Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160123/9/Zo/Pe

Linz, 22.02.2005

 

 VwSen-160123/9/Zo/Pe Linz, am 22. Februar 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Ing. C E, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G L, vom 18.11.2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 18.10.2004, VerkR96-22842-2003-Pos, wegen verschiedener Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 17.1.2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Hinsichtlich der Punkte 2 und 3 wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2.  

  3. Hinsichtlich der Punkte 1 und 5 wird die Berufung im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass jeweils folgender Satz ergänzt wird:
  4. "Sie haben diese Verwaltungsübertretung mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen."

     

    Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise Folge gegeben und die zu den Punkten 1 und 5 verhängten Strafen werden auf jeweils 220 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 88 Stunden, herabgesetzt.

     

  5. Hinsichtlich Punkt 4 wird der Berufung stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
  6.  

  7. Hinsichtlich der Punkte 1 und 5 reduzieren sich die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren auf jeweils 22 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

Hinsichtlich der Punkte 2 und 3 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten einen Kostenbeitrag in Höhe von 33,20 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafen, für das Berufungsverfahren zu leisten.

Zu Punkt 4 entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu III.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu IV.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 5.10.2003 in der Zeit zwischen 15.59 Uhr und 16.02 Uhr auf der A 1 Westautobahn in Fahrtrichtung Salzburg als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen

  1. in Pucking bei Strkm. 177,100 beim Fahren hinter dem nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, weil er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 123 km/h lediglich einen Sicherheitsabstand von maximal 5 m (0,15 Sekunden) eingehalten habe,
  2. in Pucking bei Strkm. 176,800, die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 36 km/h überschritten habe,
  3. in Pucking bei Strkm. 178,400 ein anderes Fahrzeug rechts anstatt links überholt habe,
  4. in Pucking bei Strkm. 178,400 den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht mit den hiefür bestimmten am Fahrzeug angebrachten Vorrichtungen angezeigt habe,
  5. in Allhaming bei Strkm. 181 beim Fahren hinter dem nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, dass ihm jederzeit das rechzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, weil er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 138 km/h lediglich einen Sicherheitsabstand von maximal 5 m (0,14 Sekunden) eingehalten habe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zu 1. und 5. Verwaltungsübertretungen gemäß § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 begangen, zu 2. eine solche nach § 20 Abs.2, zu 3. nach § 15 Abs.1 und zu 4. nach § 11 Abs.3 StVO 1960, jeweils in Verbindung mit § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

 

Deswegen wurden über den Berufungswerber folgende Strafen verhängt:

Zu 1. und 5. jeweils 364 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 144 Stunden) gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960.

Zu 2. 116 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

Zu 3. 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und zu 4. 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960. Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 93 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass er entsprechend den ihm vorgehaltenen Übertretungen in einem Zeitraum zwischen 15.59 Uhr und 16.02 Uhr lediglich eine Fahrstrecke von 4,2 km zurückgelegt habe, was eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 84 km/h ergebe. Allein daraus würde sich zeigen, dass die ihm vorgeworfenen Übertretungen nicht richtig sein können.

 

Hinsichtlich des ihm vorgeworfenen Rechtsüberholens habe er lediglich entsprechend dem Rechtsfahrgebot auf den rechten Fahrstreifen gewechselt. Keinesfalls dürfte ihm aber wegen des angenommenen rechtswidrigen Überholvorganges auch zusätzlich noch das Nichtanzeigen dieses Vorganges vorgeworfen werden.

 

Die verhängten Strafen seien jedenfalls zu hoch. Hinsichtlich der Punkte 1 und 5 beträgt der Strafrahmen zwischen 36 und 2.180 Euro, wobei jeweils eine Strafe von 364 Euro verhängt wurde. Die "besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern" sei bereits Tatbestandsmerkmal und dürfe daher bei der Strafbemessung nicht zusätzlich als Erschwerungsgrund angenommen werden. Dies habe die belangte Behörde zu Unrecht gemacht, weshalb die Strafe schon aus diesem Grund niedriger bemessen werden müsse. Auch in den Punkten 2, 3 und 4 sei die verhängte Strafe bei einem Strafrahmen bis zu 726 Euro zu hoch. Er verfügte lediglich über ein Einkommen von 1.200 Euro brutto bei Sorgepflichten für seine Gattin und ein Kind und sei bisher unbescholten. Dies sei nicht ausreichend als strafmildernd berücksichtigt worden. Weiters sei als mildernd zu berücksichtigen, dass er sich seit diesem Vorfall am 6.10.2003 - wie auch vorher - wohlverhalten habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.1.2005, bei welcher in die Videoaufzeichnungen der gegenständlichen Nachfahrt Einsicht genommen wurde und der Gendarmeriebeamte Major K S unter Wahrheitserinnerung als Zeuge einvernommen wurde. Hinsichtlich dieses Verhandlungsprotokolls wurde auch Parteiengehört gewahrt, wobei der Rechtsvertreter des Berufungswerbers aber keine Stellungnahme abgegeben hat.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 5.10.2003 zwischen 15.59 Uhr und 16.02 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der A 1 Westautobahn in Fahrtrichtung Salzburg. Hinter ihm fuhr ein Zivilstreifenfahrzeug der Gendarmerie mit einer eingebauten Verkehrsüberwachungsanlage der Marke Multavision, welche mit einem geeichten digitalen Tachometer ausgerüstet ist. Bei der Nachfahrt wurden die Bestimmungen des Eichscheines (insbesondere hinsichtlich der Bereifung) eingehalten und die Nachfahrt wurde auf Video aufgezeichnet. Aus diesen Videoaufzeichnungen ergibt sich Folgendes:

