Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160303/9/Br/Wü

Linz, 10.03.2005

 

 

 VwSen-160303/9/Br/Wü Linz, am 10. März 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn T K,
M, D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding, VerkR96-1355-2004-Mg/Ed, vom 13. Jänner 2005, wegen Übertretung nach § 52a Z10a StVO 1960, nach der am 9. März 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.
 
 


Rechtsgrundlage:

 

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG, iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1,
§ 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG;

 

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
 


Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 50 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden verhängt, weil er am 17.5.2004 um
07.29 Uhr, als Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen auf der B130, bei Strkm 14,580, die durch Verkehrszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, um 14 km/h überschritten habe.

Im Punkt II. wurde die mit der Strafverfügung ebenfalls noch ausgesprochene Bestrafung wegen Verweigerung der Lenkerauskunft nach § 103 Abs.2 KFG
gem. § 45 Abs.172 VStG eingestellt.

 

 

1.2 Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf das Ergebnis einer Radarmessung iVm der vom Zulassungsbesitzer des genannten Pkw, W L, erteilten Auskunft wonach der Berufungswerber in Lage wäre die Lenkerauskunft zu erteilen. Da sich der Berufungswerber schließlich per Schreiben vom 2.9.2004 auf sein Auskunftsverweigerungsrecht berief, wurde offenbar von dessen Lenkereigenschaft ausgegangen. Im Ergebnis stützte die Behörde erster Instanz den Schuldspruch unter Hinweis auf § 102 Abs.8 KFG, welcher besagt, dass ohne der Zustimmung des Zulassungsbesitzers ein überlassenes Fahrzeug nicht einer dritten Person weiterüberlassen werden dürfe. Die Verfahrenseinstellung wegen Nichtbekanntgabe des Fahrzeuglenkers wurde auf § 45 Abs.1 Z2 gestützt. Offenbar wurden damit dem Berufungswerber - in Anlehnung an die deutsche Rechtslage - strafbarkeitsausschließende Umstände zuerkannt.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber die Lenkeigenschaft und benennt als Lenker einen damals im Fahrzeug mitfahrenden Verwandten. Dies habe er auch dem Zulassungsbesitzer L mitgeteilt. Er beantragt die umgehende Verfahrenseinstellung.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Eferding. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde im Wege der Verkehrsabteilung des LGK für Oö. die Ausarbeitung eines Radarbildes in möglichst guter Qualität beantragt.

Ebenfalls wurde eine Berufungsverhandlung unter Ladung des Berufungswerbers und des Zulassungsbesitzers L als Zeugen anberaumt. Dies zwecks Erörterung des Sachverhaltes und insbesondere einer allfälligen Identifikationsmöglichkeit des Lenkers auf das zu diesem Zeitpunkt noch nicht beim Akt erliegenden Radarbildes.

 

 

4. In Reaktion auf die Ladung zur Berufungsverhandlung bat der Zeuge L durch fernmündliche Mitteilung am 21.2.2005 gegenüber dem zuständigen Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates ihn aus beruflichen Gründen zu entschuldigen. Vereinbarungsgemäß bestätigte er dies am 22.2.2005 per FAX. Ergänzend verwies er auf das Gespräch mit dem Berufungswerber mit dem h. Hinweis auf die Ausarbeitung des Radarfotos zwecks allfälliger Identifizierbarkeit des Lenkers, dass dieser im Falle seiner Lenkereigenschaft die Strafe bezahlen sollte. Der Berufungswerber habe jedoch ihm gegenüber die Lenkereigenschaft bestritten.

Schließlich richtete auch der Berufungswerber ein mit 21.2.2005 datiertes Schreiben an den unabhängige Verwaltungssenat. Angeschlossen wurde diesem Schreiben auch eine Kopie des Personalausweises des Berufungswerbers, welches diesen auf Grund des Fotos identifizierbar macht. Auch in diesem Schreiben wird unter Hinweis auf das übermittelte Foto - offenbar in der Meinung der Identifizierbarkeit des Lenkers auf dem Radarbild - die Lenkereigenschaft bestritten. Der Berufungswerber erklärt ebenfalls den Termin zur Berufungsverhandlung nicht wahrnehmen zu können.

Am 22.2.2005 übermittelte das LGK für Oö. das am 21.2.2005 fernmündlich auszuarbeiten beantragte Foto.

Darauf ist das fragliche Fahrzeug von hinten gemessen ersichtlich. Personen im Fahrzeug sind darauf nicht erkennbar. Als bloß erahnbar könnte eine Person am Beifahrersitz ausgenommen werden.

