Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160330/11/Fra/Pe

Linz, 30.05.2005

 

 

 VwSen-160330/11/Fra/Pe Linz, am 30. Mai 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn JA vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. MB gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19.1.2005, VerkR96-2862-2004, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20.5.2005 in Verbindung mit einem Lokalaugenschein, zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich der verhängten Strafen insofern Folge gegeben, als die Geldstrafen auf je 75 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 24 Stunden herabgesetzt werden.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu entrichten, für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf jeweils 10 % der neu bemessenen Strafen (sohin insgesamt 15 Euro).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung

  1. des § 20 Abs.2 erster Fall StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 70 Stunden) und
  2. des § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 70 Stunden) verhängt,

weil er am 27.4.2004 gegen 21.10 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen SD-...... auf der L 1173 Kopfinger Straße in Fahrtrichtung Natternbach gelenkt hat, wobei er

  1. auf Höhe km 5,860 der genannten Straße im Ortsgebiet Rasdorf die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 31 km/h und
  2. unmittelbar danach auf Höhe km 5,985 die durch Straßenverkehrszeichnen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 33 km/h überschritten hat.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

 

Als Berufungsgründe werden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Unter dem Aspekt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird ua bemängelt, dass die belangte Behörde trotz Antrag das Messprotokoll und auch den Eichschein des verwendeten Geschwindigkeitsmessgerätes nicht beigeschafft hat. Auch der "Zettel", auf dem die Daten seitens des Gendarmeriebeamten notiert waren, sei nicht mehr vorhanden. Sohin sei auch die Anzeige nicht nachvollziehbar. Eine Verwechslung sei daher nicht ausgeschlossen. Seine Behauptungen können von seinem Beifahrer SS bestätigt werden. Eine Anzeige ohne Aufzeichnung mehrerer Messungen innerhalb kürzester Zeit in verschiedene Richtungen mit verschiedenen Kennzeichen seien für ihn nicht nachvollziehbar und auch nicht gesetzeskonform. Es liegen seiner Ansicht nach jede Menge Indizien für einen Fehlbedienung vor. Es gebe offensichtlich kein Messprotokoll, es habe keine "0-Messung" gegeben und löse eine Eigenbewegung des Messenden bei Nichtverwendung eines Stativs jedenfalls "Irritationen" aus. Unter dem Aspekt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes führt der Bw u.a. aus, dass die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses mangelhaft sei. Auch mit der Strafbemessung habe sich die belangte Behörde nicht ausreichend auseinandergesetzt. Der Bw stellt sohin den Antrag, seiner Berufung stattzugeben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Straferkenntnisses an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen, in eventu die verhängten Strafen in mildere umwandeln oder nachsehen.

 

I.3. Aufgrund der Ausführungen des Bw hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Beweis erhoben im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20.5.2005. Diese wurde an Ort und Stelle abgehalten, wobei der Bw befragt wurde sowie die Meldungsleger RI HA und Insp. G, beide Gendarmerieposten M zum Sachverhalt zeugenschaftlich einvernommen wurden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung gelangt, dass der Bw die ihm zur Last gelegten Übertretungen begangen hat und folgt insoweit der Anzeige des GP M vom 10.5.2004, den Aussagen der zeugenschaftlich einvernommenen Meldungsleger sowie dem vorgelegten Eichschein für das verwendete Messgerät.

 

