Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160482/2/Bi/Be

Linz, 22.04.2005

 

 

 VwSen-160482/2/Bi/Be Linz, am 22. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn N R, vom 24. März 2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 8. März 2005, VerkR96-7498-2004, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 20 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 18 Abs.4 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 8. Oktober 2004 um 8.35 Uhr den Lastkraftwagen, auf der B156 zwischen StrKm 51.0 und 49.4 im Gemeindegebiet von Neukirchen in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt und als Lenker eines Kraftwagenzuges beim Nachfahren hinter einem Sattelkraftfahrzeug (Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen) nicht einen Abstand von 50 m eingehalten habe, obwohl der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen auf Freilandstraßen nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten habe. Der Abstand habe nur 33 m betragen.



Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 18,80 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs. Z3 Z3 VStG).

3. Der Bw macht unter Hinweis auf Mängel im erstinstanzlichen Verfahren geltend, der Meldungsleger möge eine maßstabsgetreue Skizze erstellen, aus der die Unmöglichkeit der Abstandmessung klar hervorgehe. Weder Ausbildung oder Schulung noch Erfahrung eines solchen Organes der Straßenaufsicht seien hilfreich, wenn Vorgänge aufgrund der örtlichen Verhältnisse und Geschehnisse nicht eingesehen werden könnten, um solche Feststellungen zu treffen. Die Erstinstanz habe kein Interesse an der Aufklärung des tatsächlichen Sachverhalts. Aus seiner Skizze ergebe sich klar, dass der Abstand vom Meldungsleger bis zur hinteren Kante des vor ihm fahrenden Lkw zumindest 72 m betragen habe. Aus einer solchen Entfernung könne der Ml unmöglich aus einem sich bewegenden Fahrzeug bei einem sich bewegenden Fahrzeug einen Abstand von 33 m erkennen, auch wenn das Straßenstück gerade sei. Auch die Leitpflöcke auf diesem Streckenabschnitt seien für ihn nicht sichtbar, zumal der Ml allein und auf der linken Seite des von ihm gelenkten Fahrzeuges gewesen sei. Auch das Argument des "scharfen Schattens der Vormittagssonne" sei unglaubwürdig. Aufgrund der Sommerzeit am 8. Oktober 2004 um 8.35 Uhr sei es nach der Sonne erst 7.35 Uhr und es sei die Morgensonne gewesen, die im Oktober keine scharfen Schatten werfen könne. Er sei in Richtung Süden gefahren, daher seien die Schatten rechts gewesen. Er beantrage die Erstellung eines Zeit-Weg-Diagrammes durch einen technischen SV und die Überprüfung eines möglichen Sonnenstandes sowie die Möglichkeit "scharfer Schatten".

Der Ml behaupte, es habe sich bereits eine Fahrzeugkolonne gebildet, sage aber, er sei auf ein Silofahrzeug und einen dahinter fahrenden Lkw aufgefahren. Wenn sich aber nach seiner Aussage aufgrund des Sicherheitsabstandes zwischen den beiden Fahrzeugen bereits eine Kolonne gebildet gehabt habe, müsse der Ml auf die Kolonne aufgefahren sein. Wo, wie und aus wie vielen Fahrzeugen sich diese gebildet habe, möge der Ml befragt werden, zumal dann dessen Zeitangaben unrichtig seien, wenn sich die Kolonne später als 8.35 Uhr gebildet habe. Der Ml möge seine "Primäraufzeichnungen" vorlegen, in denen die genaue Tatzeit und das Kennzeichen des vor dem Bw fahrenden Lkw angeführt sein müssen. Außerdem möge die Behörde Marke, Type und Art dieses Lkw feststellen. Ein AmtsSV möge diesen Sachverhalt prüfen und ein Zeit-Weg-Diagramm sowie eine maßstabsgetreue Skizze erstellen, in der auch der Sonnenstand und der Schattenwurf berücksichtigt


werden mögen. Er habe keinen zu geringen Abstand eingehalten und beantrage daher Verfahrenseinstellung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass laut Anzeige des Meldungslegers GI A (Ml) der Bw als Lenker des Lkw (D) samt Anhänger (D) auf der B156 zwischen km 51.0 und 49.4 am 8. Oktober 2004, 8.35 Uhr, in FR Salzburg beim Nachfahren hinter einem Sattelkraftfahrzeug, nämlich einem Silotransporter, einen Abstand von, nicht wie vorgeschrieben 50 m, sondern nur von 33 m eingehalten habe, dem Abstand zwischen zwei Leitpflöcken. Der Ml sei mit 60 km/h hinter den beiden Fahrzeugen hergefahren. Im genannten Bereich zwischen km 51.0 und 49.4 sei über die gesamte Entfernung sehr gut ersichtlich gewesen, dass der Abstand so gering gewesen sei. Bei km 49.4 habe der Ml den Lkw des Bw überholt und habe diesen bei km 44.2 angehalten. Der Bw habe den geringen Abstand nicht eingesehen.

In seiner unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB gemachten Zeugenaussage vom 7. Februar 2004 bestätigte der Ml, er sei auf das Silofahrzeug und den dahinter fahrenden Kraftwagenzug des Bw aufgefahren. Durch die tiefer stehende Vormittagssonne, die einen scharfen Schatten auf das Bankett geworfen habe, sei der nur 33 m betragende Abstand anhand der Leitpflöcke erkennbar gewesen. Er sei so groß gewesen wie die Entfernung zwischen zwei Leitpflöcken. Wegen des geringen Abstandes habe sich bereits eine Kolonne gebildet und er habe dann bei km 49.4 den Lkw überholt.

Der Bw hat im erstinstanzlichen Verfahren ein Radarfoto verlangt, bestritten, dass es sich um ein Silofahrzeug gehandelt habe - es sei ein PlanenLkw gewesen - und eine maßstabsgetreue Ortsskizze samt Standort der Fahrzeug, der Sonne und des genauen Abstandes der Leitpflöcke verlangt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt in freier Beweiswürdigung zur Auffassung, dass die Zeugenaussage des Ml insofern nachvollziehbar ist, als der Bw grundsätzlich nicht bestritten hat, dass er als Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen auf ein ebensolches aufgeschlossen hat. Die Nachfahrstrecke des Ml betrug 1,6 km, wobei er nach eigenen Angaben 60 km/h auf der geraden Strecke eingehalten hat. Dass die Sonne um diese Zeit tiefer steht, ist eine Tatsache; ebenso dass sie Schatten wirft, die je nach Größe des von ihr bestrahlten Fahrzeuges größer sind. Die Größe der beiden hintereinander fahrenden Lkw ist dabei sicher zu sehen, egal, wie "scharf" ihr Schatten ist. Abgesehen davon handelt es sich bei Abstandschätzungen eben um Schätzungen und nicht um Messungen, wobei auch dem Lenker eines zur Einhaltung der Abstandsbestimmungen verpflichtenden


Fahrzeuges nichts anderes als eine Schätzung übrigbleibt, weil auch er keine Möglichkeit für "Messungen" hat.

Je nach Nachfahrabstand des vom Ml gelenkten Pkw ist ihm nach der allgemeinen Lebenserfahrung sehr wohl möglich, diese Schatten vom Lenkerplatz eines Pkw aus zu sehen, zB wenn er auf seinem Fahrstreifen äußerst rechts fährt. Der Ml hat auch nie behauptet, er habe rechts die Leitpflöcke gesehen, sondern nur, er habe sich beim Abstandsschätzen am Abstand der Leitpflöcke orientiert. Leitpflöcke befinden sich auf einer Freilandstraße nicht nur rechts sondern auch links. Abgesehen davon fällt einem Pkw-Lenker der zu geringe Abstand auch auf, wenn er zu überholen beabsichtigt und sich entsprechend einordnet. Er hat sich nämlich vor Beginn eines Überholmanövers aus dieser Position zu vergewissern, ob ihm ein ordnungsgemäßes und gefahrloses Wiedereinordnen nach dem Überholen möglich wäre.

Die Schilderungen des Ml sind damit durchaus glaubhaft, wobei einem Gendarmeriebeamten bei Abstandsschätzungen auch entsprechende Übung und Erfahrung zuzubilligen ist, weil er im Hinblick auf die Wahrnehmung von Ereignissen im Verkehrsgeschehen sensibilisiert ist. Im Übrigen ergibt sich aus den Schilderungen des Ml auch, dass sich die Fahrzeugkolonne erst nach dem Aufschließen des Gendarmeriefahrzeuges auf die beiden Lkw gebildet hat, weil diese Wahrnehmung im Geschehensablauf erst vor dem Überholen des Ml erfolgt ist. Daraus ergibt sich aber auch, dass auch die dahinter befindlichen Pkw-Lenker ein Überholen nicht in Erwägung gezogen haben, weil ihnen offenbar ein solches selbst in Etappen wegen des zu geringen Abstandes zwischen den Lkw nicht möglich war. Hätte nämlich der Bw einen ausreichenden Abstand eingehalten, hätte nach der allgemeinen Lebenserfahrung bei 60 km/h der beiden vorne fahrenden Lkw sofort ein Fahrzeug aus der Kolonne zu überholen begonnen. Damit dürfte die Wahrnehmung des zu geringen Abstandes nicht nur vom Ml stammen. Ob nun ein Abstand, der "mindestens 50 m" betragen sollte, tatsächlich nur 33 m beträgt, ist ein wesentlicher Unterschied, den einzuschätzen einem Gendarmeriebeamten, der als Lenker eines Pkw jederzeit die Möglichkeit hat, seine Fahrposition hinsichtlich Nachfahrabstand und Fahrlinie so zu wählen, dass er ausreichende Sicht auf den Abstand zwischen den beiden vor ihm fahrenden Lkw hat, sehr wohl zuzubilligen ist.

Die Ausführungen des Ml sind damit nachvollziehbar und schlüssig, wobei die Ausführungen des Bw nicht ausreichen, diesbezüglich Zweifel zu erwecken. Dieser beschränkt sich im Wesentlichen auf geradezu sinnlose Anträge, wie zB ein Radarfoto vorzulegen, und "maßstabsgetreue Skizzen", mit denen vielleicht der Sonnenstand am 8. Oktober um 8.35 Uhr zu rekonstruieren sein könnte, die aber die tatsächliche vom Ml beanstandete Verkehrssituation nicht wiederzugeben in der Lage wären. Da es sich um Schätzungen handelt, sind auch Marke, Type und Art des vor dem vom Bw gelenkten Lkw-Zug fahrenden Fahrzeuges irrelevant - abgesehen davon hätte auch ein PlanenLkw größere Längsabmessungen. Welche "Primäraufzeichnungen" der Bw meint, geht aus seiner Argumentation nicht hervor und ist von solchen im Verfahrensakt nichts zu finden. Was die einzelnen Fahrzeuge in der Kolonne betrifft, hat deren Konkretisierung mit dem Tatvorwurf nichts zu tun, sodass dieses Berufungsvorbringen geradezu als mutwillig anzusehen ist. Die Einholung eines Gutachtens eines technischen Sachverständigen erübrigt sich auf der Grundlage der obigen Überlegungen, wobei auch die Erstellung eines Zeit-Weg-Diagrammes an den Wahrnehmungen des Ml nichts zu ändern vermag.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 18 Abs.4 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen (Lastfahrzeuge, Kraftwagenzüge, Omnibusse und dgl) auf Freilandstraßen nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten.

Der Zweck dieser Regelung besteht darin, den Lenkern kleinerer Fahrzeuge mit höherer erlaubter Höchstgeschwindigkeit ein ressourcenraubendes Nachfahren mit geringer Geschwindigkeit zu ersparen und ihnen ein gefahrloses Überholen in Etappen zu ermöglichen, um so Kolonnenbildung und damit sinnlose Verkehrsstaus zu verhindern.

Die vom Bw behaupteten Zweifel am Wahrheitsgehalt der Schilderungen des Meldungslegers vermag der Unabhängige Verwaltungssenat schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht zu teilen, sodass nach den oben dargelegten Überlegungen zur Beweiswürdigung davon auszugehen ist, dass der Bw einen wesentlich zu geringen Abstand, nämlich schätzungsweise 33 m, eingehalten hat. Damit hat er den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifelsfrei erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw als mildernd und nichts als erschwerend gewertet und die mit 1.200 Euro geschätzten finanziellen Verhältnisse des Bw zugrundegelegt, die dieser nicht bestritten hat.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessenspielraum in irgend einer Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens - die Voraussetzungen für eine Ermahnung gemäß § 21 VStG, nämlich geringfügiges Verschulden und mangelnde Folgen der Übertretung, lagen nicht vor - und halten general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 
 

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