Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160195/15/Ki/An

Linz, 04.02.2005

 

 

 VwSen-160195/15/Ki/An Linz, am 4. Februar 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des C S, A, B, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T D, L, H, vom 28.12.2004 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6.12.2004, VerkR96-4876-2003-OJ/Ar, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3.2.2005 durch sofortige Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 6.12.2004, VerkR96-4876-2003-OJ/Ar, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 11.10.2003 um ca. 03.20 Uhr den PKW, Audi 89 Quattro, Kennzeichen UU, auf dem Güterweg Oberbairing von Hellmonsödt in Richtung Oberwinkl bis kurz vor der Zufahrt Baumannweg gelenkt und sich um 04.40 Uhr auf dem Güterweg Oberbairing geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht aufgefordert wurde, da wegen der bei ihm festgestellten Alkoholisierungsmerkmale wie Alkoholgeruch der Atemluft, unsicherer Gang, gerötete Augenbindehäute, er verdächtig war, den PKW in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigen Zustand gelenkt zu haben. Er habe dadurch § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit. b StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.1 lit. b StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 1.400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 500 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 140 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 28.12.2004 Berufung mit dem Antrag, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Im Wesentlichen begründet der Berufungswerber das Rechtsmittel damit, er habe bei dem Verkehrsunfall Verletzungen im Wirbelbereich erlitten und es habe auf Grund dieser Verletzung Gefahr für Leib und Leben bestanden. Es sei ihm nicht zuzumuten gewesen, sich mit den Gendarmeriebeamten in nicht sachgerechter Stellung zum Gendarmerieposten Gallneukirchen zu begeben. Im UKH Linz sei in weiterer Folge eine Notoperation erfolgt und es sei dem Beschuldigten von den behandelnden Ärzten mitgeteilt worden, dass lediglich auf Grund des raschen Eintreffens im Spital eine Querschnittlähmung verhindert werden konnte.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 3.2.2005. An dieser Verhandlung nahm der Berufungswerber im Beisein seines Rechtsvertreters teil. Als Zeugen wurden die beiden Meldungsleger, Revierinspektor G und Revierinspektor W, sowie die Eltern des Berufungswerbers, W und M S, sowie die Schwester des Berufungswerbers E S einvernommen. Der Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat sich entschuldigt.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Gallneukirchen vom 13.10.2003 zu Grunde. Danach lenkte der Berufungswerber seinen PKW in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigen Zustand auf dem Güterweg Oberbairing von Hellmonsödt kommend in Richtung Oberwinkl. Dabei kam er von der Fahrbahn ab, der PKW überschlug sich im angrenzenden Feld einige Male und blieb auf dem Dach liegen. Der Berufungswerber konnte sich ohne fremde Hilfe vom Unfallwrack befreien, beim Eintreffen der Meldungsleger sei er jedoch von der Unfallstelle in den angrenzenden Wald geflüchtet. In weiterer Folge wurde er dann von Revierinspektor W und dem am Unfallsort eingetroffenen Vater im angrenzenden Wald angetroffen, zu diesem Zeitpunkt sei er augenscheinlich unverletzt gewesen. Der Beschuldigte ist aus dem Wald bis zur Fahrbahn begleitet worden, in der Folge wurde er von Revierinspektor W auf Grund deutlicher Alkoholisierungssymptome zum Alkotest aufgefordert. Dieser wurde vom Berufungswerber mit der Begründung, er habe nur ein Seidl Bier konsumiert, verweigert. Da er nach der Verweigerung des Alkotestes über Schmerzen im linken Bein klagte, wurde die Rettung Kirchschlag und nach dem Eintreffen der Rettung auch der diensthabende Arzt aus Altenberg verständigt. S wurde dann mit der Rettung ins Unfallkrankenhaus Linz eingeliefert und stationär aufgenommen.

 

Im Rahmen einer zeugenschaftlichen Befragung bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung bestätigten die Meldungsleger den in der Anzeige festgestellten Sachverhalt und führten aus, dass sie das Messgerät an Ort und Stelle mitgehabt hätten.

 

Im Verfahrensakt befindet sich auch eine Verletzungsanzeige der allgemeinen Unfallsversicherungsanstalt (Unfallkrankenhaus Linz) vom 13.10.2003, danach wurden beim Berufungswerber eine Fraktur des zwölften Brustwirbelkörpers sowie einer Gelenkspfanne des Hüftgelenks diagnostiziert.

 

Bei der zeugenschaftlichen Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigten die Eltern bzw. die Schwester des Berufungswerbers, dass sie von ihm mittels Handy vom Verkehrsunfall verständigt wurden und sie in der Folge sofort zum Unfallort gefahren sind. Zum Zeitpunkt des Eintreffens wären bereits die Gendarmeriebeamten dort gewesen, der Beschuldigte selbst sei zunächst nicht anwesend gewesen. Der Vater habe dann zusammen mit Revierinspektor W die Suche vorgenommen, letztlich sei der Berufungswerber im angrenzenden Wald vorgefunden worden. Revierinspektor W bzw. der Vater des Berufungswerbers hätten dann den Beschuldigten zum Fahrzeug des Vaters geführt, wobei sie ihn gestützt hätten. Alle drei vom Berufungswerber namhaft gemachten Zeugen bestätigten, dass Herr S vom Gendarmeriebeamten aufgefordert worden wäre, er müsse zur Vornahme des Alkotests auf den Gendarmerieposten Gallneukirchen mitfahren.

Revierinspektor W führte bei seiner Einvernahme - verfahrenswesentlich - aus, dass er den Berufungswerber auf Grund der von ihm festgestellten Alkoholisierungssymptome zum Alkotest aufgefordert habe, dieser sei vom Berufungswerber verweigert worden. Ein Alkotestgerät wäre zwar mitgeführt worden, der Gendarmeriebeamte habe den Test jedoch witterungsbedingt am Gendarmerieposten Gallneukirchen vornehmen wollen und in der Folge den Berufungswerber auch dazu aufgefordert. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm die Verletzung des Berufungswerbers noch nicht bekannt gewesen, allerdings hätte er sofort über Schmerzen im Fuß geklagt. S habe jedenfalls die Mitfahrt zum Gendarmerieposten Gallneukirchen verweigert, in der Folge wären dann die Rettung und auch der Arzt eingetroffen, schließlich wurde Herr S ins UKH Linz transportiert.

 

Befragt wegen des im Dienstfahrzeug mitgeführten Alkotestgerätes erklärte Revierinspektor W, er könne nicht sagen, ob er diesbezüglich Herrn S informiert habe, er vermeint, es sei nicht darüber gesprochen worden, dass das Messgerät im Dienstfahrzeug mitgeführt wurde. Jedenfalls, erklärte der Zeuge, sei die Amtshandlung zu dem Zeitpunkt, als er Herrn S erklärt habe, der Alkotest solle am Posten in Gallneukirchen vorgenommen werden, noch nicht abgeschlossen gewesen.

 

Revierinspektor G bestätigte im Rahmen seiner Aussage im Wesentlichen den in der Anzeige festgestellten Sachverhalt.

 

In freier Beweiswürdigung erachtet der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass den Aussagen der Zeugen Glauben zu schenken ist. Letztlich ist in der Berufungsverhandlung hervorgekommen, dass Revierinspektor W, obwohl ein Alkotestgerät im Dienstfahrzeug mitgeführt wurde, den Berufungswerber zunächst zum Gendarmerieposten Gallneukirchen zur Vornahme des Testes verbringen wollte und er dies dem Berufungswerber auch mitteilte. Die Amtshandlung wurde ausschließlich von Revierinspektor W geführt, Revierinspektor G hat sich lediglich im Nahbereich der Amtshandlung aufgehalten, sodass durchaus davon ausgegangen werden kann, dass er nicht jedes einzelne Detail von der Amtshandlung mitbekommen hat.

 

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand unter anderem ein Fahrzeug gelenkt zu haben auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Gemäß § 5 Abs.4 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs.2) zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächst gelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass die in den zitierten gesetzlichen Vorschriften festgelegte Verpflichtung nur dann bestehen kann, wenn nicht in der Person des Probanden gelegene Gründe dagegen stehen. Sollten solche Gründe vorliegen, so ist nach § 5 Abs. 4a oder § 5 Abs.5 StVO 1960 vorzugehen.

 

Im vorliegendem Falle ist jedenfalls im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hervorgekommen, dass sich der Berufungswerber beim Verkehrsunfall schwere Verletzungen, insbesondere auch eine Fraktur des zwölften Brustwirbelkörpers, zugezogen hat, welche, wie sich nachträglich herausgestellt hat, eine sofortige Operation erforderten. Wenn dieser Umstand auch zunächst dem Meldungsleger (und wohl auch dem Berufungswerber) nicht bekannt war, so entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass mit einer derartigen Verletzung eine Verbringung zum Gendarmerieposten Gallneukirchen möglicherweise zu schlimmen Folgen hinsichtlich der Gesundheit des Berufungswerbers geführt hätte. Dies bedeutet, dass die Aufforderung, den Alkotest am Gendarmerieposten Gallneukirchen durchzuführen, wohl nicht zulässig gewesen wäre.

 

Anders hätte es sich verhalten, wenn der Beschuldigte aufgefordert worden wäre, vor dem Eintreffen der Rettung am Ort der Amtshandlung mit dem mitgeführten Messgerät den Test durchzuführen. Diesbezüglich hat jedoch Revierinspektor W ausgesagt, dass der Berufungswerber von dieser Möglichkeit nicht informiert worden ist.

 

Aus den dargelegten Gründen vertritt der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Auffassung, dass im vorliegendem Falle die Aufforderung den Alkotest am Gendarmerieposten Gallneukirchen durchzuführen nicht zulässig gewesen wäre. Der Umstand, dass der Beschuldigte generell zur Ablegung des Alkotestes nicht bereit war, schadet nicht, zumal Revierinspektor W erklärt hat, die Amtshandlung sei erst nach der Aufforderung, den Test am Gendarmerieposten Gallneukirchen durchzuführen, beendet worden.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nachdem, wie bereits dargelegt wurde, unter den gegebenen Umständen die Durchführung des Alkotestes am Gendarmerieposten Gallneukirchen dem Berufungswerber objektiv gesehen auf Grund der von ihm erlittenen Verletzungen nicht zumutbar gewesen wäre, stellt die Verweigerung des Alkotestes im vorliegendem Falle keine Verwaltungsübertretung dar, weshalb in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 

 

Beschlagwortung:

Eine Verbringung zur nächstgelegener Gendarmeriedienststelle ist, wenn sich eine die Verbringung hindernde Verletzung (z.B. Wirbelfraktur) erst nachträglich herausstellt, nach objektiven Kriterien nicht zulässig.

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