Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-160077/9/Sch/Pe

Linz, 06.12.2004

 

 

 VwSen-160077/9/Sch/Pe Linz, am 6. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über den Antrag vom 24. November 2004 auf Beistellung eines Verfahrenshilfeverteidigers sowie die Berufung bezüglich Strafbemessung vom 2. November 2004 des Herrn J H vom 2. November 2004, vertreten durch den Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft sowie Rechtanwalt Mag. J K-M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18. Oktober 2004, VerkR96-1349-2004-OJ/Ar, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 3. Dezember 2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers wird abgewiesen.
  2.  

  3. Der Berufung wird Folge gegeben, von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt.
  4.  

  5. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 51a Abs.1 VStG.

zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 21 Abs.1 VStG.

zu III.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. und II:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18. Oktober 2004, VerkR96-1349-2004-OJ/Ar, wurde über Herrn J H, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1b StVO 1960 eine Geldstrafe von 600 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 200 Stunden verhängt, weil er am 18. März 2004 um 22.40 Uhr das Fahrrad der Marke KTM auf der Waxenberg Straße in 4181 Oberneukirchen bei Strkm. 3,630 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, wobei er einen Atemluftalkoholgehalt von 0,46 mg/l aufgewiesen habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 60 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber bezüglich Strafbemessung rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber ist sowohl im erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren als auch im Berufungsverfahren vom Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft in Person des Herrn H T vertreten.

 

Mit Eingabe vom 24. November 2004 wurde der Antrag auf Beigebung eines Verteidigers gemäß § 51a VStG gestellt und ersucht, als solchen Herrn Rechtsanwalt Mag. J K-M, zu bestellen.

 

Gemäß § 51a Abs.1 VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, wenn dieser außer Stande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen, wenn und insoweit dies im Interesse der Verwaltungsrechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist.

 

Gegenständlich wurde der erwähnte Antrag gestellt, nachdem die Berufungsverhandlung ausgeschrieben und die Ladungen zugestellt waren. Von einer Abberaumung der Verhandlung wurde Abstand genommen, da schon prima facie absehbar war, dass eine rechtsfreundliche Verteidigung angesichts des Umstandes, dass der Berufungswerber bereits durch den sachkundigen Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft vertreten ist, nicht geboten sein könnte. Aber auch der abzuhandelnde Sachverhalt bzw. die rechtliche Beurteilung der Angelegenheit erschien nicht derart diffizil, dass hier besondere Rechtskenntnisse erforderlich wären, um das öffentliche Interesse an der Verwaltungsrechtspflege nicht zu gefährden. Aufgrund der eindeutigen Beweislage (Alkomatergebnis) ist der Sachverhalt dem Grunde nach hinreichend erwiesen und wurde deshalb auch gar nicht in Abrede gestellt, wohl aber ausdrücklich eine Anwendung der Bestimmung des § 21 Abs.1 VStG angesprochen.

 

Zur eingangs erwähnten Berufungsverhandlung ist der Rechtsmittelwerber samt dem für ihn zuständigen Vertreter des Vereins für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft sowie Rechtsanwalt Mag. J K-M, der ebenfalls als Vertreter im Berufungsverfahren benannt wurde, erschienen und haben beide die Vertretung des Berufungswerbers wahrgenommen.

 

Angesichts dieser Erwägungen und insbesondere auch der Tatsache, dass das Berufungsverfahren nach Durchführung der Verhandlung sowie Erlassung des gegenständlichen Erkenntnisses, das dem Antrag des Rechtsmittelwerbers vollinhaltlich Rechnung trägt, abgeschlossen ist, konnte dem Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers - de facto ex post - nicht stattgegeben werden.

Die Frage der - ohne Zweifel eingeschränkten - persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers war daher entbehrlicherweise nicht weiter zu prüfen.

 

4. In der Berufungssache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Dem hinsichtlich Strafbemessung angefochtenen Straferkenntnis liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Berufungswerber zu nächtlicher Zeit als Lenker eines Fahrrades einer Alkomatuntersuchung unterzogen worden ist, die den Messwert von 0,46 mg/l Atemluftalkoholgehalt ergeben hat. Der Berufungswerber hatte nach seinen Angaben nicht bedacht, dass zum einen die Menge der vorher konsumierten alkoholischen Getränke einen relevanten Messwert ergeben würde und andererseits, dass überhaupt das Lenken eines Fahrrades in einem solchen Zustand unzulässig sein könnte. Auch die zurückgelegte relativ kurze Wegstrecke in Verbindung mit dem an der Tatörtlichkeit gegeben gewesenen unbedeutenden Verkehrsaufkommen (Oberneukirchen zu nächtlicher Stunde) wären zu berücksichtigen.

 

Dazu ist zu bemerken, dass die Bestimmung des § 21 Abs.1 VStG aufgrund ihrer eindeutigen Formulierung dann anzuwenden ist, wenn kumulativ geringfügiges Verschulden des Täters und unbedeutende Folgen der Tat vorliegen. Sie ist auch für Alkoholdelikte nicht (mehr) ausgeschlossen (vgl. VfGH 15.3.2000, G 211/98).

 

In der Regel wird ein Alkoholdelikt keinen Anwendungsfall dieser Bestimmung darstellen können. Gegenständlich sind die Umstände aber besonders gelagert. Zum Verschulden des Berufungswerbers ist zu bemerken, dass dieser vor einigen Jahren einen Sachwalter beigestellt bekommen hat, der insbesondere Hilfestellung bei der Schuldenregulierung, aber auch bei behördlichen Vorgängen geben soll. Der Rechtsmittelwerber verfügt laut einem entsprechenden psychologischen Gutachten über den unterdurchschnittlichen Intelligenzquotienten von 68. Draus ergeben sich für ihn gewisse Defizite, weniger bei der Einsichtsfähigkeit als dahingehend, zu bedenken, welche Folgen eine Handlung in der Regel herbeiführen kann. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, dass den Berufungswerber zwar grundsätzlich ein Verschulden an seiner "Alkoholfahrt" trifft, dieses aber nicht verglichen werden kann mit dem einer Person mit anderen intellektuellen Voraussetzungen. Zumal das Gesetz nicht definiert, ab wann in einem solchen Fall ein nur mehr geringfügiges Verschulden vorliegt (vgl. § 3 Abs.2 VStG), muss diese Beurteilung im Einzelfall erfolgen. Jedenfalls hält es die Berufungsbehörde im gegenständlichen, sehr im Ausnahmebereich gelagerten Fall noch für vertretbar, das Verschulden des Berufungswerbers als geringfügig anzusehen.

 

Zu den möglichen Folgen der Tat wird auf das entsprechende Berufungsvorbringen bzw. jenes in der Verhandlung verwiesen, das der Berufungsbehörde weitgehend überzeugend erscheint. Das Gefährdungspotenzial eines alkoholbeeinträchtigten Radfahrers mit einem Wert nicht beträchtlich über dem Grenzwert von 0,4 mg/l Atemluftalkoholgehalt auf einer verkehrsarmen Straßenfläche kann demnach im Einzelfall gerade noch als von untergeordneter Bedeutung bezeichnet werden.

 

Der Ausspruch einer Ermahnung erschien der Berufungsbehörde geboten, um den Berufungswerber, der im Übrigen bei der Verhandlung einen einsichtigen Eindruck hinterlassen hat, zu bewegen, künftighin derartige Übertretungen nicht mehr zu begehen.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum