Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160601/2/Ki/An

Linz, 03.06.2005

 

 

 VwSen-160601/2/Ki/An Linz, am 3. Juni 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der G S, L, S, vom 25.4.2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 11.4.2005, VerkR96-1065-2004, wegen Übertretungen der StVO1960 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass bezüglich Faktum 1 die Geldstrafe auf 120 Euro bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden und bezüglich Faktum 2 die Geldstrafe auf 75 Euro bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Faktum 1 mit der Maßgabe bestätigt, dass im Anschluss an den Beistrich nach dem Wort "mitzuwirken" die Wortfolge "zumal Sie lediglich kurz anhielten mit dem Zweitbeteiligten sprachen und sich obwohl der zweite am Unfallort Beteiligte das Einschreiten eines Organes der Straßenaufsicht verlangte, nicht an der Klärung des Sachverhaltes mitwirkten, zumal Sie sich von der Unfallstelle entfernten," eingefügt wird.

 

II. Der Beitrag der Berufungswerberin zu den Kosten des Verfahrens vor der erstinstanzlichen Behörde wird auf insgesamt 19,50 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafen, herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG

zu II: §§ 64 und 65 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 11.4.2005, VerkR96-1065-2004, die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe es als Lenkerin des Kombi RI unterlassen nach einem Verkehrsunfall, mit dem ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, am 22.11.2003 um 16:25 Uhr im Gemeindegebiet von Lengau auf der L 508 bei km 5,90 Fahrtrichtung Friedburg,

 

  1. an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken,
  2. die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten bzw. dieser Person, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist.

 

Sie habe dadurch 1. § 4 Abs.1 lit. c iVm § 99 Abs.2 lit. a StVO 1960 und 2. § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit. b StVO 1960 verletzt.

 

Gemäß § 99 Abs.2 lit. a StVO 1960 wurde bezüglich Faktum 1 eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 45 Stunden) und bezüglich Faktum 2 gemäß § 99 Abs.3 lit. b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 33 Stunden) verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 26 Euro ( jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

 

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis am 25.4.2005 mündliche Berufung. Sie argumentiert, sie sei sich sicher, die ihr angelasteten Übertretungen nicht begangen zu haben. Sollte trotz der Unschuld eine Strafe ausgesprochen werden, so bitte sie ihre Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen. Sie verfüge lediglich über eine Pension im Ausmaß von 592,54 Euro.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt

 

Von der Durchführung einer Berufungsverhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Friedburg-Lengau zu Grunde. Danach ist es zwischen der Berufungswerberin und einem weiteren beteiligten Lenker zu einem Auffahrunfall gekommen, die Berufungswerberin habe sich jedoch geweigert, die Identität mit dem Zweitbeteiligten nachzuweisen. Sie sei mit dem Vorschlag des Zweitbeteiligten, gemeinsam zum Gendarmerieposten zu fahren, zunächst einverstanden gewesen, habe aber dann die Fahrt (ohne Meldung) in unbekannter Richtung fortgesetzt. Sie sei auf Grund des bekannten Kennzeichens ausgeforscht und später vom wohnsitzzuständigen Gendarmerieposten Waldzell befragt worden. Laut Verkehrsunfallanzeige sind an den beiden beteiligten Fahrzeugen Sachschäden entstanden.

 

Bei einer zeugenschaftlichen Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Salzburg am 23.3.2004 bestätigte der zweitbeteiligte Lenker, dass die Berufungswerberin auf sein Fahrzeug aufgefahren sei. Beide wären dann stehen geblieben, der Zweitbeteiligte und sein Freund seien ausgestiegen und zu der Berufungswerberin gegangen. Diese habe gleich zu schimpfen angefangen, das Gespräch mit ihr sei aggressiv und in weiterer Folge sinnlos gewesen. Die Berufungswerberin habe vermeint, dass beim Fahrzeug des Zweitbeteiligten keine Beschädigung vorhanden sei, es sei jedoch die Heckklappe beschädigt und die Stoßstange zerkratzt gewesen, wobei die Berufungswerberin vermeinte, es würde sich um einen Vorschaden handeln, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Beim Fahrzeug der Berufungswerberin sei vorne die Stoßstange auf Höhe des Kühlergrills gebrochen gewesen. Es sei vereinbart worden zur nächsten Gendarmeriestelle zu fahren um den Unfall aufnehmen zu lassen und der Zweitbeteiligte sei dann Richtung Friedburg weiter gefahren. Die Berufungswerberin sei jedoch nicht mehr aufgetaucht. Die Schadenshöhe bei seinem Fahrzeug habe ca. 800 Euro betragen.

 

Diese Aussage wurde bei einer weiteren zeugenschaftlichen Aussage des damaligen Beifahrers des zweitbeteiligten Lenkers, ebenfalls am 23.3.2004 vor der Bundespolizeidirektion Salzburg, im Wesentlichen bestätigt.

 

Die Berufungswerberin vermeint zwar, dass durch den Auffahrunfall am zweitbeteiligten Fahrzeug kein Schaden entstanden sei, gestand jedoch ein, dass der Schaden am PKW des Unfallgegners von ihrer Haftpflichtversicherung bezahlt worden sei.

 

I.5. In freier Beweiswürdigung gelangt der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Überzeugung, dass den Aussagen der Zeugen Glauben zu schenken ist. Diese Aussagen sind schlüssig und widersprechen nicht den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Zeugen im Falle einer Falschaussage mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätten. Letztlich hat auch die Versicherung der Berufungswerberin den verursachten Sachschaden anerkannt.

 

Es bestehen daher keine Bedenken, die Zeugenaussage als taugliches Beweismittel anzuerkennen und der Berufungsentscheidung zu Grunde zu legen.

 

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 99 Abs.2 lit. a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, der als Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs.1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbei holt oder nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit. b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lit. a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalls nicht Hilfe leistet.

 

Gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

 

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die in Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen ein Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Als Verkehrsunfall ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat.

 

Im vorliegenden Falle wurde von der Berufungswerberin nicht bestritten, dass es letztlich zwischen ihr und dem Zweitbeteiligten zu einem Verkehrsunfall gekommen ist, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass im Falle eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des § 4 StVO 1960 es auf die Verschuldensfrage am Verkehrsunfall nicht ankommt.

 

Die Berufungswerberin bestreitet auch nicht, dass sie, wie vom zweitbeteiligten Lenker ausgeführt wurde, nach dem Verkehrsunfall von sich aus nicht mit der Gendarmerie in Kontakt getreten ist bzw. es zu keinem Identitätsaustausch zwischen den Beteiligten gekommen ist. Sie vermeint jedoch, es sei am zweitbeteiligten Fahrzeug kein von ihr verursachter Schaden entstanden.

 

Letzterem Vorbringen wird das unter Punkt I.5. dargelegte Beweisergebnis entgegen gehalten und es geht die erkennende Berufungsbehörde davon aus, dass durch den Verkehrsunfall tatsächlich am Fahrzeug des Zweitbeteiligten ein Sachschaden entstanden ist.

 

Nachdem unbestritten zwischen den Beteiligten kein Identitätsaustausch im Sinne des § 4 Abs.5 StVO 1960 vorgenommen wurde, wäre die Berufungswerberin verpflichtet gewesen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall zu verständigen, dies hat sie jedoch unterlassen.

 

Ebenso hat die Berufungswerberin, obwohl der Zweitbeteiligte das Einschreiten eines Organes der Straßenaufsicht verlangt hätte, sich ohne weitere Maßnahmen von der Unfallstelle entfernt und sie ist durch dieses Verhalten der gebotenen Mitwirkungspflicht zur Feststellung des Sachverhaltes nicht nachgekommen.

 

Die Berufungswerberin hat sohin die ihr zur Last gelegten Sachverhalte in objektiver Hinsicht verwirklicht und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche sie in subjektiver Hinsicht (§ 5 VStG) entlasten würden. Die Schuldsprüche sind daher zu Recht erfolgt.

 

Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so wird festgestellt, dass diese von der Behörde in Form einer Ermessensentscheidung vorzunehmen ist, wobei natürlich die gesetzlich vorgegebenen Kriterien zu berücksichtigen sind.

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folge nach sich gezogen hat. Zu berücksichtigen sind weiters die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betrachtung kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe. Auf das Ausmaß das Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Weiters sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Was das Ausmaß des Verschuldens im vorliegenden Falle anbelangt, so kann von einem geringfügigen Verschulden nicht die Rede sein. Strafmildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet, straferschwerend wurden keine Umstände gewertet.

 

Generell ist festzustellen, dass den sogenannten "Fahrerfluchtdelikten" ein nicht unwesentlicher Unrechtsgehalt beigemessen werden muss. Wie die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu Recht in der Begründung des Straferkenntnisses ausgeführt hat, haben die Bestimmungen über das Verhalten nach einem Verkehrsunfall auch den Zweck sicherzustellen, dass bei der versicherungsrechtlichen Abwicklung der Schäden keine Probleme eintreten.

 

Zu berücksichtigen sind bei der Strafbemessung auch spezialpräventive Überlegungen dahingehend dem Beschuldigten künftighin eine größere Sensibilität gegenüber Verwaltungsübertretungen angedeihen zu lassen und überdies generalpräventive Überlegungen, nämlich das Unrechtmäßige von Übertretungen generell zu dokumentieren.

 

In Anbetracht der glaubwürdigen sozialen Verhältnisse der Berufungswerberin erachtet es der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jedoch als vertretbar, die Geldstrafen und aus generellen Überlegungen auch die Ersatzfreiheitsstrafen auf das nunmehr festgelegte Ausmaß herabzusetzen, wobei jedoch festgehalten wird, dass aus den erwähnten präventiven Überlegungen eine weitere Herabsetzung nicht vertretbar ist.

 

I.7. Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Berufungswerberin durch die Schuldsprüche bzw. durch die nunmehr festgelegten Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen in ihren Rechten nicht verletzt wird. Die Spruchkorrektur war zur Konkretisierung des Tatvorwurfes erforderlich, diesbezüglich erfolgte durch die zunächst erlassene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 23.12.2003, VerkR96-9066-2003, innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 VStG) eine taugliche Verfolgungshandlung.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VwGH vom 21.10.2005, Zl.: 2005/02/0207-5
 
 

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