Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310189/22/Ga/He

Linz, 25.06.2003

 

 

 VwSen-310189/22/Ga/He Linz, am 25. Juni 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die VII. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Langeder, dem Berichter Mag. Gallnbrunner und dem Beisitzer Dr. Konrath aus Anlass des von der Sachwalterin Mag. R. P. am 22. Mai 2003 vorgelegten (im Rahmen des Sachwalterverfahrens vom Bezirksgericht Wels angeordneten) Sachverständigen-Gutachtens zur Frage der Deliktsfähigkeit des Herrn E. W. in W., der gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13. Juli 2000, Zl. UR96-36-1996/TM, wegen Übertretung des
Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1997, berufen hatte und welche Berufung durch Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates rechtskräftig abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
I. Das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom
3. April 2001, VwSen-310189/13/Le/La, wird aufgehoben.

Rechtsgrundlage: § 52a VStG.
II. Der Berufung vom 29. Juli 2000 wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG.§ 24;§ 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.
 

Entscheidungsgründe:
Mit dem nunmehr aufgehobenen h. Erkenntnis vom 3. April 2001 wurde die bezeichnete Berufung des Herrn E. W. abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13. Juli 2000 (verhängte Geldstrafe: 50.000 öS) kostenpflichtig bestätigt.
 
Mit Schreiben vom 5. Februar 2002 teilte die belangte Behörde dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit:
"Am 22.1.2002 (!) haben wir durch Zufall davon Kenntnis erhalten, dass für Herr E. W. mit Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 20.6.2001, 25 P 52/99f-49, eine Sachwalterin für die Vertretung vor Behörden, Ämtern und Gerichten bestellt worden ist. Diesen Beschluss übermitteln wir Ihnen in Kopie. Laut Auskunft der Sachwalterin wurde Herrn W. bereits zu Verfahrensbeginn 817.5.1999) ein Verfahrensvertreter beigestellt.
Da für Herrn W. zum Zeitpunkt der Einleitung bzw. des Abschlusses der o.a. Strafverfahren ein Verfahrensvertreter bzw. Sachwalter bestellt war, regen wir an, in den gegenständlichen Verfahren § 52a VStG zu Anwendung zu bringen."
 

Der angeregten Vorgangsweise zu entsprechen, stand jedoch nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates zum damaligen Zeitpunkt die Aktenlage entgegen (Vermerk vom 12.2.2002).
 
Der in der Folge vorstellig gewordenen Sachwalterin teilte der Unabhängige Verwaltungssenat durch Schreiben vom 2. September 2002 mit:
"Um Ihren Antrag auf Aufhebung der Berufungserkenntnisse vom 3. April 2001 näher prüfen zu können, wird es erforderlich sein, dass Sie uns bekannt geben, ob Herrn E. W. auch die Deliktsfähigkeit mangelt (immerhin handelt es sich hier um zwei Verwaltungsstrafverfahren) und allenfalls ab wann diese Deliktsunfähigkeit eingetreten ist. Dieser Zeitpunkt ist jedenfalls weder aus dem Beschluss des BG Wels vom 20.6.2001 (der zeitlich nach den Delikten, aber auch nach den Straferkenntnissen, den mündlichen Verhandlungen und den nunmehr antragsgegenständlichen Berufungserkenntnissen gefasst wurde!) noch aus dem Aktengutachten Dris. D. erkennbar."

Das daraufhin von der Sachwalterin veranlasste, eingangs erwähnte "neurologische und psychiatrische Gutachten" vom 24. April 2003 des gerichtlich beeideten Sachverständigen Univ.Prof. Dr. E. D. kommt in der Frage des Beweisthemas: "War Herr E. W. zur vorliegend relevanten Tatzeit (15.4.1999) deliktsfähig?" zu folgendem Ergebnis:
"Zusammenfassung und Gutachten:
Aus den immer wieder formulierten Schreiben des Betroffenen an das Gericht, auch nach der Erstattung des Aktengutachtens des Gefertigten vom 25.10.2000 (ON 34) geht hervor, dass sich am Zustand des Betroffenen keine Änderung ergeben hat.
Es bestehen nach wie vor wahnhafte Vorstellungen.
Wenn auch die intellektuelle Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt ist, so wird er, sofern seine Gedanken und Handlungen in Bezug zu seinen paranoiden Ideen und Wahnvorstellungen stehen, nicht in der Lage sein hier kritisch und realitätsbezogen zu denken und zu handeln.
Er ist von seinen Wahnideen und paranoiden Ideen so eingenommen, dass er dazu nicht in der Lage ist.
Wenn der Betroffene bei einer Verhandlung oder einem Lokalaugenschein den Eindruck hinterlässt, logische und passende Antworten auf gestellte Fragen zu geben, so ist dies durchaus nachvollziehbar.
Wie im Gutachten des Gefertigten ausgeführt, sind die intellektuellen Fähigkeiten, die sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten bei Wahnkranken nicht beeinträchtigt.
Sie können auch innerhalb ihres Wahnsystems richtig denken. Es fehlt Ihnen aber bezüglich ihres Wahnsystems der Bezug zur Realität und sie sind daher nicht in der Lage ihre Wahnideen zu korrigieren.
Die von einer solchen Krankheit betroffenen bemerken aber oft, dass die Darstellung ihrer Wahnvorstellungen für sie nachteilig ist und sind in der Lage, diese manchmal zu unterdrücken und nicht zu äußern.
Es ist daher durchaus vorstellbar, dass bei Gelegenheiten, wie z.B. bei der zitierten Verhandlung, bzw. beim Lokalaugenschein, der Betroffene unauffällige wirkte und logische und passende Antworten gab. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn sich die Fragen nicht auf sein Wahnsystem beziehen.
Er ist jedenfalls in Bezug auf diese Wahnvorstellungen und paranoiden Ideen nicht in der Lage das Unrechte seiner allfälligen Handlungen einzusehen und in diesem Sinne n i c h t deliktfähig.
Auf Grund der Aktenlage lässt sich erkennen, dass dies bereits zumindest seit März 1999 der Fall ist."

Der Unabhängige Verwaltungssenat würdigt das Ergebnis des Sachverständigenbeweises als erschöpfend und plausibel. Damit ist nachträglich hervorgekommen, dass die angelastete Verwaltungsübertretung schuldseitig mangels Deliktsfähigkeit nicht hatte verwirklicht werden können.
Stellte sich aber heraus, dass die Annahme der subjektiven Tatbestandsmäßigkeit vorliegend zu Unrecht erfolgte, so wurde im Sinne des § 52a Abs.1 VStG mit dem den gegenständlichen Schuldspruch bestätigenden Berufungserkenntnis das Gesetz zum Nachteil des Berufungswerbers offenbar verletzt, weshalb die Aufhebung des h. Erkenntnisses vom 3. April 2001 und gleichzeitig des angefochten gewesenen Straferkenntnisses vom 13. Juli 2000 sowie die Verfahrenseinstellung zu verfügen war.
Dieses Ergebnis befreit den Berufungswerber auch aus seiner Kostenpflicht.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 
 

 

 

Dr. Langeder

 

 
 

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