbestimmurig des § 20 Abs. 2 sieht selbst eine Ersatzfreiheitsstrafe nicht vor, weswegen die VerwaItungsstrafbehörde offenkundig auf der Grundlage des § 16 Abs. 1 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

Ist der Bestrafte nicht in der Lage, die über ihn verhängte Geldstrafe zu leisten, muß er die Ersatzfreiheitsstrafe antreten und wird ihm dadurch die Freiheit entzogen, was nur bei Verwaltungsstrafdelikten zulässig ist, welche ihre Grundlage in öffentlich rechtlichen Normen haben, nicht aber - wie gegenständlich - in einer konkludenten privatrechtlichen Vereinbarung über die Benützung mautpflichtiger Straßen.

 

Der Oberste Gerichtshof hat in seinem Beschluß vom 22.02.2001, 2 Ob 33/01v, ausgesprochen, dass die "Autobahnmaut" keine öffentliche Abgabe ist, sondern ein festes Entgelt, das für die Benützung bestimmter Straßen zu leisten ist.

Die seit 01.01.1997 für die Benützung von Bundesautobahnen und Bundesschnellstraßen zu entrichtende zeitabhängige Maut (Vignettenmaut) gem. § 7 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (Art. 20 Strukturanpassungsgesetz 1996) ist keine Abgabe, sondern ein privatrechtliches Entgelt (VwGH 98/06/0002 und ZVR 1999, Sonderheft 5a, 17). Der OGH hat auch auf den kompentenzrechtlichen Hinweis auf die Regelung zivilrechtlicher Bestimmungen im Rahmen des Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG in den Gesetzesmaterialien 72 BlgNR 20. GP, 199 Bezug genommen. Danach hat der Mautstraßenerhalter auf der Grundlage eines mit dem Straßenbenützer entgeltlich geschlossenen Vertrages bei Erfüllung seiner vertraglich übernommenen Schutz- und SorgfaItspflichten für jedes Verschulden einzustehen. Die Haftungseinschränkung auf grobe Fahrlässigkeit nach § 1319a ABGB ist demnach im Fall der Vignettenmaut nicht anwendbar. Auch aus der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Maut ergäbe sich nichts anderes und spricht auch § 1 Abs. 1 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes von einem Entgelt, was die Benützer bestimmter Bundesstraßen zu leisten haben.

Dieselben Argumente gelten im Hinblick auf die Verfassungsbestimmung des Art. 2 Abs. 2 PersFrG.

 

Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe verletzt mich somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art. 1 des 4. ZP zur EMRK und Art. 2 Abs. 2 PersFrG.

 

e) Verstoß gegen Art. 83 Abs. 2 B-VG:

 

Nach dieser Verfassungsbestimmung darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

 

Der Verfassungsgerichtshof interpretiert dieses Recht extensiv und versteht unter dem "gesetzlichen Richter" jede staatliche Behörde (VfSlg. 1443 und 2048) woraus ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf den Schutz und die Wahrung der gesetzlich begründenden Behördenzuständigkeit schlecht hin besteht (VfSlg. 2536 und 12.11).

 

Diese Verfassungsbestimmung bindet auch den Gesetzgeber (VfSlg. 6675) welcher die Behördenzuständigkeit nach objektiven Kriterien (VfSlg. 3156 und 8349), exakt (VfSlg. 9937 und 10.311) klar und eindeutig (VfSlg. 11.288) Frist legen muß (VfSlg. 10.311 und 12.788).

 

In seiner Judikatur leitet der Verfassungsgerichtshof aus der in Art. 91 B-VG vorgesehenen Aufteilung der Gerichtskompetenzen auf verschiedene Gerichtstypen nach der Schwere der Delikte ab, dass schwere Strafen nur von den Gerichten, nicht aber von Verwaltungsbehörden verhängt werden dürfen, diesbezüglich ist es unzulässig, Verwaltungsstrafen vorzusehen, die bereits das Ausmaß der von Gerichten zu verhängenden Strafen übersteigen (VfSlg. 12.151, 12.389 und 12.471 sowie 12.546).

 

Verfassungsgerichtliche Judikatur betreffend die verfassungsrechtlichen Grenzen des Verwaltungsstrafrechtes und des Verwaltungsstrafverfahrens im Bezug auf die Abgrenzung zu den Zivilgerichten ist mir nicht geläufig.

 

Im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes ist der Bundesgesetzgeber nach Art. 11 Abs. 2 B-VG bei einem Bedarf nach Erlassung einheitlicher Vorschriften ermächtigt, nicht nur das Verwaltungsstrafverfahren, sondern auch die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes, also auch das materielle Recht, zu regeln.

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist eine Bedarfsgesetzgebung als abweichende Regelung in einem Materiengesetz nur dann zulässig, wenn dies "unerläßlich" ist (VfSlg. 11.564, 14.153 und 15.351).

 

Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Justiz und Verwaltung und wird dieses verletzt, wenn eine gerichtliche Zuständigkeit durch Verwaltungsbehörden wahrgenommen (Walter -Mayer, Bundesverfassungsrecht 9, Rz. 1405).

 

§ 20 Abs. 1 leg.cit. sieht vor, dass gegen denjenigen, der die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet ein Verwaltungsstrafverfahren zu führen ist.

 

Nun hat der Oberste Gerichtshof im bereits zitierten Beschluß vom 22.02.2001, 2 Ob 33/01 v ausgesprochen; dass die "Autobahnmaut"' keine öffentliche Abgabe sondern ein festes Entgelt ist, welches für die Benützung bestimmter Straßen zu leisten ist.

Die seit 01.01.1997 zu entrichtende zeitabhängige Maut (Vignettenmaut) gemäß § 7 leg.cit. ist keine Abgabe sondern ein privatrechtliches Entgelt (vgl. auch VwGH 98/06/0002 und ZVR 1999, Sonderheft 5a, 17).

 

Der OGH hat auf den kompetenzrechtlichen Hinweis auf die Regelung zivilrechtlicher Bestimmungen im Rahmen des Art. 10 Abs. 1 Z.9 B-VG in den Gesetzesmaterialen Bezug genommen.

Benützt ein Kfz-Lenker mautpflichtige Straßen, kommt konkludent ein Vertrag zwischen Straßenerhalter- und -benützer zustande.

 

Bei der zeit- und fahrleistungsabhängigen Maut handelt es sich somit um eine Angelegenheit des Zivilrechtswesens im Sinne des Art 10 Abs. 1 Z.6 B-VG.

 

Nach der Verfassungsbestimmung des Art. 6 Abs. 1 EMRK sind in Zivil- und Strafsache die auf Gesetz beruhenden Gerichte zur Entscheidung berufen (Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht 9, Rz.1403).

 

Welche Behörde, Gericht- oder Verwaltungsbehörde der Gesetzgeber für zuständig erklärt, wird durch Art. 83 Abs. 2 B-VG nicht festgelegt. Eine diesbezügliche Bindung des Gesetzgebers kann sich allerdings aus anderen Verfassungsbestimmungen - etwa aus Art. 6 EMRK - ergeben (Adamovic - Funk - Holzinger, österreichisches Staatsrecht, Band 3, Rz.42.111). Dieses Grundrecht bindet auch den Gesetzgeber (Rz. 42.108).

 

Die Verletzung dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter leite ich auch aus einem Verstoß gegen Art. 10 B-VG ab.

 

Es liegt gegenständlich nicht eine Materie des Kraftfahrwesen (Z.9) vor, sondern eine solche des Zivilrechtswesen (Z.6).

 

Wenn im Sinne der zitierten Judikatur das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art. 83 Abs. 2 B-VG auch den Gesetzgeber bindet, muß daraus abgeleitet werden, dass der einfache Gesetzgeber bei Bestimmung, ob ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zur Vollziehung des Gesetzes berufen ist, an die verfassungsgesetzlich normierten Kompetenzbestimmungen gebunden ist. Auf der Grundlage des zitierten OGH-Judikates ist die Vignettenmaut keine "Abgabe.., sondern ein "privatrechtliches Entgelt", durch die Benützung eines mautpflichtigen Verkehrsweges kommt iSd § 863 ABGB konkludent ein Vertrag zwischen dem Straßenbenützer und dem Straßenerhalter dahingehend zustande, dass Ersterer stillschweigend (konkludent) durch das Benützen dieses Verkehrsweges erklärt, mit der Benützung der Straße gegen Entgelt einverstanden zu sein, weswegen eine Materie des Zivilrechtswesens iSd Art. 10 Abs. 1 Z. 6 B-VG und nicht eine solche des Verkehrswesens (Z. 9) gegeben ist.

 

Unter "Zivilrechtswesen" werden jene Materien verstanden, die nach der Systematik der Rechtsordnung, wie sie zur Zeit des Wirksamkeitsbeginnes der Kompetenzverteilung der Bundesverfassung bestanden hat, als Angelegenheit des Zivilrechtes, des Prozeßrechtes und des Exekutionsrechtes anzusehen waren (Versteinerungstheorie). Es können auch neue Regelungen unter diesen Kompetenztatbestand fallen, sofern sie nach ihrem Gehalt systematisch diesen Rechtsbereichen angehören (VfSlg. 2658, 3121,4615,5521,5666 und 12.470).

Unter den Kompetenztatbestand "Kraftfahrwesen" fallen Angelegenheiten, die Kraftfahrzeuge und deren Lenker betreffen (VfSlg. 2977 ~ 4243, 4381 und 11.493).

Unter den Kompetenztatbestand der "Straßenpolizei" nach Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B-VG fallen Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs (VfSlg. 5619, 11.493 und 12.187 sowie Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsregelung und Verkehrssicherheit (VfSlg. 4605 und 11.493).

 

Das B-VG knüpft die Kompetenzaufteilung an die verschiedenen Staatsfunktionen (Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit) und teilt die Kompetenzen zur Gesetzgebung und zur Verwaltung, die Gerichtsbarkeit bat hingegen ausschließlich vom Bund auszugehen (Art. 82 Abs. 1 B-VG). Daneben regelt das B-VG auch die Verteilung der Kompetenzen zwischen den verschiedenen Staatsfunktionen, einerseits zwischen Gesetzgebung und Vollziehung (Art. 18 B-VG) und andererseits - innerhalb der Vollziehung - zwischen Verwaltung und Gerichtsbarkeit (Art. 91 Abs. 2 und 3 B-VG; Art. 6 EMRK).

 

Aus den zitierten verfassungsgesetzlichen Bestimmungen ist abzuleiten, dass die Einbringlichmachung des vom Vertragspartner nicht entrichteten Entgeltes in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Zivilgerichte, fällt.

 

Nach § 1 JN wird die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen, soweit dieselben nicht durch besondere Gesetze vor andere Behörden oder Organe verwiesen sind, durch die in dieser Bestimmung genannten Gerichte (ordentliche Gerichte) ausgeübt.

Dies bedeutet, dass der Straßenerhalter seine Ansprüche auf das Benützungsentgelt (Vignettenmaut) vor den ordentlichen Gerichten durchsetzen muß, welches diesem aufgrund des konkludent zustandegekommenen Benützungsvertrages zusteht.

 

Für diesen Rechtsstandpunkt spricht auch die Möglichkeit der Bezahlung der "Ersatzmaut" iSd § 19 leg.cit., welche als erhöhtes Entgelt für die Straßenbenützung anzusehen ist. Auch die Höhe dieses Betrages ist einer sachlichen Begründung nicht zugänglich.

 

Die auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 ergangene Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Osterreichs, Teil A I- Kraftfahrzeuge bis einschließlich 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht (Vignette) enthält in deren Punkt 12. "Gerichtsstand und anwendbares Recht" folgendes:

 

"Für alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit dieser Mautordnung bzw. der Benutzung des mautpflichtigen Straßennetzes ist - subsidär zu den Verwaltungsbehörden - das sachlich zuständige Gericht in Wien ausschließlich zuständig, Es gilt ausschließlich österreichisches Recht unter Ausschluß der Kollisionsnonnen des internationalen Privatrechtes."'

 

Die Bestimmung des § 19 verstößt somit gegen die zitierte bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzbestimmungen verstoßen, ebenso gegen Art. 82, 83, 90 und 94 B-VG.

 

Nach Art. 87a Abs. 1 B-VG kann durch Bundesgesetz die Besorgung einzelner, genau zu bezeichnenden Arten von Geschäften der Gerichtsbarkeit erster Instanz in Zivilrechtssachen besonders ausgebildeten nicht richterlichen BundesangesteIlten übertragen werden.

 

Diese Verfassungsbestimmung zeigt meiner Rechtsansicht nach, dass die Besorgung einzelner Geschäfte der Gerichtsbarkeit erster Instanz in Zivilrechtssachen nur an Rechtspfleger übertragen werden darf, womit es ausgeschlossen ist, eine zivilrechtliche Materie den Verwaltungsbehörden zu übertragen.

 

Selbst wenn man die Rechtsansicht vertreten sollte, dass es sich bei der Vignettenmaut um eine Abgabe iSd § 2 Abs. 1 lit.a FinStrG handelt, wären zum Vollzug bzw. der Durchführung des Strafverfahrens nach den §§ 33 und 58 leg.cit. die Finanzstrafbehörden zuständig (vgl. VfSlg. 16.564).

 

Diese Verfassungswidrigkeit bewirkt, dass wegen Nichteinhaltung einer privatrechtlichen Vereinbarung ein Verwaltungsstrafverfahren abgeführt und eine Verwaltungsstrafe samt Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wird.

Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe ist im zivilgerichtlichen Verfahren nicht möglich, sondern sind aufgrund eines zivilrechtlichen Titels lediglich Exekutionsmaßnahmen zulässig, weswegen im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren mit einem unzulässigen Druckmittel, nämlich mit einer Ersatzfreiheitsstrafe, die Bezahlung eines Ersatzes für die nicht entrichtete Maut, erzwungen wird.

 

Es ist. somit die gesamte Bestimmung des § 20 leg.cit. verfassungswidrig, welche die nicht ordnungsgemäße Entrichtung der Straßenmaut zur Verwaltungsübertretung erklärt .

 

f) Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art. 7 EMRK (keine Strafe ohne Gesetz):

Nach dieser Verfassungsbestimmung kann niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalem Recht nicht strafbar war.

 

Die Judikatur des VfGH leitet aus dieser Verfassungsbestimmung das sogenannte Klarheitsgebot ab (VfSlg. 11.776, 13.012, 13.233, 14.606 sowie ÖJZ 1994, 529).

 

Damit wird das bereits aus Art. 18 Abs. 1 B-VG erfließende Gebot ausreichender Bestimmtheit gesetzlicher Regelungen für Strafbestimmungen auch auf Art. 7 Abs. 1 EMRK gestützt.

 

Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafen von 400,-- € bis zu 4.000,-- € zu bestrafen.

Was unter "ordnungsgemäßer Mautentrichtung" zu verstehen ist, führt diese Strafbestimmung nicht aus, die von der Erstbehörde weiters zitierte Bestimmung des § 6 BStMG normiert lediglich, dass die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als
3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt.

Nach § 7 Abs. 1 leg.cit. ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Diese Bestimmung verpflichtet in deren ersten Fall zur Mautentrichtung "durch Einsatz zugelassener Geräte" zur elektronischen Entrichtung der Maut.

Ein solches Gerät habe ich damals verwendet und ist somit ein zugelassenes Gerät zur elektronischen Mautentrichtung eingesetzt worden, eine Übertretung des § 7 Abs. 1 leg.cit. liegt somit ebenfalls nicht vor.

 

§ 8 BStMG regelt die Pflichten der Fahrzeuglenker. Nach Abs. 1 haben die Lenker vor Benutzung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten, was gegenständlich der Fall war und haben sie nach Abs. 2 sich nach Verwendung von solchen Geräten vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden; es liegt auch kein Verstoß gegen diese Bestimmung vor.

Betreffend Einstellung der Achsanzahl normiert das Gesetz nichts, in § 9 Abs. 2 leg.cit. geht es lediglich im Bezug auf die Achsanzahl und den Mauttarif und ist Normadressat dieser Bestimmung der BMVIT.

Es gibt somit keine Norm, welche unter Strafe stellt, dass die eingestellte Achsanzahl nicht der tatsächlichen Achsanzahl entspricht, die über mich verhängte Strafe verletzt mich somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art. 7 EMRK.

 

Wenn die Bezirkshauptmannschaft im vorliegenden Straferkenntnis darauf verweist, dass nach § 8 Abs. 2 leg.cit. jeder Fahrzeuglenker die Pflicht hat, sich bei Verwendung an Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionstüchtigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, so ist für deren Rechtsstandpunkt daraus deshalb nichts gewonnen, weil ich einerseits die Funktionstüchtigkeit des Gerätes vor, während und nach der Fahrt auf seine Funktionsfähigkeit überprüft habe, das Gerät hat funktioniert, weswegen mir ein Verstoß gegen diese Pflichten in der genannten Bestimmung nicht zur Last zu legen ist und mir überdies auch nicht zur Last gelegt wurde, derartige Versäumnisse zu vertreten zu haben, vielmehr wird mir ein Verstoß gegen § 20 Abs. 2 leg.cit. zur Last gelegt, die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

Dass ein derartiges Delikt dadurch gesetzt wird, dass die tatsächliche Achsanzahl nicht richtig eingestellt ist, ergibt sich aus dem Gesetz nicht, eine derartige Strafnorm existiert nicht, weswegen ein solches Verhalten auch nicht unter Strafe gestellt werden kann.

 

An dieser Stelle ist ein Vergleich mit anderen gesetzlichen Strafbestimmungen des Verkehrsstrafrechtes angebracht, etwa mit § 99 StVO, worin Strafen für die dort genau bezeichneten Delikte vorgesehen sind.

§ 20 BStMG enthält hingegen lediglich eine Strafnorm dahingehend, dass sich strafbar macht, wer die zeit- bzw. fahrleistungsabhängige Maut "nicht ordnungsgemäß entrichtet". Wie dieses Delikt verwirklicht wird bzw. was "ordnungsgemäßer" Mautentrichtung zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Gesetz ebenso wenig wie konkrete Verhaltensweisen, bei welchen von einer nicht ordnungsgemäßen Mautenrichtung zu sprechen ist.

 

§ 99 Abs. 2a StVO spricht etwa von der Strafbarkeit eines Verstoßes gegen ein Fahrverbot nach § 42 oder einer aufgrund des § 42 erlassenen Fahrverbotsverordnung. § 20 BStMG bezieht sich auf keine Verordnung, in welcher etwa geregelt ist, was unter ordnungsgemäßer Mautenrichtung zu verstehen ist bzw. welche Handlungen zu setzen bzw. Unterlassungen strafbar sind.

 

Nach § 14 Abs. 2 BStMG hat die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG Bestimmungen über die Benützung der Mautstrecken festzulegen (Mautordnung).

Was Inhalt der Mautordnung zu sein hat, bestimmt § 15 leg.cit. Darin finden sich aber keine Bestimmungen etwa über die richtig einzustellende Achsanzahl. Lediglich in
Z. 6 des Abs. 1 leg.cit. ist normiert, dass die Mautordnung Bestimmungen über die den Kraftfahrzeuglenker bei der Verwendung der Geräte und beim Auftreten von Funktionsstörungen treffenden Pflichten iSd § 8 Abs. 2 BStMG. Betreffend Vorgangsweise bei der Einstellung der Achsanzahl findet sich in dieser Verordnungsermächtigung nichts.

Dazu kommt, dass die Mautordnung keine Durchführungsverordnung iSd Art. 18 Abs. 2 B-VG ist, weil diese Verfassungsbestimmung lediglich Verwaltungsbehörden zur Erlassung von Verordnungen "aufgrund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches" ermächtigt, die A ist keine solche Behörde und ist unter einer Verordnung eine generelle Rechtsvorschrift zu verstehen, die von Verwaltungsbehörden erlassen wird und die sich ihrem Inhalt nach an die Rechtsunterworfenen (nach außen) richtet, also einen allgemeinen Adressatenkreis aufweist.

Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre ein Verstoß gegen eine Bestimmung der Mautordnung nicht unter Strafe zu stellen, weil sich die Strafbestimmung des § 20 BStMG nicht auf Übertretungen der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Mautordnung bezieht, dies entgegen etwa § 134 Abs. 1 KFG, worin normiert ist, dass eine Verwaltungsübertretung begeht, wer diesem Bundesgesetz bzw. dem aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt.

