Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160445/3/Br/Wü

Linz, 27.04.2005

 

 

 VwSen-160445/3/Br/Wü Linz, am 27. April 2005

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J K, vertreten durch Rechtsanwalt D. K M, W, A, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7.3.2005, Zl. VerkR96-1484-2005, nach der am 27. April 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid vom 7. März 2005 wird dahingehend abgeändert, dass dem Antrag vom 24.2.2005 entsprochen und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt wird;

der gleichzeitig erhobene Einspruch gegen die Strafverfügung vom 21. Jänner 2005 (gleiche Aktenzahl) gilt demnach als rechtzeitig eingebracht.

 

Rechtsgrundlage:

 

§ 66 Abs.4 iVm § 71 Abs.1 Z1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr.51, idF BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 49 Abs.2, § 51 Abs.1 und
§ 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.
 
 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz verhängte mit der Strafverfügung vom 21. Jänner 2005 wider den Berufungswerber wegen einer Übertretung des KFG (Überladung eines Lkw) eine Geldstrafe von 140 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden und mangelhafter Sicherung der Ladung eine Geldstrafe von 150 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 63 Stunden.

 

1.1. Diese Strafverfügung wurde für dem zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertretenen Berufungswerber per RSa-Sendung am 25.1.2005 (eigenhändige Übernahme) zugestellt.

 

2. Mit dem am 9.2.2005 seitens des Rechtsvertreters der Post zur Beförderung übergebenen Schriftsatz wurde Einspruch erhoben.

Mit Schreiben vom 15.2.2005 erteilte die Behörde erster Instanz dem Berufungswerber einen Verspätungsvorhalt hinsichtlich der offenkundig um einen Tag verspätet erhobenen Berufung. Es wurde ihm eine Frist für die Erstattung einer Stellungnahme von zwei Wochen eröffnet.

 

2.1. Der Berufungswerber stellte folglich am 24.2.2005 den hier verfahrensgegenständlichen Antrag unter Wiederholung des Einspruches. Dieser wurde am 25.2.2005 per Fax an die Behörde erster Instanz weitergeleitet und an diesem Tag mit dem dortigen Eingangsstempel versehen.

Unter Beischluss einer eidesstattlichen Erklärung seiner Kanzleikraft S B, wurden die zum Irrtum in der Datumsvormerkung führenden Umstände dargelegt. Konkret wurden diese damit begründet, dass unmittelbar nach Eingang der per Fax übermittelten Strafverfügung des Berufungswerbers (mit 25.1.2005), mit einem anderen Klienten geführten Telefonates und eines in diesem Zusammenhang zu übersendenden Schriftstückes mit 26.1.2005 zu datieren gewesen wäre, zu einer Verwechslung des Datums gekommen sei. Dies führte in der Folge seitens der Kanzleikraft zur irrtümlichen Fristvormerkung auf Basis des Datums des zuletzt genannten Schreibens.

Dieser Irrtum habe dem ausgewiesenen Rechtsvertreter in der Folge nicht mehr auffallen können. Der Rechtsvertreter verweist abschließend auf die Zuverlässigkeit seiner Kanzleikraft und beantragt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

 

2.2. Die Erstbehörde wies den Wiedereinsetzungsantrag im Ergebnis mit der Begründung ab, dass bei ordnungsgemäßer Organisation einer Anwaltskanzlei derartiges eben nicht passieren hätte dürfen. Insbesondere ist die Rede von der Vermeidung "auffallend sorglosen Handelns," wodurch der Verkehr mit Gerichten und Behörden und die Einhaltung von Terminen und Fristen nicht außer Acht gelassen werden dürfe. Ausführlich werden seitens der Behörde erster Instanz Falldarstellungen ausgeführt, welche einerseits eine Wiedereinsetzung rechtfertigen, bzw. ein bloß geringfügiges Verschulden annehmen lassen, andererseits welche ein solches nicht darstellten. Dieser, in offenkundiger Verwechslung eines Datums unterlaufene Fehler bei der Fristvormerkung, wurde nicht als bloß geringfügiges Versehen gewertet.

 

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ist somit gegeben. Dieser hat, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung schien hier zwecks unmittelbarer Anhörung der Kanzleikraft, Frau B, geboten (§ 51e Abs.1 VStG). Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde die Kanzleikraft zeugenschaftlich einvernommen. Das zur Veranschaulichung vorgelegte Vormerkblatt wurde als Beilage 1 zum Akt genommen. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm trotz der von ihr für den Fall der Durchführung einer Berufungsverhandlung gewünschten Verständigung an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

3.1. Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers führte, wie bereits in der fristgerecht erhobenen Berufung gegen den angefochtenen Bescheid, im Wesentlichen wie bereits dort vorgetragen aus. Es wurde im Ergebnis nochmals hervorgehoben, dass dort wo gearbeitet werde auch solche Verwechslungen einfach vorkommen könnten, was hier ein falsches Datum für die Fristfestelegung nach sich gezogen habe. Diese konkreten Umstände des Falles ließen daher das bloße Vorliegen einer entschuldbaren Fehlleistung erkennen.