Aufgrund der Anzeige des Gendarmeriepostens Münzkirchen vom 10.5.2004 sowie aufgrund der Aussagen des Messbeamten RI HA ergibt sich, dass der Standort des Beamten bei Strkm. 5,940 war. Es ist dies auf Höhe der Firma J in Richtung Natternbach gesehen am linken Fahrbahnrand. Die Messung erfolgte mittels des Gerätes LTI 20.20 TS/KM-E, Nr. 5704. Der vom Bw gelenkte Pkw wurde vorerst von vorne auf Höhe km 5,860, das ist im Ortsgebiet Rasdorf, und anschließend von hinten auf Höhe von km 5,985 gemessen. Die Messung wurde im Stehen durchgeführt, wobei der Meldungsleger das Gerät in der Hand gehalten hat. Der Meldungsleger führte bei der Berufungsverhandlung aus, dass er die gemessene Geschwindigkeit am Display der Visiereinrichtung ablesen könne. Mittels Knopfdruck könne er auf die Entfernung umschalten. Auch diese sei ihm angezeigt worden. Sowohl die gemessene Geschwindigkeit als auch die Entfernung habe er seinem Kollegen gesagt, dieser habe sich beide Daten notiert. Vor dem vom Bw gelenkten Kraftfahrzeug sei ein Kastenwagen gefahren, dieser sei ebenfalls von ihm gemessen und wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung angezeigt worden. Er habe beide Fahrzeuge von vorne und von hinten gemessen. Der Abstand sei jedenfalls so groß gewesen, dass er beide Fahrzeuge messen habe können und zwar unabhängig von einander. Konkret sei die Messung so durchgeführt worden, dass er vorerst das erste Fahrzeug von vorne und dann von hinten und im zeitlichen Ablauf sodann das zweite Fahrzeug - das vom Bw gelenkt wurde - zunächst wiederum von vorne und dann von hinten gemessen hat.

 

Insp. G bestätigte im Wesentlichen den von RI A geschilderten Messablauf. Insp. G führte auch aus, sich die Daten wie sie ihm vom Kollegen mitgeteilt wurden, sofort notiert zu haben. Den Block habe er nicht mehr. Außerdem habe er genau auf die Kennzeichen geschaut.

 

Beweiswürdigend ist festzuhalten, dass der Oö. Verwaltungssenat aufgrund der nachvollziehbaren Angaben der Meldungsleger keine Anhaltspunkte dafür finden kann, dass diese den Bw wahrheitswidrig belasten. Beim Messorgan handelt es sich um einen Exekutivbeamten, also um eine Person, bei der eine umfassende Vertrautheit mit der Funktion, Bedienung sowie mit den messtechnischen Eigenschaften des Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerätes vorauszusetzen ist. Aufgrund der Erfahrung und des Ausbildungsstandes des Gendarmeriebeamten muss erwartet werden, dass er das Gerät entsprechend der Bedienungsanleitung verwendet hat. Das verwendete Geschwindigkeitsmessgerät LTI 20.20 TS/KM-E ist zugelassen für eine Messstrecke von 30 m bis 500 m und eine Geschwindigkeit von 10 km/h bis 250 km/h (entsprechend der Zulassung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, Zl. 43427/92 vom 17.12.1992 und Zl. 43427/92/1 vom 14.3.1994). Das Gerät war auch - wie es sich aus den vorgelegten Eichschein ergibt - zur Tatzeit geeicht.

 

Zum nichtvorhandenen Messprotokoll wird Folgendes ausgeführt.

Laut Punkt 2.7 der Verwendungsbestimmungen des gegenständlichen Gerätes sind für die einwandfreie Funktion des Laser-VKGM mehrere näher beschriebene Kontrollen vor Beginn der Messung, während der Messung mindestens jede halbe Stunde sowie nach jedem Wechsel des Aufstellungsortes zur Überprüfung vorgeschrieben. Wenn diese Bedingungen nicht eingehalten werden, gilt der Laser-VKGM als fehlerhaft und darf nicht weiterverwendet werden. Die Durchführung der Kontrollen ist mit einem Protokoll zu belegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 25.1.2002, 2001/02/0123, u.a. ausgeführt, dass die Durchführung der Kontrollen demnach eine notwendige Bedingung für die Wertung der danach folgenden Geschwindigkeitsmessung als richtig ist. Träfe es zu, dass die notwendigen Kontrollen nicht durchgeführt worden wären, so könnte im gegenständlichen Fall nicht von einer gültigen Geschwindigkeitsmessung ausgegangen werden. Die Anfertigung und Vorlage des Messprotokolls ist zwar keine Bedingung für die Richtigkeit einer Verkehrsgeschwindigkeitsmessung, weil es nicht auf die Anfertigung und Vorlage des Protokolls ankommt, dieses diene lediglich dem Zweck, die durchgeführten Kontrollen darzutun (siehe wörtlich in den Verwendungsbestimmungen "zu belegen"), bildet also bloß ein Beweismittel neben anderen Beweismitteln.

