Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400276/4/Gf/Km

Linz, 19.07.1994

VwSen-400276/4/Gf/Km Linz, am 19. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des A, vertreten durch RA, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird abgewiesen und es wird festgestellt, daß die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer ist verpflichtet, der Bundespolizeidirektion Linz Kosten in Höhe von 376,66 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 52 Abs. 4 FrG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Über den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen aus Bangla Desh, wurde - nachdem die Gültigkeit der ihm erteilten Aufenthaltsbewilligung am 12. März 1994 geendet hatte mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Juli 1994, Zl. Fr-83743, die Schubhaft verhängt und diese durch unmittelbare Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Linz vollzogen.

1.2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 7.

Juli 1994, Zl. Fr-83743, wurde über den Beschwerdeführer die Ausweisung verfügt.

2.1. Mit der vorliegenden, am 15. Juli 1994 beim Oö.

Verwaltungssenat eingebrachten "Beschwerde gemäß §§ 51 Abs.

1 und 52 FrG" (und nicht: einer Maßnahmenbeschwerde gemäß § 67c AVG) wendet sich der Beschwerdeführer seinem gesamten Vorbringen nach nicht gegen die Verhängung der Schubhaft dem Grunde nach - er will im Gegenteil "so schnell wie möglich zurück nach Bangla Desh" (vgl. die Niederschrift vom 4. Juli 1994, Zl. Fr-83743) -, sondern nur insoweit gegen seine Anhaltung in Schubhaft, als es die Haftbedingungen betrifft.

In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer vor, daß er im Zuge seiner Verhaftung einen Bruch des linken Oberarmes erlitten habe, weshalb ihm ein Gipsverband angelegt worden sei, der auch den ganzen restlichen Oberkörper erfasse. Die sanitären Anlagen im Polizeigefangenenhaus Linz würden aber eine menschenwürdige, nämlich halbwegs schmerzfreie Körperpflege nicht ermöglichen. Außerdem sei ihm verwehrt worden, sich auch während des Tages in seiner Zelle hinzulegen, um auf diese Weise die Schmerzen leichter ertragen zu können; vielmehr müsse er sich aufgrund der Anstaltsordnung gleich wie die anderen Häftlinge im Gemeinschaftsraum aufhalten. Schmerzlindernde Medikamente würden ihm nur sporadisch verabreicht und würden diese außerdem Müdigkeit sowie einen allgemein niedergeschlagenen Zustand verursa chen. Schließlich erfolge lediglich einmal pro Woche eine Überstellung zur Untersuchung in eine Krankenanstalt.

Da der Beschwerdeführer somit aufgrund der im Polizeigefangenenhaus Linz herrschenden Rahmenbedingungen als haftuntauglich anzusehen sei, wird die Aufhebung der verhängten Schubhaft, in eventu die Verlegung des Beschwerdeführers in eine Krankenstation beantragt.

2.2. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr-83743; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte im übrigen gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. 838/1992 (im folgenden: FrG), von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Zur Zuständigkeit:

Nach der derzeit gültigen "Geschäftsverteilung des Oö.

Verwaltungssenates ab 1. April 1994" differiert die Zuständigkeit der Mitglieder des Oö. Verwaltungssenates zur Entscheidung über Schubhaftbeschwerden danach, mit welchem Buchstaben der Familienname des Beschwerdeführers beginnt. Im gegenständlichen Fall bedeutet dies, daß je nachdem, ob "A" oder "M" als der Familienname des Beschwerdeführers anzusehen ist, jeweils ein anderes Mitglied des Oö. Verwaltungssenates zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde zuständig ist.

In dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt werden nun abwechselnd sowohl "A" als auch "M" als Familienname des Beschwerdeführers geführt, und zwar jeweils sowohl von der belangten als auch von anderen verfahrensbeteiligten Behörden. Eine telefonische Rückfrage bei der belangten Behörde ergab, daß diese Frage in Ermangelung jenes Reisepasses, den der Beschwerdeführer jeweils anläßlich seiner Anträge auf Sichtvermerkserteilung vorgelegt hat, über dessen Verbleib er aber nunmehr keine zweckdienliche Auskunft mehr zu geben vermag, derzeit nicht eindeutig geklärt werden kann.

