Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-160690/2/Bi/Be

Linz, 19.07.2005

 

 

 VwSen-160690/2/Bi/Be Linz, am 19. Juli 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn H H, vertreten durch RAe T & P, vom 5. Juli 2005 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes Schärding vom 17. Juni 2005, VerkR96-7209-2002, wegen Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 71 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Antrag des Beschuldigten vom 20. April 2005 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzgl des Straferkenntnisses der BH Schärding vom 2. Dezember 2003, VerkR96-7209-2002, gemäß § 71 Abs.1 und 4 AVG zurückgewiesen.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im zugrundeliegenden Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden war, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe gegen die ihm zugekommene Strafverfügung fristgerecht Einspruch erhoben, jedoch sei ihm ein Straferkenntnis vom 2. Dezember 2003 nicht zugekommen und er habe erstmals mit Zustellung der Vollstreckungsankündigung des Kreisausschusses des Odenwaldkreises vom 6. April 2005 am 8. April 2005 Kenntnis von der Existenz eines Straferkenntnisses erlangt. Dem Rechtsvertreter sei erst nach Akteneinsicht bei der BPD Innsbruck bekannt geworden, dass sowohl die Strafverfügung wie auch das Straferkenntnis durch Einwurf in den Briefkasten bei ihm hinterlassen worden seien. Sowohl in der Stellungnahme vom 26. April 2005 als auch in der vom 9. Mai 2005 nach Akteneinsicht sei ausgeführt worden, dass beide Zustellvorgänge nicht ordnungsgemäß erfolgt seien. Die Strafverfügung sei ihm in der Folge zugekommen, nicht aber das Straferkenntnis. Die Stellungnahmen seien nicht widersprüchlich.

Als Beweis für die Richtigkeit der Behauptungen über die Zustellung der Vollstreckungsvorankündigung sei seine Einvernahme angeboten worden, was die Behörde übergangen habe. Die Frist zur Antragstellung sei daher gewahrt worden und auch die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen vor. Beantragt wird Bescheidaufhebung, die Wertung der Berufung als rechtzeitig und die Einleitung des ordentlichen Verfahrens.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Gemäß Abs.2 leg.cit. muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

Der Bw hat behauptet, mit Zustellung der Vollstreckungsvorankündigung am 8. April 2005 sei ihm erstmals zur Kenntnis gelangt, dass ein Straferkenntnis existiere, weshalb er fristgerecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt habe.

Abgesehen davon, dass die Behauptung der Rechtzeitigkeit des Antrages auf Wiedereinsetzung ohne entsprechende Unterlagen (zB Zustellnachweis dieser Vorankündigung) nicht als Glaubhaftmachung, sondern eben nur als Behauptung anzusehen ist, die allerdings erforderlichenfalls verbesserbar wäre (vgl VwGH 17.10.2002, 2002/20/0273), ist die Behauptung des Bw, die Zustellung des Straferkenntnisses, das in den Briefkasten eingelegt worden sei, sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, nicht nachvollziehbar.

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, dass der Bw die Annahme der Strafverfügung der Erstinstanz vom 6. November 2002 am 23. November 2002 verweigert hat. Aufgrund eines Ersuchens an das Regierungspräsidium Gießen auf der Grundlage des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom 31. Mai 1988, IV. Abschnitt, Art.10 Abs.1 3.Satz und Art.11 erfolgte eine Zustellung des Schriftstückes insofern, als dem Bw vom Postbediensteten Manfred Schubart das Schriftstück zu übergeben versucht und, weil dies nicht möglich war, in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt wurde. Die Zustellung wurde vom Zusteller als am 17. Jänner 2003, 12.10 Uhr, erfolgt bestätigt Das Zustellzeugnis des Regierungspräsidiums Gießen vom 30. Jänner 2003 bestätigte, dass diese Zustellung in der durch das Recht des ersuchten Staates vorgesehenen Form - so wie es Art 11 des oben zitierten Vertrages entspricht - erledigt wurde. Der Bw erhob mit Schriftsatz vom 20. Jänner 2003 "Widerspruch", der am 23. Jänner 2003 und damit innerhalb der Rechtsmittelfrist bei der Erstinstanz einlangte.

Nach Einleitung eines ordentlichen Verfahrens durch Einvernahme des Meldungslegers durch die Erstinstanz wurde mit Schreiben der Erstinstanz vom 19. März 2003 an den Bw Parteiengehör gewahrt - das Schriftstück wurde ohne Vermerk retourniert. Daraufhin erging das Straferkenntnis der Erstinstanz vom 2. Dezember 2003, das von der deutschen Post mit dem Vermerk "nicht abgeholt" rückübermittelt wurde.

