Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160095/2/Zo/Pe

Linz, 15.12.2004

 

 

 VwSen-160095/2/Zo/Pe Linz, am 15. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau E F E, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G K, vom 29.10.2004, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Wels vom 13.10.2004, Zl. III-S1.712/04/G, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:

 

  1. Hinsichtlich des Schuldspruches wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.
  2. Die verhängte Geldstrafe wird jedoch auf 36 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt.

    Die verletzte Rechtsvorschrift wird auf § 4 Abs.2 zweiter Satz StVO 1960 präzisiert.

     

  3. Der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren ermäßigt sich auf 3,60 Euro, für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerberin vorgeworfen, dass sie nach einem Verkehrsunfall, bei dem eine Person verletzt worden ist, und mit dem ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist, am 28.10.2003 um 13.10 Uhr in Wels auf der Billrothstraße in Höhe der Kreuzung mit der Wimpassinger Straße als Lenkerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen die nächste Sicherheitsdienststelle nicht sofort verständigt habe. Sie habe dadurch gegen § 4 Abs.2 StVO 1960 verstoßen, weshalb über sie eine Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden, Verfahrenskosten 10 Euro) verhängt wurde.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher eine unrichtige Tatsachenfeststellung und unrichtige Beweiswürdigung geltend gemacht wird. Die Behörde habe zwar festgehalten, dass sie nach dem Vorfall bei der Polizei angerufen habe, die Beweiswürdigung der Behörde, sie hätte wissen müssen, dass ein Kratzer eine Verletzung sei und hätte daher die Polizei beiziehen müssen, werde aber bekämpft. Sie habe tatsächlich bei der Polizei angerufen und die Äußerung der Radfahrerin wiedergegeben, wonach diese nicht verletzt sei. Sie habe also die Polizei von diesem Unfall verständigt und die Beamten seien nicht eingeschritten, weil sie eben die Aussage der Radfahrerin "nicht verletzt zu sein" ihrerseits gewertet hätten. Die Behörde würde nunmehr bei ihr als rechtsunkundige Verkehrsteilnehmerin einen strengeren Maßstab anlegen als bei jenen Beamten, die am Telefon entschieden haben. Weiters macht die Berufungswerber geltend, dass es einer Geldstrafe von 100 Euro nicht bedürfe, um eine minimale Fehlleistung zu ahnden. Sie habe bei der Polizei angerufen und allenfalls nach der Belehrung durch die Polizeibeamten eine falsche Schlussfolgerung gezogen.

 

3. Der Polizeidirektor von Wels hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist. Es wurde eine unter 500 Euro liegende Geldstrafe verhängt und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Die Berufungswerberin lenkte zum Vorfallzeitpunkt ihren Pkw mit dem Kennzeichen in Wels auf der Billrothstraße in Richtung Westen und bog an der Kreuzung mit der Wimpassinger Straße nach links ab. Dabei übersah sie die ihr entgegenkommende Radfahrerin, welche deshalb zu Sturz kam. Die Berufungswerberin hat unverzüglich nach diesem Vorfall mit der Unfallgegnerin Kontakt aufgenommen, wobei diese angab, dass sie keine Schmerzen verspüre. Die Berufungswerberin sah allerdings eine leichte Abschürfung an einer Fingerkuppe der rechten Hand der Unfallgegnerin, welche leicht blutete. Die Berufungswerberin rief beim Unfallkommando der BPD Wels an und teilte den Vorfall mit, wobei sie allerdings angab, dass niemand verletzt worden sei. Sie erhielt dort die Auskunft, dass der Unfall von der Polizei nicht aufgenommen werden müsse und ein Lenkerausgleich durchgeführt werden könne. Die Berufungswerberin und die Unfallgegnerin haben daraufhin die für die Abwicklung eines Sachschadens erforderlichen Daten ausgetauscht. Erst einige Tage später kam es zur Anzeigeerstattung hinsichtlich des Unfalles durch die Unfallgegnerin der Berufungswerberin, wobei diese angab, dass sie am Folgetag stärkere Schmerzen im Bereich der Rippen und Leisten gehabt hätte und von ihrem Hausarzt ambulant behandelt worden sei.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

5.1. Gemäß § 4 Abs.2 StVO haben die im Abs. 1 genannten Personen Hilfe zu leisten, wenn bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden sind; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben sie die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen. Wenn bei einem Verkehrsunfall, an dem ein Schienenfahrzeug oder ein Omnibus des Kraftfahrlinienverkehrs beteiligt ist, sich erst nach dem Wegfahren des Schienenfahrzeuges bzw. des Omnibusses nach dem Unfall eine verletzte Person meldet, kann auch das Unternehmen, dem das Schienenfahrzeug bzw. der Omnibus gehört, die Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigen.

 

Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs.1 und 2 zuwiderhandelt.

 

5.2. Anzuführen ist, dass der Entscheidungsfindung ausdrücklich die Angaben der Berufungswerberin selbst zum gegenständlichen Vorfall zugrundegelegt werden. Die Berufungswerberin war am gegenständlichen Verkehrsunfall ursächlich beteiligt. Bei der Kontaktaufnahme mit der Radfahrerin hat sie gesehen, dass diese im Bereich einer Fingerkuppe eine blutende Verletzung aufwies. Trotzdem hat sie bei ihrem Telefonat mit der Polizei angegeben, dass die Unfallgegnerin nicht verletzt worden sei. Sie hat daher objektiv falsche Angaben gemacht, welche eben zu der unzutreffenden Auskunft durch einen Polizeibeamten geführt haben. Der Berufungswerberin ist zuzugestehen, dass eine allenfalls geringfügige Abschürfung an einer Fingerkuppe - auch wenn diese blutet - lediglich eine leichte Verletzung darstellt und in aller Regel keine ärztliche Versorgung notwendig macht. Unabhängig davon handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber jedenfalls um eine Verletzung im Sinne des § 4 Abs.2 StVO 1960, weshalb in derartigen Fällen jedenfalls die nächste Sicherheitsdienststelle sofort zu verständigen ist. Diese Verständigungspflicht umfasst natürlich auch die Verpflichtung, hinsichtlich einer augenscheinlichen Verletzung objektiv richtige Angaben zu machen. Die Berufungswerberin ist deshalb ihrer Verpflichtung zur sofortigen Verständigung der Polizei nicht nachgekommen, weil sie beim Telefonat eben angegeben hat, dass niemand verletzt sei. Sie hat daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Hinsichtlich des Verschuldens ist gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen. Die unzutreffende Auskunft durch einen Polizeibeamten kann die Berufungswerberin nicht entschuldigten, weil diese eben durch ihre eigenen falschen Angaben beim Telefonat bedingt wurde. Auch die Angabe der Unfallgegnerin, nicht verletzt zu sein, ändert nichts am Verschulden der Berufungswerberin, weil die blutende Verletzung im Bereich einer Fingerkuppe für sie augenscheinlich war. Eine allfällige Unkenntnis dieser strengen Regelung in § 4 Abs.2 StVO 1960 ist ihr als fahrlässig vorzuwerfen, weil sie eben als geprüfte Kraftfahrzeuglenkerin die einschlägigen Rechtsvorschriften kennen muss.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafbemessung ist zu berücksichtigen, dass die Berufungswerberin der Unfallgegnerin alle erforderlichen Daten gegeben hat, sodass die Abwicklung des Verkehrsunfalles sowohl in zivilrechtlicher als auch strafrechtlicher Hinsicht möglich blieb. Lediglich die Verkehrstüchtigkeit der beteiligten Fahrzeuglenker konnte aufgrund der verspäteten Unfallaufnahme nicht mehr festgestellt werden. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung hat daher im konkreten Fall nur geringfügige negative Folgen nach sich gezogen. Es konnte daher unter ausdrücklicher Berücksichtigung der bisherigen Unbescholtenheit der Berufungswerberin als Strafmilderungsgrund beim Fehlen von Straferschwerungsgründen die von der Erstinstanz verhängte Strafe herabgesetzt und mit der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

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