Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400299/6/Gf/Km

Linz, 20.10.1994

VwSen-400299/6/Gf/Km Linz, am 20. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde der Z, slowakische Staatsangehörige (alias L rumänische Staatsangehörige), vertreten durch RA wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Braunau, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (dem Bezirkshauptmann von Braunau) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 3.043,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG.

Zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit Schriftsatz vom 12.10.1994, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 14.10.1994, erhob die Beschwerdeführerin eine auf § 51 FrG gestützte Beschwerde gegen die auf den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 9. Oktober 1994, Zl. Sich-0702-/Gi, gegründete und am selben Tag durch Überstellung in das Landesgerichtliche Gefangenenhaus Ried vollzogene Anhaltung in Schubhaft und beantragte die unverzügliche Entlassung.

1.2. Im angefochtenen Schubhaftbescheid führte die belangte Behörde begründend aus, daß die Beschwerdeführerin im "Club R" in G angetroffen worden sei, wobei der Verdacht bestehe, daß sie dort die Prostitution ausgeübt hat. Sie sei im Besitz eines tschechischen Reisepasses, jedoch nicht einer für den Aufenthalt in Österreich erforderlichen Aufenthaltsbewilligung. Da sie sich somit offensichtlich illegal im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalte und überdies der Verdacht bestehe, daß sie gegen Vorschriften verstoßen habe, mit denen die Prostitution geregelt sei, sei gegen sie ein Verfahren gemäß § 17 FrG betreffend die Ausweisung aus dem Bundesgebiet einzuleiten gewesen. Abschließend wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin nicht polizeilich gemeldet sei, weshalb ernsthaft die Gefahr bestehe, daß sie sich bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen und dadurch die angeführten fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern werde.

1.3. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, daß sie erst im September 1994 nach Österreich eingereist sei. Da sie nur touristische Zwecke verfolgte, wäre die Ausstellung eines Sichtvermerks nicht erforderlich gewesen. Sie sei auch jetzt noch nicht länger als drei Monate durchgehend in Österreich.

In späterer Folge sei ihr angeboten worden, als Tänzerin und Animierdame auf Provisionsbasis zu arbeiten, was sie schließlich einige Wochen gemacht hätte, mit dem Zweck, sich später einen PKW zu kaufen, um wieder in die Slowakei zurückzukehren. Zwischenzeitlich hätte sie auch bereits 4.000 DM und könne bald ihren PKW-Wunsch verwirklichen und in die Heimat zurückkehren.

Den Vorwurf, daß sie der Prostitution nachgegangen wäre, wies sie mit aller Entschiedenheit zurück und bemerkte, daß es keine wie immer gearteten Beweise dafür gebe. In der Bar "R" hätte sie sich lediglich versteckt, um Schwierigkeiten mit der Polizei zu vermeiden.

Der Bescheidbegründung betreffend fehlende Aufenthaltsbewilligung hielt sie entgegen, daß sie als Touristin keine derartige brauchen würde. Da auch der Vorwurf der Prostitution nicht beweisbar wäre, sei die Verhängung der Haft auf Grund einer unklaren Sach- und Rechtslage unzulässig und verstoße gegen die anerkannten Grundsätze der MRK. Sie führt weiters an, daß sie einen Wohnsitz und ausreichend Geld für ihren Unterhalt hätte. Die Ausweisung sei auch in keiner Weise begründet worden, weshalb die Verhängung der Schubhaft ein Willkürakt der Behörde und somit völlig rechtswidrig wäre.

Sie beantragte daher, möglichst umgehend aus der Haft entlassen zu werden, zumal diese einen wesentlichen Eingriff in die persönliche Integrität darstelle.

2.1. Der Bezirkshauptmann von Braunau als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 14.10.1994 vorgelegt und mitgeteilt, daß sich die Bf. in Schubhaft im landesgerichtlichen Gefangenenhaus in Ried befinde; er hat überdies eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde sowie die Zuerkennung des pauschalierten Aufwandersatzes beantragt.

In ihrer Gegenschrift weist die belangte Behörde darauf hin, daß die Bf. eine Erwerbstätigkeit ausübe, die hiefür erforderliche Bewilligung nach § 1 des Aufenthaltsgesetzes jedoch nicht vorweisen könne. Der Behauptung in der Beschwerde, daß die Bf. keinesfalls die Prostitution ausgeübt habe, wird entgegengehalten, daß eine entsprechende Untersuchung am 6.10.1994 vorgenommen worden sei und es eine allgemein bekannte Tatsache sei, daß derzeit eine große Anzahl von Staatsbürgerinnen aus Osteuropa in Österreich unerlaubt die Prostitution ausüben. Zum Argument, daß eine Touristin keinen Sichtvermerk brauche, verweist die belangte Behörde auf das Abkommen zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl.