Die Zustellung über Ersuchen der Erstinstanz an das Regierungspräsidium Gießen erfolgte in gleicher Weise wie die Strafverfügung insofern, als der selbe Zusteller, nämlich Manfred Schubart, laut Zustellungsurkunde das Schriftstück zu übergeben versuchte und, weil das nicht möglich war, dieses in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten einlegte. Er bestätigte die Zustellung für 4. März 2004, 11.55 Uhr. Das Zustellzeugnis des Regierungspräsidiums Gießen vom 31. März 2004 bestätigte, dass diese Zustellung in der durch das Recht des ersuchten Staates vorgesehenen Form erledigt wurde.

Die nochmalige (irrtümlich veranlasste) Zustellung des selben Straferkenntnisses auf dem selben Weg, nämlich über neuerliches Ersuchen an das Regierungspräsidium Gießen, erfolgte laut Zustellzeugnis am 30. September 2004.

Da der Bw auf beide Zustellungen nicht reagierte und auch die Strafe von 66 Euro nicht bezahlt wurde, erging mit Schreiben der Erstinstanz vom 25. Februar 2005 ein Ersuchen an die Kasse Odenwaldkreis, Erbach, um deren Vollstreckung unter Beilegung einer Kopie des Zustellnachweises.

Mit per Fax übermitteltem Schriftsatz vom 20. April 2005 wurde vom nunmehr rechtsfreundlich vertretenen Bw Akteneinsicht begehrt und um Übersendung der Unterlagen ersucht.

Im Zusammenhang mit den Zustellzeugnissen des Regierungspräsidiums Gießen stellt sich angesichts der Behauptung des Bw, er habe erst am 8. April 2005 erstmals von der Existenz eines Straferkenntnisses erfahren, sowie angesichts der Tatsache, dass der Bw nach wie vor die Adresse Westring 42 in Erbach angibt, wozu diese die ordnungsgemäße Zustellung in der durch das Recht des ersuchten Staates vorgesehenen Form bestätigen, wenn die Schriftstücke, zumindest nach Behauptung des Bw, nicht ankommen. Abgesehen davon, dass der Bw das Straferkenntnis, das der Zusteller in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt hat, nach eigener Behauptung nie erhalten hat - und das offenbar zweimal nicht - ist es nicht nachvollziehbar, dass er nach seiner Behauptung nicht einmal etwas von der Existenz dieses Schriftstückes wusste, bis ihm die Ankündigung der Vollstreckung der Geldstrafe zugestellt wurde. Das würde nämlich indizieren, dass er zumindest in der Zeit vom 4. März 2004 bis zum 8. April 2005 die im zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten liegende Post nicht angesehen hat, weil ihm sonst das Straferkenntnis wesentlich früher zur Kenntnis gelangt sein muss. Andererseits passt diese - völlig unglaubwürdige - Behauptung vom Zeitpunkt der Kenntnis eines Straferkenntnisses sehr gut zu seinem im gegenständlichen Verfahren gezeigten Verhalten, Behördenschriftstücke zu negieren, indem er deren Annahme verweigert oder sie nicht abholt. Wenn dem Bw die Schriftstücke, die in seinem Wohnungsbriefkasten liegen, nicht liest, hat er die Nichtkenntnis von deren Inhalt allerdings selbst zu verantworten, wobei weder von einem unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignis noch von mangelndem Verschulden oder einem minderen Grad des Versehens auszugehen ist.

Für Straferkenntnisse ist eine eigenhändige Zustellung gesetzlich nicht zwingend erforderlich, dh wenn dem Bw das Straferkenntnis nicht persönlich übergeben wurde, ist darin kein wesentlicher Verfahrensmangel zu erblicken, der eine ungültige Zustellung des Schriftstückes zur Folge hätte. Daran dass der Bw das Straferkenntnis an seine Adresse, die sich auch während des Verfahrens nicht geändert hat, zugestellt erhalten hat, besteht hingegen kein Zweifel. Er hat auch nie geltend gemacht, dass ihm das Schriftstück von Personen, die außer ihm zum Wohnungsbriefkasten Zutritt haben, vorenthalten worden sei, weshalb davon auszugehen ist, dass ihm das erstmals am 4. März 2004 und noch einmal am 26. August 2004 zugestellte Straferkenntnis viel früher als am 8. April 2005 zugekommen ist. Damit kann von einer Glaubhaftmachung des Zeitpunktes der Kenntnis der Zulässigkeit einer Berufung erst am 8. April 2005 keine Rede sein.

Damit sind aber auch die Voraussetzungen des § 71 AVG iVm § 24 VStG für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gegeben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 09.09.2005, Zl.: 2005/02/0227-3

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum