Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160030/12/Kof/He

Linz, 08.02.2005

 

 

 VwSen-160030/12/Kof/He Linz, am 8. Februar 2005

DVR.0690392
 

 
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn Mag. H M, geb., A S, L - P, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. P K, L, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 23.9.2004, VerkR96-5088-2003, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 7.2.2005 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

Hinsichtlich der Punkte 1. und 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird der Berufung stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

 

Hinsichtlich der Punkte 3. und 4. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird die Berufung abgewiesen und das angefochtenen Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat
20 % der verhängten Geldstrafen zu zahlen.

Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu entrichten:

Geldstrafe (50 + 50 =)....................................................................................100 Euro

Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz (10 %)....................................................10 Euro

Verfahrenskostenbeitrag II. Instanz (20 %) ..................................................20 Euro

130 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt (20 + 20 =)....... 40 Stunden

 

Rechtsgrundlagen:

zu 1. und 2.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

zu 3. und 4.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG.

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis wie folgt erlassen:

"Sie haben am 01.09.2003 um 19.47 Uhr den Personenkraftwagen, Jaguar XJ8, Kennzeichen UU-...... gelenkt und dabei

  1. in Linz, Kreuzung Bernaschekplatz - Rudolfstraße in Fahrtrichtung Puchenau bei Herannahen an eine Querstraße hinter einer Reihe anhaltender Fahrzeuge auf dem Fahrstreifen verbotenerweise so angehalten, dass der Verkehr auf der Querstraße behindert wurde, da Sie vom Bernaschekplatz in die Rudolfstraße so einfuhren, dass Sie mit dem von Ihnen gelenkten Fahrzeug verkehrsbedingt quer über die Rudolfstraße zum Stillstand kamen und den stadteinwärts fahrenden Verkehr blockierten und
  2. in Linz, auf Höhe der Rudolfstraße Nr. 24 den Fahrstreifen von rechts nach links gewechselt, ohne sich vorher überzeugt zu haben, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist sowie
  3. diesen bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifen von rechts nach links in Linz, auf Höhe der Rudolfstraße Nr. 24 nicht so rechtzeitig angezeigt, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten und
  4. von Strkm. 4,1 bis Strkm. 5,7 der B 127 um ca. 20 km/h schneller als die auf einer Freilandstraße zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gefahren.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

  1. § 18 Abs.3 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960
  2. § 11 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960
  3. § 11 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960
  4. § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

1. 50 Euro

20 Stunden

§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

2. 50 Euro

20 Stunden

§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

3. 50 Euro

20 Stunden

§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

4. 50 Euro

20 Stunden

§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

Ferner haben Sie gemäß des § 64 Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

20 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/...........) beträgt daher 220 Euro."

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 4.10.2004 eingebracht.

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

Am 7.2.2005 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter des Bw sowie der amtshandelnde Gendarmeriebeamte, RI MK, teilgenommen haben.

Aus dieser mündlichen Verhandlung ergibt sich der nachstehend angeführte entscheidungsrelevante Sachverhalt.

 
Zeugenaussage des Herrn RI MK:

"Der Lenker des Kfz, Kennzeichen UU-....., lenkte seinen Pkw vom Bernaschek-Platz in die Rudolfstraße, ohne sich in den Verkehr in Fahrtrichtung Puchenau einordnen zu können.

Dabei behinderte er den Verkehr auf der Rudolfstraße, Fahrtrichtung stadteinwärts.

Auf Höhe des Hauses Rudolfstraße Nr. ... fuhr ich mit dem Zivilstreifenfahrzeug auf dem linken Fahrstreifen mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 bis 40 km/h.

Der Lenker des Kfz UU-....... lenkte seinen Pkw auf dem rechten Fahrstreifen, wenige Meter vor mir. Unmittelbar vor mir wechselte er - da sein Fahrstreifen durch ein geparktes Fahrzeug blockiert war, welches ich aber erst im Nachhinein sah - den Fahrstreifen. Wie viele Meter dieser Lenker vor mir gefahren ist, kann ich nicht mehr angeben. Jedenfalls musste ich mein Fahrzeug abbremsen, um einen Verkehrsunfall bzw. eine Kollision zu vermeiden.

Weiters hat dieser Kfz-Lenker beim Fahrstreifenwechsel nicht geblinkt.

Auf der B 127 von km 4,1 bis 5,7 bin ich ihm auf einer Länge von mind. einem Kilometer in gleichbleibendem Abstand nachgefahren. Zwischen diesem und meinem Pkw befand sich kein weiteres Fahrzeug. Die Geschwindigkeit hat auf dem geeichten Tachometer des Zivilfahrzeuges - unter Abzug der "Toleranzen" - mindestens 120 km/h betragen. Zu diesem Zeitpunkt war starker Regen.

Einen "kleinen Traktor" - wie vom Bw in der Stellungnahme vom 7.1.2005 erwähnt - habe ich bei dieser Fahrt auf dem vom Beschuldigten und mir benützten Fahrstreifen nicht gesehen. Ich kann ausschließen, dass ein derartiger Traktor auf dem linken Fahrstreifen gefahren ist."

Zu Punkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnis (§ 18 Abs.3 StVO):

Müssen die Lenker hintereinanderfahrender Fahrzeuge anhalten und reicht die Reihe der anhaltenden Fahrzeuge auf dem betreffenden Fahrstreifen bis zu einer Querstraße, so haben die Lenker weiterer auf demselben Fahrstreifen herannahender Fahrzeuge so anzuhalten, dass der Verkehr auf der Querstraße nicht behindert wird.

Eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.3 StVO kann daher nur im "Kolonnenverkehr" begangen werden. Der Bw hat sich beim Linkseinbiegen vom Bernaschekplatz in die Rudolfstraße (Fahrtrichtung Puchenau) nicht im "Kolonnenverkehr" befunden. Das Fahrverhalten des Bw ist daher nicht unter den Tatbestand des § 18 Abs.3 StVO subsumierbar!

Ob das Fahrverhalten des Bw nach einer anderen Bestimmung der StVO - zB § 11 Abs.1 leg.cit. - strafbar wäre, kann dahingestellt bleiben, da bereits Verfolgungsverjährung iSd § 31 Abs.2 VStG eingetreten ist.

Es war daher der Berufung in diesem Punkt stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 VStG einzustellen.

Zu Punkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (§ 11 Abs.1 StVO):

Der Lenker eines Fahrzeuges darf den Fahrstreifen nur wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der diesbezüglich gleichgelagerten Bestimmung des § 19 Abs.7 StVO ist der Sachverhalt insofern zu konkretisieren, dass die ungefähre Entfernung der Fahrzeuge voneinander und die von ihnen ungefähr eingehaltene Geschwindigkeit festzustellen ist; VwGH vom 15.12.2003, 2001/03/0457 und vom 16.10.2003, 2001/03/0242 mit Vorjudikatur.

Der amtshandelnde Gendarmeriebeamte konnte zwar die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit (ca. 30 bis 40 km/h), nicht jedoch den Abstand des Fahrzeuges des Bw von seinem Fahrzeug angeben.

Im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung war daher der Berufung in diesem Punkt stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 45 Abs.1 VStG einzustellen.

Zu Punkt 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (§ 11 Abs.2 StVO):

Der Lenker eines Fahrzeuges hat den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können.

Der amtshandelnde Gendarmeriebeamte hat ausgeführt, dass der Bw beim Fahrstreifenwechsel nicht geblinkt hat.

Den geschulten Organen der Straßenaufsicht ist nach der Rechtsprechung des VwGH zuzubilligen, dass sie insbesondere einfache Verkehrsvorgänge - zB ob der Lenker eines Kfz den Blinker betätigt hat oder nicht - richtig beobachten und das Beobachtete richtig wiedergeben können;

siehe dazu die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage,
E113 zu § 45 AVG (Seite 660f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

Die Berufung war daher hinsichtlich des Schuldspruchs abzuweisen.

Betreffend die Strafhöhe wird auf das erstinstanzliche Straferkenntnis verwiesen.

Ein derartiger Verweis ist zulässig;

siehe VwGH in Walter-Thienel, aaO, E48 und E57 zu § 60 AVG (Seite 1049f).

Betreffend die Strafhöhe vgl.auch VwGH vom 4.7.1997, 97/03/0028

Die Berufung war daher auch hinsichtlich der verhängten Geldstrafe abzuweisen.

 

Zu Punkt 4. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (§ 20 Abs.2 StVO):

Der Bw bringt in der Stellungnahme vom 7.1.2005 sinngemäß vor, dass der amtshandelnde Gendarmeriebeamte ihm nicht im gleichbleibenden Abstand nachgefahren sei.

Demgegenüber hat der amtshandelnde Gendarmeriebeamte - welcher bei der mündlichen UVS-Verhandlung einen absolut glaubwürdigen Eindruck hinterlassen hat - überzeugend und schlüssig dargelegt, dass er dem Bw auf der B 127, Fahrtrichtung Puchenau, Abschnitt km 4,1 bis 5,7 auf einer Länge von etwas mehr als einem Kilometer in gleichbleibendem Abstand nachgefahren ist und dass sich zwischen dem Fahrzeug des Bw einerseits sowie dem des amtshandelnden Gendarmeriebeamten andererseits kein weiteres Fahrzeug befunden hat.

Von einem geschulten Sicherheitswachebeamten ist zu erwarten, dass er über die in Ausübung des Dienstes gemachten Wahrnehmungen richtige Angaben macht.

Dazu kommt, dass der Meldungsleger im Falle einer falschen Zeugenaussage besonderen dienstrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen ausgesetzt ist;

VwGH vom 28.11.1990, 90/03/0172.

Das Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug und das Ablesen des damit ausgestatteten Tachometers stellt grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar. Voraussetzung hiefür ist jedoch, dass das Nachfahren über eine Strecke und über eine Zeitspanne erfolgt, welche lang genug sind, um die Einhaltung etwa derselben Geschwindigkeit wie der des beobachteten Fahrzeuges prüfen und sodann das Ablesen der eigenen Geschwindigkeit ermöglichen zu können.

Eine Beobachtungsstrecke von ca. 100 Meter wird für ausreichend erachtet;

VwGH vom 11.7.2001, 97/03/0230 mit Vorjudikatur.

Da im gegenständlichen Fall eine Beobachtungsstrecke von etwas mehr als einem Kilometer vorliegt, ist diese jedenfalls ausreichend.

Im erstinstanzlichen Straferkenntnis ist das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung mit "ca. 20 km/h" angegeben. Dies entspricht der Rechtslage, da das genaue Ausmaß einer Geschwindigkeitsüberschreitung kein Tatbestandselement einer Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO darstellt;

VwGH vom 3.9.2003, 2001/03/0150

Die Berufung war daher hinsichtlich des Schuldspruchs als unbegründet abzuweisen.

Betreffend das Strafausmaß wird wiederum auf das erstinstanzliche Straferkenntnis verwiesen. Da die Geldstrafe (50 Euro) nur ca. 7 % der möglichen Höchststrafe
(= 726 Euro gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO) beträgt, ist diese nicht überhöht.

Die Berufung war daher auch hinsichtlich der verhängten Geldstrafe als unbegründet abzuweisen.

 

Zu Punkte 3. und 4. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses:

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz
10 % und für das Berufungsverfahren weitere 20 % der verhängten Strafen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Kofler

 
 

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