Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150443/11/Lg/Gru

Linz, 14.06.2006

 

 

VwSen-150443/11/Lg/Gru Linz, am 14. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des J E, P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 6. April 2006, Zl. BauR96-100-2003, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem deutschen Kennzeichen am 20.10.2003 um 22.10 Uhr die A (I.), Gemeinde S., Richtungsfahrbahn S., bei km 74, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten. Es sei am Fahrzeug keine Mautvignette angebracht gewesen.

 

In der Begründung des Straferkenntnisses wird auf die dienstliche Wahrnehmung eines Organs der Verkehrsabteilung - Außenstelle R. des Landespolizeikommandos Bezug genommen. Entgegen der Ansicht des Bw sei die Übertretung nicht während einer Fahrt, sondern auf einem Parkplatz festgestellt worden. Ferner wird auf § 3 des Bundesstraßengesetzes hingewiesen, wonach u.a. auch Parkplätze von Rasthäusern und Tankstellen als Bundesstraße gelten und daher ausnahmslos mautpflichtig seien.

 

In der Berufung wird vom Bw vorgebracht, dass er den im Straferkenntnis geschilderten Sachverhalt so nicht anerkenne und lediglich zugegeben habe, dass er, wenn er die Autobahnbahn benutzt habe, auch eine 10-Tagesvignette gehabt habe. Zu den überwiegenden Zeiten habe er jedoch den Landweg benutzt. Darüber hinaus könne er den Sinn und Zweck der Mauterhebung kurz nach Überquerung der Mautstrecke nicht erkennen. Dies sei seine persönliche Meinung, aber auf Grund der angeführten Angaben, betreffe dies nicht seine Person. Insofern könne darauf auch kein Strafmaß gerichtet werden. Er habe auch darauf hingewiesen, dass das Parkplatzareal durch eine Schranke abgegrenzt, welche zur angegebenen Zeit jedoch defekt gewesen sei.

Seitens des Bw wird die Frage gestellt, was die bisherigen Reserchen (gemeint wohl: Recherchen) ergeben hätten bzw. was mit seinem Hinweis, dass Ermittlungen schnell voranzuführen seien, geworden sei. Er habe regelmäßig außerhalb des Areals geparkt. Wenn er eine Vignette gehabt habe, dann habe er im Areal geparkt. Es habe verbale Auseinandersetzungen zwischen den Beamten und des Bw bezüglich eines bestimmten gesuchten Pkw's gegeben. Er habe darauf aufmerksam gemacht, dass sie sich um die parkenden Lkw's in der Tankanfahrtszone kümmern sollten, was ihnen sichtlich nicht behagt habe. Vermutlich hätten sie seinen Pkw gekannt. Außerdem misstraue der Bw den Aussagen der Beamten.

Weiters bestünde kein Foto über das Vergehen und sei auch kein anderes Beweismittel bekannt. Persönlich sei er nie überführt worden und auf Grund der Gesamtmängel in und um das Verfahren bitte er, dieses ausnahmsweise einzustellen. Da ihn die Angelegenheit nerve, sei er auch ohne Anerkennung der Sachlage bereit, unter Umständen eine zweitägige Haft anzutreten. Derzeit sei er ohne Einkommen und ohne Arbeitsstelle, habe eine Familie mit Kindern und sei schwer behindert.

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Verkehrsabteilung-Außenstelle R. vom 31.10.2003 zu Grunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Zusätzlich ist zur Tatbeschreibung angeführt: "Lenker parkte den PKW im Bereich des Rathauses 'S. E.' obwohl an dem PKW keine Mautvignette angebracht war."

 

Nach Strafverfügung vom 4. Dezember 2003 übermittelte der Bw eine Kopie einer Straßenkarte und ersuchte um exakte Punktierung des genauen Tatortes durch einen Farbstift, Übersendung eines eventuell vorhandenen Überführungsfotos, genaue Angabe der Fahrtrichtung bzw. Zusendung sonstiger Beweismittel, z.B. Zeugenaussagen.

Der Bw könne bestätigen, dass er vom 1.8.2003 bis 8.12.2003 als Tankwart an der Autobahntankstelle S./S. E. beschäftigt gewesen sei. Nur gelegentlich könne er sich erinnern, dass er die Autobahn befahren habe und zwar bis zur und von der grenznahen Arbeitsstätte, wobei er hier sicher das 10-Tagesticket in der Nähe der vorderen Schutzscheibe aufbewahrt (geklebt) gehabt habe. Zu weit überwiegenden Zeiten habe er aber den Landweg P.-E.-N.-S.-S.-E. benutzt. Wenn er schon die Streckenführung an diesem Tag genommen hätte, so könnte dies eigentlich nur in unmittelbarer Grenznähe gewesen sein.

Sinn und Zweck einer Mauterhebung auf den Austria-Highways dürfte ja die Benutzung als Transitweg, Überführung etc. ergeben und nicht die sofortige Ausfahrt zum Beispiel nach Passierung des Grenzflusses Inn.

Dem Bw sei es vollkommen unschlüssig, warum er bei einer solchen eher geringen Geschwindigkeit von den Staatsbeamten nicht zum Anhalten aufgefordert worden sei.

