Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400252/4/Gf/La

Linz, 21.02.1994

VwSen-400252/4/Gf/La Linz, am 21. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des I, vertreten durch RA, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung in Höhe von 2.023,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 52 FrG iVm § 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der ehemaligen jugoslawischen Föderation, reiste am 20. Jänner 1994 ohne Reisepaß und Sichtvermerk sowie unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein.

1.2. Am 24. Jänner 1994 stellte er einen Asylantrag, der vom Bundesasylamt mit Bescheid vom selben Tag, Zl. 9400339-BAL, abgewiesen wurde. Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung erhoben.

1.3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 24.

Jänner 1994, Zl. Fr-85146, wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Linz sofort vollzogen.

1.4. Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 27. Jänner 1994, Zl. St-24/94-W, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 1.000 S verhängt, weil er sich als paßpflichtiger Fremder im Bundesgebiet aufgehalten habe, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein.

1.5. Mit Schreiben vom 3. Februar 1994, bei der Bundespolizeidirektion Linz eingelangt am 4. Februar 1994, stellte der Beschwerdeführer gemäß § 54 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. 838/1992 (im folgenden: FrG), einen Antrag auf Feststellung, daß eine Abschiebung in seinen Heimatstaat Jugoslawien aus den Gründen des § 37 Abs. 1 bzw. 2 FrG unzulässig sei. Über diesen Antrag wurde bis dato nicht entschieden.

1.6. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 9.

Februar 1994, Zl. 85146, wurde über den Beschwerdeführer die Ausweisung verfügt. Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig berufen.

1.7. Gegen die auf dem oben unter 1.3. angeführten Bescheid basierende Anhaltung in Schubhaft wendet sich der Beschwerdeführer mit der vorliegenden, am 17. Februar 1994 beim O.ö.

Verwaltungssenat eingebrachten Beschwerde.

2.1. Im oben unter 1.3. angeführten Schubhaftbescheid legt die belangte Behörde begründend dar, daß der Beschwerdeführer illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und sich seither unerlaubt in diesem aufhalte. Zudem verfüge er hier weder über einen Wohnsitz noch über die zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes erforderlichen finanziellen Mittel.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß er im Zeitpunkt seiner Inschubhaftnahme bei seinem Vater gewohnt habe und von diesem auch versorgt worden sei. Da er - wie aus seinem bisherigen Verhalten unschwer zu erkennen gewesen sei - unter keinen Umständen in seinen Heimatstaat zurückkehren wolle, solange dort die Kriegssituation nicht bereinigt sei, habe auch keine Fluchtgefahr bestanden.

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verhängung der Schubhaft beantragt.

2.3. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. In dieser wird ausgeführt, daß die belangte Behörde mit Schreiben vom 3. Februar 1994 beim jugoslawischen Konsulat die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer beantragt habe, dieses jedoch bis dato noch nicht eingelangt sei. Die Stellungnahme des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers zu den im Zusammenhang mit dem auf § 54 FrG gestützten Feststellungsantrag erhobenen Beweisergebnissen sei erst am 17. Februar 1994 bei der belangten Behörde eingetroffen, weshalb über diesen bis dato in gleicher Weise noch nicht habe entschieden werden können wie - infolge ausstehender Ermittlungen - in bezug auf die Frage, ob der Beschwerdeführer bei seinem Vater überhaupt in rechtlich zulässiger Weise Unterkunft nehmen dürfe, da es sich bei dessen Quartier mög licherweise um eine ad personam zugewiesene Dienstwohnung der ÖBB handle.

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr-85146; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 52 Abs. 2 Z. 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs. 1 FrG hat derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen.

Nach § 41 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Anders als nach der früheren Rechtslage und entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers und der belangten Behörde kommt es hiebei hingegen weder auf ein öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit noch darauf an, ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.

4.2. Mit dem oben unter 1.6. angeführten Bescheid vom 9.

Februar 1994 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs.

1 FrG die Ausweisung verfügt; diese ist nach § 17 Abs. 3 FrG bereits mit ihrer - wenn auch nicht rechtskräftigen - Erlassung durchsetzbar, d.h. der Fremde hat unverzüglich auszureisen. Aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Festlegung ist sohin auch der O.ö. Verwaltungssenat an diese vollstreckbare Ausweisungsverfügung im Sinne einer Vorfrage gebunden; es ist ihm daher insbesondere verwehrt, die Frage der Rechtmäßigkeit der Verfügung der Ausweisung im Zuge eines Schubhaftverfahrens neuerlich (bzw. gar anstelle der hiefür zuständigen Berufungsbehörde) zu prüfen.

