Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160271/9/Ki/An

Linz, 09.03.2005

 

 

 VwSen-160271/9/Ki/An Linz, am 9. März 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Dipl.Ing. H S, S, E, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A H, Dr. E E und Mag. C O, L, M, vom 26.1.2005 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 18.1.2005, VerkR96-10487-2004, betreffend Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Übertretung der StVO 1960), nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 8.3.2005 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG; § 24 VStG iVm § 71 Abs.1 VStG, § 51 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat gegen den Berufungswerber wegen einer Übertretung der StVO 1960 eine Strafverfügung erlassen (VerkR96-10487-2004 vom 21.9.2004).

 

Mit Schriftsatz vom 9.12.2004 stellte der Berufungswerber, rechtsfreundlich vertreten, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist, wobei er gleichzeitig auch einen Einspruch gegen die Strafverfügung vorlegte.

 

Im Wesentlichen wird dazu vorgebracht, dass der Rechtsvertreter den Einspruch diktiert habe, dieser sei im Sekretariat geschrieben worden und der Rechtsvertreter habe seinem in der Rechtsanwaltskanzlei noch tätigten Vater den Auftrag erteilt, am 13.10.2004 noch am Abend des selben Tages den beiliegenden von ihm unterfertigten Einspruch zur Post zu geben. An diesem Abend hätten eine Vielzahl von Poststücken zur Post gegeben werden müssen. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen sei der Einspruch unter andere Schriftstücke und in einen anderen Akt geraten und es sei daher der Einspruch an diesem Tage nicht zur Post gegeben worden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat in der Folge den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18.1.2005 erlassen. Den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag wurde entgegen gehalten, dass das Fristversäumnis abwendbar gewesen wäre, hätte in der Kanzlei des Rechtsvertreters ein entsprechender Kontrollmechanismus bestanden.

 

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 8.3.2005. An dieser Berufungsverhandlung nahm der Rechtsvertreter des Berufungswerbers teil, die belangte Behörde hat sich entschuldigt, ebenso der Berufungswerber selbst.

 

Bei seiner Einvernahme erklärte der Rechtsvertreter, dass er im vorliegenden Falle den Einspruch, nachdem er diesen unterfertigt hatte, der Sekretärin, welche an und für sich für die Postfertigung verantwortlich sei, übergeben habe.

 

Es wäre dann vorgesehen gewesen, das fertige Kuvert auf einen Stoß zu geben, wo die für die Post vorgesehenen Stücke gesammelt werden. Dieser Poststoß sei dann von seinem Vater zur Post gebracht worden. Offensichtlich dürfte der Sekretärin, die für die Postfertigung verantwortlich ist, ein Fehler unterlaufen sein, er habe sie diesbezüglich befragt, sie habe jedoch keine Erinnerung mehr an den Vorfall gehabt. Nach Ablauf der Einspruchsfrist sei dann der Einspruch in einem Akt vorgefunden worden.

 

Die Sekretärin sei seit mehreren Jahren in der Kanzlei tätig und es sei dies das erste Mal, dass eine derart unangenehme Angelegenheit passiert sei.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG (iVm § 24 VStG) ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Im vorliegendem Falle ist daher zu prüfen, ob dem Berufungswerber (bzw. seinem Rechtsvertreter) an der Fristversäumung kein bzw. bloß ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Grundsätzlich wird zunächst festgestellt, dass ein allfälliges Verschulden des Parteienvertreters die von ihm vertretene Partei gegen sich gelten lassen muss.

 

Im gegenständlichen Falle hat der Rechtsvertreter im Rahmen der mündlichen Verhandlung glaubhaft machen können, dass er den gegenständlichen Einspruch nach Unterfertigung seiner Sekretärin, welche bereits seit mehreren Jahren in der Kanzlei beschäftigt ist und bisher keinen Anlass zur Kritik gegeben hat, zur Postfertigung gegeben hat. Dabei sei offensichtlich der Einspruch, aus welchen Gründen immer, in einen anderen Akt geraten.

 

Auf Grund der glaubwürdigen Angaben des Rechtsvertreters geht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich davon aus, dass es sich bei der Sekretärin um eine verlässliche Kanzleimitarbeiterin handelt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Rechtsanwalt die näheren Umstände der Postaufgabe von Schriftstücken, das Kuvertieren von zugehörigen Beilagen, wie auch das Beschriften des Kuverts verlässlichen Kanzleiangestellten alleine überlassen, es sei denn, dass für ihn Veranlassung besteht, das pflichtgemäße Verhalten seines Angestellten in Zweifel zu ziehen (VwGH 94/13-0215 vom 15.3.1995 u.a.).

 

Im gegenständlichen Falle hat der Rechtsvertreter des Berufungswerbers den Einspruch seiner Sekretärin zur Postfertigung überlassen und es bestand für ihn keine Veranlassung, das pflichtgemäße Verhalten seiner Angestellten in Zweifel zu ziehen. Im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt daher allenfalls nur ein minderer Grad des Versehens vor, welcher einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegen steht.

 

Nachdem der Antrag auf Wiedereinsetzung auch rechtzeitig iSd § 71 Abs.2 AVG eingebracht wurde (die erste Mahnung zwecks Bezahlung der Geldstrafe erfolgte am 30.11.2004) sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben.

 

Der Berufung war daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben. In der Folge wird die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems das ordentliche Ermittlungsverfahren betreffend die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung durchzuführen haben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

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