Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160094/10/Zo/Pe

Linz, 05.04.2005

 

 

 VwSen-160094/10/Zo/Pe Linz, am 5. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Mag. J E, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E G, Mag. C D, vom 3.11.2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 19.10.2004, VerkR96-3026-2004, wegen zwei Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 17.3.2004, zu Recht erkannt:

 

  1. Hinsichtlich Punkt 1 wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
  2.  

  3. Hinsichtlich Punkt 2 wird der Berufung stattgegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  4.  

  5. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat bezüglich Punkt 1 einen Kostenbeitrag von 30 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Hinsichtlich Punkt 2 entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu III.: §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 11.4.2004 um 12.00 Uhr in Kopfing auf der B 136 bei Strkm. 19,600 in Fahrtrichtung St. Roman den Pkw gelenkt und dabei verbotenerweise überholt habe, weil er

  1. nicht einwandfrei erkennen konnte, ob er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen kann und
  2. andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden konnten.

Der Berufungswerber habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 16 Abs.1 lit.c zu 1. sowie nach § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 zu 2. begangen, weshalb über ihn jeweils Geldstrafen von 150 Euro sowie Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wird vorerst gerügt, dass der beantragte Lokalaugenschein unter Beiziehung eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen sowie Ladung des Meldungslegers des Beschuldigten und dessen Gattin nicht durchgeführt wurde. Aus dem Straferkenntnis gehe lediglich hervor, dass eine Sichtweite von zumindest 400 m vorhanden ist, eine nähere Abklärung an Ort und Stelle wäre aber zur Beurteilung des Überholmanövers notwendig gewesen. Es ist nicht näher ausgeführt, ob der Beschuldigte bei Strkm. 19,6 sich bereits auf gleicher Höhe mit dem überholten Fahrzeug befunden hat oder erst den Überholvorgang begonnen hat. Auch Feststellungen darüber, wo sich das entgegenkommende Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt befunden habe, fehlen zur Gänze. Es seien auch keine Feststellungen zum Tiefenabstand der zwei vor dem Beschuldigten befindlichen Fahrzeuge getroffen worden. Diese wären aber notwendig gewesen, um abzuklären, ob das Einordnen gefahrlos möglich war. All diese Umstände hätten im Zuge eines Lokalaugenscheines abgeklärt werden müssen.

 

Die Strafbehörde stütze sich lediglich auf die Angaben des Meldungslegers, zur Verwirklichung des Tatbestandes nach § 16 Abs. 1 lit.a StVO 1960 würden aber maßgebliche Feststellungen fehlen. Der Umstand, dass das vor dem Meldungsleger fahrende Fahrzeug mit Braunauer Kennzeichen gebremst habe, würde noch nicht bedeuten, dass deshalb eine Gefährdung oder Behinderung dieses Straßenbenützers durch das Überholmanöver hervorgerufen wurde. Die Geschwindigkeitsverringerung des entgegenkommenden Fahrzeuglenkers könne auch völlig andere Gründe als das Überholmanöver haben. Für die Feststellung einer Übertretung nach § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 würde jedenfalls die konkrete Feststellung von Entfernungen, gefahrenen Geschwindigkeiten und objektiven Überholstrecken erforderlich sein. § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 setzt voraus, dass der Fahrzeuglenker bereits zu beginn des Überholmanövers die Notwendigkeit zum Wiedereinordnen auf dem rechten Fahrstreifen erkennen muss und er trotzdem eine dicht aufgeschlossene Fahrzeugkolonne zu überholen beginnt. Zur Feststellung dieser Verwaltungsübertretung wäre der Tiefenabstand der beiden vorausfahrenden Fahrzeuge festzustellen gewesen. Weiters wäre es notwendig gewesen, den Abstand des entgegenkommenden Fahrzeuges zum Zeitpunkt des Wiedereinordnens festzustellen.

 

Auch die Strafbemessung sei unrichtig, weil sie sich auf eine Vermögensschätzung stützte, obwohl der Berufungswerber diesbezüglich ohnedies Angaben gemacht hat. Weiters habe die Strafbehörde das eigentliche Überholmanöver als straferschwerend gewertet, was einer Doppelbestrafung gleichkomme.

 

3. Die Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und eines Lokalaugenscheines am 17.3.2005, bei welchem der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter gehört sowie Frau S M W-E und BI G G als Zeugen unter Erinnerung an die Wahrheitspflicht einvernommen wurden.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 11.4.2004 um 12.00 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der B 136 in Fahrtrichtung St. Roman. Beim Fahrzeug handelte es sich um einen Minivan der Marke Peugeot 806 mit 109 PS. Seine Gattin war Beifahrerin, weiters befanden sich die drei Kinder des Berufungswerbers im Fahrzeug. Die B 136 weist in Fahrtrichtung des Berufungswerbers ein leichtes Gefälle auf. In etwa von km 19,8 hat man eine Sichtweite bis zu der bei Strkm. 19,400 befindlichen Bushaltestelle. In Fahrtrichtung des Berufungswerbers beschreibt die Straße ca. bei km. 19,450 eine leichte Rechtskurve.

 

Bereits einige Zeit vor dem Überholmanöver ist dem Berufungswerber ein deutscher Pkw aufgefallen, welcher eher langsam gefahren ist. Unmittelbar vor dem Überholmanöver dürfe dieser ca. 70 km/h gefahren sein. Vor diesem Pkw befand sich ein anderes Fahrzeug, welches mit der selben Geschwindigkeit gefahren ist. Dem ortskundigen Berufungswerber war bekannt, dass im Bereich des Endes des Waldstückes eine Stelle kommt, bei welcher ausreichend Sicht zum Überholen besteht. Er hat daher den Überholvorgang ziemlich genau bei km 19,800 eingeleitet und konnte diesen nach seinen Angaben im Bereich von km 19,600 bis 19,550 abschließen. Er hat sich nach dem Überholen des ersten Pkw zwischen den beiden vor ihm fahrenden Pkw eingeordnet, weil er eben Gegenverkehr wahrgenommen hat. Dieser Gegenverkehr war aus seiner Sicht noch weit genug entfernt, sodass er das Überholmanöver als völlig ungefährlich eingeschätzt hat. Den Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen, zwischen welchen er sich eingeordnet hatte, schätzte er groß genug, sodass ihm das Einordnen völlig problemlos und gefahrlos möglich war. Eine genauere Angabe zu diesem Abstand konnte der Berufungswerber nicht machen. Weder das entgegenkommende Fahrzeug noch das von ihm überholte Fahrzeug haben ihn durch Hupen, Lichthupe oder sonstiges auf die behauptete Gefährlichkeit des Überholmanövers aufmerksam gemacht.

 

Dem Berufungswerber ist das Überholmanöver in keiner Weise gefährlich erschienen und er hat daher erst nach Zustellung der Strafverfügung ca. sieben Wochen nach dem Vorfall versucht, diesen zu rekonstruieren. Er befand sich auf dem Weg zu seinen Eltern und hatte keinerlei Zeitdruck.

 

Die Gattin des Berufungswerbers und damalige Beifahrerin bestätigte, dass sie keinerlei Zeitdruck hatten und ihr der Überholvorgang nicht gefährlich erschienen ist. Sie konnte sich noch an das relativ langsam vor ihnen fahrende Fahrzeug erinnern, wobei eine ziffernmäßige Angabe der Geschwindigkeit nicht möglich war. Ob sich vor diesem (in weiterer Folge überholten) Pkw ein weiteres Fahrzeug befunden hat, konnte sie nicht angeben. Das entgegenkommende Fahrzeug ist ihr nicht aufgefallen.

 

Der Zeuge BI G schilderte den Sachverhalt dahingehend, dass er eben den Zivilstreifenwagen auf der B 136 in die Gegenrichtung des Berufungswerbers lenkte. Er fuhr hinter einem weißen Mercedes mit Braunauer Kennzeichen mit einem geschätzten Abstand von zwei bis drei Sekunden bzw. ungefähr 50 m nach. Als er sich im Bereich der Bushaltestelle bei Strkm. 19,4 befand, ist ihm im Gegenverkehr ein Fahrzeug aufgefallen, welches zwei andere Pkw überholte. Der Überholende befand sich ungefähr bei km 19,6 auf gleicher Höhe mit dem hinteren Fahrzeug, offenbar aufgrund des entgegenkommenden Mercedes musste er sich zwischen den beiden Fahrzeugen einordnen. Wo er sich zu diesem Zeitpunkt genau befand, konnte der Zeuge nicht mehr angeben. Der vor ihm fahrende Mercedes befand sich zu diesem Zeitpunkt ungefähr in der Mitte zwischen km 19,4 und 19,5, der Abstand zu dem entgegenkommenden überholenden Fahrzeug zum Zeitpunkt des Wiedereinordnens dürfte ungefähr 50 m betragen haben.

 

Die Geschwindigkeit der entgegenkommenden Fahrzeuge konnte der Zeuge nicht genau schätzen, sie sind ihm weder als besonders schnell noch als besonders langsam aufgefallen. Der Abstand dieser beiden Fahrzeuge ist ihm relativ gering erschienen, dieser habe weniger als der übliche Sicherheitsabstand von zwei bis drei Sekunden betragen. Ob die beiden entgegenkommenden Fahrzeuge direkt hintereinander oder seitlich versetzt gefahren sind, konnte der Zeuge nicht mehr angeben, er gab aber an, dass er aufgrund des Gefälles der Fahrbahn den Abstand zwischen diesen beiden Fahrzeugen sehen konnte. Die Schätzung dieses Abstandes konnte auch nach den Angaben des Zeugen nur ungefähr erfolgen. Aufgefallen ist ihm, dass nach dem Überholvorgang, beim Vorbeifahren an den Fahrzeugen, der Berufungswerber zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug nur einen geringen Abstand gehabt hat, der Zeuge schätze diesen auf maximal eine Fahrzeuglänge.

 

Auch der Meldungsleger gab an, dass weder der überholte Fahrzeuglenker noch der vor ihm fahrende Mercedes auf das Überholmanöver durch Hupen oder Betätigen der Lichthupe reagiert haben. Bei der Verhandlung gab der Zeuge an, dass er glaube, dass der vor ihm fahrende Mercedes nicht gebremst oder nach rechts abgelenkt habe. Bei seiner Niederschrift am 2.8.2004 hatte er diesbezüglich noch angegeben, dass bei dem vor ihm fahrenden Fahrzeug die Bremslichter aufgeleuchtet und die Fahrgeschwindigkeit herabgesetzt worden sei. Die Entfernung zwischen dem überholenden Berufungswerber und dem Gegenverkehr zum Zeitpunkt des Wiedereinordnens sei knapp gewesen und habe in etwa 100 m betragen.

 

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist aus folgenden Gründen nicht erforderlich:

Beim Lokalaugenschein wurde eine maximale Sichtweite von ca. 400 m unbestritten festgestellt. Bezüglich der Berechnung der Überholvorgänge wäre der Sachverständige auf die Angaben einerseits des Berufungswerbers, andererseits des Meldungslegers angewiesen. Im Hinblick auf die nachvollziehbar nur ungenauen Geschwindigkeits- und Entfernungsangaben könnte daher auch der Sachverständige nur sehr grobe Berechnungen anstellen. Was die Angaben des Berufungswerbers anbelangt, den Überholvorgang bei km 19,800 begonnen und zwischen km 19,600 und 19,550 abgeschlossen zu haben, wobei das überholte Fahrzeug ca. 70 km/h gefahren und der Berufungswerber selbst auf ca. 100 km/h beschleunigt habe, ergibt eine einfache Weg-Zeit-Berechnung, dass diese Angaben richtig sein können. Auch aus der Lebenserfahrung ist bekannt, dass ein derartiges Überholmanöver auf eine Wegstrecke von ca. 250 m, welche bei dieser Geschwindigkeit in ca. zehn Sekunden zurückgelegt werden, abgeschlossen werden kann. Diese Angaben decken sich auch im wesentlichen mit den Behauptungen des Meldungslegers, wonach sich der Abstand zwischen Gegenverkehr und Überholenden zum Zeitpunkt des Wiedereinordnens im Bereich von 50 bis 100 m bewegt hat, wobei sich der Gegenverkehr ungefähr bei km 19,450 befunden hat. Auch für die Überprüfung der Nachvollziehbarkeit der Angaben des Berufungswerbers und des Zeugen bedarf es daher keines Sachverständigengutachtens.

 

Zur Frage, wie groß der Abstand der beiden vor dem Berufungswerber fahrenden Fahrzeuge zum Zeitpunkt des Beginnes des Überholmanövers gewesen ist, ist eine Berechnung nicht möglich. Diesbezüglich ist eben aufgrund der Angaben des Berufungswerbers, seiner Beifahrerin sowie des Meldungslegers, der Sachverhalt in freier Beweiswürdigung zu beurteilen. Für ein gefahrloses Wiedereinordnen zwischen zwei Fahrzeuge nach einem Überholvorgang ist es erforderlich, dass sowohl zu dem überholten Fahrzeug als auch zu dem davor fahrenden Fahrzeug jeweils der für das Hintereinanderfahren erforderliche Sicherheitsabstand eingehalten werden kann. Es ist daher für ein gefahrloses Wiedereinordnen erforderlich, dass der Abstand zwischen den beiden vorausfahrenden Fahrzeuge den zweifachen Sicherheitsabstand und zusätzlich die eigene Fahrzeuglänge beträgt. Dazu hat der Zeuge sowohl bei seiner Vernehmung vor der Bezirkshauptmannschaft Schärding am 2.8.2004 als auch bei der mündlichen Verhandlung angegeben, dass der Abstand zwischen diesen beiden Fahrzeugen gering war, und zwar eher weniger als der übliche Sicherheitsabstand. Daraus ist zu schließen, dass dieser Abstand jedenfalls deutlich geringer als der doppelte Sicherheitsabstand war. Der Berufungswerber selbst sowie dessen Beifahrerin konnten den Abstand zwischen den beiden vorausfahrenden Fahrzeugen nicht genauer angeben, der Berufungswerber konnte ihn lediglich dahingehend beschreiben, dass er ihm ausreichen für ein gefahrloses Überholen erschien. Der Zeuge hingegen hat sich hier wesentlich deutlicher festgelegt, wobei er auch einräumte, dass eine exakte Einschätzung des Abstandes zweier entgegenkommender Fahrzeug nicht möglich ist. Allerdings ist gut nachvollziehbar, dass aufgrund des Gefälles der Fahrbahn eine grobe Schätzung des Sicherheitsabstandes auch bei herannahenden Fahrzeugen im Gegenverkehr möglich ist und es muss einem erfahrenen Gendarmeriebeamten zugebilligt werden, einzuschätzen, ob dieser Abstand eher weniger als den üblichen Sicherheitsabstand oder den doppelten Sicherheitsabstand beträgt. Außerdem konnte der Zeuge im Begegnungsverkehr wahrnehmen, dass der Berufungswerber zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug nach dem Wiedereinordnen nur einen ganz knappen Abstand eingehalten hat. Auch das ist ein deutliches Indiz dafür, dass eben der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen für ein gefahrloses Wiedereinordnen von vornherein nicht groß genug war.

 

Zur Glaubwürdigkeit des Zeugen ist anzuführen, dass dieser sich bei der Verhandlung der Problematik durchaus bewusst war, dass er lediglich ungefähre Entfernungsangaben und Geschwindigkeiten angeben kann und eine genaue Schätzung nicht möglich ist. Dies spricht aber gerade für die Glaubwürdigkeit des Zeugen, weil er trotz entsprechender Befragung durch den Rechtsvertreter des Berufungswerbers gar nicht versucht hat, exakte Meter- oder Sekundenangaben zu machen, sondern von vornherein eingeräumt hat, dass es sich diesbezüglich eben nur um Schätzungen handelt. Die Einschätzung, ob zwei hintereinander fahrende Fahrzeuge eher weniger als den üblichen Sicherheitsabstand oder im Gegensatz dazu zumindest den doppelten Sicherheitsabstand einhalten ist dem Zeugen aber in der gegenständlichen Situation zuzutrauen.

 

Aus diesen Gründen wird als erwiesen angesehen, dass der Abstand zwischen den vorausfahrenden Fahrzeugen beim Überholmanöver des Berufungswerbers, keinesfalls den doppelten sondern eben eher weniger als den üblichen Sicherheitsabstand betragen hat.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

5.2. Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung ist das Überholen nur zulässig, wenn der Fahrzeuglenker bereits am Beginn des Überholvorganges erkennen kann, dass er diesen durchführen kann, ohne beim Wiedereinordnen andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. Wie bereits oben dargelegt, war der Abstand zwischen den beiden vorausfahrenden Fahrzeugen für ein Wiedereinordnen nicht ausreichend, was der Berufungswerber am Beginn des Überholmanövers hätte erkennen müssen. Er hätte daher das Überholmanöver nur durchführen dürfe, wenn er hätte erkennen können, dass er beide Fahrzeuge in einem Zug gefahrlos überholen kann. Bei den festgestellten Verhältnissen, nämlich einer Überholsichtweite von ca. 400 m, einer Geschwindigkeit der zu überholenden Fahrzeuge von ca. 70 km/h wobei der Berufungswerber vorher mit dieser Geschwindigkeit hinter den Fahrzeugen nachgefahren ist und sein Fahrzeug erst beschleunigen musste, dem eher geringen Abstand der beiden vor ihm fahrenden Fahrzeuge und dem Umstand, dass der Berufungswerber auf der gegenständlichen Straße mit Gegenverkehr jederzeit mit dem Auftauchen eines entgegenkommenden mehrspurigen Fahrzeuges rechnen musste, ist offenkundig, dass die Überholsichtweite für ein gefahrloses Überholen beider vor ihm fahrender Fahrzeuge in einem Zug nicht ausreichend war. Wie bereits oben dargelegt, betrug bereits der Überholweg für einen einzelnen Pkw ca. 250 m. Der Berufungswerber hätte daher bereits am Beginn seines Überholmanövers erkennen müssen, dass einerseits das Überholen nur eines Pkw und Wiedereinordnen zwischen den beiden vorausfahrenden Fahrzeugen, wegen des geringen Abstandes dieser Fahrzeuge nicht ohne Behinderung möglich war und andererseits das Überholen beider Fahrzeuge in einem Zug aufgrund der zu geringen Überholsichtweite ebenfalls nicht ohne eine mögliche Behinderung anderer Fahrzeuge möglich war. Aus diesem Grund hätte er eben das Überholmanöver unterlassen müssen und er hat daher die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Umstände, welche das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Es ist ihm daher gemäß § 5 Abs.1 VStG fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

 

Hinsichtlich der Übertretung des § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 ist einerseits nicht erwiesen, ob das dem Berufungswerber entgegenkommende Fahrzeug tatsächlich gebremst hat (vgl. dazu die widersprüchlichen Angaben des Zeugen) andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Abstand zwischen Überholendem und Gegenverkehr zum Zeitpunkt des Wiedereinordnens nach den Angaben des Zeugen zwischen 50 m und 100 m betragen hat und jedenfalls bei einem Abstand von 100 m eine Behinderung des Gegenverkehrs durch den überholenden Berufungswerber ausgeschlossen werden kann. Diesbezüglich war daher der Berufung stattzugeben.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Das Überholen auf Straßen mit Gegenverkehr zählt zu den gefährlichsten Fahrmanövern und führt immer wieder zu schwersten Verkehrsunfällen, weshalb bei Übertretungen der Überholverbote entsprechend spürbare Geldstrafen zu verhängen sind. Die Erstinstanz hat zutreffend als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet, Straferschwerungsgründe lagen hingegen nicht vor. Im Hinblick auf die vom Berufungswerber angegebenen persönlichen Verhältnisse (monatliches Einkommen 1.500 Euro, sowie Sorgepflichten für Gattin und drei Kinder bei keinem Vermögen) erscheint die verhängte Geldstrafe unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens von bis zu 726 Euro durchaus angemessen. Sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Überlegungen kommt eine Herabsetzung der Geldstrafe nicht in Betracht.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

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