Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160696/9/Br/Sta

Linz, 11.08.2005

 

 

VwSen-160696/9/Br/Sta Linz, am 11. August 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau M K, K/T, T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 17. Jänner 2005, VerkR96-19864-2003/Ps/Pos, nach der am 9. August 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird im Schuldspruch Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 51 und 51e Abs.1 Z1 VStG.

 

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 u.2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider die Berufungswerberin wegen der Übertretungen

1.) nach § 45 Abs.4 zweiter Satz und 2.) § 36 lit.e iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 je eine Geldstrafe von 36 Euro, und für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 1.) u. 2.) je 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie am 15.01.2003 zwischen 08.24 Uhr und 08.26 Uhr im Gemeindegebiet Wartberg ob der Aist, auf der B 124 Königswiesner Bundesstraße, Strkm. 2,2, in Fahrtrichtung Pregarten, das KFZ, Type Jeep Grand Cherokee, blau, lenkte, wobei sie

1) das angeführte KFZ, welches mit dem Probefahrtkennzeichen versehen war, zum Tatzeitpunkt am Tatort zu einer Fahrt verwendet habe, obwohl Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten im Sinne des § 45 Abs.1 KFG verwendet werden dürfen und es sich bei dieser Fahrt um keine Probefahrt gehandelt habe da das Fahrzeug zu einer Privatfahrt genutzt wurde.

2) habe sie das angeführte Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet, ohne dass an diesem eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht war; die Gültigkeit der Plakette mit der Lochung Mai 2002 war abgelaufen. Das von der Berufungswerberin verwendete Fahrzeug sei zum Tatzeitpunkt mit dem Wechselkennzeichen zum Verkehr zugelassen gewesen.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch mit dem Hinweis auf die im Spruch zitierten Rechtsvorschriften. Der Verantwortung, wonach diese Fahrt zu einem Treffen mit einem Kaufinteressenten geführt hätte, folgte die Behörde erster Instanz unter Hinweis auf die Angaben des Meldungslegers nicht. Die Berufungswerberin hätte diesem gegenüber angegeben sich auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz befunden zu haben.

Hinsichtlich des Punktes 2. wurde auf die Tatsache der bestehenden Anmeldung dieses Kraftfahrzeuges unter einem anderen Kennzeichen hingewiesen.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung tritt die Berufungswerberin diesem Schuldspruch entgegen und führt inhaltlich Folgendes aus:

"1. Die Probefahrtskennzeichen waren gerechtfertigt da es sich nachweislich um eine Überstellung handelte (Beweis Anzeige in der Korrekt- Klein Anzeiger) zu einem möglichen Käufer. Die von Bez. Insp. G Zeugenaussage, wonach ich bei der Befragung nach dem Ort der Fahrt gesagt habe "nach P zur Arbeit", wird nicht bestritten. Da er erst bei der Zweitformulierung seiner Frage nach dem Grund gefragt hat. Die ich ihm jedoch nicht wie von Ihm ausgesagt, nach Belehrung mit der Überstellung gerechtfertigt habe, wird aufs schärfte zurückgewiesen. Da ich bei jeder Amtshandlung eines Organs nur auf die Frage Antworten werde die mir gestellt wird und nicht ausschweifen werde wie es vielleicht in diesem Fall erwünscht gewesen wäre.

 

2. Die § 57a Plakette, ich sehe den für die Behörde zweifelsfreien Grund der Verwaltungsübertretung nicht. Waren am gelenkten KFZ Probefahrtskennzeichen oder die zugelassenen Kennzeichen? Das Fahrzeug wurde über ein Jahr nicht mehr bewegt und deswegen zum Verkauf ausgeschrieben.

 

3. Auf den Vorwurf der nicht Stellungnahme zur Zeugenaussage vom 5.2.2005 Möchte ich sie darauf hinweisen die Formulare der Post zur Kontrolle des Empfangs zu Prüfen da wir mit Bestimmtheit darauf reagiert hätten.

