Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150323/3/Lg/Hue/Hu

Linz, 25.10.2005

 

 

 

VwSen-150323/3/Lg/Hue/Hu Linz, am 25. Oktober 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des G W, B, O, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. U und Dr. G S, W, R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes Wels-Land vom 20. Juni 2005, Zl. BauR96-70-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird im Schuldspruch keine Folge gegeben; im Strafausspruch jedoch mit der Maßgabe, dass von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen wird.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 21 Abs. 1, 24, 19 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er am 31. August 2004 um 11.44 Uhr als Lenker eines Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen die mautpflichtige A25, Linzer Autobahn, Mautabschnitt ÖBB Terminal Wels - Wels-Nord, Fahrtrichtung Knoten Wels, benützt habe, ohne dass die für die Benützung der Autobahn vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei.
  2.  

    In der Begründung des Straferkenntnisses wird im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund des Umstandes, dass die GO-Box für die Verrechnung im Nachhinein aufgrund des nicht mehr gültigen Zahlungsmittels gesperrt gewesen sei, sei zum Tatzeitpunkt die fahrleistungsabhängige Maut nicht bezahlt worden. Aus der Einzelleistungsinformation sei ersichtlich, dass die letzte ordnungsgemäße Abbuchung der Maut am Tattag um 1.18 Uhr im Abschnitt Muldenstraße - Linz Salzburgerstraße stattgefunden hätte. Die nächste vorschriftsmäßige Abbuchung sei erst um 20.00 Uhr des selben Tages erfolgt.

     

  3. In der Berufung wird vom Bw im Wesentlichen vorgebracht, dass um 9.00 Uhr des Tattages die Kreditkarte des Arbeitgebers noch nachweislich zugelassen bzw. der Bw nicht über die bevorstehende Kreditkartensperre informiert worden sei. Nach Verrichtung mehrerer Ladevorgänge hätte der Bw vor Inbetriebnahme des LKW um ca. 11.00 Uhr die Statusabfrage bei der GO-Box durchgeführt und die Achsenzahl eingestellt. Es sei kein "rotes Blinken" der Leuchtanzeigen erfolgt, sodass kein Hinweis auf eine etwaige Funktionsunfähigkeit vorgelegen sei.

Kurz nach der Auffahrt auf die A25 sei es zum Ertönen eines viermaligen Signaltones gekommen. Daraufhin habe der Bw die Autobahn verlassen und vom Arbeitgeber die telefonische Information erhalten, die Zahlung an die ASFINAG unverzüglich veranlassen zu wollen. Der Arbeitgeber habe den Bw angewiesen, die Fahrt auf der Bundesstraße zur Vermeidung von Verzögerungen fortzusetzen. Der Bw habe auf die Angaben des Dienstgebers hinsichtlich der korrekten Erfüllung seiner Verpflichtungen vertrauen müssen. Die dem Bw obliegenden Sorgfaltspflichten seien eingehalten worden. Dem Bw sei es schon aus rein technischen Gründen unmöglich, sich über den Kreditstatus des ASFINAG-Vertragspartners via GO-Box-Statusabfrage zu informieren. Erst bei der Durchfahrt durch das Mautportal und anhand des hiebei erstmalig empfangenen Signales sei eine Störung erkennbar gewesen und der Bw sofort von der Autobahn abgefahren. Die Übernahme der Nachzahlung sei vom Dienstgeber zugesichert worden und eine Weigerung der Weisungsbefolgung hätte jedenfalls dienstrechtliche Konsequenzen nach sich gezogen. Ein Verschulden des Bw liege deshalb nicht vor bzw. sei vernachlässigbar.

Als Beweis für den geschilderten Sachverhalt wird die zeugenschaftliche Einvernahme eines Sachverständigen aus dem Gebiet elektronischer Mautsysteme und des Arbeitgebers angeregt.

 

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG/ÖSAG vom 2. November 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei das Fahrzeuggerät für die Verrechnung im Nachhinein aufgrund des nicht mehr gültigen Zahlungsmittels gesperrt worden.

 

Nach Strafverfügung vom 20. Jänner 2005 brachte der Bw vor, dass über den Arbeitgeber (Zulassungsbesitzer) mit Beschluss vom 16. August 2004 der Konkurs eröffnet worden sei. Die weitere Rechtfertigung entspricht im Wesentlichen Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 14. Februar 2005 teilte die ASFINAG im Wesentlichen mit, dass die gegenständliche Kreditkarte bereits am 31. August 2004 um 10.16 Uhr gesperrt und erst um 19.47 Uhr des selben Tages nach einer Vertragsänderung auf Pre-Pay-Basis wieder entsperrt worden sei. In der Beilage sind zwei Beweisfotos und eine Einzelleistungsinformation angeschlossen.

 

Dazu äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung und gab seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung besagt, dass der Nutzer (Lenker) währen der Fahrt u.a. folgendes akustisches Signal zu beachten hat: Vier kurze Signal-Töne: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung eingetreten ist. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollem Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf technische Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Gemäß § 19 Abs. 4 BStMG hat die ASFINAG den Zulassungsbesitzer, kommt es zu keiner Betretung, schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich durch ein gesperrtes Zahlungsmittel) benützt und er somit das Tatbild des § 20 Abs. 2 BStMG verwirklicht hat. Unstrittig ist ferner, dass der Zulassungsbesitzer im Sinne des § 19 Abs. 4 zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist, die Ersatzmaut jedoch nicht bezahlt wurde.

 

Dem Bw ist vorzuwerfen, dass er nach Kenntnis der nicht erfolgten Mautentrichtung (viermaliges akustisches Signal der GO-Box) seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 nicht nachgekommen ist.

Etwaige anderslautende Anweisungen des Zulassungsbesitzers (Arbeitgebers) entbinden den Lenker nicht von seiner Nachzahlungsverpflichtung.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er sich auf die Zusicherungen seines Arbeitgebers betreffend der Nachzahlung der geschuldeten Maut verlassen bzw. er sich über die Rechtslage nicht ausreichend informiert hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kommt zur Auffassung, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung im Hinblick auf die glaubwürdig vorgebrachten besonderen Umstände des Falles (Konkurs des Arbeitgebers, der die strafausschließende Wirkung der rechtzeitigen Begleichung der Ersatzmaut nicht zustande kommen ließ; Anweisungen des Arbeitgebers entgegen die Bestimmungen des BStMG; sofortiges Verlassen der Mautstrecke nach Kenntnis der nicht erfolgten Mautentrichtung) soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, dass das Absehen von einer Strafe gem. § 21 VStG gerechtfertigt ist und spricht lediglich eine Ermahnung aus. Letzteres jedoch mit dem Hinweis, dass ihm damit das Vertrauen geschenkt wird, sich künftighin in Zweifelsfällen wie der gegenständlichen gesetzeskonform zu verhalten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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