 

Da keine Strafnorm existiert, welche das mir zur Last gelegte Verhalten unter Strafsanktion stellt, liegt ein Verstoß gegen Art. 7 EMRK vor.

 

Voraussetzung für die Bestrafung ist iSd § 19 Abs. 4 BStMG, dass der Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert wurde, was zu überprüfen ist und sich meiner Kenntnis entzieht.

 

Für die Benutzung der Bundesautobahnen mit Fahrzeugen iSd Art. 2 d der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 17.06.1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benützung bestimmter Verkehrswege für schwere Nutzfahrzeuge (ABI. EG Nr. L 187 S 42) ist eine Gebühr iSd Art. 2 b der genannten Richtlinie zu entrichten (§ 1 Abs. 1 des dABMG.).

Nach dieser Richtlinie müsste die Republik Österreich ein sogenanntes Notifizierungsverfahren durchführen, was meines Wissens nicht geschehen ist, weswegen schon aus diesem Grund dem Bundesstraßenmautgesetz die normative Kraft fehlt, weswegen ich beim UVS des Landes Oberösterreich anrege, nach Art. 234 EG an den Europäischen Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren die Frage heranzutragen, ob die Bestimmungen des österreichischen Bundesstraßenmautgesetzes ohne Notifizierung gültig sind.

 

Wie Parallelfälle gezeigt haben, beträgt die über den Lenker verhängte Strafe bis zum 2000-fachen der Mindermaut, was die Exzessivität und somit Unsachlichkeit einer derartigen gesetzlichen Mindeststrafe augenscheinlich macht. Zum Verstoß gegen Art. 7 EMRK habe ich bereits Ausführungen getroffen, das BStMG enthält keine Bestimmungen betreffend die Einstellung der Achsanzahl, die Strafbestimmung des § 20 Abs. 2 enthält keinen Bezug auf die Mautordnung, wobei überdies diese keine Verordnung iSd Art. 18 B-VG darstellt und die A überdies keine Verwaltungsbehörde im Sinne des Gesetzes ist, welche eine Verordnung erlassen könnte. Dazu kommt, dass die Mautordnung lediglich einmal in der Wiener Zeitung abgedruckt war, hiebei handelt es sich um keine gehörige Kundmachung iSd Art. 139 B-VG, die Mautordnung gilt somit nicht und wird in der Lehre die Mautordnung als ABG, Allgemeine Geschäftsbedingungen, angesehen (Reischauer in Rummel3, Rz. 25b zu § 1319a ABGB).

 

Die Richtigkeit meiner Rechtsansicht dahingehend, dass es sich bei der Autobahnmaut nicht um eine Abgabe, sondern um ein privatrechtliches Entgelt handelt, ergibt sich auch aus dem Beschluss des VfGH vom 06.03.2001, VfSlg. 16.107, in welchem das Verfassungsgericht betreffend eine Klage nach Art. 137
B-VG auf Rückzahlung zu Unrecht entrichteten Benützungsentgelts seine Unzuständigkeit aussprach, da der ordentliche Rechtsweg zulässig ist.

 

Wollte man in § 20 Abs. 2 BStMG keine unzulässige Blankettstrafnorm sehen, müsste diese Bestimmung etwa wie § 134 Abs. 1 KFG und § 99 Abs. 2a StVO einen Verweis auf die Mautordnung enthalten, was nicht der Fall ist. Dazu kommt, dass
§ 14 BStMG (Verordnungsermächtigung) lediglich vorsieht, dass die A Bestimmungen über die Benützung der Mautstrecken (Mautordnung) zu erlassen hat, deren Inhalt in § 15 leg.cit. umschrieben ist. Wie die Achszahl einzustellen ist, kann aufgrund dieser Bestimmung nicht Inhalt der Mautordnung sein.

 

Die Verfahren BauR96-54 und 55-2005 der BH BR betreffen nicht nur den selben Lenker, sondern auch das selbe Delikt, welches an zwei aufeinander folgenden Tagen am selben Ort unter völlig identen Umständen begangen wurde, weswegen nicht zwei selbständige Taten vorliegen, sondern ein fortgesetztes Delikt (2005/02/0015 vom 15.04.2005). Zwischen diesen beiden Fahrten wurde an der Go-Box nichts verändert.

Ich stelle somit den

 

A N T R A G ,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge meiner Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13.06.2005 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 13. Jänner 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges (4) sei höher gewesen als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät (3). Der Zulassungsbesitzer sei gem. § 19 Abs. 4 BStMG am
18. November 2004 zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 28. Jänner 2005 brachte der Bw im Wesentlichen vor, dass die Beweisbilder beigeschafft werden sollten, um zu beweisen, dass die Achsenzahl richtig eingestellt gewesen sei. Weiters würde sich durch eine falsch eingestellte Achsenzahl kein wirtschaftlicher Vorteil ergeben. Einer ORF-Meldung vom 22. Juni 2004 sei zu entnehmen, dass es bis Mai (2004) zu 50.000 Problemfällen im Zusammenhang mit der LKW-Maut gekommen sei. Der Tatvorwurf sei auf eine fehlerhafte Erfassung durch das Mautsystem zurückzuführen. Die weitere Rechtfertigung entspricht im Wesentlichen Teilen der später eingebrachten Berufung. Als Beilage ist der erwähnte ORF-Artikel angeschlossen.

 

Einer ergänzenden Stellungnahme der A vom 10. Mai 2005, in der auf die Mitwirkungspflicht des Fahrzeuglenkers hingewiesen wird, ist zwei Beweisbilder und eine Einzelleistungsinformation angeschlossen. Aufgrund der Abbuchungen könne festgestellt werden, dass das Mautportal einwandfrei funktioniert habe.

 

Dem Bw wurde daraufhin die Möglichkeit gegeben, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Eine Stellungnahme des Bw ist im Akt nicht enthalten.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2006 wurde die Argumentation fallengelassen, welche auf § 103 Abs. 2 KFG Bezug nimmt und die Unzulänglichkeit eines Lenkerauskunftsbegehrens zum Inhalt hat bzw. allfällige rechtliche Konsequenzen, die sich aus dieser Unzulänglichkeit ergeben könnten.

Dem Bw sei kein Ersatzmautangebot gestellt worden, obwohl er Mautschuldner sei. Es liege rein in der Sphäre der A, an wen das Ersatzmautangebot gerichtet werde. Der Bw habe keine Möglichkeit, von diesem Strafaufhebungsgrund Gebrauch zu machen oder diesen zu beeinflussen. Hier sei eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und des Eigentumsrechtes gegeben.