Diese Darstellung wurde durch die zeugenschaftlichen Angaben der Kanzleiangestellten S B gestützt. Ergänzend wurde ein von der Kanzlei des Berufungswerbers zur Veranschaulichung ein für die Fristkoordinierung verwendetes Tabellenblatt vorgelegt. Dazu wurde von der Zeugin erklärend ausgeführt, dass ein solches jeweils ausgedruckt werde und mit den Akten, in welche die Termine auch noch mit einem Aufkleber sichtbar gemacht werden, dem Rechtsanwalt vorgelegt werden. Von diesem werden dann die so festgesetzten Termine auf ihre Richtigkeit überprüft. Aus diesem Grund wurde auch der im anwaltlichen Handakt angebrachte Klebezettel entsprechend gestaltet, was es dem Rechtsanwalt verunmöglichte diesen Irrtum im Rahmen seiner Überprüfung noch festzustellen.

Die Zeugin erklärte abschließend, dass ihr ein solches Versehen bislang nicht unterlaufen ist.

Dem unabhängigen Verwaltungssenat erscheinen diese Angaben als gut nachvollziehbar und daher glaubwürdig. Ein derartiger, sich in Form einer Verwechslung von zwei Daten gestaltender Irrtum muss angesichts der geschilderten Situation als typischer Fall eines Versehens, wie er jedem auch noch so auf Sorgfältigkeit bedachten Menschen einmal unterlaufen kann, qualifiziert werden. Die durch Telefonate erfolgenden Durchbrechungen von Arbeitsabläufen sind bei lebensnaher Betrachtung als plausible Ursache für derartige Irrtümer nachvollziehbar.

 

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

 

4.1. Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn (§ 71 Abs.1 AVG):

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder......

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden (§ 71 Abs.2 AVG).

Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen (§ 71 Abs.3 AVG).

Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat (§ 71 Abs.4 AVG).

 

4.1.1. In dem hier plausibel dargelegten Fehler einer Kanzleikraft und in der Folge des Rechtsvertreters des Berufungswerbers selbst, welcher in einem an sich anzunehmen "eingespielten und effizient organisierten System" auf rein manipulatorischer Ebene unterlief, ist bei lebensnaher Sicht der alltäglichen Berufs- und Lebenspraxis als bekanntes Phänomen zu erachten, welches jedem Menschen und demnach auch im Organisationssystem einer Anwaltskanzlei vorkommen kann. Dies indiziert aus h. Sicht in typischer Weise lediglich ein auf einem minderen Grad des Versehens beruhendes Verschulden des Rechtsvertreters (vgl. unter vielen VwGH 29.9.1993, Zl. 93/03/0206, 29.9.1994, Zl.94/18/0526). Aus dem Umstand, dass hier dem Anwalt und der Kanzleikraft ein Fehler unterlaufen ist, kommt hier vielmehr die in jeder Routine gelegene Fehlerneigung als Form der menschlichen Unzulänglichkeit zum Ausdruck. Selbst mit den weitwendigen Ausführungen vermochte die Behörde erster Instanz eine wirklich sachlich nachvollziehbare Begründung, für eine nicht einmal von einer bloß minderen Grad eines Verschuldens der Kanzleikraft, nicht darzutun. Da letztlich im Zweifel zu Gunsten des Rechtsschutzes und nicht im Sinne dessen Verhinderung als Grundsatz gelten sollte, ist es unerfindlich dass sich hier die Behörde erster Instanz geradezu krampfhaft und mit unverhältnismäßigem Verfahrensaufwand (zwei Bescheide im Umfang von zehn Seiten) die Zulassung einer Sachentscheidung zu verhindern suchte.

Bei bloß automatischer und ohne wirkliche Würdigung des entsprechenden Vorbringens getätigter Verneinung der Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung würde dieses Rechtsinstitut im Ergebnis bloß als "leere Hülse" existieren und dem primären Zweck eines inhaltlichen Rechtsschutzes nicht gerecht werden können. Dem Vorbringen des Rechtsvertreters des Berufungswerbers kommt daher Recht zu.

 

4.1.2. Der Bescheid war daher ersatzlos aufzuheben, wobei hinzuweisen ist, dass gemäß des vorliegenden - als rechtzeitig zu wertenden - Einspruches, im Rahmen eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens das Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz durchzuführen sein wird.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 
 

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