Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160270/6/Br/Gam

Linz, 21.02.2005

VwSen-160270/6/Br/Gam Linz, am 21. Februar 2005

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des H J, R, M, vertreten durch H-P D, Rechtsanwalt, K, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, vom 28. Dezember 2004, Zl. VerkR96-9797-2004 Om, nach der am 21. Februar 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1,
§ 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - VStG;

  1. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 36,20 Euro auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).

Rechtsgrundlage:

§ 65 u. § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem o.a. Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land über den Berufungswerber wegen Übertretungen nach § 52a Z10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 181 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.

Es wurde ihm zur Last gelegt er habe am 24.7.2004 um 10.27 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von Weißkirchen a.d. Traun, auf der A25, bei Km 7,000, die verordnete und entsprechend kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 45 km/h überschritten.

    1. Die Behörde erster Instanz legte dem Schuldspruch einerseits das Messergebnis vor und andererseits wurde mangels ausreichender Mitwirkung des Berufungswerbers an seinem Verfahren unter Hinweis auf die freie Beweiswürdigung auf die Lenkereigenschaft des Zulassungsbesitzers verwiesen. Dies unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes v. 23.4.1986, 86/18/0004).

2. In der dagegen als fristgerecht durch einen ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebracht zu wertenden Berufung wird ohne konkretisierende Ausführungen die Lenkeigenschaft in Abrede gestellt. Im Ergebnis wird vermeint, es wäre einem Halter eines Familienfahrzeuges welches von vier Familienmitgliedern benützt würde, ein Wissen über den jeweiligen Lenker zu jedweden Zeitpunkt nicht zuzumuten.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Ferner durch Verlesung des vorgelegten Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung, wurde ein Foto aus dem der Geschwindigkeitsberechnung grundgelegten Videosequenz ausgearbeitet. Dieses wäre im Rahmen der Berufungsverhandlung als zu erörterndes Beweismittel zur Verfügung gehalten worden. Es erschienen jedoch weder der Berufungswerber und dessen Vertreter noch ein Vertreter der Behörde erster Instanz zur Berufungsverhandlung. Dies ohne jegliche Mitteilung über einen allfälligen Hinderungsgrund.

Den Parteien ist eine Ladung nachweislich zugegangen.

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

4.1. Dem Berufungswerber konnte in seiner gänzlich pauschal bestreitenden Lenkereigenschaft nicht gefolgt werden. Unstrittig ist die Präsenz des von ihm gehaltenen Fahrzeuges auf dem fraglichen Autobahnabschnitt.

Aus den von der Überkopfanlage aufgenommenen Videosequenz wurde ein einzelnes Foto ausgearbeitet. Es lässt einen männlichen Lenker erkennen, welche von der Statur einen kräftigeren Mann erkennen lässt. Das sich daraus erschließen lassende Lebensalter konnte durchaus dem des Berufungswerbers entsprechen. Auf dem Beifahrersitz befindet sich eine Frau mittleren Lebensalters. Nur der Berufungswerber hätte im Rahmen seiner Mitwirkung darzulegen vermocht wer der Lenker zur fraglichen Zeit tatsächlich gewesen ist. Allenfalls hätte sich eine Identifizierungsmöglichkeit auf Grund des Bildes bzw. der darauf recht gut erkennbaren Oberbekleidung ergeben können. Als eher unwahrscheinlich ist es bei oberflächlicher Betrachtung, dass es sich bei den Fahrzeuginsassen allenfalls um Kinder des Berufungswerbers hätte handeln können. Dagegen spricht das körperliche Erscheinungsbild der Insassen, wenngleich deren Gesicht durch die Fensterkante bzw. der Spiegelung des Fenster nicht bzw. kaum erkennbar ist.

Da jedoch in aller Regel auch der Fahrzeughalter selbst sein Fahrzeug lenkt und es beim Berufungswerber nicht unschwer möglich sein dürfte innerhalb der Familie auszuforschen wer an einem bestimmten Tag das Fahrzeug in Österreich lenkte, muss der leugnenden Darstellung des Berufungswerbers der Charakter einer Schutzbehauptung zugemessen werden.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Hier liegt der Bestrafung eine von der Judikatur anerkannte Messung zu Grunde (vgl. VwGH 23.3.1988, 87/02/0200). Das Tatverhalten wurde von der Behörde erster Instanz zutreffend unter § 52a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 subsumiert.

Der Berufungswerber machte über die ihm zur Last gelegte Fahrgeschwindigkeit schon im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens keine inhaltlich substanzierten Angaben und nahm trotz der seinem Rechtsvertreter zugestellten Ladung an der Berufungsverhandlung nicht teil.

Der Verfahrensgrundsatz, dass die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat (§ 24 VStG iVm § 39 Abs.2 AVG, § 25 Abs.1 VStG), befreit die Partei nicht von ihrer Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, wobei diese Mitwirkungspflicht auch den (die) Beschuldigte(n) im Verwaltungsstrafverfahren trifft. Die Mitwirkungspflicht hat insbesondere dort Bedeutung, wo - so wie hier - ein aus der Sicht der Partei strittiger Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden könnte. Dies erfordert, dass der Beschuldigte seine Verantwortung nicht darauf beschränken kann, die ihm zur Kenntnis gelangten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. So löst etwa das bloße globale Bestreiten des Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen in einem durch eine Meldung eines Sicherheitswachebeamten eingeleiteten Verfahrens keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der (die) Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es auch dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt (vgl. unter vielen VwGH 20.9.1999, 98/21/0137).

Auf den mit der Berufung gleichzeitig gestellten Wiedereinsetzungsantrag ist angesichts der als rechtzeitig zu wertenden Berufung sowie unter Hinweis, dass Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht unter Anwaltszwang stehen nicht weiter einzugehen. Auf sich bewenden können auch die Ausführungen der Behörde erster Instanz auf § 6 EuRAG.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Mit einer Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit in einem Autobahn-Geschwindigkeitsbereich im Umfang von 47 km/h sind - abstrakt besehen - nicht bloß unbedeutende nachteilige Beeinträchtigungen gesetzlich geschützter Werte verbunden.

Dies gelangt etwa durch nachfolgende Überlegung zum Ausdruck: Ausgehend von einer im Regelfall als realistisch anzunehmenden erreichbaren Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2 und einer durchschnittlichen Reaktionszeit von einer Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden, liegt der Anhalteweg aus 100 km/h bei 81,98 Meter. Demgegenüber gelangt es bei der vom Berufungswerber unter Berücksichtigung der Verkehrsfehlergrenze gelenkten Geschwindigkeit von 145 km/h unter den gleichen Reaktionsbedingungen erst nach 152,45 m zum Stillstand. Der Punkt, bei welchem ein Fahrzeug mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit bereits zum Stillstand gelangt, wird mit der hier zur Last liegenden Fahrgeschwindigkeit noch mit knapp über 117 km/h durchfahren (Berechnung mit Analyzer Pro 4).

Daraus ist erhellt, dass mit einer solchen Geschwindigkeitsüberschreitung das abstrakte Gefährdungspotenzial stark erhöht und der damit einhergehende Unwertgehalt einer solchen Übertretung als schwerwiegend zu erachten ist.

Unter Berücksichtigung des dem Berufungswerber zugute zu haltenden Strafmilderungsgrundes seiner bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit und eines mit 1.500 Euro angenommenen Monatseinkommens, muss die hier verhängte Geldstrafe unter Hinweis auf den bis zu 726 Euro reichenden Strafrahmen durchaus als schuldangemessen qualifiziert werden.

Unerfindlich bleibt jedoch warum seitens der Behörde erster Instanz selbst nach fünf Jahren seit der Implementierung des Euro, der besseren Handhabbarkeit und in Vorbeugung des Unterlaufens von Rechenfehlern durch Dezimalstellen in den Centbeträgen, nicht 180 Euro anstatt 181 ausgesprochen werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von
180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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