Bezüglich der in Pressemitteilungen behaupteten 50.000 Abbuchungsprobleme zwischen Jänner und Mai 2004 und des vom Bw behaupteten technischen Versagens des Mautsystems gab der verkehrstechnische Amtssachverständige zu den Fragestellungen folgende Stellungnahme ab:

 

"Zu der Frage, ob die angeführten 50.000 Fehlerbuchungen aus technischer Sicht

nachvollziehbar sind, ist Folgendes festzustellen:

Wie nach den Informationen des Mautbetreibers die Firma A, aber auch der Firma K, dem Entwickler des Systems, hervorgeht, fanden kurz nach der Erstaufstellung dieses Mautsystems Abbuchungsprobleme statt. Zu diesem Zeitpunkt

wurde noch keine Maut verrechnet, da es sich um einen 6-monatigen Probebetrieb gehandelt hat. In diesem Zeitraum werden Abbuchungsprobleme eingeräumt, die nach Analyse aber entweder auf eine falsche Montage der Go-Box zurückzuführen ist (Anbringung der Go-Box unterhalb der Einstellung der Scheibenwischer oder Verwendung der Go-Box bei sogenannten metallisierenden Scheiben (Scheiben, in denen eine dünne durchsichtige Metallfolie eingearbeitet ist, um eine bessere Wärmedämmung des Führerhauses zu erreichen), diese sogenannten metallisierenden Windschutzscheiben führen dazu, dass zwischen der Go-Box und dem Mautbalken keine Kommunikation aufgebaut werden kann. Die Lösung dieses Problems ergibt sich entweder in der Verwendung einer speziellen Go-Box - sogenannte Splitbox oder in einer Ausnehmung der metallisierenden Windschutzscheibe, die gekennzeichnet ist und in der die Go-Box angebracht werden kann. Weitere Ursachen für ein Nichtabbuchen besteht in der Möglichkeit, dass zwischen der Go-Box und der Windschutzscheibe z.B. eine Zeitschrift "verklemmt" wurde. Bei der richtigen Montage besteht zwischen der Go-Box und der

Windschutzscheibe ein millimeterbreiter Spalt, der dazu führen kann, dass beabsichtigt oder unbeabsichtigt z.B. Lieferscheine oder Zeitungen dort hineinrutschen oder sich verklemmen. Dadurch wird die Kommunikation mit dem Mautbalkensystem so erschwert, dass es zu einer Nichtabbuchung kommen kann. Durch eine sehr stark verschmutzte Windschutzscheibe treten nachgewiesener Maßen Kommunikationsprobleme auf, wobei die Windschutzscheibe dann bereits so

stark verschmutzt sein muss, dass sie der Lenker reinigen muss, um entsprechende Sicht auf die Straße zu haben. Weiterer Problempunkt ist das Nichtabbuchen beim Durchfahren eines ausgeschalteten Mautbalkens, der zu Wartungszwecken oder Umbauzwecken zum Zeitpunkt der Durchfahrt nicht aktiviert wurde. Fahrdynamische Einflüsse z.B. das Bremsen (Notbremsung oder das zügige Beschleunigen) hat keinen Einfluss auf die Go-Box. Diesbezüglich wurden Eigenversuche durchgeführt und auch aufgrund der Konstruktion der Go-Box ergibt sich ein Drucktaster mit einer sehr geringer Masse. Dabei ist nicht zu erwarten, dass aufgrund dieser sehr geringen

Masse die Trägheitskraft, die sich im Zuge einer Notbremsverzögerung aufbaut, dazu reichen würde, den Druckpunkt (die Druckkraft) aufzubauen, um ein Weiterschalten der Achsenanzahl zu ermöglichen. Aus den bisher durchgeführten Versuchen sowie aus Eigenerfahrungen kann bis dato bestätigt werden, dass ein selbstständiges Verstellen der Achsenzahl aufgrund der konstruktiven Ausführung des Drucktasters nicht möglich erscheint. Ebenso ergeben sich keine Achszahlveränderungen beim Überfahren von Schlaglöchern oder im Baustellenbereich, da auch die hier sich aufbauenden Schwingungen sprich Stoßkräfte nicht ausreichen, um den Druckpunkt des Schalters aufgrund seiner sehr geringen Masse zu überwinden. Zur Kontrolle des Mautsystems werden Kontrollfahrten seitens der A durchgeführt und zum Anderen wird pro Tag eine

Plausibilitätskontrolle jedes Mautportals gemacht. Unter dieser Plausibilitätskontrolle

versteht man, dass die Anzahl der Abbuchungen pro Tag mit einem statistisch erhobenen Wert verglichen wird. Wenn es dabei zu größeren Abweichungen kommt,

wird im Eigeninteresse der A Nachschau gehalten, um dieses Problem zu lösen. Derartige Ereignisse, dass es große Abbuchungsdifferenzen statistisch nachweisbar bis dato gegeben hat, sind nicht bekannt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die Batterie der Go-Box einen Defekt aufweist. Solche Fehler sind bereits vorgekommen. Dieser Fehler müsste aber bei entsprechender Sorgfalt dem Lenker vor Antritt der Fahrt auffallen, da es weder zu einem akustischen, noch zu einem optischen Signal der Go-Box-Anzeige kommt. Aufgrund dieser vorstehend genannter Fehler wurden in der Mauteinführungsphase, bei denen noch keine Gebühren verrechnet wurden, zahlreiche Fehler erkannt, die aber wie die bisher vorliegenden Informationen zeigen, eben ausschließlich auf eine spezielle Ausführungsart der Windschutzscheibe oder auf eine absichtlich oder unabsichtlich falsch angebrachte Go-Box-Montage zurückzuführen ist. Weiters hat sich herausgestellt, wie auch die Auswertung bei manchen Mautportalen ergab, dass die Go-Box nicht wie vorgeschrieben auf die Windschutzscheibe geklebt wurde, sondern

mit der Hand beim Unterfahren in den Windschutzscheibenbereich gehalten wurde. Auch dadurch sind Abbuchungsprobleme aufgetreten. Bevor das Mautsystem zugelassen wurde, wurden die für die Nahfeldkommunikation einschlägigen Richtlinien nachgewiesen. Eine Beeinflussung durch andere im Fahrzeuge befindliche Mautsysteme wie z.B. das schweizerische Tripon-Gerät oder das deutsche Gerät sind bis dato nicht nachgewiesen. Aus technischer Sicht erscheint eine Beeinflussung nicht nachvollziehbar, da die Abfrageprotokolle anders gestaltet sind und der Kommunikationsaufbau mit dem jeweiligen Mautbalken nach einem anderen Algorithmus verläuft. Zusätzlich im Fahrzeug möglicherweise vorhandene Geräte wie GPS zum Navigieren, Bordcomputer oder Handys sind Arbeiten in einem

