Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160076/8/Bi/Be

Linz, 13.12.2004

 

 VwSen-160076/8/Bi/Be Linz, am 13. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des K O, vom 22. Oktober 2004 gegen die Punkte 1) und 2) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 21. September 2004, VerkR96-12235-2002-O, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 9. Dezember 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:
 
 

Der Berufung wird Folge gegeben, die Punkte 1) und 2) des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren jeweils ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 16 Abs.1 lit.b iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 145 Euro (48 Stunden EFS) und 2) 72 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 24. April 2002 um 11.20 Uhr im Gemeindegebiet P auf der A25 bei Strkm 2.300 in Fahrtrichtung Wels als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, pol. Kz BGL- und HH-,

  1. beim Fahren hinter dem nächsten, vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden
    wäre, weil er bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von ca 80 km/h einen Sicherheitsabstand von nur ca einer Fahrzeuglänge eingehalten habe und
  2. trotz des ungenügenden Geschwindigkeitsunterschiedes (ca 5 km/h) ein vor ihm fahrendes Sattelkraftfahrzeug verbotenerweise überholt habe, wodurch der Überholvorgang zwei Kilometer gedauert habe (von Strkm 2.500 bis 4.500).

Gleichzeitig wurden ihm anteilige Verfahrenskostenbeiträge von 1)14,50 Euro und 2) 7,20 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 9. Dezember 2004 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw und der Zeugen RI F und BI M durchgeführt. Seitens der Erstinstanz ist niemand erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe seit Wien versucht, den vor ihm fahrenden Sattelzug zu überholen, aber es sei ihm erst am genannten Ort gelungen, wobei dieser jedoch schneller geworden sei. Es sei nicht sicher, von wo aus die beiden Gendarmeriebeamten den Sicherheitsabstand seines Sattelkraftfahrzeuges zu diesem Sattelkraftfahrzeug gesehen hätten. Ihm seien beim Überholen nur zwei Pkw hinter ihm aufgefallen und dahinter die Gendarmerie. Der Lenker habe ihn erst vorbeigelassen, als die Gendarmerie das Blaulicht eingeschaltet gehabt habe. Bei der Amtshandlung hätte der jüngere Beamte sofort auf "die Deutschen" geschimpft.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die beiden Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht gemäß § 289 StGB einvernommen wurden.

Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 51i VStG ist, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Verhandlung vorgekommen ist.

Beide Zeugen sind Beamte des Landesgendarmeriekommandos für Oö. Verkehrsabteilung Linz, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit seit dem Vorfallstag, dem 24. April 2002, glaubhaft viele ähnliche Verkehrssituationen miterlebt haben, sodass
ihre übereinstimmende Aussage, sie könnten sich wegen der verstrichenen Zeit nicht mehr an den Vorfall konkret erinnern, sondern nur mehr auf die Anzeige verweisen, glaubwürdig und schlüssig ist. Geklärt werden konnte in der Verhandlung nur, dass mit "Fahrzeuglänge" eine solche eines Pkw von ca 5 m zu verstehen ist. Die Zeugen konnten aber nichts mehr dazu sagen, wie sie auf das Sattelkraftfahrzeug des Bw aufmerksam geworden sind, von welcher Position aus sie den Sicherheitsabstand beurteilt haben, ob sie sich dabei in einer annähernd gleich bleibenden Geschwindigkeit befunden haben und daher in der Lage waren, zu beurteilen, ob der Lenker des vorderen Sattelkraftfahrzeuges seine Geschwindigkeit erhöht hat und der Bw daher für den Überholvorgang so lange gebraucht hat.

Allein auf der Grundlage der Anzeige, auf die beide Zeugen verwiesen haben, waren die beiden Tatvorwürfe aber nicht ausreichend nachvollziehbar, sodass im Zweifel zugunsten des Bw mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen war, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

Abgesehen davon ist im Punkt 1) insbesondere deshalb Verjährung eingetreten, als dem Bw die allgemeine Bestimmung des § 18 Abs.1 StVO zur Last gelegt wurde, obwohl nach der spezielleren Bestimmung des § 18 Abs.4 StVO der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen - darunter fallen wohl auch Sattelkraftfahrzeuge - auf Freilandstraßen nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten hat.

Punkt 3) des Straferkenntnisses ist, da sich die Berufung ausdrücklich darauf nicht bezieht, in Rechtskraft erwachsen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Unmittelbarkeitsprinzip - keine Erinnerung an den Vorfall, daher keine Aussage des Zeugen - Einstellung.

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