Darüber hinaus müsse er sich auch fragen, ob der Täter wirklich er gewesen sein könne, möglicherweise sei der Zeitpunkt vom Datum her während seines Dienstes gewesen. Es wäre daher eine Leichtigkeit gewesen, von einer an einem Haken hängenden Jacke einen Schlüsselbund zu entnehmen, eine kleine Tour zu fahren und dann den Schlüssel wieder zurückzulegen, während der eigentliche Besitzer draußen an den Zapfsäulen voll beschäftigt gewesen sei.

So gesehen sei sein Einspruch unumgänglich und er ersuche daher um Zustellung der angeforderten Unterlagen sowie um eine Belehrung des österreichischen Rechtsweges.

Weiters ersuche der Bw, für den Fall, dass er eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten müsse, über die mögliche Haftanstalt und deren Haftbedingungen von kompetenter Stelle mit Unterschrift des Verantwortlichen genauestens informiert zu werden. Er sei weiterhin ein von der deutschen Behörde anerkannter schwer Behinderter.

 

Mit Schreiben vom 2.11.2004 wurde dem Bw eine Fotokopie der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Verkehrsabteilung-Außenstelle Ried i.I., übermittelt und darauf hingewiesen, dass sich die in der Anzeige angeführte Örtlichkeit, nämlich der Parkplatz des Rasthauses "S E", neben der Richtungsfahrbahn S. befindet und sein Pkw auf Höhe von etwa km 74 abgestellt gewesen sei. Ein Tatort "S A" sei in der Strafverfügung nicht enthalten, sondern "Richtungsfahrbahn S A", was bedeute, dass der Pkw auf einer Verkehrsfläche der Autobahn abgestellt gewesen sei, die neben dieser Richtungsfahrbahn liege und es sich somit eindeutig um die Richtung Deutschland - Österreich gehandelt habe.

Gemäß § 3 des Bundesstraßengesetzes seien als mautpflichtige Bundesstraße nicht nur die Autobahn, sondern alle Nebenanlagen, insbesondere Parkplätze von Rasthäusern und Tankstellen, zu qualifizieren. Dies gelte auch, wenn auf dem sekundären Straßennetz zum Rasthaus zugefahren werde.

Im Übrigen kenne das Bundesstraßen-Mautgesetz keinerlei Ausnahmeregelungen für einen bestimmten Bereich an Staatsgrenzen und somit gelte die Mautpflicht ab der Staatsgrenze.

 

In einer Stellungnahme vom 23.11.2004 äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in seinen bisherigen Vorbringen, monierte zusätzlich den in die Länge gezogenen Verfahrensverlauf und forderte eine Urteilsentscheidung eines unabhängigen österreichischen Gerichtes. Es sei ihm ein Anliegen, durch eine solche Entscheidung einige rechtliche Grundlagenpositionen durch eine übergeordnete Behörde bei der europäischen Staatengemeinschaft in Brüssel einzubringen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Vom Unabhängigen Verwaltungssenat wurde eine Sachverhaltsdarstellung des Meldungslegers eingeholt. In einem E-Mail vom 6. Juni 2006 teilte dieser mit, dass dem Lenker mit dem deutschen Kennzeichen bei einer Kontrolle am 20.10.2003 keine Ersatzmaut angeboten worden sei. Es sei lediglich ein so genannter Verständigungszettel mit dem Hinweis auf die Anzeigeerstattung hinterlassen worden. Handschriftliche Aufzeichnungen bzw. eine Durchschrift des Verständigungszettels seien nicht mehr existent.

 

Daraufhin wurde vom erkennenden Verwaltungssenat die für 30. Juni 2006 anberaumte öffentliche mündliche Verhandlung mit Schreiben vom 6. Juni 2006 abberaumt.

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

Gemäß § 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1). Kann wegen einer von einem Organ der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommenen Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 keine bestimmte Person beanstandet werden, so ist nach Möglichkeit am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 3).

5.2. Es stellt sich in rechtlicher Hinsicht die Frage, ob das Angebot der Ersatzmaut (vgl. § 19 Abs. 3 BStMG) eine Voraussetzung für die Strafbarkeit nach dem BStMG darstellt. Nach h.A. (vgl. Wessely, ZVR 07/08, 2004, Seite 229 ff) und Praxis (vgl. z.B. das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22.11.2004, VwSen-150249/9/Lg/Hu), kommt eine verwaltungsstrafrechtliche Ahndung der Mautprellerei ohne vorhergehende Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut nicht in Betracht (Aufforderung als Voraussetzung der Strafbarkeit).

 

Gegenständlich wurde dem Bw die Leistung der Ersatzmaut nicht angeboten. Lt. Aussage des Meldungslegers wurde am Fahrzeug lediglich ein so genannter Verständigungszettel mit dem Hinweis auf die Anzeigeerstattung hinterlassen. Es fehlt das Ersatzmautangebot im Text; Identifikations- und Kontonummer sind nicht angeführt. Ein solcher Zettel ist nicht im Entfernten einem schriftlichen Angebot zur Leistung der Ersatzmaut gleichzuhalten.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Langeder

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum