Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160773/2/Bi/Be

Linz, 02.09.2005

 

 

 

VwSen-160773/2/Bi/Be Linz, am 2. September 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn A P, vertreten durch RA T M, vom 16. August 2005 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Wels vom 1. August 2005, III-S-12.372/04/S, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt wird.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag der Erstinstanz ermäßigt sich auf 15 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz - VStG

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 200 Euro (96 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges auf schriftliche Anfrage der Bundespolizeidirektion Wels vom 10. Jänner 2005, zugestellt am 14. Jänner 2005, nicht binnen zwei Wochen darüber Auskunft erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 25. September 2004 um 23.58 Uhr gelenkt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Vorschrift des § 103 Abs.2 KFG sei für ihn nicht gültig und bindend. Sie sei zwar auf Kraftfahrzeuge und deren Lenker anzuwenden, so lange sie sich in Österreich befänden, sei aber nicht in der Lage, ihm Handlungspflichten aufzuerlegen, wenn er selbst kein österreichisches Hoheitsgebiet betreten habe. Er könne unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht gezwungen werden, sich selbst zu belasten oder einen Angehörigen der Tat zu bezichtigen. Es könnten nur allgemeine Auskunftsrechte zurücktreten nicht aber Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrechte, die gerade anlässlich einer Strafverfolgung eingeräumt würden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der auf den Bw zugelassene Pkw am 25. September 2004, 23.58 Uhr in Wels, Kreuzung Roseggerstraße - Dr. Gross-Straße - Eisenhowerstraße, FR Norden, von einer Rotlichtkamera aufgenommen wurde, wobei auf den beiden Fotos ersichtlich ist, dass der Lenker bei Rotlicht der dortigen Verkehrslichtsignalanlage nicht vor der Haltelinie angehalten hat.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, daß derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines KFZ zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung - und zwar gemäß der Bestimmung des KFG 1967 und nicht mehr wegen des zur Lenkeranfrage geführt habenden Grunddeliktes der StVO 1960 - begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat.

Im übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991, Nr.23 der Spruchbeilage).

Der Inlandsbezug ist im gegenständlichen Fall insofern gegeben, als das auf den Rechtsmittelwerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

 

Der Bw hat auf die Lenkeranfrage vom 10. Jänner 2005, die ihm laut Rückschein am 14. Jänner 2005 zu eigenen Handen zugestellt wurde, in keiner Weise reagiert. Eine Auskunft im Sinne des Ersuchens wurde somit nicht erteilt und auch keine Person benannt, die die gewünschte Auskunft erteilen hätte können.

 

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre.

Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung war unmissverständlich. Der Bw hat dadurch, dass er auf die Lenkeranfrage nicht reagiert hat, den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist. Selbst wenn die in Österreich verhängte Geldstrafe in Deutschland nicht vollstreckbar sein sollte, wäre sie - so lange § 103 Abs.2 KFG, dessen letzter Satz in Österreich im Verfassungsrang steht, Geltung besitzt - in Österreich vollstreckbar.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 2.180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz ging laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses von einem geschätzten Einkommen von 1.500 Euro bei fehlendem Vermögen und Sorgepflichten aus. Da sich aus dem Verfahrensakt nichts Gegenteiliges ergibt, war von der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit des Bw auszugehen, die als wesentlicher Milderungsgrund zu werten gewesen wäre. Die aus diesem Grund nunmehr herabgesetzte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG und liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Zulassungsbesitzer - Strafherabsetzung

 

 

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