 

4. Wenn all dem nicht so wäre hätte ich meinen Firmenauto genommen um zur Arbeit zu kommen. Ich hoffe nun ausreichend über die Vorkommnisse geschrieben zu haben, ich erwarte eine Einstellung des Verfahrens, sollte dem nicht so sein werden ich Rechtliche Schritte einleiten da ich es eine Zumutung finde wie von Behördenwegen mit Aussagen von Unbescholtenen Bürgern umgegangen wird."

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurden der einschreitende Gendarmeriebeamte RI W zeugenschaftlich und die Berufungswerberin als Beschuldigte einvernommen. Sie erschien in Begleitung ihres Lebensgefährten C E, als ihren bevollmächtigten Vertreter und den Zulassungsbesitzer des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges. Auch dieser wurde als Auskunftsperson befragt.

Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung entschuldigt nicht teil.

Im Anschluss an die Berufungsverhandlung wurde an die Firma F P, P, W, eine schriftliche Anfrage über die Umstände der Verwendung des Probefahrtkennzeichens gestellt.

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG erforderlich.

 

4. Das Straferkenntnis wurde erstmals am 25. Jänner 2005 zuzustellen versucht. Da ein Zustellvorgang offenbar nicht nachweisbar war, konnte dieses Straferkenntnis schließlich am 20. Mai 2005 durch Hinterlegung beim Postamt der Berufungswerberin zugestellt werden.

 

4.1. Unbestritten ist die Fahrt nach P mit Probefahrtkennzeichen und das Faktum der fehlenden Begutachtungsplakette. Festzustellen ist ferner, dass im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens eine Rechtfertigung der Berufungswerberin nicht erfolgte, weil ihr angeblich die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 5.2.2004, die am 19.2.2004 postamtlich hinterlegt wurde, nicht zugegangen ist.

Dies kann aus der Aktenlage aber nicht nachvollzogen werden. Demnach wäre von einem rechtsgültigen Zustellvorgang auszugehen.

 

5.1. Im Rahmen des Berufungsverfahrens unterstrich die Berufungswerberin neuerlich die Fahrt von Linz nach P als Probefahrt, weil mit einem Kaufinteressenten aus Königwiesen ein Besichtigungstermin hinsichtlich dieses Fahrzeuges in P vereinbart gewesen sei. Das im Eigentum des Lebensgefährten E stehende Fahrzeug wurde zu diesem Zweck am Vormittag des 15.1.2003 von diesem Kaufinteressenten in P besichtigt. Zu diesem Zweck fuhr sie mit dem Fahrzeug zu ihrem Arbeitsplatz nach P.

Im Zuge der Amtshandlung habe sie zwar nur gesagt zu ihrem Arbeitsplatz unterwegs zu sein. Der Grund der Probefahrt wurde aber dann durch die Übermittlung des Fahrtenbucheintrages an dem zweiten Gendarmeriebeamten (G) von E evident. Die aus der Anzeige hervorgehende Verantwortung, "nicht gewusst zu haben für eine private Fahrt kein Probefahrtkennzeichen verwenden zu dürfen", bestritt die Berufungswerberin. Der Zeuge Insp. W konnte sich anlässlich der Berufungsverhandlung an eine derartige Verantwortung der Berufungswerberin nicht (mehr) erinnern. Ebenfalls konnte er nicht sagen, ob dem Gendarmerieposten der Fahrtenbuchauszug übermittelt wurde. Ein solcher findet sich jedenfalls dem Verfahrensakt nicht angeschlossen.

Der in Begleitung der Berufungswerberin erscheinende Zulassungsbesitzer des fraglichen Fahrzeuges bestätigte als Auskunftsperson den Grund der Probefahrt mit einer Fahrzeugbesichtigung eines Interessenten aus Königswiesen. Er erklärte ferner, sich bei der Firma P die Probefahrtkennzeichen und das Fahrtenbuch ausgeborgt zu haben. Dieses habe er jedoch in der Folge in seinem Fahrzeug mitgeführt. Nach Rücksprache mit dem Gendarmerieposten sei der entsprechende Eintrag dann per FAX dem Posten nachgereicht worden. Das ebenfalls gegen P eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren sei laut E eingestellt worden.