Da aufgrund der von seinem Rechtsvertreter verfaßten Beschwerde, in der "M" in Druckschrift und "A" in Blockbuchstaben geschrieben wurde, eine vorläufige Zuteilung nach dem Gesichtspunkt erfolgte, daß deshalb vermutlich aus der Sicht des Beschwerdeführers "A" als sein Familienname anzusehen ist, bleibt diese Einschätzung mangels gegenteiliger Anhaltspunkte und im Hinblick darauf, daß wegen der Entscheidungsfrist des § 52 Abs. 2 Z. 2 FrG die Zeit für umfangreiche Ermittlungen in dieser Detailfrage nicht hinreicht, aufrecht und ist somit zuständigkeitsbegründend, ohne daß deshalb aber ein Präjudiz hinsichtlich allfälliger weiterer Beschwerden des Beschwerdeführers geschaffen wäre.

4.2. In der Sache selbst:

4.2.1. Gemäß § 51 FrG hat derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung anzurufen.

Nach § 41 Abs. 1 FrG können Fremde ua. dann in Schubhaft angehalten werden, wenn dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung zu sichern.

Gemäß § 45 Abs. 3 FrG ist bei dieser Anhaltung auf die Achtung der Menschenwürde des Fremden und auf die möglichste Schonung seiner Person Bedacht zu nehmen. Die Schubhaft ist nach § 46 Abs. 1 FrG im Haftraum jener Behörde zu vollziehen, die sie verhängt hat.

Gemäß § 47 Abs. 1 FrG iVm § 53c Abs. 6 VStG und § 7 Abs. 2 der Polizeigefangenenhaus-Hausordnung, BGBl.Nr. 566/1988 (im folgenden: PG-HO), dürfen Personen, die Verletzungen aufweisen, die eine auch nur kurze Anhaltung bedenklich erscheinen lassen, erst dann aufgenommen werden, wenn eine ärztliche Untersuchung die Haftfähigkeit erwiesen hat. Nach § 10 Abs. 1 PG-HO sind Häftlinge, deren Haftfähigkeit bereits festgestellt wurde, auf begründetes Verlangen oder dann, wenn ihre weitere Haftfähigkeit in Zweifel steht, unverzüglich dem Arzt vorzuführen; die von ihm angeordneten Maßnahmen (zB auch Bettruhe) sind durchzuführen. Gemäß § 23 Abs. 1 und 2 PG-HO haben Häftlinge Beschwerden wegen Verletzung der ihnen aus der PG-HO erwachsenden Rechte dem Kommandanten vorzutragen; richtet sich die Beschwerde gegen Aufsichtsorgane, so hat hierüber der Kommandant zu entscheiden; richtet sie sich aber gegen eine von ihm oder vom Arzt getroffene Maßnahme, so ist diese der Behörde vorzulegen, die darüber - außer bei Beschwerden über vom Arzt getroffene Maßnahmen - mit Bescheid zu entscheiden hat.

4.2.2. Im gegenständlichen Fall stellt sich die Sachlage so dar, daß die Verletzung des Beschwerdeführers am 30. Juni 1994 um 15.54 Uhr im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Linz mit einem Gipsverband versorgt und der Beschwerdeführer zur Nachbehandlung für den 7. Juli 1994 um 8.00 Uhr dorthin vorbestellt wurde. Die Schubhaft wurde mit der persönlichen Übergabe des Schubhaftbescheides am 1. Juli 1994 um 12.45 Uhr angeordnet und unmittelbar durch Übergabe in das Polizeigefangenenhaus Linz vollzogen. Um 13.00 Uhr desselben Tages wurde der Beschwerdeführer daraufhin dem Amtsarzt der Bundespolizeidirektion Linz vorgeführt; die Untersuchung ergab folgenden "Befund und Gutachten Betrifft: M, geb. 13.3.56 in Bangladesh, dzt. ha in Schubhaft, wurde auf Grund seines heftigen Widerstandes bei der Festnahme am li Oberarm verletzt, und zwar ohne jegliche Absicht durch die festnehmenden Beamten.

