Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160357/6/Kof/He

Linz, 05.04.2005

 

 

 VwSen-160357/6/Kof/He Linz, am 5.April 2005

DVR.0690392
 

 
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Dr. WM gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 31.1.2005, S-20893/04, wegen Übertretung des
§ 52 lit.a Z10a StVO, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 1.4.2005 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat
20 % der verhängten Geldstrafe zu zahlen.

 

Der Berufungswerber hat somit zu entrichten:

46,80 Euro

 

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt 18 Stunden.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG.

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.
 
 
 
 
 

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis wie folgt erlassen:

"Sie haben am 27.4.2004 um 17.16 Uhr in Linz, auf der A7, RFB Nord. Km. 4,45 (Baustellenbereich), stadteinwärts das Kfz, Kz. L-....., gelenkt und die durch Verbotszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h überschritten,
da die Fahrgeschwindigkeit 76 km/h betrug, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt und die gesetzliche Verkehrsfehlergrenze bereits abgezogen wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 52 lit.a Z10a StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

36 Euro

18 Stunden

§ 99 Abs.3 lit.a StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

3,60 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet).

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/.....) beträgt daher 39,60 Euro."

Der Bw hat gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist nachfolgende begründete Berufung vom 17.2.2005 eingebracht:

 

"Mit dem gegenständlichen Straferkenntnis wird ein Verstoß gegen
Art.6 Abs.1 EMRK verwirklicht.

Obwohl nicht ausdrücklich erwähnt, umfasst Art.6 EMRK auch das Recht zu schweigen und das Recht sich nicht selbst zu belasten. Dem gegenständlichen Strafverfahren war eine mit Strafdrohung bewertete Aufforderung gemäß
§ 103 Abs.2 KFG vorausgegangen, den Lenker bekannt zu geben, der meinen Pkw am 27.04.2004 in Linz auf der A7 lenkte.

Dieser gesetzlichen Verpflichtung entsprach ich.

Das nunmehrige Straferkenntnis beruht auf dem gegen mich ausgeübten Zwang anzugeben, wer mein Fahrzeug lenkte und verstößt damit gegen das Verbot der Selbstbelastung, welches durch Art.6 EMRK geschützt ist. Zuletzt hat der EGMR (Weh v Österreich, 38544/97, Urteil vom 08.07.2004) ausgesprochen, dass in den Verfahren nach § 103 KFG kein Verstoß gegen das Konventionsrecht verwirklicht wird, weil es sich bei dem Verfahren nach § 103 KFG nicht um ein strafrechtliches Verfahren handelt.

Gegenständlich sind die Umstände insoferne anders, als mir eine unter Strafdrohung abverlangte Information (Lenkereigenschaft), die ich wahrheitsgemäß abgab, nunmehr gegen mich verwendet wird.

Die EMRK ist Bestandteil der österreichischen Bundesverfassung, dementsprechend von der angerufenen Berufungsbehörde auch anzuwenden."

 

Der Bw ist selbständiger Rechtsanwalt.

Am 1.4.2005 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher ein Vertreter des Bw (Mitarbeiter in dessen Rechtsanwaltskanzlei) teilgenommen hat.

 

Dieser hat nachfolgende Stellungnahme abgegeben:

" Ich verweise auf meine Berufung vom 17.2.2005.

Das erstinstanzliche Straferkenntnis beruht auf einer MRK-widrigen Bestimmung

Dieses Straferkenntnis verstößt gegen das "Verbot der Selbstbelastung" und widerspricht somit Art.6 MRK.

Nach einer verfassungskonformen Interpretation ist im gegenständlichen Fall eine Bestrafung rechts- bzw. verfassungswidrig."

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied § 51c VStG) erwogen:

 

Der Bw hat im gesamten Stadium des Verfahrens - Einspruch gegen die Strafverfügung, Berufung gegen das Straferkenntnis sowie bei der UVS-Verhandlung - nicht bestritten, dass er zur Tatzeit und am Tatort ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kfz gelenkt und dabei die dort erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 16 km/h überschritten hat.

Auch die Strafhöhe bzw. Strafbemessung wurde vom Bw nicht bekämpft.

 

Sowohl hinsichtlich des Schuldspruchs, als auch der Strafbemessung wird daher auf die zutreffende Begründung im erstinstanzlichen Straferkenntnis verwiesen;
ein derartiger Verweis ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zulässig - siehe die in Walter-Thienel, Band I, 2. Auflage, E48, E58 und E60 zu § 60 AVG (Seite 1049ff) zitierten VwGH-Entscheidungen.

 

Obendrein beträgt die verhängte Geldstrafe (36 Euro) nur 5 % der möglichen Höchststrafe (= 726 Euro gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO) und ist auch aus diesem Grund keineswegs als überhöht zu bezeichnen.

 

Betreffend das Vorbringen des Bw, das erstinstanzliche Straferkenntnis sei
verfassungs-(MRK-)widrig, wird insbesondere auf das Erkenntnis

 

Beide Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts führen darin im Ergebnis aus, dass § 103 Abs.2 KFG - diese Bestimmung läuft auf eine dem Anklageprinzip widersprechende Verpflichtung zur Selbstbeschuldigung hinaus - keine Verletzung des Art.90 Abs.2 B-VG bzw. des Art. 6 MRK bedeutet!

 

Weiters wird auf die - dem § 103 Abs.2 letzter Satz KFG nachgebildete - Verfassungsbestimmung des § 5 Abs.9 Schifffahrtsgesetz verwiesen.

Die den Schiffsführer (im Schifffahrtsrecht) bzw. den Zulassungsbesitzer eines KFZ (im Straßenverkehrsrecht) treffende Auskunftsverpflichtung ist an all jenen Verfassungsvorschriften nicht messbar, welche Auskunftsverweigerungsrechte beinhalten.

Es sind dies das Anklageprinzip des Art 90 Abs.2 B-VG, Art 6 MRK sowie in bestimmten Konstellationen auch Art 8 MRK;

siehe dazu ausführlich die Habilitationsschrift von Gerhard Muzak - Binnenschifffahrtsrecht (2004) Seite 243 f insbes. FN 1103 bis 1106 mit zahlreichen Literatur- und Judikaturhinweisen.

 

Die Rechtsansicht des Bw , das erstinstanzliche Straferkenntnis sei
verfassungs-(MRK-)widrig, wird daher vom UVS nicht geteilt.

 

Es war somit die Berufung sowohl hinsichtlich des Schuldspruchs, als auch der verhängten Geldstrafe als unbegründet abzuweisen und das erstinstanzliche Straferkenntnis zu bestätigen.

 

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz
10 % (= 3,60 Euro) und für das Berufungsverfahren weitere 20 % (= 7,20 Euro) der verhängten Geldstrafe.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Kofler

Beschlagwortung:

Art.6 MRK

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehendeEntscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 02.11.2005, Zl.: B599/05-3

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