Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160762/13/Bi/Be

Linz, 30.01.2006

 

 

 

VwSen-160762/13/Bi/Be Linz, am 30. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Mag G P, vertreten durch RA Dr. W W, vom 8. Juli 2005 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 22. Juni 2005, S-1502/05-4, wegen Übertretung der StVO 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 19. Jänner 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 24,60 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 123 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil er am 30. Oktober 2004 um 10.30 Uhr in Schörfling am Attersee, A1, Strkm 321.180, FR Salzburg, das gelenkt und die auf der Autobahn zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten habe, da die Fahrgeschwindigkeit 167 km/h betragen habe, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt worden sei (die Messfehlergrenze sei abgezogen worden).

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 12,30 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 19. Jänner 2006 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Beschuldigtenvertreters RA Dr. W W, der Zeugen Meldungsleger RI R N (Ml) und RI A S und des technischen Amtssachverständigen Ing. R H durchgeführt. Der Bw war ebenso entschuldigt wie der Vertreter der Erstinstanz. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, von einer Abtretung des Aktes sei er nie verständigt worden, weshalb er seine Anträge weiter an die BH Vöcklabruck gesandt habe. Er habe Fristverlängerungsanträge, zuletzt bis 4.7.2005, gestellt, die die Erstinstanz ohne jegliche Begründung ignoriert habe. Damit sei das Prinzip des Parteiengehörs verletzt worden. Ihm sei jegliche Möglichkeit genommen worden, sich zu äußern und das Straferkenntnis vom 22.6.2005 sei daher rechtswidrig wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.

In der Anzeige werde nur auf ein System VKS 3.0 verwiesen, mit dem unter Einhaltung der Verwendungsbestimmungen die Geschwindigkeitsmessung erfolgt sei, jedoch werde nichts angegeben, um welches System es sich handle, welche konkreten Verwendungsbestimmungen zu beachten seien und auf welche Weise diese beachtet worden seien, ob das System geeicht sei und von welcher Stelle und bis zu welchem Datum eine allfällige Eichung erfolgt sei. Die Judikatur, dass einem mit der Radarmessung betrauten Beamten aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Radargerätes zuzumuten sei, sei auf das System VKS 3.0 nicht umlegbar. Die Begründung des Straferkenntnisses sei schlichtweg unverständlich, es sei vielmehr überhaupt nicht begründet. Beantragt wird eine mündliche Verhandlung sowie Verfahrenseinstellung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Beschuldigtenvertreter (BV) gehört, die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt, die beiden Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen, der dem Tatvorwurf zugrundeliegende Videofilm eingesehen und ein technisches SV-Gutachten zur Heranziehbarkeit des gemessenen Geschwindigkeitswertes als Grundlage für den Tatvorwurf eingeholt wurde.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die beiden Zeugen, Beamte der Landesverkehrsabteilung in Linz, führten am 30. Oktober 2004 im Bereich der Autobahnbrücke Schörfling bei km 231.180 der A1, RFB Salzburg, mit dem geeichten System VKS 3.0 Geschwindigkeits- und Abstandsmessungen durch, wobei das System mit der IdentifikationsNr. A11, das laut Anzeige verwendet wurde, gemäß dem vorgelegten Eichschein vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen zuletzt vorher am 18. August 2003 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2006 geeicht worden war. Beide Beamte waren zum Messzeitpunkt geschult, der Ml seit Herbst 2004, RI S seit Herbst 2003. Die Zeugen schilderten die wesentlichen Verwendungsbestimmungen des genannten Systems, die bei der Aufstellung der Videokameras und bei der Auswertung des Videos zu beachten sind. Dabei fiel auf, dass der Ml - ob er diese so automatisch befolgt, dass er bei der Beschreibung auf Einzelheiten "vergessen" hat, oder er sich von der Art der Befragung durch den BV ablenken ließ, bleibt dahingestellt - wesentliche Vorbereitungshandlungen bei der Aufstellung der Kameras und vor Beginn der Auswertung "ausließ", was seitens des BV Zweifel an den fachlichen Kenntnissen des Zeugen zu begründen geeignet war, denen dieser auch Ausdruck verlieh.

