Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150383/2/Lg/Hue/Hu

Linz, 07.02.2006

 

 

 

VwSen-150383/2/Lg/Hue/Hu Linz, am 7. Februar 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des F T, G, D, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H V und Dr. G G, L, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 21. Oktober 2005, Zl. BauR96-259-2004, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 17 Stunden herabgesetzt.
  2.  

  3. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 20 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er am 11. August 2004 um 9.26 Uhr Lenker eines Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen ... die mautpflichtige A8 "Innkreisautobahn" bei ABKm 2.320, Marktgemeindegebiet Steinerkirchen an der Traun, Fahrtrichtung Suben, benützt habe, ohne dass die für die Benützung der Autobahn vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Die Achsenzahl des Kfz (4) sei höher gewesen als die eingestellte Kategorie bzw. Achsenzahl (3).
  2.  

  3. In der Berufung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Bw schon seit längere Zeit mit dem gegenständlichen Kfz gefahren und jedes Mal die GO-Box ordnungsgemäß eingestellt gewesen sei. Daraus sei ersichtlich, dass den Lenkerverpflichtungen nachgekommen worden sei. Es sei zudem nicht vorstellbar, dass die GO-Box selbstständig die Einstellungen verändert habe und dies dem Bw nicht aufgefallen sei. Schon alleine deshalb sei es nicht nachvollziehbar, dass fehlerhafte Einstellungen der GO-Box vorhanden gewesen sein sollen. Weiters sei verwunderlich, dass bei einer Betretung durch Mautaufsichtsorgane am 15. August 2004 um 21.18 Uhr auf der A9 bei Km 199,895 ausschließlich die gegenständliche Übertretung vorgeworfen worden sei, da aus der Einzelleistungsinformation ersichtlich sei, dass am 11. August 2004 zu unterschiedlichen Zeiten und Orten die Kategorie falsch eingestellt gewesen sei. Es könne nicht nachvollzogen werden, weshalb lediglich für eine angebliche Übertretung an einem bestimmten Tatort eine Strafe ausgesprochen worden sei und nicht für die anderen festgestellten Tatorte. Daraus sei zu schließen, dass es zu vom Bw nicht zu vertretenden Fehlbuchungen gekommen sei und dieser Irrtum nunmehr auf den Bw durch Verfolgung einer angeblichen Tat übergewälzt werde. Zudem sei eine Nachverrechnung gesetzlich vertretbar und auch möglich gewesen. Weiters sei der Tatvorwurf unzureichend, da im angefochtenen Straferkenntnis § 8 BStMG nicht angeführt worden ist.

 

Beantragt wird Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 15. August 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät und dadurch sei die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden. Weiters sei es am 15. August 2004 um 21.18 Uhr auf der A9 bei km 199,895, Fahrtrichtung Voralpenkreuz zusätzlich zu einer Kontrolle durch ein Mautaufsichtsorgan gekommen.

 

Nach Strafverfügung vom 22. Oktober 2004 brachte der Bw vor, dass er sämtliche Pflichten eines Fahrzeuglenkers eingehalten und somit auch die Maut ordnungsgemäß entrichtet habe.

 

Als zusätzliche Beweismittel wurden von der belangten Behörde zwei Fotoaufnahmen und eine Einzelleistungsinformation beigeschafft. In der Stellungnahme der ASFINAG vom 29. Juli 2005 wird auf die Mitwirkungspflicht des Lenkers hingewiesen und mitgeteilt, dass anlässlich der Kontrolle durch ein Mautaufsichtsorgan mündlich die Ersatzmaut angeboten worden sei.

 

Dazu äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs.2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2. der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2. zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Gemäß § 19 Abs. 2 ist der Lenker anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.

Scheidet auch eine schriftliche Aufforderung gem. Abs. 4 aus, so ist anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeuges, mit dem die Tat begangen wurde, der Zulassungsbesitzer mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 5).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich mit falsch eingestellter Achsenzahl bei der GO-Box) benützt und er somit das Tatbild des § 20 Abs. 2 BStMG verwirklicht hat. Unstrittig ist ferner, dass gem. § 19 Abs. 5 BStMG die Zahlung einer Ersatzmaut angeboten worden ist.

