Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160435/8/Sch/Pe

Linz, 11.07.2005

 

 

 VwSen-160435/8/Sch/Pe Linz, am 11. Juli 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn G H vom 14. März 2005, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 28. Februar 2005, VerkR96-7718-2004-Ro, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 22. Juni 2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf acht Tage herabgesetzt werden.
  2.  

  3. Die Verfahrenskosten erster Instanz ermäßigen sich auf 80 Euro; für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 28. Februar 2005, VerkR96-7718-2004-Ro, wurde über Herrn G H, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.200 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Tagen verhängt, weil er am 14. Oktober 2004 um ca. 20.30 Uhr den Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen im Gemeindegebiet von Altheim auf der B 148, auf Höhe Stadtplatz, gelenkt habe und sich heibei in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand (Diazepam positiv, Desmethyldiazepam positiv und Morphin mit 0,042 mg/L positiv) befunden habe. Weiters wurde er gemäß § 5a StVO 1960 verpflichtet die Kosten der Blutuntersuchung durch das gerichtsmedizinische Institut Salzburg in Höhe von 550 Euro und die Kosten für den Drogentest durch Herrn Dr. XX in Höhe von 200 Euro selbst zu tragen.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 120 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Dem angefochtenen Straferkenntnis lag Folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Der Berufungswerber lenkte laut Anzeige eines Organes des Gendarmeriepostenkommandos Altheim am 14. Oktober 2004 in Altheim einen Pkw und wurde dabei von Beamten dieser Dienststelle festgestellt, dass er beim Einparken ein daneben parkendes Fahrzeug fast gestreift hätte. Beim Aussteigen habe der Berufungswerber Schwierigkeiten beim Gehen gehabt. Bei der anschließenden Lenkerkontrolle wurde eine Alkomatuntersuchung durchgeführt, die ein negatives Ergebnis erbrachte. Allerdings ergab der in der Folge durchgeführte Drogenschnelltest ein positives Ergebnis auf Morphium. Sohin wurde der Berufungswerber einer klinischen Untersuchung samt Blutabnahme durch den Gemeindearzt Dr. E zugeführt. Dieser kommt in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass der Berufungswerber beeinträchtig und nicht fahrfähig aufgrund eingenommener Medikamente gewesen sei. Als Medikament ist im Gutachten Tramal angeführt, nach der Aktenlage können diese Angaben nur vom Berufungswerber gestammt haben.

 

Die erwähnte Blutprobe wurde im gerichtsmedizinischen Institut Salzburg einer chemisch-toxikologischen Untersuchung unterzogen. Der Gutacher stellt in seiner Expertise vom 11. November 2004 Folgendes fest:

"Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Herr H neben einer diazepamhaltigen Zeubereitung (vermutlich Valium und/oder Gewacalm) auch ein morphinhaltiges Präparat (vermutlich Substitol) zu sich genommen und danach aktiv am Straßenverkehr teilgenommen hatte. Die sedierende Wirkung der Opiate zeigt sich in reduzierter geistiger Aktivität, in Konzentrationsschwäche, Apathie und Schläfrigkeit, in leichter Benommenheit, Gleichgültigkeit gegenüber Außenreize und Verlängerung der Reaktionszeit. Bei chronischem Missbrauch kann sich eine Wesensveränderung, das sogenannte ‚amotivationale Syndrom' mit Interessens- und Aktivitätsverlust einstellen und es können Gleichgültigkeit und psychomotorische Verlangsamung beobachtet werden. Die vom Exekutivbeamten festgestellten physischen und psychomotorischen Ausfallserscheinungen gehen zwanglos mit den durchgeführten chemisch-toxikologischen Untersuchungen der Blutprobe einher. Es ist somit festzustellen, dass sich Herr H zum Zeitpunkt der Blutprobenerhebung unter der berauschenden Wirkung des Opiats Morphin in Kombination mit den Tranquillizern Diazepam und Desmethyldiazepam befand. Somit war Herr H nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug mit der notwendigen Sicherheit und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr zu bewegen. Seine Fahrtüchtigkeit zum Vorfallszeitpunkt war somit nicht mehr gegeben. Aufgrund der Tatsache, dass Herr H neben einem opiathaltigen Präparat auch ein diazepamhaltiges Medikament zu sich nimmt, zentral wirksame Medikamentenwirkstoffe also, die sich in ihrer Wirkung noch dazu gegenseitig verstärken und danach aktiv im Straßenverkehr teilnimmt, empfehlen wir die Überprüfung seiner Fahreignung (Fahrtauglichkeit) durch die entsprechende Behörde."