Erklärt wurde, dass die Aufstellung der drei Kameras durch beide Beamte, die Videoüberwachung durch einen und die Messung durch den anderen Beamten erfolgte. Die Software für die konkrete Messstelle, die Autobahnbrücke in Schörfling, wird durch entsprechendes Anklicken aufgerufen, dann wird durch Anklicken der weißen, auf der Fahrbahn angebrachten Markierungen in einer bestimmten Reihenfolge die Messstelle kontrolliert. Von beiden Zeugen wurde festgehalten, dass bei eventellen Fehlern der Computer die Messstelle nicht akzeptiere und eine Messung (Auswertung) gar nicht erfolgen könne.

Der SV legte nach Abspielen des Videobandes, dass das damals vom Bw gelenkte Fahrzeug auf dem Autobahnabschnitt vor Passieren der Brücke zeigt, dar, dass er die durch die der Anzeige beigelegten drei Fotos dokumentierte von den Beamten durchgeführte Auswertung auf einem von der Polizei unabhängigen Messsystem, das bei Amt der Oö. Landesregierung vorliegt, einer "Gutachterversion", nachkontrolliert hat, wobei es sich bei der in Rede stehenden um eine vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen freigegebene Messstelle handle, bei der die für eine ordnungsgemäße fotogrammetrische Auswertung erforderlichen Rahmenbedingungen erfüllt sind. Die Nachkontrolle ergab, dass der gemessene Wert von 173 km/h, abzüglich einer eichtechnischen Messtoleranz von 3%, dh die vorgeworfene Geschwindigkeit von 167 km/h sich bei Heranziehung anderer Bildfolgen des Videofilms als richtig erwiesen hat, wobei sogar eine geringfügige Erhöhung der Geschwindigkeit des vom Bw gelenkten Fahrzeuges um 1 km/h erfolgte. Das mit der Gutachterversion des Messsystems erstellte Geschwindigkeitsdiagramm zeigt, dass das Fahrzeug des Bw jedenfalls nicht abgebremst wurde.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges ... auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Die auf der Grundlage der Anzeige an die Zulassungsbesitzerin des Pkw, die PR Invest & Consult GmbH in Linz, ergangene Aufforderung zur Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 wurde dahingehend erfült, dass der Bw als Lenker zum angefragten Zeitpunkt genannt wurde. Der Bw hat seine Lenkereigenschaft nicht bestritten.

Örtlich zuständig war die BH Vöcklabruck, die zwar auch noch die an den Bw gerichtete Strafverfügung vom 17. November 2004 erlassen hat, jedoch den Akt - im Einspruch wurde beantragt, den Akt zur Einsichtnahme der BPD Linz zu übermitteln - mit Schriftsatz vom 10. Jänner 2005 der Wohnsitzbehörde des Bw gemäß § 29a VStG abgetreten hat. Seitens der Erstinstanz ergingen drei Ladungen an den Bw zu Handen seines BV, die dieser ignoriert hat, sodass schließlich die - der Erstinstanz deutlich zuordenbare - Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. Mai 2005 erging, die der BV mit zwei in keiner Weise begründeten oder sonstwie nachvollziehbaren Fristverlängerungsanträgen an die BH Vöcklabruck beantwortete; zuletzt der vom 20. Juni 2005 mit Antrag auf Verlängerung bis 4. Juli 2005.

Die BH Vöcklabruck hat zwar die Anträge der Erstinstanz nachgesandt, so den Antrag vom 6. Juni 2005 am 27. Juni 2005, jedoch wurde dem BV das Straferkenntnis der Erstinstanz bereits am 24. Juni 2005 zugestellt.