anderen Frequenzbereich, sodass aus technischer Sicht eine Störung der Mautkommunikation nicht nachvollziehbar ist, da die Kommunikation mit dem Mautbalken in einem komplett anderen Frequenzband erfolgt. Die bis dato durchgeführten Worst-Case-Versuche zeigten bis dato keinen nachvollziehbaren Ansatz, der auf einen Systemfehler schließen lassen würden. In Bezug auf die Möglichkeit, dass sich bei der Go-Box die Achszahl unabsichtlich verstellt, ist Folgendes festzustellen: Zum Einen ergaben sich bis dato beim durchgeführten Probebetrieb als auch bei Eigenversuchen keine automatische bzw. unbeabsichtigte Verstellung der Achszahl. Selbst bei durchgeführten Bremsmanövern oder Beschleunigungsmanövern, die hohe Massenträgheitsmomente zu erwarten hätten, ergab sich keine unbeabsichtigte Verstellung der Go-Box. Aus konstruktiver Sicht ist das damit zu erklären, dass der ausgeführte Druckschalter eine sehr sehr geringe Masse hat und die bei einer Notbremsung beim Überfahren eines Schlagloches oder auch bei einer zügigen Anfahrbeschleunigung die sich dadurch aufbauenden Trägheitskräfte nicht die Möglichkeit haben, den Druckpunkt des Drucktasters zu überwinden. Eine Möglichkeit kann aus technischer Sicht nicht ausgeschlossen werden, dass durch einen Gegenstand, der zufällig den Drucktaster für eine Zeit von über 2 Sekunden berührt, es zu einem Verstellen der Achsanzahl kommt. Dazu ist aber notwendig, dass zum Einen ein relativ fester Gegenstand auf den Drucktaster drückt und dieser Druck für eine Zeit von mindestens 2 Sekunden anhält. Wenn sich im Bereich der Go-Box sprich vor der Go-Box keine Gegenstände befinden, ist eine derartige Kraftausübung nicht möglich.

Sonst sind, wie bereits festgestellt, bis dato durch bei richtig eingestellter Go-Box, bei

richtiger Montage und bei der Vermeidung einer unbeabsichtigten Fremdeinwirkung von außen ein Verstellen des Schalters respektive der Achsanzahl nicht nachvollziehbar. Soweit bis dato aus den vorliegenden Unterlagen und den Erfahrungen geschlossen werden kann, ist ein unbeabsichtigtes Verstellen bei der Go-Box bei korrekter Montage mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Ergänzend wird zu der Frage der 50.000 Fehlabbuchungen laut Zeitungsberichten Folgendes ergänzt:

Im Zuge des Mautprobebetriebes traten Fehler auf, wobei die aufgetretenen Fehler sich nicht ausschließlich auf die Verstellung der Achsenanzahl beziehen, sondern die, wie vorstehend bereits aufgezählt, wurden einige Gründe dafür analysiert, die zu

einem Problem bei der Mautkommunikation geführt haben. Die Summe all dieser Probleme bzw. analysierten Probleme ergab die Zahl der Mautkommunikationsprobleme. Über die genaue Höhe dieser Probleme kann aus heutiger Sicht keine Aussage getroffen werden. Es ist vom Mautbetreiber eingeräumt, dass Probleme in der Einführungsphase passiert sind, die aber nach eingehender Analyse auf die bereits dargelegten Gründe zurückzuführen sind. Zu der Frage der möglichen Fehlerquellen, dass die Achsanzahl falsch eingestellt wurde, ist Folgendes zu ergänzen: Bei korrekter Montage der Go-Box ist eine unbeabsichtigte automatische Verstellung der Achsanzahl praktisch auszuschließen.

Eine Möglichkeit, dass sich die Achsanzahl verstellt, besteht darin, dass ein festerer Gegenstand z.B. eine Autoatlas, zufällig den Taster der Go-Box für länger als
2 Sekunden drückt und dabei die erforderliche Druckkraft überwindet. Dieses Szenario ist denkbar und dieses Szenario kann zu einer Verstellung der eingestellten Achsanzahl führen. Eine andere Ursache für eine Fehlabbuchung bei der Achsanzahl ist entsprechend den uns bekannten Unterlagen und dem derzeitigen Wissensstand nicht plausibel nachvollziehbar und ist auch aufgrund von durchgeführten Eigenversuchen praktisch auszuschließen. Wenn die vorstehend dargestellten Umstände nicht eintreten, so ist eine falsche Abbuchung der Achsanzahl auf eine falsche Einstellung der Go-Box zurückzuführen."

 

Auf die Frage des Vertreters des Bw, ob es richtig ist, dass die Go-Box nur einen Teil des Mauterfassungssystems der A darstellt und daher Fehlerquellen betreffend Achsanzahl auch in der Kommunikation zwischen der Go-Box und dem Mautbalken auftreten können, stellte der Amtssachverständige fest:

 

"Zu dieser Frage ist aus technischer Sicht Folgendes festzustellen, dass die Go-Box mit dem Mautbalken im Nahfeldbereich kommuniziert. Wir gehen hier von einem Nahfeldbereich von 20 bis 30 m aus. Die dafür einschlägigen in der Nahfeldkommunikation vorgeschriebenen elektrotechnischen und mikroelektronischen Vorschriften wurden vor der Zulassung des Systems nachgewiesen. Wie bereits festgestellt, wurde bei dieser Kommunikation auch geprüft, ob andere im Fahrzeug eventuell vorhandene Mautsysteme oder andere Gerätschaften, Handy, GPS, Bordcomputer etc. die Mautkommunikation beeinflussen. Das ist zum Einen aufgrund von diversen Kontrollfahrten auszuschließen und zum Anderen aufgrund der vor der Zulassung vorgelegten Einhaltung der einschlägigen Richtlinien, die die Nahfeldkommunikation betreffen, also nach den einschlägigen Richtlinien, die für die Nahfeldkommunikation erforderlich sind, nachgewiesen wird, ist davon auszugehen, dass Kommunikationsprobleme, die im Nahfeldbereich zwischen Go-Box und Mautbalken entstehen könnten, auszuschließen sind. Zu der Frage des Rechtsvertreters, wo Kommunikationsprobleme auftreten können, ist aus technischer Sicht zu sagen, wenn, dann besteht die Möglichkeit in der Nahfeldkommunikation, dass es zu Problemen kommen könnte, nämlich bei der Übertragung der Mikrowellen zwischen der Go-Box und dem Empfänger (Mautbalken). Diese Fehlerproblematik ist bekannt und ist durch den Nachweis der einschlägigen Richtlinien der Nahfeldkommunikation

praktisch auszuschließen. Vom Mautbalken wird dann die Information über ein erdgebundenes Autobahnkabelnetz, das die A betreibt, an die zuständige Mautsteile weitergeleitet. In diesem erdgebundenen Bereich, auf dem nur die Mautportaldaten bzw. A-Daten transportiert werden, ist ein Einfluss bzw. eine Manipulation der Daten praktisch auszuschließen."

 

Auf die Frage des Vertreters des Bw, wie die Situation wäre, wenn wie im vorhin erwähnten Beispiel beispielsweise ein Autoatlas auf den Druckknopf einwirkt, nämlich ständig einwirkt, ob sich dann die Go-Box dann dauernd umstellt, äußerte der Amtssachverständige, dass dies so sei.