Angesichts dieses Verfahrensergebnisses kann von der Lenkereigenschaft des Berufungswerbers nicht ausgegangen werden. Vielmehr scheint dies im Sinne der hier gezeigten Mitwirkung des Berufungswerbers als widerlegt. Immerhin übersandte er ein Identitätsdokument zwecks Identifizierung des Lenkers. Mangels Kenntnis des letztlich nicht zur Identifizierung geeigneten Radarbildes - dieses lag zu diesem Zeitpunkt selbst der Berufungsbehörde noch nicht vor - lässt sich die Überzeugung der Richtigkeit seiner Verantwortung erschließen. Dies ist letztendlich auch stimmig mit der vom Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) L gemachten Mitteilung, wonach nur der Berufungswerber den Lenker benennen könne. Somit ist es vielmehr als erwiesen zu erachten, dass der Berufungswerber nicht der Lenker gewesen ist.

 

 

4.1. An der Berufungsverhandlung nahm als Vertreter der Behörde erster Instanz der amtsführende Behördenleiter teil. Er verwies auf den Umstand, wonach es nicht gerade lebensnahe sei, dass jemand dem ein Fahrzeug leihweise zur Verfügung gestellt werde, dieses ohne offenkundige Zustimmung des Zulassungsbesitzers einem Dritten weiter überlässt. Verlesen wurden sodann die vom Berufungswerber und den Zulassungsbesitzer übermittelten Erklärungen.

 

 

4.2. Diese werden von der Berufungsbehörde dahingehend gewürdigt, dass bereits in der Lenkerauskunft nicht der Berufungswerber als Lenker dezidiert, sondern als jene Person benannt wurde die die Lenkerauskunft erteilen könne. Unter Hinweis auf die deutsche Rechtslage verweigerte der Berufungswerber jedoch die entsprechende behördliche Anfrage. Mangels Vollstreckbarkeit einer diesbezüglich als in Österreich begangenen zu qualifizierenden Verwaltungsübertretung wurde in diesem Punkt das Verfahren gegen den Berufungswerber eingestellt.

Die von der Behörde erster Instanz vertretene Auffassung, wonach die Weitergabe eines im Vertrauen an eine Person überlassenen Fahrzeuges an eine dritte Person, einerseits kraftfahrrechtlich unzulässig und andererseits lebensfremd sei, trifft grundsätzlich zu. Diese Sichtweise ist durchaus realistisch und entspricht zweifellos in den meisten Fällen der Realität.

 

4.2.1. Dennoch konnte hier die Lenkereigenschaft nicht als erwiesen gelten. Dies gelangte insbesondere in der hier umfassenden Mitwirkung des Berufungswerbers glaubwürdig zum Ausdruck. Wenn der Berufungswerber hier bereit war seinen Ausweis mit Lichtbild zwecks Identifizierungsmöglichkeit des "wahren" Lenkers durch Vergleichsmöglichkeit auf dem Radarbild zur Verfügung zu stellen, machte dies letztlich seine bestreitende Verantwortung glaubwürdig.

 

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

 

5.1. Im Lichte der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur freien Beweiswürdigung nach § 45 Abs.2 AVG und einem fairen Verfahren, ist an einen Beweis ein strengerer Maßstab als bloß eine aus der Lebensnähe gezogene Schlussfolgerung zu stellen (vgl. VfSlg 12649; sowie Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, S 98, Fn 372).

Da schon bei bloßen Zweifel an der Zurechenbarkeit der Tatbegehung der Tatbeweis als nicht erbracht gilt war gegen den Berufungswerber das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen (VwGH 12.3.1986, 84/03/0251 u.a. mit Hinweis auf ZfVB 1991/3/1122). Hier war darüber hinaus von hoher Wahrscheinlichkeit der nicht gegebenen Lenkereigenschaft auszugehen.

Die Verfahrenseinstellung gegen den Berufungswerber iSd § 103 Abs.2 KFG 1967, gestützt auf § 45 Abs.1 Z2 VStG (fehlendes Verschulden), ist mit Blick auf die deutsche Rechtslage durchaus sachgerecht. Im Sinne der herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist jedoch auf die zu einem anderen Ergebnis führende sogenannte Tatortjudikatur hinzuweisen (VwGH 14. Juni 1995,
Zl. 95/03/0102 u. VwGH [verst. Senat] 31. Jänner 1996, Zl. 93/03/0156).

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r
 

 
 

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