4.2.1. Daß der Beschwerdeführer nicht dazu bereit ist, freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen, hat er selbst mehrfach - zuletzt auch mit der vorliegenden Beschwerde (s.o., 2.2.) - dargetan. Schon aus diesem Grund erweist sich daher die Prognose der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer im Wissen um die beabsichtigte Durchsetzung der Ausweisung gegen ihn im Wege der Abschiebung letztere durch Untertauchen in der Anonymität zu verhindern oder zumindest zu erschweren versuchen würde, jedenfalls nicht als unvertretbar. Daraus geht aber gleichzeitig auch hervor, daß die Verhängung der Schubhaft im gegenständlichen Fall offensichtlich erforderlich war und ist, um die in Aussicht genommene Ausweisung des Beschwerdeführers zu sichern.

4.2.2. Diesen Sicherungszweck - nur auf diesen kommt es nach dem zuvor zitierten § 41 Abs. 1 FrG an - macht offenkundig auch die von dessen Vater abgegebene Verpflichtungserklä rung, für den Unterhalt des Beschwerdeführers zu sorgen und ihn bei sich wohnen zu lassen, nicht obsolet, denn es liegt auf der Hand, daß weder ein gesicherter Unterhalt noch eine gesicherte Unterkunft Gewähr dafür zu bieten vermögen, daß der Beschwerdeführer für die Behörde dann auch tatsächlich greifbar ist, wenn die Ausweisung gegen diesen im Wege der Abschiebung zwangsweise vollstreckt werden muß.

4.2.3. Die Ausweisung im Wege der Abschiebung des Beschwerdeführers in dessen Heimatstaat - und damit die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft - könnte sich unter den gegebenen Umständen lediglich dann als rechtswidrig erweisen, wenn diese gegen das in § 37 Abs. 1 und 2 FrG positivierte "Refoulment"-Verbot verstoßen würde. Da ein diesbezügliches Feststellungsverfahren gemäß § 54 FrG aber unbestritten - bereits anhängig gemacht wurde und die hiefür zuständigen Behörden auch schon in der gesetzlich vorgesehenen Weise tätig geworden sind, ist damit dem O.ö.

Verwaltungssenat eine eigenständige Prüfung dieser Frage verwehrt; er ist insoweit vielmehr im Sinne einer Vorfragenentscheidung an die bescheidmäßige Erledigung der in der Sache zuständigen belangten Behörde gebunden.

Überdies sieht § 54 Abs. 4 FrG ohnehin vor, daß der Fremde bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Feststellungsantrag nicht in jenen Staat, hinsichtlich dessen diese Feststellung beantragt wurde, abgeschoben werden darf.

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß dem unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 51 f FrG von Gesetzes wegen ledglich aufgegeben ist, die Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft als einen Akt der Vollstreckung zu überprü fen, nicht aber auch, sämtliche gegen den Beschwerdeführer von der belangten oder von einer anderen Behörde gesetzten und dieser Vollstreckungsmaßnahme zugrundeliegenden fremdenpolizeilichen Titelbescheide, die überdies noch nicht einmal rechtskräftig sind, auf deren Gesetzesgemäßheit zu kontrollieren; dies widerspräche nicht nur der klaren Zielsetzung des FrG, sondern auch der Zielbestimmung des Art. 129 B-VG, wonach die unabhängigen Verwaltungssenate nicht als eine Verwaltungsbehörde, sondern als ein die Verwaltung zu kontrollieren habendes Organ eingerichtet sind. Folgerichtig ist daher auch das Schubhaftbeschwerdeverfahren - wie sich aus § 52 Abs. 2 FrG zweifelsfrei ergibt - nicht dem Berufungs-, sondern dem Maßnahmebeschwerdeverfahren des AVG nachgebildet, woraus deutlich hervorgeht, daß den unabhängigen Verwaltungssenaten in diesem Zusammenhang jedenfalls die Funktion einer Berufungsbehörde und damit die eines Verwaltungsorganes von vornherein nicht zukommt.

4.2.4. Schließlich ist auch noch darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde ehestmöglich Schritte gesetzt hat, um die für die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat erforderlichen Heimreisezertifikate zu erlangen; es kann daher nicht gefunden werden, daß die über den Beschwerdeführer verhängte Schubhaft unverhältnismäßig lange iSd § 48 FrG gedauert hat.

4.3. Aus allen diesen Gründen erweist sich somit die Schubhaftverhängung gegen den Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall als rechtmäßig; die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 52 FrG iVm § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen.

4.4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a AVG Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung in Höhe von 2.023,33 S (Aktenvorlage- und Schriftsatzaufwand) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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