Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160527/18/Zo/Jo VwSen160665/10/Zo/Jo

Linz, 08.11.2005

 

 

 

VwSen-160527/18/Zo/Jo

VwSen-160665/10/Zo/Jo Linz, am 8. November 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufungen des J E, geboren , vertreten durch Rechtsanwälte H, F, S und R, W, vom 22.04.2005 gegen das Straferkenntnis vom 07.04.2005, Zl. VerkR96-170-2005 sowie über die Berufung vom 29.06.2005 gegen das Straferkenntnis vom 14.06.2005, Zl. VerkR96-2830-2005, jeweils vom Bezirkshauptmann des Bezirkes Wels-Land zu Recht erkannt:

 

 

  1. Den Berufungen wird stattgegeben, die Straferkenntnisse aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem Straferkenntnis zu Zl. VerkR96-170-2005 wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 28.11.2004 gegen 17.30 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen WL- auf Straßen mit öffentlichem Verkehr in Wels und Thalheim gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz der hiefür erforderlichen Lenkberechtigung gewesen sei. Weiters habe er bei dieser Fahrt mehrere Übertretungen der StVO begangen.

Mit dem Straferkenntnis zu Zl. VerkR96-2830-2005 wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 15.04.2005 um 15.40 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen L- auf der A1 Westautobahn gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz einer Lenkberechtigung war.

In beiden Fällen wurden über den Berufungswerber Geldstrafen sowie entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen verhängt und er wurde zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages verpflichtet.

 

2. Dagegen richten sich die rechtzeitig eingebrachten Berufungen, in denen der Berufungswerber im Wesentlichen vorbringt, dass er die Verwaltungsübertretungen zwar begangen habe, diese aber nicht strafbar seien, weil er wegen einer krankhaften Störung seiner Geistestätigkeit das Unerlaubte der Tat nicht einsehen konnte und auch nicht in der Lage war, ordnungsgemäß zu handeln. Er leide an einer bipolaren affektiven Störung mit psychotischen Symptomen und befinde sich aufgrund dieser Krankheit seit April 2004 laufend in ärztlicher Behandlung. Er war auch bereits mehrfach in der psychiatrischen Anstalt in Wels bzw. im Wagner-Jauregg. Entsprechende psychiatrische Gutachten wurden im Verfahren vorgelegt. Es wurde daher die Einholung eines Gutachtens zur Zurechnungsfähigkeit des Berufungswerbers durch einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie beantragt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung eines fachärztlichen psychiatrischen Gutachtens über die Zurechnungsfähigkeit des Berufungswerbers am 28.11.2004 sowie am 15.04.2005.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 28.11.2004 gegen 17.30 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen WL- im Bereich von Wels und Thalheim auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, wobei er mehrere Übertretungen der StVO 1960 beging. Am 15.04.2005 lenkte er wiederum einen Pkw auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr. In beiden Fällen war er nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung.

 

Aufgrund des Berufungsvorbringens sowie der im Akt befindlichen psychiatrischen Stellungnahmen und Befunde war die Einholung eines Gutachtes zur Zurechnungsfähigkeit des Berufungswerbers an diesen beiden Tagen erforderlich. Das Gutachten des gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Psychiatrie, Prof. Dr. W L, vom 18.10.2005 ergibt zusammengefasst, dass beim Berufungswerber keine körperlich-neurologischen Auffälligkeiten bestehen sowie ein Alkohol- oder Substanzmittelmissbrauch weitgehend ausscheidet. Es besteht bei ihm eine sogenannte schizoaffektive Störung. Dabei handelt es sich um eine psychische Erkrankung, die sowohl manisch depressive wie auch schizophrene Krankheitssymptome beinhalten kann. Er war deswegen erstmals im April 2003 in der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg. Auch 2004 war er fünfmal im psychiatrischen Krankenhaus Wels, wobei er vom 22.09. bis 07.10.2004 dort untergebracht war. Der Berufungswerber war auch zum Untersuchungszeitpunkt am 12.10.2005 noch deutlich manisch verstimmt, aber völlig krankheitsuneinsichtig und lehnt jede Therapie ab. Aus psychiatrischer Sicht besteht kein Zweifel, dass er sowohl am 28.11.2004 als auch am 15.04.2005 zurechnungsunfähig war, d.h. für allfällige Verkehrsdelikte die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit nicht besaß.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 VStG ist nicht strafbar, wer zur Zeit der Tat wegen Bewusstseinsstörung, wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln.

 

5.2. Das oben angeführte Gutachten führt schlüssig und nachvollziehbar aus, dass der Berufungswerber zu den angeführten Zeiten wegen einer schizoaffektiven Störung nicht zurechnungsfähig war. Es ist damit sein Verschulden an den gegenständlichen Vorfällen ausgeschlossen, weshalb seiner Berufung stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

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