Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150330/17/Lg/Hue

Linz, 14.04.2006

 

 

 

VwSen-150330/17/Lg/Hue Linz, am 14. April 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 2. März 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des M B , B E, D, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. U und Dr. G S, W, R, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 7. Juli 2005, Zl. BG-BauR-7248-2004h Scho, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dahingehend zu korrigieren, dass die verletzte Verwaltungsvorschrift § 20 Abs. 2 i.V.m. § 6 BStMG zu zitieren ist. Als für die Strafbemessung maßgeblichen Bestimmungen sind § 20 Abs. 2 BStMG i.V.m. § 16 Abs. 2 und § 19 VStG zu zitieren.
  2.  

  3. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden verhängt, weil er am 27. September 2004 gegen 2.19 Uhr als Lenker eines Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen deutschen Kennzeichen im Gemeindegebiet Wels, Bezirk Wels, die Autobahn A25, Mautabschnitt Wels Nord-ÖBB Terminal Wels, bis zu km 14,58 benützt habe, ohne dass die für die Benützung der Autobahn vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Dies sei von den automatischen Kontrolleinrichtungen des Mautsystems Österreich unter der Deliktsnummer 676258 festgestellt worden.
  2.  

    In der Begründung des Straferkenntnisses wird im Wesentlichen ausgeführt, dass auffällig sei, dass die Abbuchungen laut Einzelleistungsnachweis erst am Tattag um 5.44 Uhr beim Knoten Guntramsdorf-Münchendorf/Achau auf der A3 beginnen. Dies seien immerhin fast 3,5 Stunden nach Passieren des zur Last gelegten Tatortes. Weiters sei auffällig, dass bei der Rückfahrt augenscheinlich jede Abbuchung ohne Probleme getätigt worden sei, sodass sich für die Behörde der Schluss ergebe, dass zumindest auf einer Teilstrecke bei der Hinfahrt keine GO-Box zur Anwendung gekommen sei.

     

  3. In der Berufung wird vom Bw im Wesentlichen vorgebracht, dass von der belangten Behörde die angebotene Zeugin nicht einvernommen worden sei. Dieser Mangel müsse zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen.

Aus der Verantwortung des Bw ergebe sich, dass zwei Lesegeräte im gegenständlichen Kfz vorhanden gewesen seien. Der Verpflichtung nach dem BStMG ein Lesegerät mit Guthaben im Bereich der Windschutzscheibe mitzuführen, sei entsprochen worden. Dass dennoch keine Abbuchung erfolgt sei, spreche für einen technischen Defekt bzw. Systemfehler, möglicherweise hervorgerufen durch die beiden GO-Boxen, die sich gegenseitig gestört haben könnten, oder durch den in der Nähe des Gerätes aufgestellten PC. Dies hätte der Bw mangels einschlägiger Hinweise auf den Lesegeräten nicht bedenken können. Es sei eine Erfahrungssache, dass das in Österreich verwendete System störungsanfällig sei. Ein Verschulden des Bw liege nicht vor, da er von der Nichtabbuchung keine Kenntnis haben konnte.

 

Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Vernehmung der angebotenen Zeugin sowie eines Sachverständigen für das in Österreich verwendete elektronische Mautsystem im Zuge einer mündlichen Verhandlung.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG/ÖSAG vom 11. Oktober 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf und die Personalien des Lenkers. Die GO-Box hätte ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen, wodurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Anlässlich einer zusätzlichen Kontrolle sei durch ein Mautaufsichtsorgan am Tattag um etwa 14.50 Uhr gem. § 19 Abs. 5 BStMG mündlich die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen worden.

 

Anlässlich der Lenkererhebung teilte der Arbeitgeber des Bw mit, dass sich auf dem LKW ein nicht zu diesem Kfz gehörendes Maut-Lesegerät befunden habe, dieses jedoch ordnungsgemäß bezahlt worden sei. Beim Aufladen des Gerätes sei dies festgestellt und die GO-Box durch eine auf das gegenständliche Kfz registrierte ausgetauscht worden. Das Kfz inkl. GO-Box sei am 9. November zurückgegeben worden. Es habe sich nicht um einen Fehler des Fahrers gehandelt und man möge sich an den Zulassungsbesitzer wenden, um die Geräte auszulesen.

 

Nach Einspruch gegen die Strafverfügung vom 18. Jänner 2005 teilte der Bw im Wesentlichen mit, dass sich im gegenständlichen Kfz noch Frau D S befunden hätte. Im LKW sei zunächst nur ein Mautlesegerät mit einer nur geringen Kapazität vorhanden gewesen. Etwa 20 km vor Wels hätte Frau S ein zweites Mautlesegerät gekauft, ordnungsgemäß beladen und innen an die Windschutzscheibe gelegt, sodass sich nunmehr zwei GO-Boxen im LKW befunden hätten. Zusätzlich sei auf der vorderen Ablage noch ein Notebook gelegen. Beim Einfahren in die Mautstrecke hätte ein entsprechendes Signal ertönt, sodass der Bw von der ordnungsgemäßen Funktion ausgegangen sei.

 

Nach Anforderung übermittelte die ASFINAG am 17. Mai 2005 zwei Beweisbilder und eine Einzelleistungsinformation.

 

Zu diesen weiteren Beweismitteln wurde seitens des Bw keine Stellungnahme abgegeben.

 

Auf Anfrage teilte die ASFINAG am 14. Februar 2006 dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit, dass sich zur Tatzeit im gegenständlichen LKW eine GO-Box mit der Nummer C04001000103B033CA befunden habe, welche jedoch auf ein anderes Kfz mit dem amtlichen deutschen Kennzeichen angemeldet gewesen sei. Erst um 5.35 Uhr am Tattag sei für den gegenständlichen LKW eine GO-Box gekauft und angemeldet worden. Am 13. Jänner 2005 sei ein Austausch dieser GO-Box erfolgt.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. März 2006 wurde zunächst festgestellt, dass die beantragte Zeugin, Frau D S , zwar geladen, die Ladung von der Zeugin jedoch nicht behoben worden ist.

 

Der Bw schilderte den Hergang im Wesentlichen so, dass die gegenständliche Fahrt in Passau begonnen wurde und die beantragte Zeugin, die die Arbeitgeberin des Bw gewesen sei, als Beifahrerin fungiert habe. In Suben habe Frau S dem Bw mitgeteilt, dass eine GO-Box gekauft werden müsse, da die Kapazität der im LKW befindlichen Box nicht mehr ausreichen würde. Bei der ersten Tankstelle nach der Staatsgrenze hätte die beantragte Zeugin eine GO-Box mit einem Guthaben von 120 Euro gekauft, welche vom Bw auf die Windschutzscheibe montiert und vom Tankwart eingestellt worden sei. Sowohl der Bw als auch Frau S hätten keine Ahnung gehabt, wie die GO-Box einzustellen sei. Der Tankwart habe auch mitgeteilt, dass das Guthaben für eine Fahrt nach Ungarn und zurück reichen müsse. Die alte GO-Box sei glaublich von Frau S in ihre Tasche gegeben worden. Auf dem Armaturenbrett im Beifahrerbereich des LKW seien diese Tasche und ein Laptop gelegen. Während der Fahrt hätte die GO-Box zweimal gepiepst und die beantragte Zeugin dem Bw mitgeteilt, dass alles in Ordnung und bei einem viermaligen Piepston das Guthaben aufgebraucht sei. Viermal habe es aber nie gepiepst.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige legte dar, dass bei Vorhandensein von zwei GO-Boxen im LKW beide Geräte eine Kommunikation mit dem Mautportal aufbauen können und es dadurch zu einer Doppelabbuchung komme. Wenn die zweite GO-Box in einer Tasche verwahrt worden ist, so sei davon auszugehen, dass dies eine Kommunikation mit dem Mautportal und damit eine Abbuchung verhindert habe. Dies deshalb, da bereits ein Blatt Papier zwischen einer korrekt montierten GO-Box und der Windschutzscheibe genüge, den Kommunikationsaufbau zu verhindern. Zur Frage des mitgeführten Laptops sei auszuführen, dass im Hinblick auf die verwendeten Sequenzen und Frequenzbänder der GO-Box es zu keiner Überschneidung kommen könne, da übliche Laptops in einem anderen Frequenzband arbeiten würden. In der Praxis seien diese Probleme vorab bei der Erprobung des Systems bereits getestet und festgestellt worden, dass Laptops oder Bordcomputer keinerlei Störungen verursachen würden. Die gegenständliche Nichtabbuchung der Maut sei darauf zurückzuführen, dass sich zwischen der montierten GO-Box und dem Mautbalkensystem keine Kommunikation aufbauen hätte können. Die Ursachen dafür könnten in einer falsch montierten GO-Box oder einem Blatt Papier o.ä. zwischen GO-Box und Windschutzscheibe liegen.

 

Die Vertreterin des Bw brachte die Vermutung vor, dass die ursprünglich im gegenständlichen LKW befindliche GO-Box nicht auf dieses Kfz zugelassen worden sein könnte.

 

Auf telefonische Anfrage während der Verhandlung teilte die ASFINAG mit, dass am Tattag um 5.35 Uhr eine GO-Box in Guntramsdorf gekauft und auf das gegenständliche Kfz angemeldet worden sei. Wenn für den selben LKW schon eine GO-Box angemeldet gewesen wäre, würde man ein neues Gerät entweder erst bei Rückgabe der anderen GO-Box oder nach Sperrung der "alten" Box erhalten.