Daher sei diese Fahrt als Probefahrt zu werten, wobei aus diesem Grund auch der Vorwurf der fehlenden Begutachtungsplakette nicht berechtigt sei.

Die nachfolgende Anfrage des Unabhängige Verwaltungssenates bei Firma F P bestätigte im Ergebnis die Verantwortung der Berufungswerberin und die Darstellung des E. Ebenfalls verwies P im Antwortschreiben auf die h. Anfrage auf einen in diesem Zusammenhang bereits geführten Schriftverkehr.

 

5.2. Den Darstellungen der Berufungswerberin vermag somit gefolgt werden. Da bereits im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens eine im Ergebnis inhaltsgleiche Verantwortung vorgetragen wurde, erscheint diese Verantwortung hinsichtlich der Probefahrt unter Bedachtnahme auf die Angaben von E und P als nachvollziehbar und glaubwürdig. Wenn dieses Fahrzeug bereits über ein Jahr nicht mehr bewegt wurde, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass im Zuge von Verkaufsbestrebungen diese Vorgehensweise gewählt wurde. Dass die Lenkerin im Zuge der Amtshandlung in der Folge nicht optimal an der Aufklärung des Sachverhaltes mitwirkte - was im gegenteiligen Fall dieses immerhin mehr als zwei Jahre laufende Verfahren erspart hätte - soll hier nur erwähnt werden.

Jedenfalls kann der im Zuge des Berufungsverfahrens erhobene Sachverhalt einen Schuldspruch nicht tragen. Vielmehr ist durchaus sehr wahrscheinlich, dass diese Fahrt sehr wohl dem Zweck einer Probefahrt zwecks Besichtigung des Fahrzeuges für einen Kaufinteressenten aus Königswiesen diente.

 

6. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen.

Gemäß § 134 Abs.1 KFG begeht u.a. wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Gemäß § 45 Abs.4 zweiter Satz KFG dürfen Probefahrtkennzeichen (§ 48 Abs.3) nur bei Probefahrten geführt werden.

 

Probefahrten sind gemäß § 45 Abs.1 KFG Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probefahrten gelten auch Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes und Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges.

Zweck einer Probefahrt ist daher die Feststellung des Funktionierens eines Fahrzeuges, wozu jedoch laut Rechtsprechung des OGH eine relativ kurze Fahrtstrecke genügt. Die Tauglichkeit eines Fahrzeuges auf seine Eignung zur Zurücklegung einer relativ langen Strecke zu prüfen, übersteigt den Begriff der Probefahrt (OGH 25.6.1987, 7 Ob 627/87; ZVR 1988/69). Gemäß dem Gesetzeswortlaut ist auch eine Fahrzeugpräsentation - Vorführung - für Verkaufzwecke vom Charakter der Probefahrt umfasst zu sehen. Dies ist die gängige Verkehrspraxis.

Es ist in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen, dass mit dem Hauptzweck der Probefahrt auch ein Nebenzweck verbunden wird, wenn dadurch der Hauptzweck der Probefahrt nicht verloren geht. Der Charakter einer Probefahrt besteht jedoch etwa dann nicht (mehr), wenn der zeitliche und örtliche Zusammenhang mit der Probefahrt verloren geht (VwGH 7.3.1977, 1631/76).

Im gegenständlichen Fall konnte daher die Fahrt zum Besichtigungstermin - welche auf dem Weg zum Arbeitsplatz der Berufungswerberin gelegen war - verbunden werden. Die Besichtigung erfolgte - wie oben ausführt - in unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dieser Fahrt.

Letztendlich folgt die rechtliche Beurteilung der fehlenden Begutachtungsplakette der rechtlichen Qualifikation der Probefahrt.

Rechtlich ist abschließend iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG festzustellen, dass selbst schon bei bloßem Zweifel am Tatvorwurf von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

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