47/1990, welches weiterhin anzuwenden sei und wonach sich slowakische Staatsbürger nur 30 Tage im anderen Vertragsstaat aufhalten dürfen, jedoch gemäß Art. 1 Abs. 2 für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit jedenfalls ein Sichtvermerk bzw. eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erforderlich sei. Um eine Erwerbstätigkeit handle es sich auch bei einer Tänzerin, Animierdame oder Prostituierten. Die Anhaltung der Bf. in Schubhaft sei zur Sicherung des Verfahrens somit notwendig, da es in derartigen Kreisen üblich sei, daß die betreffenden Personen sofort nach Bekanntwerden des Umstandes, daß fremdenpolizeiliche Maßnahmen ergriffen wer den, in einen anderen "Club" verbracht werden, um sie so dem Zugriff der Behörden zu entziehen. Sie wären dann kaum mehr aufzugreifen, da - wie bisher - keine polizeiliche Anmeldung erfolge.

2.2. Mit Telefax vom 17.10.1994 teilte die belangte Behörde mit, daß die Bf. am selben Tage in die Slowakei abgeschoben werde.

2.3. Am 18.10.1994 gab die belangte Behörde bekannt, daß die Abschiebung nicht vollzogen werden konnte und die Bf. daher weiter in Schubhaft gehalten wird.

2.4. Gleichzeitig wurde ein Aktenvermerk des Gendarmeriepostens Braunau am Inn vom selben Tag vorgelegt, aus dem hervorgeht, daß die angeordnete Abschiebung deshalb nicht durchgeführt werden konnte, weil bei der Übergabe an die slowakischen Grenzbehörden am Grenzübergang Berg von diesen festgestellt wurde, daß die Reisepässe der Bf. und der gleichfalls abzuschiebenden E total verfälscht und die beiden Frauen überdies der slowakischen Sprache nicht mächtig sind. In der Folge gaben die beiden Frauen gegenüber dem Gendarmeriebeamten an, daß sie die Pässe in Ungarn von Unbekannten um je 1.000 DM gekauft hätten. Zu ihrer Identität gaben sie an, rumänische Staatsangehörige zu sein und in Wahrheit L (alias Z) bzw. M (alias E) zu heißen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Aus führungen in der Beschwerde ausreichend geklärt ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben, zumal die Einvernahme der Bf. zur Wahrheitsfindung in den entscheidungsrelevanten Punkten nichts mehr hätte beitragen können.

4. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz (FrG), BGBl.Nr. 838/1992 idF 110/1994, hat derjenige, der gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde im wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Anhaltung behauptet und die sofortige Haftentlassung beantragt.

Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist daher zulässig.

4.2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Im Hinblick darauf, daß feststeht, daß *) die Bf. seit mehr als 30 Tagen in Österreich anwesend ist, obwohl nach dem Abkommen zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl.

47/1990, die Staatsbürger der Vertragsstaaten bei einem nicht Erwerbszwecken dienenden Aufenthalt über 30 Tagen im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates einen Sichtvermerk benötigen (Art.1 Abs.1 und 2), *) die Bf. nicht für touristische Zwecke eingereist ist (das gegenteilige Beschwerdevorbringen ist durch die mehrfachen eigenen Angaben der Bf. vor dem Gendarmeriepostenkommando E und der Bezirkshauptmannschaft Ried widerlegt), sondern zum Zweck der Arbeitsaufnahme eingereist ist, wofür jedoch nach Art.1 Abs.2 des oben erwähnten Abkommens jedenfalls ein Sichtvermerk erforderlich ist, der jedoch nicht beantragt oder erteilt wurde (als Arbeitsaufnahme gilt jedenfalls auch die zu Erwerbszwecken ausgeübte Tätigkeit des Animierens und Tanzens), *) die Bf. entgegen dem nicht näher konkretisierten Beschwerdevorbringen keinen ordentlichen Wohnsitz hat, weil sie in G, polizeilich nicht gemeldet ist (in der Beschwerde wurde kein anderer ordentlicher Wohnsitz genannt), und *) die Bf. mit einem gefälschten Reisepaß in das Bundesgebiet eingereist und gegenüber den österreichischen Behörden unrichtige Angaben über ihre Person und ihre persönlichen Verhältnisse gemacht hat, erweist sich sohin die Prognose, daß sich die Beschwerdeführerin den gegen sie beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen oder diese zumindest zu erschweren versuchen könnte, jedenfalls als naheliegend.

4.3. Die Gründe für die Verhängung der Schubhaft im Sinne des § 41 FrG waren daher im Zeitpunkt der Inschubhaftnahme gegeben und bestehen auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch fort. Daher war die vorliegende Beschwerde abzuweisen und die Rechtmäßigkeit der Verhängung und weiteren Anhaltung in Schubhaft festzustellen.

Zu II.:

Gemäß § 79a AVG steht der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift verfaßt hat, war ihr nach der Pauschalierungsverordnung, BGBl.Nr. 416/1994, der ent sprechende (um ein Drittel gekürzte) Aufwand zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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