Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160738/2/Ki/Da

Linz, 17.08.2005

 

 

 

VwSen-160738/2/Ki/Da Linz, am 17. August 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des P S, W, K, vom 4.7.2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14.6.2005, VerkR96-5308-1-2005, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 14.6.2005, VerkR96-5308-1-2005, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe als Lenker eines Fahrzeuges beim Fahren hinter dem nächsten, vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre. Als Tatort wurde die Gemeinde St.Georgen im Attergau, Autobahn Freiland, Nr. 1 bei km 246.000, Baustellenbereich St.Georgen der Westautobahn A1, Fahrtrichtung Wien und als Tatzeit der 13.2.2005, 13:30 Uhr bezeichnet. Er habe dadurch § 18 Abs.1 und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verletzt. Als Fahrzeug wurde bezeichnet: Kennzeichen W-, Personenkraftwagen M1, Seat Alhambra, weiß. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis am 4.7.2005 Berufung, darin führt er aus, er habe als Lenker eines Fahrzeuges beim Fahren hinter dem nächsten, vor ihm fahrenden Fahrzeug genügend Abstand eingehalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, dies würden auch Insassen seines Fahrzeuges zeugenschaftlich bestätigen können. Außerdem bemängelt er, dass die Farbe seines Fahrzeuges nicht weiß sei.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Verkehrsabteilung - Außenstelle Haid des ehemaligen Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 15.2.2005 zu Grunde, dieser Anzeige wurde eine mit W F aufgenommene Niederschrift vom 13.2.2005 beigelegt.

 

Bei der niederschriftlichen Befragung gab Herr F Nachstehendes an:

"Ich lenkte am 13.02.2005 gegen ca. 13.30 Uhr, den PKW Mercedes Benz 190 E 1.8, graumetalic, Kennzeichen IL-, auf der Westautobahn A1 in Richtung Wien. Hiezu benützte ich den linken Fahrstreifen der in diesem Bereich 2-spurigen Autobahn mit einer ungefähren Geschwindigkeit von ca 140 km/h. Im Bereich kurz vor dem Baustellenbeginn in St.Georgen, fuhr mir ein weißer Seat Alhambra, Kennzeichen W-, besetzt mit ca 3 Personen mit wesentlich höherer Geschwindigkeit als die von mir mit meinem PKW gefahrenen auf. Dieser PKW hielt den Sicherheitsabstand zu meinem Fahrzeug nicht ein. Ich konnte im Rückblickspiegel nur mehr einen kleinen Teil der Motorhaube sehen. Der rechte Fahrstreifen war besetzt mit dichtem Kolonenverkehr. Ein Wechseln meinerseits auf die rechte Spur war nicht möglich. Im Bereich des Baustellenüberganges verringerte ich die Fahrgeschwindigkeit auf ca 90 km/h. Plötzlich wurde bei dem hinter mir fahrenden PKW mehrmals die Lichthupe betätigt. Nun verringerte der Alhambra seinen Sicherheitsabstand noch mehr. Ich hatte während der Durchfahrt der Baustelle keine Möglichkeit auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln. Außerdem fuhren auch vor mir am linken Fahrstreifen mehrere Fahrzeuge mit annähernd gleicher Geschwindigkeit. Bei der Baustellenausfahrt fuhr ich hinter einem Golf der ebenfalls überholt hatte. In der Folge schloß ich auf den Golf auf und der Fahrer dieses PKWs versuchte auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln um mir den Fahrstreifen frei zu machen. Ich muß jedoch noch anfügen, dass ich diesen Golffahrer in keiner Hinsicht bedrängt hatte, da ich zum Vordermann einen Sicherheitsabstand von ca 40 Metern einhielt. Zu diesem Zeitpunkt wechselte für mich völlig überraschend der Alhambra auf den rechten Fahrstreifen, überholte meinen PKW und den vor mir fahrenden VW Golf, sodaß dieser gezwungen war wiederrum auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln. Anschließend wechselte der Alhambra vor dem Golf auf die linke Fahrspur. Dabei mußte der Golffahrer eine Vollbremsung einleiten um einen Verkehrsunfall zu verhindern. Auch ich war gezwungen bei meinem Fahrzeug eine Notbremsung einzuleiten. Dank meiner guten Reaktionszeit konnte ich einen Auffahrunfall vermeiden. Nach diesem Bremsmanöver wechselte der Golf nun endgültig auf den rechten Fahrstreifen und ermöglichte mir den Überholvorgang. Nun schloß ich auf den Alhambra wieder auf. Bei ca. 140 km/h und einem Sicherheitsabstand von ca 40 Meter zum Alhambra leitete dieser ohne ersichtlichen Grund eine Vollbremsung ein. Ich konnte mit Mühe nun neuerlich einen Auffahrunfall verhindern. Ich fühlte mich durch diese Fahrweise in meiner Sicherheit gefährdet und erstattete deshalb bei der nächsmöglichen Gendarmeriedienstelle die Anzeige. Ich habe mir lange überlegt ob es sinnvoll ist die Anzeige zu erstatten, weil im Alhambra mehrere Personen sich befunden haben und ich damit rechnen muß, dass alle diese Personen gegen mich aussagen könnten."