 

Die Amtsärztin der Erstbehörde hat im Rahmen des Verfahrens folgende gutachterliche Äußerung, datiert mit 10. Jänner 2005, abgegeben:

"Es ist ha. bekannt, dass Herr H bis zumindest Mai 2004 opiatabhängig war und er bis dahin eine Substitutionstherapie erhielt (Substitol 120 mg täglich). Seither wurde hieramtlich kein Suchtmitteldauerrezept mehr vidiert und eine Entgiftungs- bzw. Entzugstherapie wurde bisher hieramtlich nicht bestätigt. Weiterihn ist bei dem Genannten ein wiederholter Benzodiazepinmissbrauch bekannt, wobei im letzten amtsärztlichen Gutachten nach FSG-GV (14.4.2004) - wegen einer entsprechenden fachärztlichen Stellungnahme - festgehalten wurde, dass der Obgenannte nur unter der Bedingung der zukünftigen Suchtmittelabstinenz geeignet ist Kraftfahrzeuge zu lenken. Statt dessen leidet der Genannte laut eigenen Angaben unter einer Borreliose. Diese Erkrankung wurde schon im Juli 2004 heriamtlich angegeben und laut Herrn H antibiotisch und mit Vitamin B sowie Schmerzmitteln bekämpft. Laut seinen eigenen Angaben wurde diese Schmerzmittel - Tramal Tabletten - nur bis 13. Juli 2004 eingenommen. Die Diagnose Borreliose ist bisher nie laborchemisch oder internistisch bestätigt worden. Diese Krankheit wird in drei Stadien eingeteilt, mit möglichen Schmerzen bei fortgeschrittener Erkrankung. In welchem Stadium der Borreliose sich Herr Hofbauer befindet, ist hieramtlich nicht bekannt. Bekannt ist jedoch, dass er mit Antibiotika gegen diese Erkrankung schon im Juni und Juli 2004 behandelt wurde, die unter normalen Umständen dann ausheilt. Somit ist es unerklärlich warum Herr H eine analgetische Behandlung mit einem an der untersten Stufe stehenden Morphin benötigt. Noch dazu hat dieses Analgetikum bei bekannter Opiatabhängigkeit eine Abhängigkeitspotenz und sollte nur sehr kurz und nur unter strengsten ärztlichen Kontrollen verschrieben werden! Eine Einnahme scheint aber schon seit Mai 2004 zu bestehen! Die erwiesene Benzodiazepineeinnahme kann nicht durch die Borreliose erklärt werden. Dieses Mittel wird als Schlafmittel oder Beruhigungsmittel (bei Angst- und Spannungszuständen) eingesetzt. Bei Herrn H besteht aber ein seit längerem bekannter Benzodiazepinmissbrauch und er muss für die gesundheitliche Eignung Kraftfahrzeuge zu lenken eine Abstinenz desselben bedingungslos einhalten! Der vorschreibende praktische Arzt ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darüber informiert, dass Herr H opiatabhängig war (ist) und das von ihm rezeptierte (bisher nicht bestätigt) morphinhältige Tramal in diesem Zusammenhang nicht über einen längeren Zeitraum und nur unter strengster ärztlicher Kontrolle eingenommen werden darf. Die Beeinträchtigung des Herrn H durch die Tramaleinnahme kann nur nach Beibringung einer ärztlichen bzw. fachärztlichen Befundung erklärt werden. Dabei sollte ein Nachweis der Borreliose durch einen Facharzt mit Stadieneinteilung derselben erfolgen, außerdem der Blutlaborbefund der diagnostizierten Borreliose, sowie eine Begründung für das nötige Analgetikum durch den verschreibenden Arzt. Die Benzodiazepineeinnahme kann durch keinerlei medikamentöse Verschreibung durch den Arzt erklärt werden, sodass hier von einer Suchtgiftbeeinträchtigung ohne ärztliche Verschreibung ausgegangen wird."

 

Im Akt findet sich auch das Gutachten Dris. M K vom 24. Jänner 2005, den behandelnden Arzt des Berufungswerbers. Demnach leide der Berufungswerber an den Folgen einer akuten Borreliose in Kombination mit einer CMV-Infektion). Die Behandlung habe eine stärkere analgetische Komponente (opiathaltiges Schmerzmittel) sowie ein Medikament der Benzodiazepine zur Linderung der Schlafstörung erfordert).

 

Die Amtsärztin geht in ihrem Gutachten vom 7. Februar 2005 hierauf ein und führt Nachstehendes aus:

"Auch nach Kenntnisnahme des Gutachtens des praktischen Arztes Dr. K kann von amtsärztlicher Seite nicht erklärt werden, ob die Beeinträchtigung des Herrn H durch eine ärztliche Verschreibung oder ohne eine solche erfolgt ist:

  1. Herr H ist opiatabhängig. Der Abbruch seiner Opiatersatzbehandlung (-Substitol-) erfolgte ohne Kenntnis der Bezirkshauptmannschaft bzw. der Drogenkoordinationsstelle.

  1. Bei Herrn H ist ein Benzodiazepinmisschrauch bekannt.

 

Im Rahmen der eingangs angeführten Berufungsverhandlung wurde die Amtsärztin wiederum zu einer gutachterlichen Äußerung eingeladen. Diese hat hiebei die schon erwähnten Gutachten eingehend erläutert und wurde neuerlich ausgeführt, dass weder Morphin noch Benzodiazepine sich aus dem vom Berufungswerber bei der amtsärztlichen Untersuchung Dris. E angegebenen Mittel, nämlich Tramal, erklären lassen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Die Verantwortung des Berufungswerbers geht im Wesentlichen dahin, er habe nur jene Mittel eingenommen, die ihm ärztlicherseits verschrieben worden seien. Er habe sich zum Lenkzeitpunkt jedenfalls nicht in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand befunden.

 

Nach der gegebenen Beweislage ist dieses Vorbringen allerdings als widerlegt zu betrachten. Sämtliche Beweismittel, also angefangen bei der Beschreibung des Zustandes des Berufungswerbers durch die Gendarmeriebeamten in der Anzeige bis hin zu den oben erwähnten Gutachten, wird das Gegenteil gestützt, nämlich eine aufgrund Suchtmittelkonsums gegeben gewesene Fahruntauglichkeit des Berufungswerbers zum Vorfallzeitpunkt. Nicht für den Berufungswerber spricht auch die Tatsache, dass er weder den einschreitenden Gendarmeriebeamten gegenüber noch dem Gemeindearzt, der die klinische Untersuchung durchgeführt hat, hiebei mit der Ausnahme von Tramal, irgendwelche Angaben über eingenommene Medikamente gemacht hat. Erst zu einem späteren Zeitpunkt, in der Rechtfertigung im Verwaltungsstrafverfahren, wurde das ärztliche Gutachten Dris. K mit selbigen Datum vorgelegt. Der Rechtsmittelwerber konnte auch bei der Berufungsverhandlung nicht schlüssig erklären, warum er sich mit seinen Angaben gegenüber dem untersuchenden Gemeindearzt so zurückgehalten hat, weshalb der Schluss naheliegend ist, dass er bewusst keine Angaben über, nach der Beweislage erfolgte, eingenommene weitere Mittel gemacht hat.

 

Die Amtsärztin hat, wie aus zwei vorgelegten Dauerverschreibungen ersichtlich ist, im April bzw. Mai 2003 diese vidiert. Darin geht es um die Verschreibung des Schmerzmittels Vendal. Abgesehen davon, dass diese Dauerverschreibungen lediglich einen Monat Gültigkeit hatten, spielen sie in Zusammenhang mit dem Vorfallszeitpunkt, nämlich dem 14. Oktober 2004 ohnedies keine Rolle mehr. Dabei darf auch keinesfalls vermengt werden, dass eine Verschreibung solcher Mittel keine Aussagen über die Fahrtauglichkeit einer Person machen können. Heibei geht es bekanntlich nur darum, ob jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Kraftfahrzeug sicher zu beherrschen vermag. Selbst wenn also Medikamente verschrieben sein sollten, die Suchtmittelsubstanzen enthalten, bedeutet dies nicht, dass die betreffende Person diese Mittel einnehmen dürfte ohne sich um deren mögliche Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit kümmern zu müssen. Auch wenn solche Mittel im therapeutisch indizierten Bereich eingenommen werden, heißt das nicht, dass damit auch zwingend noch die Fahrtauglichkeit einer Person verbunden sein muss. Im Sinne des Schutzzweckes des § 5 Abs.1 StVO 1960 vermag die Berufungsbehörde auch nicht zu erkennen, welchen Unterschied es machen sollte, ob ein Fahrzeuglenker fahruntauglich ist aufgrund "legaler" suchtmittelhältiger Substanzen oder Ersatzmittel, also solcher, die ihm ärztlicherseits verschrieben wurden, und solcher, die er sich sonst wie beigeschafft hat.

 

Das von der Erstbehörde und auch vom Oö. Verwaltungssenat abgeführte Beweisverfahren hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt, nämlich die Frage, ob der Berufungswerber zum Vorfallszeitpunkt aufgrund Suchtmittelkonsums fahruntauglich gewesen ist, hinreichend beantwortet, weshalb weitere Beweisaufnahmen unterbleiben konnten.

 

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 beträgt der Strafrahmen für das Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand von 581 Euro bis 3.633 Euro bzw. Freiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen.

 

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 1.200 Euro beträgt sohin mehr als das Doppelte der gesetzlichen Mindeststrafe. Hinsichtlich der von der Erstbehörde noch als erschwerend zu werten gewesenen einschlägigen Vormerkung ist zudem zwischenzeitig Tilgung im Sinne des § 55 VStG eingetreten. Zu berücksichtigen war auch, dass der Berufungswerber entgegen der Schätzung der Erstbehörde im Ausmaß von 2.000 Euro lediglich laut glaubwürdigen Angaben über eine Notstandshilfe von monatlich rund 470 Euro verfügt.

 

Es erschien daher geboten, die Verwaltungsstrafe diesen Erwägungen entsprechend mit 800 Euro festzusetzen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Die Vorschreibung der Kosten für die Drogenuntersuchung, die Blutabnahme und die Blutuntersuchung sind gemäß § 5a StVO 1960 in Anbetracht der festgestellten Suchtgiftbeeinträchtigung des Berufungswerbers von diesem zu tragen. Sie entsprechen in ihrer Höhe den §§ 43 und 47 Gebührenanspruchgesetz, BGBl. Nr. 136/1975 idgF.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

Beachte: Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt. VwGH vom 27.01.2006, Zl.: 2005/02/0318-5

 
 

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