Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160173/5/Ki/An

Linz, 21.01.2005

 

 

 VwSen-160173/5/Ki/An Linz, am 21. Jänner 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des S S, S, A, vertreten durch Rechtsanwälte S & S, S, S, vom 9.11.2004, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 5.10.2004, VerkR96-34977-2003, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 5.10.2004, VerkR96-34977-2003, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 1.12.2003, um 11.29 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen VB auf der Welser Autobahn (A25) in Fahrtrichtung Linz gelenkt, wobei er im Gemeindegebiet von Wels beim km 14,04 die durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsüberschreitung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 44 km/h überschritten habe. Er habe dadurch § 52 lit. a Z10a StVO 1960 verletzt.

Gemäß § 99 Abs.3 lit. a 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 9.11.2004 Berufung mit dem Antrag, das gegenständliche Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren nach Aufnahme der angebotenen Beweise einzustellen.

 

Im Wesentlichen argumentiert der Berufungswerber, dass das verwendete Messgerät keine entsprechende Messgenauigkeit habe erzielen können bzw. sei dieses durch den Meldungsleger nicht in einer Position verwendet worden, sodass hinreichend konkrete, den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechende Messwerte hätten erzielt werden können.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Weiters wurde ein verkehrstechnischer Amtssachverständiger des Amtes der Oö. Landesregierung um gutächtliche Beurteilung der vorgeworfenen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ersucht.

 

Mit Schreiben VT-010191/976-2004-LJ vom 18.1.2005 teilte der Sachverständige mit, dass auf Grund der vorliegenden Unterlagen kein schlüssiges Gutachten betreffend tatsächlich gefahrener Geschwindigkeit erstellt werden könne. Das bei der Verwaltungsübertretung angefertigte Video sei laut Auskunft der Gendarmerie nicht archiviert worden. Es sei allerdings nicht ausgeschlossen und werde angenommen, dass es sich um eine gültige Geschwindigkeitsmessung gehandelt habe.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 4.12.2003 zu Grunde, die Messung der Geschwindigkeit erfolgte mit einem Messgerät "Multavision; 202527; 20/11/02."

 

Im Verfahrensakt finden sich vier Stück Kopien von Videoaufnahmen, aufgenommen in der Zeit zwischen 11:29:09:11 bis 11:30:50:15 Uhr, dies über eine Wegstrecke von ca. 2,8 Kilometer. Aus dem zuerst angefertigten Bild ergibt sich eine vom Gendarmeriedienstfahrzeug eingehaltene Geschwindigkeit (ohne Abzug von Messtoleranzen) von 154 km/h, auf den weiteren Fotos ist zu ersehen, dass das Gendarmeriedienstfahrzeug auf das Fahrzeug des Beschuldigten aufgeschlossen hat, die Geschwindigkeit betrug in diesen Fällen ca. 100 km/h.

 

Da auf dem für die Entscheidung relevanten Lichtbild lediglich die Geschwindigkeit des Gendarmeriedienstfahrzeuges, dies bezogen auf einen bestimmten Punkt, festgestellt werden kann bzw. in keiner Weise hervorgeht, dass auch das Fahrzeug des Beschuldigten mit dieser Geschwindigkeit unterwegs gewesen wäre, wurde ein verkehrstechnischer Amtssachverständiger ersucht, diesen Sachverhalt faktisch zu beurteilen. Eine derartige Beurteilung wäre möglich gewesen, wenn die entsprechende Videoaufzeichnung noch vorhanden gewesen wäre. Nachdem aber diese Aufzeichnung - laut Angaben des Sachverständigen - nicht mehr zur Verfügung steht, konnte eine Auswertung nicht mehr vorgenommen werden.

 

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 52 lit. a Z10a StVO 1960 zeigt das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist, wonach das für den Beschuldigten günstigste Verfahrensergebnis der Entscheidung zu Grunde zu legen ist. Wenn sohin nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, so hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

 

Im gegenständlichen Falle liegen als Beweise lediglich vier Lichtbildkopien bezüglich die gegenständliche Messung vor, aus denen jedoch nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit abgeleitet werden kann, dass der Beschuldigte die Geschwindigkeit tatsächlich in dem ihm zur Last gelegten Ausmaß überschritten hat. Lediglich auf einem Lichtbild ist ersichtlich, dass das Gendarmeriedienstfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 154 km/h unterwegs gewesen ist, wobei sich diese Aussage jedoch lediglich auf einen Punkt bezieht und überdies ist aus den weiteren Lichtbildern abzuleiten, dass das Gendarmeriedienstfahrzeug auf das Fahrzeug des Beschuldigten in der Folge aufgeschlossen hat, sodass auch nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass der Gendarmeriebeamte die Geschwindigkeit des Fahrzeuges des Beschuldigten durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand festgestellt hat. Eine Beurteilung des Gesamtvorganges durch einen verkehrstechnischen Amtssachverständigen, welche durch Auswertung des Videobandes möglich gewesen wäre, kann nicht mehr vorgenommen werden, zumal das Videoband nicht mehr zur Verfügung steht.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich kommt daher zum Ergebnis, dass ein Nachweis der Geschwindigkeitsüberschreitung anhand der vorliegenden Beweise nicht mehr möglich ist.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Wie bereits dargelegt wurde, besteht mangels Vorliegen des entsprechenden Videobandes keine Möglichkeit zur Erstellung eines schlüssigen Gutachtens betreffend die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit durch einen verkehrstechnischen Amtssachverständigen. Wenn der Sachverständige dazu feststellt, es sei allerdings nicht ausgeschlossen und werde angenommen, dass es sich um eine gültige Geschwindigkeitsmessung gehandelt hat, so kann diese Vermutung einer Bestrafung nicht zu Grunde gelegt werden.

 

Da somit die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung, jedenfalls nach dem Grundsatz "in dubio pro reo", nicht erwiesen werden kann, war in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

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