Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160328/9/Fra/He

Linz, 19.09.2005

 

 

 

VwSen-160328/9/Fra/He Linz, am 19. September 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn FB gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 26.1.2005, Zahl III-S-7.494/04/StVO"A", betreffend Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe (40 Euro) zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 84 Stunden) verhängt, weil er am 16.6.2004 um 15.32 Uhr in 4600 Wels, A 25, Strkm. 14,700, Fahrtrichtung Linz, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen FK-..........., beim Hintereinanderfahren vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten hat, der ein rechtzeitiges Anhalten ermöglicht hätte, wenn dieses plötzlich abgebremst worden wäre, wodurch andere Straßenbenützer behindert oder gefährdet wurden, obwohl dies aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht erforderlich gewesen ist, weil er bei einer Geschwindigkeit von 97 km/h nur einen Abstand von 0,45 Sekunden, das entspricht 12 Meter, von dem vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten hat. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Wels - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

 

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens erwogen:

 

Das angefochtene Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 21.6.2004 sowie auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens. Lt. oa Anzeige wurde durch eine Verkehrsüberwachungsanlage festgestellt, dass der Lenker des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges bei einer Geschwindigkeit von 97 km/h nur einen Abstand von
0,45 Sekunden zum Vorderfahrzeug (das entspricht 12 Meter) eingehalten hat. In Beantwortung der Lenkeranfrage von 13.7.2004 teilte der nunmehrige Bw der Bundespolizeidirektion mit, dass das in Rede stehende Kraftfahrzeug von ihm gelenkt wurde. Begründend führt die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis ua aus, dass die in der Anzeige beigeschlossenen Fotos zeigen deutlich, dass das vom Bw gelenkte Fahrzeug auf dem linken Fahrstreifen, knapp davor einen anderen Pkw, in der Spur etwas zur Mittellinie hin versetzt gefahren sei. Beim zweiten Messpunkt (80 Meter weiter) biete sich annähernd dasselbe Bild, insbesondere sei der Abstand zum "Vordermann" gleichbleibend gering. Der Abstand zum Vorderfahrzeug habe nur 0,45 Sekunden bei einer Fahrgeschwindigkeit von
97 km/h betragen, es wäre jedoch ein Sicherheitsabstand von 2 Sekunden erforderlich gewesen.

 

Im eingebrachten Rechtsmittel bringt der Bw vor, dass der vor ihm fahrende Pkw von der rechten Fahrspur scharf vor ihm auf seine Spur gewechselt und ihm den Weg nach vorne abgeschnitten habe. Es deute darauf hin, dass der vor ihm fahrende Pkw ohne Rücksicht auf die linke Spur gewechselt habe und ihn dadurch zu einer Bremsung gezwungen habe. Aufgrund dieses Vorbringens hat der
Oö. Verwaltungssenat ein kfz-technisches Gutachten zu der Frage eingeholt, ob dem Vorbringen des Bw aus kfz-technischer Sicht Berechtigung zukommt.

 

