Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160685/2/Ki/Da

Linz, 09.08.2005

 

 

 

VwSen-160685/2/Ki/Da Linz, am 9. August 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Mag. B S, L, Z, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. H T, L, H, vom 28.6.2005, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 20.6.2005, GZ. S-2997/05 VP, betreffend Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Übertretung der StVO 1960) zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG; § 24 VStG iVm §§ 71 Abs.1 und 51 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat gegen die Berufungswerberin wegen einer Übertretung der StVO 1960 eine Strafverfügung erlassen (GZ. S-2997/05 VP vom 18.5.2005).

 

Mit Schriftsatz vom 9.6.2005 stellte die Berufungswerberin, rechtsfreundlich vertreten, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, gleichzeitig wurde Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben.

 

Im Wesentlichen wird dazu vorgebracht, dass die Beschuldigte am 25.5.2005 die Kanzlei des ausgewiesenen Rechtsvertreters mit der Vertretung in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache und der Erhebung eines Einspruches beauftragt hat. Die Strafverfügung sei am 20.5.2005 zugestellt worden. In der Kanzlei des ausgewiesenen Vertreters habe der Rechtsanwaltsanwärter Mag. St. die Sache bearbeitet und als Frist für die Erhebung des Einspruches im Kalender den 3.6.2005 eingetragen. Der Einspruch sei am 2.6.2005 fertiggestellt und mit dem ausdrücklichen Auftrag, den Einspruch am selben Tag, den 2.6.2005, zur Post zu geben, an die Sekretärin Z. übergeben worden. Am 3.6.2005 sei der zuständige Sachbearbeiter Mag. St., Rechtsanwaltsanwärter, urlaubsbedingt abwesend gewesen.

 

Die ansonsten überaus gewissenhafte Sekretärin Z. habe auf Grund eines Versehens den Einspruch am 3.6.2005 nicht zur Post gegeben, weil dieser versehentlich zu den Beilagen für das vorbereitete Zivilverfahren gerutscht sei. Derartiges sei in der Kanzlei des ausgewiesenen Vertreters noch nie vorgekommen. Es habe sich daher um ein Versehen minderen Grades gehandelt, weshalb der Antrag auf Wiedereinsetzung berechtigt sei. Das Missgeschick sei am 6.6.2005 bemerkt worden, weshalb der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch fristgerecht erhoben wurde.

 

Beigelegt wurden dem Antrag eidesstattliche Erklärungen des Mag. St. bzw. der Frau Z. jeweils vom 10.6.2005, in denen die im Antrag ausgeführten Angaben bestätigt wurden.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat in der Folge den nunmehr angefochten Bescheid vom 20.6.2005 erlassen. Den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag wurde entgegen gehalten, dass der Rechtsvertreter seiner Überwachungspflicht nicht nachgekommen sei bzw. er das Vorliegen eines entsprechenden Überwachungs- und Kontrollsystems im Rahmen des laufenden Kanzleibetriebes nicht dargelegt und nicht behauptet habe.

 

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung. Darin wird nochmals darauf hingewiesen, dass der vorbereitete Einspruch versehentlich zu den Beilagen für ein vorbereitetes Zivilverfahren gerutscht sei. Dieser Umstand könne weder dem Rechtsanwaltsanwärter Mag. St. noch der Sekretärin Z. schuldhaft im Sinne eines groben Verschuldens vorgehalten werden. Im vorliegenden Falle habe nicht eine Verletzung von Überwachungs- und Kontrollpflichten zur Fristversäumnis geführt, weil von einem Angestellten des ausgewiesenen Rechtsanwaltes die Frist unrichtig beurteilt worden wäre, sondern der unglückliche Umstand, dass der vorbereitete Einspruch, der fristgerecht zur Post gegangen wäre, in den Beilagen zum Zivilprozess verlegt worden sei, was weder dem Rechtsanwalt noch den Angestellten schuldhaft vorgeworfen werden könne.

 

Im Übrigen verwies der ausgewiesene Vertreter darauf, dass er über ein ausgezeichnetes funktionierendes Überwachungs- und Kontrollsystem verfüge. Fristen würden doppelt verzeichnet und vom Anwalt kontrolliert werden. Die Fertigstellung von Eingaben, die einer Frist unterliegen, erfolge unter Kontrolle des Anwaltes. Ein derartiges Missgeschick wie im vorliegenden Falle sei lediglich auf ein Versehen minderen Grades zurückzuführen.

 

2. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG (iVm § 24 VStG) ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Im vorliegenden Falle ist daher zu prüfen, ob die Berufungswerberin (bzw. ihren Rechtsvertreter) an der Fristversäumung kein bzw. bloß ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Grundsätzlich wird zunächst festgestellt, dass ein allfälliges Verschulden des Parteienvertreters die von ihm vertretene Partei gegen sich gelten lassen muss.

 

Im gegenständlichen Falle konnte der Rechtsvertreter einerseits durch die Vorlage der eidesstattlichen Erklärungen seiner Mitarbeiter und andererseits durch die Ausführungen im Berufungsschriftsatz glaubhaft machen, dass der gegenständliche Einspruch fristgerecht erhoben worden wäre und nur dadurch, dass der Einspruch versehentlich zu anderen Unterlagen gelangt ist, nicht fristgerecht war. Er hat auch das in seiner Kanzlei übliche Überwachungs- und Kontrollsystem geschildert, diesbezüglich wird ihm Glauben geschenkt.

 

Auf Grund der glaubwürdigen Angaben des Rechtsvertreters geht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich davon aus, dass es sich bei der Sekretärin um eine verlässliche Kanzleimitarbeiterin handelt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Rechtsanwalt die näheren Umstände der Postaufgabe von Schriftstücken, das Kuvertieren von zugehörigen Beilagen, wie auch das Beschriften des Kuverts verlässlichen Kanzleiangestellten alleine überlassen, es sei denn, dass für ihn Veranlassung besteht, das pflichtgemäße Verhalten seines Angestellten in Zweifel zu ziehen (VwGH 94/13-0215 vom 15.3.1995 u.a.).

 

Im gegenständlichen Falle wurde von einem Mitarbeiter des Rechtsvertreters der Einspruch einer Sekretärin zur Postfertigung überlassen und es bestand für ihn keine Veranlassung, das pflichtgemäße Verhalten der Angestellten in Zweifel zu ziehen. Im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt daher allenfalls nur ein minderer Grad des Versehens vor, welcher einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegensteht.

 

Nachdem der Antrag auf Wiedereinsetzung auch rechtzeitig iSd § 71 Abs.2 AVG eingebracht wurde, sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben.

 

Der Berufung war daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben. In der Folge wird die Bundespolizeidirektion Linz das ordentliche Ermittlungsverfahren betreffend die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung durchzuführen haben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

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