Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160534/7/Sch/Pe

Linz, 29.11.2005

 

 

 

VwSen-160534/7/Sch/Pe Linz, am 29. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn A G vom 3. Mai 2005, vertreten durch Rechtsanwalt Ing. Mag. K H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26. April 2005, VerkR96-4041-2004-BB, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) und des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 23. November 2005 zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 80,40 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26. April 2005, VerkR96-4041-2004-BB, wurde über Herrn A G, B, W, wegen Verwaltungsübertretungen zu 1) gemäß § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, zu 2) gemäß § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und zu 3) gemäß § 102 Abs.1 iVm § 36 lit.e iVm § 57a Abs.5 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafe zu 1) von 120 Euro, zu 2) von 210 Euro und zu 3) von 72 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen zu 1) von 48 Stunden, zu 2) von 72 Stunden und zu 3) von 36 Stunden verhängt, weil er am 8. August 2005 das einspurige Motorrad L3, Honda RC30, mit dem Kennzeichen ... gelenkt habe und dabei

  1. um 15.30 Uhr in der Gemeinde Feldkirchen a.d. Donau auf der B 127 bei Strkm. 19,600 in Fahrtrichtung Rohrbach die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h überschritten habe,
  2. um 15.25 Uhr in der Gemeinde Waldung auf der B 127 bei Strkm. 13,950 bei der Kreuzung mit der Waldinger Landesstraße in Fahrtrichtung Rohrbach trotz Rotlichtes der Verkehrslichtsignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten habe sondern weitergefahren sei, obwohl ein sicheres Anhalten möglich gewesen wäre und
  3. sich als Lenker, obwohl es ihm zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt habe, dass das von ihr verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen habe, da um 15.30 Uhr in der Gemeinde Herzogsdorf auf der B 127 bei Strkm. 22,100 in Fahrtrichtung Rohrbach festgestellt worden sei, dass am Kraftrad keine Begutachtungsplakette angebracht gewesen sei.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 40,20 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Zur Verjährungseinrede ist zu bemerken, dass die Erstbehörde bei ihren Verfolgungshandlungen Marke und Type des vom Berufungswerber verwendeten Motorrades nicht angeführt hat, dies war erstmals im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Fall ("Honda RC30"). Ohne Zweifel erfolgte diese nähere Umschreibung des Motorrades - es war allerdings schon vorher stets durch das Kennzeichen konkretisiert gewesen - außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist es § 31 Abs.2 VStG. Es kann von vornherein kein Zweifel bestehen, dass Marke und Type eines Fahrzeuges bei einem Tatvorwurf wie Nichtanhalten bei Rotlicht einer Verkehrsampel oder einer Geschwindigkeitsüberschreitung grundsätzlich ohne Bedeutung sind. Allenfalls könnte bei besonders gelagerten Fällen diese Konkretisierung eine Rolle spielen, wenn es gerade darauf ankäme. Prima facie wäre eine solcher Fall etwa dann denkbar, wenn, wie hier hinsichtlich Faktum 3., ein Motorrad in Verwendung war, das mit einem anderen - einer anderen Type - auf Wechselkennzeichen zugelassen ist.

 

Laut Tatvorwurf zu Faktum 3. des angefochtenen Straferkenntnisses war am damals vom Berufungswerber verwendeten Motorrad keine Begutachtungsplakette angebracht gewesen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde wäre aber auch hier Anführung von Marke und Type des Motorrades nicht zwingend zur Tatkonkretisierung erforderlich gewesen. Durch Tatzeit und Tatort sowie Kennzeichen sind die näheren Umstände so umschrieben, dass die theoretische Möglichkeit einer Doppelbestrafung von vornherein ausgeschlossen werden kann. Auch darf nicht angenommen werden, dass das andere Motorrad zur selben Zeit in Verwendung war, da ja nur eine Kennzeichentafel verfügbar war.

 

Unbeschadet dessen ist aber ohnedies zu bemerken, dass auch bezüglich Marke und Type des verwendeten Motorrades eine rechtzeitige Verfolgungshandlung mit diesen Merkmalen vorliegt. In der dem Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegenden Gendarmerieanzeige vom 8. August 2004 ist in der Rubrik "Fahrzeugdaten laut Anzeige" ausdrücklich "einspuriges Motorrad L3 Honda RC30" angeführt. Die weiteren Motorraddaten in der Anzeige beziehen sich ausdrücklich auf das Kennzeichenregister. Dort ist ersichtlich, dass das Kennzeichen ... als Wechselkennzeichen für zwei Motorräder (das zweite der Marke und Type Honda PC25) ausgegeben worden ist. Diese Gendarmerieanzeige ist dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers im Rahmen des Rechtes auf Parteiengehör als Aktenkopie am 19. Oktober 2004 (Vorfallzeitpunkt 8. August 2004) ausgehändigt worden.