 

Auf Befragen, welche Stellung der Bw nehme, da sich nunmehr herausgestellt habe, dass die neue GO-Box erst um 5.35 Uhr in Guntramsdorf gekauft worden sei, brachte der Bw vor, dass er sich daran erinnern könne, dass Frau S in Suben zur Tankstelle gegangen sei und sie möglicherweise nur das Guthaben der im Kfz befindlichen GO-Box überprüfen habe lassen. Es könne schon sein, dass die neue GO-Box erst in Guntramsdorf gekauft worden sei.

 

Zum Abschluss der Verhandlung hielt die Vertreterin des Bw den Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme von Frau S zur Frage, für welchen LKW in Suben eine GO-Box gekauft worden sei, aufrecht. Falls die Einvernahme dieser Zeugin nicht gelingen sollte, werde zusätzlich in eventu die Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG beantragt.

 

5. Mittels Schreiben vom 16. März 2006 ersuchte der Unabhängige Verwaltungssenat den Rechtsvertreter des Bw um Darlegung, zu welchem verfahrensrelevanten Beweisthema eine Befragung der beantragten Zeugin erfolgen soll, da sich offensichtlich zur Tatzeit im LKW lediglich eine (auf ein anderes Kfz angemeldete) GO-Box befunden habe und erst mehr als 3 Stunden nach der Tat eine weitere GO-Box gekauft und diese auf den gegenständlichen LKW angemeldet worden sei. Es erfolgte der Hinweis, dass für den Fall, dass der erkennende Verwaltungssenat dieses zusätzliche Beweisthema als nicht verfahrensrelevant qualifizieren sollte, die öffentliche mündliche Verhandlung nicht fortsetzen und aufgrund der Ergebnisse des bisherigen Beweisverfahrens entscheiden werde.

 

Dazu erfolgte seitens des (Vertreters des) Bw keine Antwort.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

6.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung besagt u.a., dass der Kraftfahrzeuglenker im eigenen Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen hat.

 

Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung besagt, dass der Nutzer (Lenker) währen der Fahrt u.a. folgendes akustisches Signal zu beachten hat: Vier kurze Signal-Töne: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung eingetreten ist. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollem Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf technische Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die ASFINAG den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organes der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Scheidet auch eine schriftliche Aufforderung gem. Abs. 4 aus, so ist anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeuges, mit dem die Tat begangen wurde, der Zulassungsbesitzer mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 5).

 

6.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass die Maut nicht abgebucht und gem. § 19 Abs. 5 BStMG ein mündliches Ersatzmautangebot anlässlich einer Kontrolle durch ein Mautaufsichtsorgan am 27. September 2004 um ca. 14.50 Uhr gestellt worden ist, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen wurde.

 

Aus der vorliegenden Anzeige der ASFINAG vom 11. Oktober 2004 und den zusätzlichen ASFINAG-Stellungnahmen vom 14. Februar und 2. März 2006 geht eindeutig hervor, dass sich im LKW zur gegenständlichen Tatzeit lediglich eine (Pre-Pay-)GO-Box befunden hat, die aber auf ein anderes Kfz mit dem amtlichen deutschen Kennzeichen SHG-A2555 angemeldet gewesen ist. Diese GO-Box wies jedoch ein ungenügendes Mautguthaben auf. Erst um 5.35 Uhr am Tattag wurde für das gegenständliche Kfz eine GO-Box gekauft und angemeldet und erst ab diesem Zeitpunkt (etwa 3 Stunden nach der Tat) befanden sich zwei Geräte im LKW. Damit wurde auch das Vorbringen des Bw widerlegt, dass bereits am Grenzübergang Suben eine GO-Box für den verfahrensgegenständlichen LKW gekauft und angemeldet worden ist. Seine diesbezügliche Behauptung wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom Bw selbst dahingehend relativiert, da er einräumte, dass es sein könne, dass Frau S in Suben nur überprüft habe, wie viel Guthaben die (erste) GO-Box noch aufgewiesen hat und erst 3 Stunden nach der Tat in Guntramsdorf eine zweite GO-Box gekauft worden ist.

 

Dem Argument, ein im LKW mitgeführter Laptop könnte ein Nichtabbuchung der Maut verursacht haben, ist entgegenzuhalten, dass sich aus dem verkehrstechnischen Gutachten des Amtssachverständigen anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung, an dessen Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Unabhängige Verwaltungssenat keinen Zweifel hegt und dem der Bw nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, ergibt, dass diese Ursache aufgrund der unterschiedlichen Frequenzbänder von Laptop und GO-Box auszuschließen ist. Dabei ist auch nicht aus den Augen zu verlieren, dass gegenständlich die Problematik nicht in einer Kommunikationsstörung zwischen GO-Box und Mautportal, sondern in einem ungenügenden Mautguthaben bei der mitgeführten GO-Box, das eine ordnungsgemäße Abbuchung der Maut verhindert hat, liegt. Ein Systemfehler (ein technischer Defekt des Systems außerhalb der GO-Box) ist notorisch äußerst unwahrscheinlich und nicht schon auf bloße - unsubstantielle - Faktenbehauptungen hin anzunehmen.

 

Nicht zuletzt auch wegen der teilweise widersprüchlichen und auch teilweise widerlegten Faktenbehauptungen des Bw ist seine Aussage, dass die GO-Box "einwandfrei gepiepst" habe, stark in Zweifel zu ziehen. Der Bw behauptete überdies, dass nach Kauf der GO-Box - wie nunmehr ermittelt wurde etwa 3 Stunden nach der gegenständlichen Tat - diese ein Guthaben von 120 Euro aufgewiesen und bei Durchfahren der Mautportale zweimal gepiepst habe. Der Richtigkeit dieser Vorbringen steht aber vor allem entgegen, dass nach den technischen Gegebenheiten, wie sie im Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung ihren Niederschlag gefunden haben, bei Nichtentrichtung der Maut bei jedem Mautportal vier und sobald beim Guthaben 30 Euro unterschritten werden (und nicht bereits bei einem Guthaben von 120 Euro) zwei kurze Signal-Töne abgegeben werden. Weiters steht den Behauptungen des Bw entgegen, dass in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nur sehr unzureichend über die von der GO-Box abzugebenden Signaltöne Auskunft geben konnte (vgl. auf die Frage, ob ein, zwei oder mehrere Piepstöne zu hören gewesen sind, die Formulierungen "Frau S sagte zu mir, jetzt piepsts, jetzt ist es in Ordnung...Frau S sagte mir, wenn es viermal piepst, ist es aus, dann haben wir kein Guthaben mehr drauf" in der Verhandlungsschrift). Es ist nicht zuletzt in der öffentlichen mündlichen Verhandlung klar zu Tage getreten, dass der Bw offensichtlich seiner Verpflichtung als Lenker nicht nachgekommen ist, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen, da er sich ausschließlich auf die Auskünfte und Angaben seiner Beifahrerin verlassen hat (vgl. dazu die Formulierung "Frau S hat die Go-Box einstellen lassen, weil wir eigentlich null Ahnung hatten, wie so eine Go-Box einzustellen ist" in der Verhandlungsschrift).

 

Zur beantragten Einvernahme der Beifahrerin als Zeugin wird festgehalten, dass seitens des (Vertreters des) Bw dem Unabhängige Verwaltungssenat - trotz entsprechender Aufforderung - nicht dargelegt wurde, weshalb diese Zeugenvernehmung verfahrensrelevant sein soll. Insbesondere war die von der Vertreterin des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung begehrte Auskunft darüber "für welchen Lkw in Suben nach dem Vorbringen des Berufungswerbers eine Go-Box gekauft wurde" für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren irrelevant, da die Behauptung eines Kaufes einer GO-Box in Suben vom Bw selbst relativiert und von der ASFINAG widerlegt wurde. Da der Sachverhalt hinlänglich geklärt werden konnte, war die beantragte Zeugenvernehmung entbehrlich.

 

Dem Bw ist daher vorzuwerfen, dass er nicht rechtzeitig für ein ausreichendes Guthaben bei der GO-Box Vorsorge getroffen, die akustischen Signale der GO-Box (viermaliges Piepsen bei jeder Durchfahrt eines Mautportals) nicht beachtet und sich ausschließlich auf die Angaben und Auskünfte seiner Beifahrerin verlassen hat. Auf die Möglichkeit der Nachentrichtung der Maut gem. Punkt 7.1 der Mautordnung, die gegenständlich vom Bw nicht initiiert worden ist, wird hingewiesen.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine eventuelle Rechtsunkenntnis bzw. vorliegende Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box wirken. Ebenfalls nicht entschuldigend wirkt auch der Umstand, dass sich der Bw auf die Angaben seiner Beifahrerin verlassen hat, zumal ihm die Nichtabbuchung der Maut durch die akustischen Signale zur Kenntnis gelangten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zur Kenntnis gelangen mussten. Obwohl der ermittelte Sachverhalt wenig Anhaltspunkte dafür bietet, sei im Zweifel zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit ausgegangen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht hervorgekommen. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen; dies erspart dem Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

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