 

In der oben erwähnten Anzeige der Verkehrsabteilung Außenstelle Haid wurden die Angaben des Anzeigers hinsichtlich des vorgeworfenen Sachverhaltes insoferne ergänzt, dass als Straßenkilometer "246.000" ausgeführt wurde.

 

Wegen mehrerer in der Niederschrift angeführter Übertretungen wurde gegen den Berufungswerber zunächst eine Strafverfügung erlassen, welche von diesem beeinsprucht wurde. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat daraufhin in zwei Punkten das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt, dies mit der Begründung, dass die vom Anzeiger dargestellten Fahrmanöver dergestalt nicht nachvollziehbar wären. Hinsichtlich § 18 Abs.1 StVO 1960 wurde jedoch das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn u.a. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Aus der zitierten Bestimmung ist abzuleiten, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz in dubio pro reo anzuwenden ist. Nach diesem Grundsatz ist die Verhängung einer Verwaltungsstrafe nur dann zulässig, wenn das entscheidende Organ mit Sicherheit von der Richtigkeit des Gesamttatvorwurfes überzeugt werden kann.

 

Im gegenständlichen Falle liegt der Bestrafung lediglich die Angabe einer Privatperson zu Grunde, diese Angabe wurde von dem die Anzeige aufnehmenden Gendarmeriebeamten in einer Niederschrift festgehalten. Eine zeugenschaftliche Einvernahme wurde jedoch nicht durchgeführt. Grundsätzlich könnte ein derartiger Verfahrensmangel, wenn auch im Hinblick auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit aufwändiger als im erstinstanzlichen Verfahren, im Berufungsverfahren nachgeholt werden, im vorliegenden Falle wäre jedoch mit einer derartigen Beweisaufnahme nichts mehr gewonnen.

 

In der Niederschrift, welche am 13.2.2005 aufgenommen wurde, findet sich nämlich kein konkreter Hinweis, wo genau die Verwaltungsübertretung begangen worden wäre. Angaben finden sich lediglich dahingehend, dass sich der Vorfall kurz vor dem Baustellenbereich in St.Georgen bzw. in der Folge im Bereich des Baustellenüberganges oder aber auch im Bereich der Durchfahrt der Baustelle ereignet haben könnte. In der Anzeige der Verkehrsabteilung Außenstelle Haid wurde zwar Straßenkilometer 246.000 angeführt, diese Angabe wurde auch in das Straferkenntnis übernommen, konkrete Angaben dahingehend, warum gerade dieser Straßenkilometer angeführt wurde, finden sich jedoch nicht.

 

Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Angabe des Tatortes ein wesentliches Tatbestandsmerkmal iSd § 44a Z1 VStG darstellt. Jedenfalls hat die Tatortbeschreibung in so konkretisierter Weise zu erfolgen, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw. sich rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Im gegenständlichen Falle finden sich in der Niederschrift vom 13.2.2005 nach Auffassung der erkennenden Berufungsbehörde keinerlei exakte Hinweise dahingehend, wo tatortmäßig genau die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen wurde. Dies insbesondere auch unter dem Aspekt, dass die Übertretung offensichtlich über eine längere Strecke stattgefunden hat, sodass letztlich auch dem Grunde nach die Möglichkeit einer Doppelbestrafung des Beschuldigten nicht ausgeschlossen werden kann.

 

In Anbetracht dessen, dass die exakte Feststellung des Tatortes ein wesentliches Tatbestandsmerkmal bildet und die Verfolgung eines derartig wesentlichen Tatbestandsmerkmales an eine Frist gebunden ist (Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG), diese Verfolgungsverjährungsfrist jedoch mittlerweile abgelaufen ist, ist eine entsprechende Beweisergänzung im Berufungsverfahren entbehrlich.

 

Jedenfalls reichen die in der Niederschrift festgehaltenen Angaben des Anzeigers im vorliegenden konkreten Falle nicht aus, die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in allen wesentlichen Punkten als erwiesen anzusehen.

 

In Stattgebung der Berufung war daher in dubio pro reo das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. K i s c h

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