 

Aus dem vorliegenden Einzelnachweis ist ersichtlich, dass der Bw am Tattag um 8.22 Uhr in Salzburg Nord erstmals eine mautpflichtige Strecke befahren und die Fahrt bis 10.07 Uhr nach St. Valentin fortgesetzt hat. Hier ist es offensichtlich zu einer Fahrtunterbrechung - und damit zum Abschluss des gegenständlichen Delikts - gekommen, da die Fahrt erst um 11.22 Uhr von St. Valentin aus fortgesetzt und damit mit einer neuerlichen Deliktsverwirklichung begonnen worden ist. Dem Einwand des Bw, es sei nicht nachvollziehbar, dass ausschließlich der gegenständliche Tatort vorgeworfen worden ist, da am Tattag zu unterschiedlichen Zeiten und Orten die Kategorie (Achsenzahl) falsch eingestellt gewesen ist, ist zu entgegnen, dass der gegenständliche Deliktsbildungszeitraum die zurückgelegte Mautstrecke zwischen 8.22 Uhr und 10.07 Uhr umfasst, wobei sowohl der im angefochtenen Bescheid angegebene Tatort (ABkm 2.320) als auch die angegebene Tatzeit (9.26 Uhr) einen ausreichend engen Bezug zwischen der angelasteten Tat und einem bestimmten Ort herstellt, da diese Tatortumschreibung nicht auf einen Punkt, sondern auf eine in diesem Straßenkilometerbereich gelegenen Strecke zu beziehen ist und somit dem Gebot des § 44a Ziffer 1 VStG und damit auch den an eine Verfolgungshandlung i.S.d. § 32 Abs. 2 VStG zu stellenden Anforderungen entsprechen (siehe zur vergleichbaren Rechtssprechung neben vielen VwGH 98/03/0089 vom 26.1.2000).

 

Der Bw bringt vor, dass eine Nachverrechnung (Punkt 7.2 der Mautordnung) gesetzlich vertretbar und auch möglich gewesen sei. Dem ist entgegen zu halten, dass eine Nachverrechnung nur unter Einhaltung aller in Punkt 8.2.4.3.3 der Mautordnung formulierten Bedingungen (Lenkerverpflichtungen), bei Nichtertönen des akustischen Signals bei der GO-Box (Systemfehler - technischer Defekt der GO-Box oder des Mautportals), vorgesehen ist. Ein Systemfehler ist notorisch äußerst unwahrscheinlich und daher nicht schon auf bloße Behauptungen hin anzunehmen. Ein solcher Systemfehler liegt hier aber offensichtlich nicht vor, da der Bw selbst vorbringt, dass es nicht vorstellbar sei, dass die GO-Box selbständig die Einstellungen verändert habe - unabhängig davon, ob dies technisch auch möglich ist - und dies dem Bw nicht aufgefallen sei. Widerlegt wird die - ohnehin nur als Implikation einer nicht glaubwürdigen Tatsachenbehauptung sich ergebende - Erwägung eines Systemfehlers daraus, dass - wie aus der vorliegenden Einzelleistungsinformation ersichtlich ist - der Bw am Tattag auf einer Strecke zwischen Salzburg Nord/Wallersee und Nickelsdorf/Staatsgrenze insgesamt 64 (!) Mautportale durchfahren hat, die alle offensichtlich ordnungsgemäß funktioniert und die bei der GO-Box eingestellte Achsenzahl (3) registriert und abgebucht haben.

Zum Vorwurf, der Tatvorwurf sei "unzureichend" (gemeint wohl: im Hinblick auf § 44a VStG umschrieben), da im angefochtenen Straferkenntnis § 8 BStMG nicht angeführt worden ist, ist zu erwidern, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses alle Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Strafnorm, nämlich des § 20 Abs.2 BStMG, anspricht (und ausreichend konkretisiert). Einer Aufnahme von Elementen weiterer Tatbestände in den Spruch des Straferkenntnisses bedarf es nicht.

 

Dem Bw ist vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker gem. Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung nicht nachgekommen ist, da er die geänderte Achsenzahl nicht manuell umgestellt und auch die Statusabfragen vor den Fahrten bei der GO-Box, die auch die eingestellte Achsenzahl/Kategorie umfassen, offensichtlich nicht durchgeführt hat.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die geänderte Achsenzahl manuell umzustellen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Im Hinblick darauf, dass zur - auch vom Bw ins Treffen geführten - Unbescholtenheit als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG), die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

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