 

Die Aufzeichnung beginnt am 5.10.2003 um 15.59 Uhr und 30 Sekunden. Dabei befindet sich das Fahrzeug des Berufungswerbers im Bereich von Abkm. 175 in Fahrtrichtung Salzburg auf dem linken Fahrstreifen. Der Berufungswerber beschleunigt sein Fahrzeug auf dem linken Fahrstreifen des Puckinger Berges von ca. 150 km/h beginnend konstant. Um 16.00 Uhr und 10 Sekunden zeigt der geeichte Tachometer der Multavisionsanlage eine Geschwindigkeit von 175 km/h an. Der Abstand des nachfahrenden Zivilstreifenfahrzeuges zu dem Fahrzeug des Berufungswerber hat sich in diesem Zeitraum augenscheinlich nicht merkbar geändert. Diese Geschwindigkeitsmessung fand bei km 176,800 statt.

 

Um 16.00 Uhr und 09 Sekunden ist ersichtlich, dass ein anderer Pkw-Lenker mit einem relativ großen Abstand vor dem Berufungswerber vom zweiten auf den dritten Fahrstreifen wechselt. Dieses Fahrzeug ist augenscheinlich langsamer als das Fahrzeug des Berufungswerber, einige Sekunden später beginnt dieser zu bremsen. Er bremst sein Fahrzeug um 16.00 Uhr und 19 Sekunden auf eine Geschwindigkeit von 135 km/h ab. Zu diesem Zeitpunkt fährt der Berufungswerber seitlich nach links um eine halbe Fahrzeugbreite versetzt zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug. Er hat den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt, obwohl links kein weiterer Fahrstreifen zur Verfügung steht. Das nachfahrende Zivilstreifenfahrzeug ist etwas nach rechts versetzt, sodass die Position der beiden vorherfahrenden Fahrzeuge gut einsehbar ist. Der Abstand, den der Berufungswerber zu diesem Zeitpunkt zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug einhält, beträgt ca. eine Fahrzeuglänge. 3 Sekunden später, beginnt das vorausfahrende Fahrzeug wiederum vom linken auf den mittleren Fahrstreifen zu wechseln. Während dieser Zeit ist der linke Fahrtrichtungsanzeiger beim Berufungswerber eingeschaltet. Beim Beginn des Fahrstreifenwechsels nach rechts des vorausfahrenden Fahrzeuges hat der Berufungswerber einen Abstand von maximal einer Fahrzeuglänge. Dieser Vorfall ereignete sich bei km 177,100.

 

Der Berufungswerber beschleunigt in weiterer Folge sein Fahrzeug geringfügig, wobei sich aber auf seinem Fahrstreifen vor ihm eine Fahrzeugkolonne befindet, welche einen auf dem rechten Fahrstreifen fahrenden Lkw überholt. Der Berufungswerber selbst konnte diesen Lkw um 16.00 Uhr und 58 Sekunden überholen. Zu diesem Zeitpunkt betrug seine Geschwindigkeit 101 km/h. Unmittelbar nach diesem Überholvorgang wechselte der Berufungswerber vom linken auf den rechten Fahrstreifen, ohne diesen Fahrstreifenwechsel anzuzeigen. Dieser Vorfall fand im Bereich von km 178,400 statt, wobei die ursprünglich dreispurige Autobahn in diesem Bereich nur noch zweispurig ist. Der Berufungswerber beschleunigte sein Fahrzeug auf dem rechten Fahrstreifen und überholte dabei vier auf dem linken Fahrstreifen fahrende Fahrzeuge. Auf dem rechten Fahrstreifen befindet sich mindestens 250 m weiter vorne ein weiterer Lkw, wobei unmittelbar hinter diesem ein Pkw nachfährt, ansonsten ist dieser Bereich der Autobahn aber frei von Fahrzeugen, sodass auf dem rechten Fahrstreifen nicht von einer Fahrzeugkolonne auszugehen ist. Der Berufungswerber überholte auf dem rechten Fahrstreifen vier auf dem linken Fahrstreifen fahrende Pkw und ordnete sich um 16.01 Uhr und 29 Sekunden wiederum auf dem linken Fahrstreifen ein.

 

Der Berufungswerber lenkte sein Fahrzeug weiter auf dem linken Fahrstreifen, wobei die gesamte Kolonne nach dem Überholen des vorher angeführten sowie eines weiteren auf dem rechten Fahrstreifen fahrenden Lkw beschleunigte. Einzelne Fahrzeuge der vorher angeführten auf der linken Fahrspur befindlichen Fahrzeugkolonne haben auf den rechten Fahrstreifen gewechselt, das unmittelbar vor dem Berufungswerber fahrende Fahrzeug aber nicht. Diese Fahrzeuge wurden auf eine Geschwindigkeit von 146 km/h beschleunigt. Um 16.02 Uhr und 14 Sekunden fährt der Berufungswerber wiederum seitlich nach links versetzt zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug und das nachfahrende Zivilstreifenfahrzeug ist leicht nach rechts versetzt, sodass der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen sichtbar ist. Dieser beträgt geschätzt ca. eine Fahrzeuglänge. Die beiden auf der linken Spur fahrenden Fahrzeuge, also das Fahrzeug des Berufungswerbers und das vor ihm fahrende Fahrzeug werden weiter beschleunigt, wobei um 16.02 Uhr und 18 Sekunden die mit dem geeichten Tacho des Zivilstreifenfahrzeuges festgestellte Geschwindigkeit 158 km/h beträgt. Auch bei dieser Nachfahrt betätigt der Berufungswerber einige Sekunden lang den linken Fahrtrichtungsanzeiger, obwohl links kein Fahrstreifen mehr vorhanden ist. Um 16.02 Uhr und 18 Sekunden beginnt der vor dem Berufungswerber fahrende Fahrzeuglenker mit dem Fahrstreifenwechsel nach rechts, nachdem er eben ein auf dem rechten Fahrstreifen fahrendes langsameres Fahrzeug überholt hat.

 

Hinsichtlich sämtlicher Geschwindigkeitsangaben ist anzuführen, dass im Zivilstreifenfahrzeug ein geeichter digitaler Tacho eingebaut ist, wobei nach den Verwendungsbestimmungen von den jeweils angezeigten Geschwindigkeiten eine Messtoleranz von 5 % abzuziehen ist. Bei den Nachfahrten hat sich der Abstand des nachfahrenden Fahrzeuges augenscheinlich nicht verändert.

 

Der Berufungswerber wurde beim nächsten Parkplatz angehalten, wobei er zu den ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen einsichtig war und Organstrafverfügungen bezahlen wollte. Aufgrund der Anzahl und Schwere der einzelnen Übertretungen haben die Gendarmeriebeamten jedoch davon Abstand genommen.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 11 Abs.3 erster Satz StVO 1960 ist die Änderung der Fahrtrichtung oder der Wechsel des Fahrstreifens mit den hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtungen anzuzeigen.

 

Gemäß § 15 Abs.3 StVO 1960 hat der Lenker des überholenden Fahrzeuges den bevorstehenden Überholvorgang nach § 11 über den Wechsel des Fahrstreifens und nach § 22 über die Abgabe von Warnzeichen rechtzeitig anzuzeigen.

 

Gemäß § 15 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges außer in den Fällen des Abs.2 und 2a nur links überholen.

 

Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

 

Gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, z.B. beim Überholen, als Wartepflichtiger oder im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt.

 

5.2. Hinsichtlich Punkt 4 des angefochtenen Straferkenntnisses (fehlende Anzeige des Fahrstreifenwechsel am Beginn des Überholvorganges) ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof der beabsichtigte Fahrstreifenwechsel anlässlich eines bevorstehenden Überholvorganges in § 15 Abs.3 StVO 1960 geregelt ist. Lediglich der Fahrstreifenwechsel nach dem Überholvorgang ist in § 11 Abs.2 StVO 1960 geregelt (siehe z.B. VwGH vom 17.3.1999, 97/03/0364). Der gegenständliche Fahrstreifenwechsel fand am Beginn des Überholvorganges statt, weshalb dem Berufungswerber eine Übertretung des § 15 Abs.3 StVO 1960, nicht aber eine solche nach § 11 Abs.3 StVO 1960 hätte vorgeworfen werden müssen. Hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs.3 StVO 1960 ist der Tatvorwurf im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht vollständig, weil der Umstand des Überholvorganges fehlt, weshalb der Berufung in diesem Punkt stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

Die Geschwindigkeitsüberschreitung (Punkt 2 des Straferkenntnisses) ist aufgrund der Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand und der Messung mit einem geeichten Tachometer sowie der entsprechenden Videodokumentation in objektiver Hinsicht erwiesen.

 

Das Überholen auf dem rechten Fahrstreifen ist anhand des Videos gut nachvollziehbar. Es herrschte zwar auf dem linken Fahrstreifen Kolonnenverkehr, auf dem rechten Fahrstreifen war allerdings eine Lücke von ungefähr 250 m vorhanden, sodass nicht von einer Fahrzeugreihe gesprochen werden kann. Auch der Umstand, dass der Berufungswerber sofort nach dem Überholen des Lkw auf den rechten Fahrstreifen wechselte, dort beschleunigte, vier Fahrzeuge überholte und dann wieder auf den linken Fahrstreifen wechselte, beweist, dass es sich nicht um ein Nebeneinanderfahren von Fahrzeugreihen handelte, sondern der Berufungswerber eben den Überholvorgang auf dem rechten Fahrstreifen durchführte. Es liegt auch keiner der in § 15 Abs.2 und 2a StVO 1960 genannten Ausnahmetatbestände vor, weshalb der Berufungswerber auch diese Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten hat.

 

Hinsichtlich des eingehaltenen Abstandes ist auf dem Video ersichtlich, dass der Berufungswerber bei einer Geschwindigkeit von mehr als 120 km/h (Punkt 1) bzw. mehr als 130 km/h (Punkt 5) jeweils nur einen Abstand von ca. einer Fahrzeuglänge eingehalten hat. Es ist offenkundig, dass dieser Abstand viel zu gering war, um auf ein allfälliges Bremsmanöver des vorderen Fahrzeuges noch rechtzeitig reagieren zu können. Dabei darf nicht übersehen werden, dass der Berufungswerber zusätzlich noch jeweils seitlich nach links versetzt zum vorausfahrenden Fahrzeug fuhr und den linken Blinker eingeschaltet hatte. Dies hatte offenbar den Zweck, das vorausfahrende Fahrzeug rasch zum Freimachen der Überholspur zu veranlassen.

 

Die Ergänzung des Spruches dient der Klarstellung, dass der Berufungswerber diese Verwaltungsübertretungen mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen hat. Die hohen Fahrgeschwindigkeiten und die extrem geringen Abstände sind genau jene Umstände, welche die besondere Rücksichtslosigkeit begründen und wurden daher von der Erstinstanz zu Recht im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt.

 

5.3. Aus den Videoaufzeichnungen ist ersichtlich, dass es dem Berufungswerber während der gesamten Fahrt bewusst darum gegangen ist, möglichst schnell auf der Autobahn voranzukommen. Darauf lassen auch seine Angaben bei der Anhaltung ("Ich habe es sehr eilig") sowie in der Stellungnahme vom 11.2.2004 (Zeitdruck wegen eines wichtigen Vorstellungstermins) schließen. Der Berufungswerber hat dabei die Begehung von Verwaltungsübertretungen offenbar in Kauf genommen, weshalb ihm zumindest grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden muss.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Richtig ist, dass hinsichtlich der Punkte 1 und 5 die besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern bereits zur Anwendung des erhöhten Strafrahmens führt und deshalb bei der Strafbemessung nicht nochmals als erschwerend gewertet werden darf. Die bisherige Unbescholtenheit und das - soweit bekannt - Wohlverhalten seit dem Vorfall sind als strafmildernd zu berücksichtigen.

 

Andererseits darf nicht übersehen werden, dass dem Berufungswerber zumindest grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden muss und sowohl Geschwindigkeitsüberschreitungen als auch das Unterschreiten des notwendigen Sicherheitsabstandes immer wieder zu gefährlichen Situationen und auch zu schweren Verkehrsunfällen führen. Die nunmehr verhängten - teilweise ohnedies deutlich herabgesetzten - Strafen erscheinen erforderlich, um den Berufungswerber in Zukunft von der Begehung ähnlicher Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Auch aus generalpräventiven Überlegungen kommt eine - weitere - Herabsetzung nicht mehr in Betracht.

 

Trotz der eher ungünstigen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers scheinen die nunmehr verhängten Geldstrafen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Höchststrafen von 2.180 Euro (zu 1 und 5) bzw. 726 Euro (zu 2 und 3) durchaus angemessen. Sollte der Berufungswerber tatsächlich nicht in der Lage sein, diese Strafen auf einmal zu bezahlen, so hat er die Möglichkeit, bei der Erstinstanz um Strafaufschub oder Ratenzahlung anzusuchen.

 

Zu IV.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 

 
 

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