Der von Herrn Ing. JL erstellte Befund und das erstellte Gutachten vom
12. April 2005, VT-010191/1998-2005-LJ, lautet wie folgt: "Befund: Am 16.6.2004 lenkte um ca. 15.32 Uhr Herr FB den PKW der Marke FIAT Multipla mit dem pol. Kennzeichen FK.......... auf der A 25 in Richtung Linz. Bei Straßenkilometer 14,700 hat der beschuldigte Lenker einen Sicherheitsabstand von 0,45 Sekunden eingehalten. Die Fahrgeschwindigkeit betrug 97 km/h. Die notwendigen Toleranzen (3 Prozent des gemessenen Wertes) wurden bereits berücksichtigt und abgezogen. Die Geschwindigkeits- und Abstandmessung wurde mit dem Messgerät VKS 3.0 durchgeführt. Lt. Meldungsleger wurde das System entsprechend den Eich- und Zulassungsvorschriften angewendet und bedient. Aufgrund des Befundes und der sonstigen im Akt enthaltenen Angaben ergeht folgendes Gutachten: Nach entsprechender Kontrolle des Tat- und Lenkervideos konnte festgestellt werden, dass die Abstands- und Geschwindigkeitsmessung ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Das gegenständliche Messgerät VKS 3.0 ist für die Messung von Sicherheitsabständen und Fahrgeschwindigkeiten geeignet und entsprechend den österreichischen Bestimmungen geeicht und zugelassen. Voraussetzung für eine gültige Messung ist ein eingerichteter Messplatz mit entsprechend eingemessenen Bodenmarkierungen, aus dem die Eignung der Messstelle hervorgeht. Daraus konnte erkannt werden, dass das Gerät tatsächlich entsprechend den Zulassungsbedingungen zum Einsatz gebracht wurde. Vor Beginn der eigentlichen Messung verlangt das Programm automatisch die Eingabe von Pass- und Kontrollpunkten der jeweiligen Messstelle, um die Perspektive für die Videoaufnahmen berechnen zu können. Diese Eingabe wird vom Programm zwangsweise gefordert und kann nicht manipuliert bzw. übergangen werden. Liegen die Kontrollpunkte außerhalb der vorgegebenen Toleranzen, kann keine Messung erfolgen. Unter Einhaltung der vorstehenden Voraussetzungen ist das Messsystem VKS 3.0 für eine Messbereich von 0 - 500 Meter zugelassen und hat einen Geschwindigkeits-Messbereich bis zu 250 km/h. Die Genauigkeit der Abstandsauflösung für den Sicherheitsabstand beträgt 0,1 Meter und wird stets zugunsten des Beschuldigten gerundet. Die Software des Messgerätes ist grundsätzlich so erstellt, dass sämtliche Toleranzwerte berücksichtigt und im Grenz- und Zweifelsfall immer zugunsten des Beschuldigten berechnet werden. Bei der Abstandsmessung wird der Abstand der Radaufstandspunkte (Vorderräder) auf der Fahrbahn bei beiden betroffenen Fahrzeugen gemessen und dann der Radstand des vorausfahrenden Fahrzeuges abgezogen. Dadurch ergibt sich der gemessene Sicherheitsabstand in Meter, wobei der hintere Überhang des vorderen Fahrzeuges und der vordere Überhang des Beschuldigtenfahrzeuges nicht berücksichtigt wird. Im gegenständlichen Fall wurde für das vorausfahrende Fahrzeug ein Radstand von 3,0 Meter abgezogen. Der Messwert vor Abzug des Radabstandes betrug 14,7 Meter, woraus der vorwerfbare Wert von 11,7 Meter errechnet wurde. Dieser Abstandswert wurde wiederum auf ganze Meter
(12 Meter) aufgerundet, was dem Beschuldigten zugute kam. Abschließend kann daher festgestellt werden, dass es sich um eine gültige und korrekte Abstands- und Geschwindigkeitsmessung handelt. Das ergibt sich aus den Auswertungen des archivierten Tatvideos. Der vom Beschuldigten eingehaltene Sicherheitsabstand lang in Wirklichkeit noch unter dem ausgewerteten Sekundenabstand von 0,45 Sekunden, da wie oben bereits erwähnt sämtliche Maß- und Eichtoleranzen, die Rundungsmaßnahmen sowie die Nicht-Berücksichtigung der betroffenen vorderen und hinteren Überhänge der Fahrzeuge zugunsten eines Beschuldigten gerechnet werden. Auch kann ausgeschlossen werden, dass der geringe Sicherheitsabstand durch ein Auflaufen auf das vordere Fahrzeug zustande kam. Auch hier wäre eine gültige Auswertung nicht möglich gewesen, da das Programm des Messgerätes selbst eine Fehlermeldung erkennt. Weiters war am Video zu erkennen, dass kein vollständiger Spurwechsel im und vor dem Messbereich vorgenommen wurde und die knappe Hinterherfahrt am ganzen Videoabschnitt erfolgte. Bei einem Sicherheitsabstand von 0,45 Sekunden besteht für den Beschuldigten im Falle eines Bremsmanövers des vorausfahrenden Fahrzeuges keine Chance rechtzeitig selber ein Bremsmanöver einzuleiten. Unter einer Zeit von mindestens 0,7 Sekunden erfolgt praktisch keine Reaktion eines Autolenkers. Auch bei besonderer Aufmerksamkeit muss bei einem Durchschnittslenker eine Reaktion von 0,8 Sekunden zugrunde gelegt werden. Bei einem Sicherheitsabstand von 0,45 Sekunden, wie im gegenständlichen Fall vorliegend, kann auf allfällige, auch unerwartete Bremsmanöver des vorausfahrenden Fahrzeuges nicht mehr reagiert werden. Ein (Auffahr-)Unfall und somit gefährliche Verhältnisse wären demnach nicht mehr zu vermeiden gewesen. Die Angabe in der Berufung, dass der vor ihm auf dem rechten Fahrstreifen fahrende PKW scharf vor ihm auf seine Spur wechselte, ist keinesfalls richtig. Am Tatvideo konnte erkannt werden, dass der Beschuldigte mindestens 19 Sekunden vor der Abstandsmessung (gesamter Überwachungsbereich) unmittelbar hinter dem vorausfahrenden Fahrzeug nachgefahren ist. Es handelt sich dabei um eine Strecke von mindestens 500 Metern."

Der Oö. Verwaltungssenat hat das Parteiengehör mit Schreiben vom 22. April 2005, VwSen-160328/Fra/He, gewahrt. Das Gutachten wurde dem Bw lt. Zustellnachweis am 27.4.2005 zugestellt. Dem Bw wurde für eine Stellungnahme eine Frist von zwei Wochen eingeräumt. Bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung ist beim Oö. Verwaltungssenat keine Stellungnahme seitens des Bw eingelangt.

Das Gutachten ist schlüssig, weil es nach entsprechender Kontrolle des Tat- und Lenkervideos erstellt wurde. Der Gutachter hat überzeugend dargestellt, dass es sich um eine gültige und korrekte Abstands- und Geschwindigkeitsmessung handelt. Der Bw hat sich zu diesem Gutachten nicht geäußert. Die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist sohin in objektiver und, weil es dem Bw nicht gelungen ist, die Fahrlässigkeitsvermutung iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG zu entkräften, auch subjektiv erwiesen.

Strafbemessung:

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass der Bw kein hiefür relevantes Vermögen besitzt, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten hat und derzeit auch über kein Einkommen verfügt.

Aus der Aktenlage ergibt sich nicht, dass der Bw Verwaltungsvormerkungen aufweist. Dies fällt mildernd ins Gewicht. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Mit der verhängten Geldstrafe wurde der gesetzliche Strafrahmen nicht einmal zu einem Drittel ausgeschöpft und ist die verhängte Strafe aufgrund des gravierenden Unrechts- und Schuldgehaltes sowie aus Gründen der General- und Spezialprävention notwendig. Die belangte Behörde hat hier zutreffend ausgeführt, dass es sich bei dem in Rede stehenden Delikt um eine schwere Übertretung der Straßenverkehrsordnung im Fließverkehr handelt, die immer wieder und zahlreich zu Verkehrsunfällen mit schwersten, oft sogar tödlichen Verletzungen führt.

Aus dem kfz-technischen Gutachten ergibt sich ua, dass bei einem Sicherheitsabstand von 0,45 Sekunden für den Lenker im Falle eines Bremsmanövers des vorausfahrenden Fahrzeuges keine Chance besteht, rechtzeitig selber ein Bremsmanöver einzuleiten. Unter eine Zeit von mind. 0,7 Sekunden erfolgt praktisch keine Reaktion eines Autolenkers. Auch bei besonderer Aufmerksamkeit muss bei einem Durchschnittslenker eine Reaktionszeit von 0,8 Sekunden zugrunde gelegt werden. Bei einem Sicherheitsabstand von 0,45 Sekunden, wie im gegenständlichen Fall vorliegend, kann auf allfällige, auch unerwartete Bremsmanöver des vorausfahrenden Fahrzeuges nicht mehr reagiert werden. Ein Auffahrunfall und somit gefährliche Verhältnisse wären demnach nicht mehr zu vermeiden gewesen.

Eine Herabsetzung der Strafe war sohin nicht vertretbar.

 

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. F r a g n e r

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