 

Die Frage des Vertreters des Bw, ob eine falsche Achsenzahleinstellung aus den Piepstönen der GO-Box hörbar sei, beantwortete der Amtssachverständige folgendermaßen:

"Aus den Piepstönen alleine ist die falsche Achsanzahl nicht hörbar. Es wird aber die Achsanzahl optisch angezeigt. Und zwar, indem das Lämpchen bei der Zahl 2 oder 3 aufleuchtet. Dadurch ist erkennbar, welche Achsenanzahl eingestellt ist. Es ist sichtbar wie ein beleuchtetes Display. Aus dem Piepsen geht nur hervor, ob gebucht wurde, nicht jedoch, ob zwei Achsen oder drei Achsen eingestellt sind."

 

Der Bw behauptete weiters, es sei gegenständlich kein Delikt verwirklicht worden, da die richtige Achseneinstellung nicht explizit als Übertretungstatbestand formuliert sei. Weiters sei die Mautordnung nicht ordnungsgemäß, nämlich ausschließlich im Internet, verlautbart worden. Es sei daher nicht möglich, den Begriff der "ordnungsgemäßen Mautentrichtung" über Rückgriffe auf die Mautordnung zu definieren. Das BStMG habe auch keine normative Kraft, da das vorgesehene Notifizierungsverfahren nicht eingehalten worden sei.

 

Vom Bw wurden zusätzlich diverse Verfassungsgerichtshoferkenntnisse bzw.
-beschlüsse, Stellungnahmen der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, des Österreichischen Städtebundes, des ARBÖ, des Amtes der Vorarlberger Landesregierung, des Justizministeriums, des Innenministeriums, des Bundeskanzleramtes und des Verkehrsministeriums zum BStMG sowie eine Beschwerde beim EGMR (O`Halloran und Francis gegen United Kingdom) vorgelegt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Im gegenständlichen Fall steht fest, dass der Bw der Lenker war und lediglich eine Abbuchung der Maut für ein Kfz mit 3 Achsen erfolgt ist. Unstrittig ist ferner, dass der Zulassungsbesitzer iSd § 19 Abs. 4 BStMG zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist.

 

Dem Argument, dass nach Pressemitteilungen zwischen Jänner und Juni 2004 bei 50.000 LKWs und Bussen es zu Problemen bei der Mautabbuchung gekommen ist, ist entgegenzuhalten, dass sich aus der vorliegenden verkehrstechnischen Stellungnahme vom 7. Februar 2006, an dessen Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Unabhängige Verwaltungssenat keine Zweifel hegt und dem der Bw nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, ergibt, dass bei Einhaltung der Mautordnung, mit der darin vorgesehenen Mitwirkung des Lenkers, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine für den Fahrer nicht erkennbaren Abbuchungsprobleme zu erwarten sind. Ein selbsttätiges Verstellen der Achsenanzahl der GO-Box kann bei Einhaltung der Bestimmungen der Mautordnung ausgeschlossen werden. Ein Systemfehler ist notorisch äußerst unwahrscheinlich, liegt hier offensichtlich nicht vor und wird zusätzlich widerlegt durch die Stellungnahme des Sachverständigen. Widerlegt wird die - ohnehin nur als Implikation einer nicht glaubwürdigen Behauptung sich ergebende - Erwägung eines Systemfehlers daraus, dass - wie aus der vorliegenden Einzelleistungsinformation ersichtlich ist - der Bw am Tattag auf einer Strecke zwischen dem Mautportal "Regau" und dem Mautportal "Linz Urfahr" insgesamt 72 Mautportale (!) durchfahren hat, die alle offensichtlich ordnungsgemäß funktioniert und die bei der GO-Box eingestellte Achsenzahl (3) registriert und abgebucht haben. Dabei ist auch nicht aus den Augen zu verlieren, dass gegenständlich die Problematik nicht in einer Kommunikationsunterbrechung (Nichtabbuchung), sondern in einer fehlerhaften Einstellung der Achsenzahl liegt.

Wenn der Bw zudem einwendet, er habe vor, während und nach der Fahrt die Funktionstüchtigkeit der GO-Box kontrolliert, verkennt er, dass die Verpflichtung zur sogenannten "Statusabfrage" gem. Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung nicht nur die Kontrolle der Funktionsfähigkeit der GO-Box sondern auch die Kontrolle der eingestellten Achsenzahl umfasst. Diese Kontrolle wurde aber offensichtlich nicht durchgeführt, weshalb es zur gegenständlichen Verwaltungsübertretung gekommen ist. Dieses Faktum schließt einen Systemfehler als Ursache zusätzlich aus.

 

Zu dem Hinweis, dass sich aufgrund der teilentrichteten Maut lediglich eine geringe Ersparnis ergebe, ist festzuhalten, dass es nicht darauf ankommt, welche Ersparnis durch eine falsche Einstellung der Go-Box eingetreten ist, sondern lediglich darauf, dass die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.

 

Wenn der Bw vorbringt, das Ersatzmaut-Angebot sei ihm nicht zur Kenntnis gebracht worden, verkennt er, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG der Zulassungsbesitzer, im gegenständlichen Fall: der Arbeitgeber, schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern ist. Dies ist offensichtlich erfolgt und ergibt sich aus der Anzeige vom 29. November 2004 und aus einer zusätzlichen Stellungnahme der A vom
6. Juli 2005. Die Ersatzmaut wurde nicht zeitgerecht beglichen, damit entfällt der Strafaufhebungsgrund des § 20 Abs. 3 BStMG.

 

Der Ansicht des Bw, die Mautordnung sei nicht als Durchführungsverordnung anzusehen, ist mit § 14 iVm § 15 Abs. 1 Ziffer 6 BStMG entgegenzuhalten, wonach die A in der Mautordnung Festlegungen über Bestimmungen über die den Kraftfahrzeuglenker bei der Verwendung der Geräte und beim Auftreten von Funktionsstörungen treffenden Pflichten (§ 8 leg.cit.) zu treffen hat. Aus diesen Gesetzesstellen ergibt sich somit in einer für den Gesetzesanwender eindeutigen Weise, dass es weiterer Festlegungen u.a. über die konkreten Lenkerpflichten bedurfte und hierfür die Erlassung einer Mautordnung vorgesehen war, aus welcher ersehen werden könne, was unter einer "ordnungsgemäß" entrichteten Maut iSd § 20 BStMG zu verstehen ist. Die A wurde somit im Rahmen der im Gesetz angeführten Regelungen zur Erlassung einer Verordnung zwecks Schaffung einheitlicher Bedingungen für die Benützung der Mautstrecken ermächtigt. Insoweit wurde die A mit einer hoheitlichen Aufgabe betraut und ist in diesem Umfange als sogenanntes beliehenes Unternehmen zu qualifizieren. Die von der A i.S.d. Verordnungsermächtigung erlassene Mautordnung trifft für den allgemein bestimmten Adressatenkreis der Benützer mautpflichtiger Bundesstraßen unmittelbar verbindliche Regelungen und ist damit - insbesondere im Hinblick auf den Wortlaut der sie betreffenden gesetzlichen Regelungen - als Durchführungsverordnung im Sinne des Art. 18 Abs. 2 B-VG zu qualifizieren (siehe zur vergleichbaren Rechtslage u.a. VwGH 2001/06/0173 vom 18.6.2003).