 

Das Zurkenntnisbringen einer Anzeige mit den entsprechenden Sachverhaltselementen stellt eine taugliche Verfolgungshandlung dar (VwGH 29.5.1996, 96/03/0003).

 

Zur Sache selbst:

Anlässlich der eingangs erwähnten Berufungsverhandlung ist der Meldungsleger zeugenschaftlich ausführlich einvernommen worden. Auch wurden die beiden Tatörtlichkeiten (sowohl bezüglich Einfahren in eine Kreuzung bei Rotlicht als auch der Geschwindigkeitsüberschreitung) in Augenschein genommen.

 

Der Meldungsleger, ein erfahrener Gendarmerie(nunmehr Polizei-)beamter, hat bei seiner Einvernahme einen absolut glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Auch waren seine Angaben schlüssig und ohne weiteres nachvollziehbar. Demnach hat er im Gegenverkehr aus relativ geringer Entfernung wahrgenommen, wie sich ein Motorradfahrer - der nunmehrige Berufungswerber - der tatörtlichen Kreuzung angenähert hat. Der Beamte selbst ist mit seinem Dienstwagen noch bei grün blinkendem Licht in die Kreuzung eingefahren und richtete seine Aufmerksamkeit darauf, ob der entgegenkommende Motorradfahrer anhalten würde, da es ihm aufgrund der noch bestehenden Entfernung von der Kreuzung nicht möglich gewesen wäre, ebenfalls bei grün blinkendem Licht noch einzufahren. Der Meldungsleger verringerte also seine Fahrgeschwindigkeit und blickte, nachdem sich die beiden Fahrzeuge im Gegenverkehr passiert hatten, zurück auf die Verkehrsampel. Dabei konnte er, für die Berufungsbehörde völlig nachvollziehbar, einwandfrei feststellen, dass der Motorradfahrer eindeutig bei Rotlicht in die Kreuzung einfuhr. Hierauf hat der Beamte sein Fahrzeug gewendet und sei dem Berufungswerber nachgefahren. Es sei ihm allerdings erst in einiger Entfernung möglich gewesen, auf den Berufungswerber aufzuschließen. Dies sei letztlich deshalb möglich gewesen, da dieser auf ein vorausfahrendes Fahrzeug "aufgelaufen" sei. Dieses habe er dann in der Folge - ebenso wie der Zeuge - überholt und sei dann ein relativ gerades Straßenstück zu befahren gewesen (Vorfallsörtlichkeit zu Faktum 1.), wo er den Motorradfahrer unmittelbar vor sich gehabt habe. Trotz der vom Beamten schon eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit von etwa 130 km/h bzw. mehr, habe sich der Motorradfahrer noch weiter von ihm entfernt. Die Nachfahrt sei zudem mit Blaulicht und Folgetonhorn erfolgt, sodass es dem Zeugen unerklärlich war, weshalb der Berufungswerber hierauf überhaupt nicht reagiert habe. Anschließend sei die Anhaltung doch möglich gewesen und habe der Berufungswerber diesbezüglich angegeben, er habe das nachfahrende Gendarmeriefahrzeug nicht wahrgenommen und auch das Folgetonhorn nicht gehört.

 

Besonders hervorzuheben ist auch noch, dass nach den Angaben des Zeugen der Berufungswerber bei der Amtshandlung über Vorhalt beide Verkehrsdelikte eingestanden hat. Sohin hat er weder das Passieren der Kreuzung bei Rotlicht bestritten noch die ihm vorgehaltene Geschwindigkeitsüberschreitung um etwa 30 km/h.

 

Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass hinsichtlich des Inhaltes der beiden mit dem Meldungsleger im erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren aufgenommenen Niederschriften einerseits und dessen Angaben in der Berufungsverhandlung andererseits in Bezug auf Details des Ablaufes der Nachfahrt keine gänzliche Übereinstimmung besteht. Dieser Umstand ist aber weder für die Glaubwürdigkeit des Zeugen noch die Schlüssigkeit seiner Angaben von Belang (vgl. hiezu VwGH 29.1.1992, 91/02/0071).

 

Bei der Fahrzeugkontrolle wurde vom Meldungsleger auch noch festgestellt, dass sich am Motorrad keine Begutachtungsplakette befand. Dies begründete der Berufungswerber damit, dass er die Fahrzeuggabel erst kürzlich gewechselt habe bzw. habe lassen, weshalb sich noch keine Plakette hierauf befunden habe.

 

Angesichts der sich nunmehr darlegenden Beweislage besteht für die Berufungsbehörde kein Zweifel, dass sämtliche Tatvorwürfe gegen den Berufungswerber auch gerechtfertigt sind. Nach dem abgeführten Beweisverfahren (Berufungsverhandlung an Ort und Stelle mit ausführlicher Einvernahme des Meldungslegers als Zeugen) wird keine Veranlassung gesehen, weitere Beweisaufnahmen durchzuführen. Daher hält es die Berufungsbehörde auch für entbehrlich, noch Sachverständigengutachten einzuholen oder den Berufungswerber, der zur Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung im Wege seines Rechtsvertreters aus welchen Gründen auch immer nicht erschienen ist, bei einem weiteren Termin einzuvernehmen.

 

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Bezüglich Faktum 1., also der Geschwindigkeitsüberschreitung um etwa 30 km/h auf einer Freilandstraße, ist festzuhalten, dass solche Übertretungen immer wieder Ursache für gefährliche Verkehrssituationen darstellen. Auch wenn von einem Motorradfahrer in der Regel wohl nicht jenes Gefahrenpotenzial ausgehen kann, wie von einem Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, so können im Einzelfall durchaus Unfallfolgen für Dritte, etwa für andere Einspurige, gravierend sein.

 

Das Einfahren in eine Kreuzung trotz Rotlichts (Faktum 2.) birgt ein besonderes Gefahrenmoment in sich. Hierüber erscheinen weitergehende Erörterungen durch die Berufungsbehörde entbehrlich, da die Gründe dafür wohl jedem Verkehrsteilnehmer ohne weiteres einleuchten müssten.

 

Schließlich ist zur fehlenden Begutachtungsplakette (Faktum 3.) zu bemerken, dass der Schutzzweck dieser Bestimmung darin liegt, sogleich bei einer Kontrolle feststellen zu können, ob ein Fahrzeug zumindest augenscheinlich den Vorschriften entspricht oder nicht. Am Fahrzeug des Berufungswerbers war keine Plakette angebracht, sodass nicht einmal festgestellt werden konnte, ob das Fahrzeug überhaupt und wenn ja wann begutachtet worden ist.

 

Dazu kommt noch, dass bei allen drei Delikten wohl die Schuldform des zumindest bedingten Vorsatzes angenommen werden muss. Bei letzterem liegt dies von vornherein auf der Hand, da dem Berufungswerber ganz offenkundig bewusst war, dass am Fahrzeug keine Plakette angebracht war.

 

Massive Geschwindigkeitsüberschreitungen unterlaufen einem Fahrzeuglenker im Regelfall auch nicht mehr bloß fahrlässig, sondern werden aus welchen Gründen auch immer in Kauf genommen.

 

Bloße Fahrlässigkeit ist zudem in der Regel nicht mehr anzunehmen, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein Motorradlenker auf einer geraden und übersichtlichen Straßestrecke das Rotlicht einer Verkehrsampel ignoriert nachdem sich dieses wie üblich durch die zwei vorangegangenen Lichtsignale (grün blinken, Gelblicht) angekündigt hat. Reagiert ein Fahrzeuglenker im Vorfeld des Rotlichtes nicht, so ist die Annahme gerechtfertigt, dass er sich damit abgefunden hat, dann eben bei "Rot" die Kreuzung zu durchfahren.

 

Sohin erscheinen der Berufungsbehörde die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen bezüglich sämtlicher Delikte durchaus angemessen. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde hinreichend berücksichtigt, als erschwerend hätte der Umstand gewertet werden können, dass der Berufungswerber bei der verfahrensgegenständlichen Fahrt gleich drei Delikte begangen hat (vgl. § 33 Z1 StGB).

 

Die persönlichen Verhältnisse hat der Berufungswerber trotz Einladung nicht bekannt gegeben, sodass die Erstbehörde von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1.200 Euro ausgegangen ist, das mangels gegenteiligen Vorbringens auch von der Berufungsbehörde als gegeben anzunehmen war. Dieses lässt erwarten, dass der Berufungswerber zur Bezahlung der Verwaltungsstrafen in der Lage sein wird.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

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