Wenn dieser daher eine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch Nichtbeachtung seiner Fristverlängerungsanträge geltend macht und Anträge auf Verlängerung der Frist für die Rechtfertigung, zu der er von der Erstinstanz - deutlich erkennbar im eigenen Namen - aufgefordert wurde, an die BH Vöcklabruck sendet, nachdem er immerhin drei Ladungen zur Erstinstanz keine Folge geleistet hatte, darf er sich zum einen nicht wundern, wenn er keine Kenntnis von der Abtretung des Verfahrens erlangt hat, und zum anderen, dass seine unbegründeten und an die falsche Behörde gesandten Anträge nicht berücksichtigt werden konnten, weil die zuständige Erstinstanz zu spät Kenntnis von diesen Anträgen erlangt hat. In der Aufforderung zur Rechtfertigung wurde dem Bw eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung (23. Mai 2005), das war bis 6. Juni 2005, eingeräumt, die dieser nicht eingehalten hat. Nachdem er nach bereits dreimaliger Ladung auch nicht sonstwie in Erscheinung getreten ist, kann in der offensichtlichen Ansicht der Erstinstanz, der Bw wolle das Verfahren lediglich verzögern, keine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt werden, wenn sie mit der Erlassung des Straferkenntnisses nicht noch länger (aber doch immerhin bis 23. Juni 2005) zugewartet hat. Abgesehen davon sind mit Einbringung der Berufung alle diese rechtlichen Argumente des Bw hinfällig.

Die Abtretung gemäß § 29a VStG war jedenfalls zulässig, weil der Bw in Linz wohnt und damit eine wesentliche Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung gegeben war.

Auch inhaltlich ist den Argumenten in der Berufung hinsichtlich des Tatvorwurfs einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn um 37 km/h auf der Grundlage der ausführlichen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung nicht zuzustimmen. Das verwendete System VKS 3.0 war ordnungsgemäß geeicht, die Messstelle von Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen freigegeben. Die Auswertung des Videos durch den Sachverständigen hat zweifellos ergeben, dass die Zeugen die Auswertung der Videoaufnahmen fehlerfrei und nach technischen Gesichtspunkten richtig durchgeführt haben. Abzüglich der Eichtoleranz von 3 % vom gemessenen Wert von 173 km/h ist der dem Bw vorgeworfene Wert von 167 km/h als Grundlage für den Tatvorwurf aus technischer Sicht geeignet, zumal sich auch ergeben hat, dass das vom Bw gelenkte Fahrzeug im Messbereich sogar um 1 km/h schneller wurde.

Der Bw hat daher ohne jeden Zweifel den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt und, da von einer Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG kein Rede sein kann, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Ob die vom Bw angeführte Judikatur des VwGH von der Schulung der Messbeamten bei Laser und Radar auch auf das System VKS 3.0 übertragbar ist, bleibt im gegenständlichen Fall aufgrund der technischen Nachvollziehbarkeit durch die Gutachterversion dahingestellt.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die bisherige Unbescholtenheit des Bw als mildernd, das Ausmaß der Überschreitung als erschwerend gewertet und dessen finanzielle Verhältnisse - unwidersprochen und nicht anders belegt - auf 1.500 Euro monatlich netto bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten geschätzt.

Auch wenn die Wertung als Straferschwerungsgrund bei 37 km/h Überschreitung nicht zutrifft, ist doch davon auszugehen, dass der Unrechtsgehalt der Übertretung mit zunehmendem Ausmaß der Überschreitung höher wird, sodass im Ergebnis eine Herabsetzung der verhängten Strafe nicht gerechtfertigt war. Die verhängte Strafe liegt im unteren Bereich des gesetzliche Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft zur genauesten Einhaltung der Geschwindigkeitsbestimmungen auf Autobahnen anhalten. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

167 km/h nach 3 % Toleranzabzug mit VKS 3.0 festgestellt

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