M. wurde in das AKH - Unfall zur Feststellung der Verletzung gebracht, dabei wurde eine OA - fract li diagnostiziert.

Bei der heutigen Gegenüberstellung wurde an keiner Stelle des Körpers eine weitere Verletzung festgestellt, auch im Befund des AKH v. 30.6.94.

ist keine weitere Verletzung außer der angeg. Diagnose angeführt.

Die Angaben des M., er sei von den Beamten bei der Festnahme verletzt worden, konnten bei der heutigen Gegenüberstellung nicht bestätigt werden.

Befund-Erg.: fract. am li OA, dzt. Gips-Desault f. 3 Wo, sonst keine Verletzung festzustellen.

(Unterschrift)" In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 7. Juli 1994 und am 14. Juli 1994 jeweils zur Nachbehandlung in das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Linz überstellt und zuletzt wiederum für eine neuerliche Nachbehandlung für den 21. Juli 1994 vorbestellt.

4.2.3. Wie sich aus dem Gutachten des Amtsarztes der Bundespolizeidirektion Linz ergibt, ist der alleinige Umstand einer mit einem Gipsverband behandelten Oberarmfraktur offensichtlich schon von vornherein nicht geeignet, die Hafttauglichkeit des Beschwerdeführers in Zweifel zu ziehen.

Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als solche erweist sich daher allein aus diesem Grund jedenfalls nicht als rechtswidrig.

Allfällige Widrigkeiten im Zusammenhang mit dem praktischen Vollzug der Schubhaft wären im übrigen nicht mit Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat, sondern gemäß § 23 PG-HO (s.o., 4.2.1.) geltend zumachen.

4.2.4. Dauert die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates - wie im vorliegenden Fall - noch an, so hat sich dieser bei seiner rechtlichen Beurteilung gemäß § 52 Abs. 4 FrG nicht bloß auf die geltend gemachten Beschwerdepunkte zu beschränken, sondern umfassend zu prüfen, ob sämtliche für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen auch weiterhin vorliegen.

Dies trifft gegenständlich zu.

Denn nach seinem eigenen Vorbringen verfügt der Beschwerdeführer weder über die zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes erforderlichen finanziellen Mittel noch über eine geordnete Unterkunftsmöglichkeit, weshalb er sich auch - wie aus dem Inhalt der vorliegenden Beschwerde hervorgeht - durch die Anhaltung in Schubhaft an sich ohnehin nicht als in seinen Rechten verletzt erachtet. Die Prognose, daß sich der Beschwerdeführer insbesondere die Mittel für seinen Unterhalt im Wege einer unerlaubten Beschäftigung zu beschaffen versuchen wird, ist aber angesichts des Umstandes, daß er früher schon gelegentlich als Zeitungskolporteur gearbeitet hat, jedenfalls nicht unbegründet und sohin auch objektiv geeignet, die Notwendigkeit der Schubhaftverhängung zu erweisen.

Daß und insoweit sich seine Anhaltung in Schubhaft durch die Notwendigkeit der Beantragung eines Heimreisezertifikates verlängert, hat sich der Beschwerdeführer - wenn er die Herausgabe seines Reisepasses, sollte er tatsächlich noch über einen solchen verfügen, verweigert - als Folge seiner dann trotz der Absichtserklärung, so schnell wie möglich wieder zurück in seinen Heimatstaat gelangen zu wollen, fehlenden Bereitschaft, mit der belangten Behörde zu kooperieren, hingegen selbst zuzuschreiben.

4.2.5. Bei dieser Sachlage war sohin die vorliegende Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen und unter einem gemäß § 52 Abs. 4 FrG festzustellen, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5. Angesichts dieses Verfahrensergebnisses waren der belangten Behörde gemäß § 79a AVG Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 376,66 S (Aktenvorlageaufwand) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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