 

Im Hinblick auf die Ausführung der Meldungsleger geht der Oö. Verwaltungssenat davon aus, dass gegenständlich die Gerätefunktions- und Zielerfassungskontrollen, wie sie lt. Verwendungsbestimmungen vorgesehen sind, gemacht wurden. Als Begründung dafür, weshalb kein Protokoll vorgelegt werden kann, gaben die Meldungsleger an, dass dies in einer Besprechung mit einem nicht näher definierten Teilnehmerkreis so festgelegt worden sei und sie die Anweisung hätten, ein solches Protokoll müsse nicht mehr angefertigt werden. Das unterfertigte Mitglied des Oö. Verwaltungssenates ersuchte den anwesenden Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Schärding, dass, sollte es tatsächlich eine derartige Weisung der Bezirkshauptmannschaft Schärding geben, diese wieder zurückzunehmen, da die Verwendungsbestimmungen zwingend ein derartiges Protokoll vorsehen.

 

Zusammenfassend stellt der Oö. Verwaltungssenat fest, dass sich im Verfahren keine konkreten Anhaltspunkte ergeben haben, dass dem Meldungsleger bei der Handhabung des Gerätes Bedienungsfehler unterlaufen sind. Es haben sich auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das Gerät mangelhaft funktioniert hätte. Wie vom technischen Amtssachverständigen bei der Berufungsverhandlung ausgeführt, dauert ein Messvorgang nur 0,3 Sekunden. Wenn das Messgerät verwackelt wird, erscheint am Display des Gerätes eine Error-Anzeige. Es sei daher ohne weiteres problemlos möglich, innerhalb einer Minute vier Messungen durchzuführen. Wenn Fahrzeuge hintereinanderfahren, könnte es zu einer Fehlmessung kommen, doch diese würde wiederum am Display mit einer Error-Meldung angezeigt werden. Die Messung ist sohin beweiskräftig, weshalb keine weiteren Beweise mehr aufzunehmen waren.

 

Der Bw hat daher, da es ihm nicht gelungen ist, die Fahrlässigkeitsvermutung iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG zu entkräften, die Verwaltungsübertretungen zu verantworten.

 

Strafbemessung:

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung weder mildernde noch erschwerende Umstände anerkannt, jedoch angemerkt, dass am 3.5.2004 - also nach dem Zeitpunkt des gegenständlichen Vorfalles - eine einschlägige Beanstandung erfolgte und mittlerweile auch bestraft wurde. Mangels Angaben des Bw wurden seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wie folgt geschätzt: Ca. 1.000 Euro monatlich Nettoeinkommen, sorgepflichtig für Gattin, kein Vermögen.

 

Im Hinblick darauf, dass der Bw zum Vorfallzeitpunkt keine einschlägige Vormerkung aufgewiesen hat sowie aufgrund des Umstandes, dass der Bw in einem zeitlichen Abstand von mehreren Sekunden gemessen wurde, woraus, wenn nicht an der ersten Tatörtlichkeit ein Ortsgebiet mit gesetzlicher Geschwindigkeitsbeschränkung und an der zweiten Tatörtlichkeit eine verordnete Geschwindigkeitsbeschränkung bestehen würde, lediglich eine Geschwindigkeitsüberschreitung resultieren würde, sah sich der Oö. Verwaltungssenat zu einer entsprechenden Strafreduzierung veranlasst. Unter Zugrundelegung der geschätzten und vom Bw nicht bestrittenen sozialen und wirtschaftlichen Situation werden auch die nun bemessenen Strafen den Strafzwecken gerecht. Mit den neu festgesetzten Strafen werden die Strafrahmen zu jeweils rund 10 % ausgeschöpft und hält der Oö. Verwaltungssenat eine weitere Strafreduzierung aus präventiven Gründen nicht für vertretbar. In diesem Zusammenhang muss auch auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde zum Unrechtsgehalt insofern hingewiesen werden, als hohe Fahrgeschwindigkeiten immer wieder Ursache zum Teil schwerwiegender Verkehrsunfälle sind.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 
II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 
 

Dr. F r a g n e r

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