 

Dem Einwand des Bw, die Mautordnung sei nicht ordnungsgemäß, nämlich nur einmal im Amtsblatt zur Wiener Zeitung, verlautbart worden, ist mit Walter - Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. Auflage, RZ 602,
S. 240f, entgegenzuhalten, dass das Bundesverfassungsgesetz keine ausdrückliche Vorschrift darüber enthält, wie Verordnungen kundzumachen sind. Dass eine "gehörige" und "gesetzmäßige" Kundmachung zu erfolgen hat, ergibt sich aus Art. 89 Abs. 1 und Art. 139 Abs. 3 lit. c B-VG. Überdies übersieht der Bw, dass eine Kundmachung der Mautordnung über das Internet erfolgt ist.

Das BStMG sieht in § 16 vor, dass die Mautordnung von der A im Internet zu verlautbaren ist und frei von Sondergebühren jederzeit ohne Identitätsnachweis zugänglich sein muss. Auf Verlangen hat die A die Mautordnung jedermann gegen angemessenen Kostenersatz zuzusenden. Die Kundmachung der Mautordnung über das Internet ist somit gesetzeskonform und "gehörig" erfolgt. (Verfassungs-)Rechtliche Bedenken dagegen bestehen seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht. Zusätzlich zu den im BStMG normierten Publikationsbestimmungen der Mautordnung bietet die A die Möglichkeit, per E-Mail-Newsletter kostenlos über Änderungen der Mautordnung informiert zu werden; auch die Altfassungen der Mautordnung sind jederzeit auf der A-Homepage kostenlos abrufbar.

 

Der Argumentation des Bw, es sei gegenständlich kein Delikt verwirklicht worden, da die richtige Achseneinstellung nicht explizit als Übertretungstatbestand formuliert sei, ist zu entgegnen, dass die Mautordnung definiert, was "ordnungsgemäße Mautentrichtung" iSd § 20 BStMG bedeutet. Und aus Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung ergibt sich, dass die Deklarierung und Einstellung der Achsenzahl (Kategorie) entsprechend zu erfolgen hat. Geschieht dies - wie im gegenständlichen Fall - nicht, ist die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist der Auffassung, dass mit dem Begriff "ordnungsgemäß" eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen genügende Determinationsdichte erreicht ist, welche, wie gesagt, in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise auf Verordnungsebene näher ausgeführt ist.

 

Alle weiteren vom Bw vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Unabhängige Verwaltungssenat ebenfalls nicht und es wird der Bw daher auf den dafür vorgesehenen Rechtsweg verwiesen.

 

Der Bw bringt vor, dass laut der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.06.1999 die Republik Österreich ein Notifizierungsverfahren durchzuführen habe, was nicht geschehen sei und dem BStMG deshalb die normative Kraft fehle. Dazu ist festzuhalten, dass in der vorgenannten Richtlinie die Mitgliedsstaaten lediglich einer Berichtspflicht gegenüber der Kommission unterliegen und bei amtlichen Veröffentlichungen auf diese Richtlinie Bezug zu nehmen haben (vgl. Artikel 11 und 12). Die Notwendigkeit des vom Bw erwähnten "Notifizierungsverfahrens" kann in dieser Richtlinie nicht erblickt werden. Den Pflichten der oben angeführten Richtlinie ist die Republik Österreich nachgekommen; dies ist u.a. dem Dokument der Europäischen Union Nr. 71999L0062, dem Ausschussbericht Nr. 1139 zum BStMG und nicht zuletzt § 37 BStMG zu entnehmen.

 

Der Bw geht von der Auffassung aus, dass es sich bei den festgestellten Verwaltungsübertretungen am 16. November 2004, 7.50 Uhr, und am 17. November 2004, 21.09 Uhr, um ein fortgesetztes Delikt handelt und diese deshalb zu einer Tateinheit zusammenzufassen sind.

Ein fortgesetztes Delikt ist dann gegeben, wenn eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei sie nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden dürfen (VwGH 2003/05/0201 vom 18.3.2004).

Wie aus den vorliegenden Einzelleistungsinformationen (aus dem Akt der Erstbehörde, Zl. BauR96-55-2005, und dem gegenständlichen Verwaltungsstrafakt) ersichtlich ist, hat der Bw am 16. November 2004 um 8.06 Uhr die mautpflichtige Strecke verlassen und damit dieses Delikt abgeschlossen. Tags darauf (dem gegenständlichen Tattag) wurde um 1.18 Uhr durch neuerliches Auffahren auf eine mautpflichtige Bundesstraße mit einer neuerlichen Deliktsverwirklichung (und mit daraufhin zusätzlich erfolgten Fahrtunterbrechungen an diesem Tag) begonnen.

Von einem fortgesetzten Delikt kann - abgesehen davon, dass in so einem Fall Vorsatz vorliegen müsste - aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Bw - wie im gegenständlichen Fall - durch Unterbrechungen der Fahrt das jeweilige Delikt abgeschlossen hat, da mit jeder neuerlichen Fahrt auf einer mautpflichtigen Strecke eine neuerliche Deliktsverwirklichung beginnt.

Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass der Lenker gem. § 8 Abs. 2 BStMG iVm Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung vor jeder Fahrt u.a. die richtig eingestellte Kategorie (Achsenzahl) zu überprüfen hat. Der gegenständliche Deliktsbildungszeitraum umfasst somit (unter Berücksichtigung von am Tattag erfolgten Fahrtunterbrechungen) die zurückgelegte Mautstrecke zwischen 20.54 Uhr und 21.54 Uhr.

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird (kein fortgesetztes Delikt vorliegt), hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet (vgl. VwGH 2005/02/0015 vom 15.4.2005). Folgerichtig waren gegen den Bw unter Anwendung des Kumulationsprinzips (§ 22 VStG) deshalb für die Verwaltungsübertretungen anlässlich der Fahrten am 16. und 17. November 2004 auch mehrere Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten.

 

Dem Bw ist somit vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker gem. Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung nicht nachgekommen ist, da er die geänderte Achsenzahl nicht manuell umgestellt hat.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die geänderte Achsenzahl manuell umzustellen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Im Hinblick darauf, dass zur Unbescholtenheit als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG), die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist das Verschulden nicht gering zu veranschlagen, da die falsch eingestellte Achsenzahl dem Bw bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht entgehen durfte.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

Beachte: 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 26.09.2006, Zl.: B 1243/06-6

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum