Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160833/6/Bi/Be

Linz, 19.10.2005

 

 

 

VwSen-160833/6/Bi/Be Linz, am 19. Oktober 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M C P, vertreten durch RA Mag. W H, vom 12. September 2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 23. August 2005, VerkR96-5813-2005, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 19. Oktober 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 20 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 Verwaltungsstrafgesetz - VStG

zu II.: § 64 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 100 Euro (42 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kfz, Marke VW, mit dem behördlichen Kennzeichen trotz schriftlicher Aufforderung der BH Grieskirchen vom 28. Juni 2005, VerkR96-5813-2005, persönlich zugestellt am 4. Juli 2005, nicht binnen zwei Wochen der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses oa Kfz am 5. Juni 2005 um 14.20 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne, zumal sein bevollmächtigter Rechtsvertreter RA Mag. W H mit Schreiben vom 8. Juli 2005 mitgeteilt habe, dass es nicht nachvollziehbar sei, wer zum Tatzeitpunkt das Fahrzeug gelenkt habe, da das Fahrzeug von allen Familienmitgliedern benutzt werde; eine physische Person sei nicht benannt und somit keine gesetzeskonforme Lenkerauskunft erteilt worden.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 19. Oktober 2005 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Berufungswerbers und seines Rechtsvertreters durchgeführt; der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Berufungswerber macht im Wesentlichen geltend, es sei für ihn nicht möglich gewesen, den Lenker seines Fahrzeuges zum Tatzeitpunkt ausfindig zu machen; er hätte lediglich sämtliche Familienmitglieder als Auskunftspersonen nennen können, da theoretisch jeder als Auskunftsperson in Frage gekommen wäre. Eine konkrete Auskunftsperson habe er nicht geltend machen können, da im Zeitraum dieselbe Strecke jeweils von unterschiedlichen Familienangehörigen gefahren werde. Es seien oftmals mehrere Personen im Auto gewesen. Es sei ihm, weil das Fahrzeug nur von ihm und Familienangehörigen benutzt werde und es sich um ein reines Privatfahrzeug handle, auch nicht zumutbar Aufzeichnungen zu führen, wer an welchem Tag zu welchem Zeitpunkt gefahren sei. Das Fahrzeug diene keinen Betriebszwecken und es sei auch nicht vorhersehbar gewesen, dass Aufzeichnungen notwendig sein sollen. Das übersteige auch die Pflichten eines bisher unbescholtenen Verkehrsteilnehmers bzw Auskunftspflichtigen aus dem nahen Familienkreis. Daher treffe ihn auch kein fahrlässiges Verhalten und liege damit kein Verschulden vor. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung, in eventu die Durchführung einer Berufungsverhandlung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung bei der der Berufungswerber und sein rechtsfreundlicher Vertreter gehört und die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt wurden.

Aus der Anzeige geht hervor, dass der auf den Bw zugelassene Pkw am 5. Juni 2005, 14.20 Uhr auf der B137 bei km 34.049, FR Grieskirchen, mittels Radar MUVR 6F, Nr.203, mit einer Geschwindigkeit von 109 km/h gemessen wurde, obwohl dort nur 70 km/h erlaubt sind. Nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen wurde eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 103 km/h der Anzeige zugrunde gelegt. Eine Anhaltung des Pkw an Ort und Stelle erfolgte nicht.

Mit Schreiben der Erstinstanz vom 28. Juni 2005 wurde der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens mitzuteilen, wer das Kfz am 5. Juni 2005, 14.20 Uhr, gelenkt habe. Ein Tatort, der Umstand, dass dem Lenker eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt werde und die Mitteilung, dass die Nichterteilung der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei, war im Schreiben ebenfalls enthalten. Die Zustellung erfolgte laut Rückschein am 4. Juli 2005 an den Berufungswerber persönlich.

Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2005 teilte der durch Vollmacht ausgewiesene Rechtsvertreter mit, es sei für den Berufungswerber nicht nachvollziehbar, wer der Lenker zum ggst Zeitpunkt gewesen sei, da das Fahrzeug von allen Familienangehörigen benutzt werde und einzelne Familienmitglieder des öfteren in Österreich mit dem Fahrzeug unterwegs seien. Er selbst sei aber nicht der Lenker gewesen.

Daraufhin erging die fristgerecht beeinspruchte Strafverfügung wegen Übertretung des KFG und nach Belehrung über die diesbezügliche Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes das nunmehr angefochten Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, dass derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat.

Im Übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991 Nr. 23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist insofern gegeben, als das auf den Berufungswerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem Kraftfahrzeug begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung - dh auch ausländischer Kraftfahrzeuge - zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre.

Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall war ausreichend bestimmt und auch leicht verständlich gehalten, zumal das Kennzeichen des auf den Berufungswerber zugelassenen Pkw und eine bestimmte Lenkzeit darin enthalten waren. Die "Auskunft" des Berufungswerbers lautete nur dahingehend, dass er selbst nicht das Fahrzeug gelenkt habe, jedoch weder eine Auskunftsperson noch einen konkreten Lenker benannte. Damit hat er keine Lenkerauskunft im Sinne der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG erteilt (die Behörde verlangte eine Antwort darauf, wer gelenkt hat, nicht, wer nicht gelenkt hat). Auch ist eine bestimmte Frist, nach deren Verstreichen dem Zulassungsbesitzer mangelndes Erinnerungsvermögen zugebilligt wird, im Gesetz nicht enthalten, sodass eine Lenkeranfrage auch Monate nach dem die Anfrage auslösenden Vorfallszeitpunkt noch zulässig ist. Zu diesem Zweck verweist das Gesetz auf die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen - wobei diese Aufzeichnungen nichts mit einem Fahrtenbuch zu tun haben.

Die Frist für die Erteilung der Lenkerauskunft, nämlich zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Anfrage, ist gesetzlich vorgegeben und daher nicht von der Behörde erstreckbar. Die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen ist nicht auf eine dienstliche Verwendung des betreffenden Kraftfahrzeuges beschränkt, sondern gilt unabhängig davon für alle Benutzer und auch, wenn der Zulassungsbesitzer unbescholten ist.

Im gegenständlichen Fall stand die Lenkeranfrage mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nicht- oder nicht fristgerechten Erteilung der gewünschten Auskunft war unmissverständlich, sodass nach dem Wortlaut des Gesetzes der Berufungswerber verpflichtet gewesen wäre, fristgerecht Auskunft zu erteilen, wobei die Postaufgabe innerhalb der zweiwöchigen Frist ausreicht.

Zum Verschulden ist zu sagen, dass es sich bei der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG handelt, bei dem zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber nicht gelungen. Vielmehr muss vom Zulassungsbesitzer (Halter) eines in Österreich gelenkten Kraftfahrzeuges verlangt werden können, dass er sich über die in Österreich für ihn geltenden gesetzlichen Bestimmungen rechtzeitig informiert und gegebenenfalls entsprechende Aufzeichnungen führt, wenn er den Pkw so vielen Personen zum Lenken überlässt, dass ihm eine solche Auskunftserteilung ohne Führung von Aufzeichnungen nicht möglich ist. Auf dieser Grundlage war im gegenständlichen Fall zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen.

Der zur Last gelegte Tatbestand der Nichterteilung einer Lenkerauskunft ist eine eigenständige Verwaltungsübertretung, unabhängig vom Grunddelikt der Geschwindigkeitsüberschreitung, und mit dem Verstreichen der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft - das war im gegenständlichen Fall der 18. Juli 2005 (zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG am 4. Juli 2005 laut Rückschein) - verwirklicht. Eine Auskunftserteilung nach dieser gesetzlich festgelegten Frist ändert daher am Tatbestand nichts.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt aus diesem Grund zu der Überzeugung, dass der Berufungswerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 103 Abs.2 KFG 1967 bis zu 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des Straferkenntnisses - zutreffend - als mildernd die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet und keine straferschwerenden Umstände gefunden. Die finanziellen Verhältnisse des Bw wurden auf 1.500 Euro geschätzt sowie Vermögenslosigkeit und das Fehlen von Sorgepflichten angenommen. Dem wurde nicht widersprochen, sodass auch im Rechtsmittelverfahren davon auszugehen war.

Grundsätzlich ist der Unrechtsgehalt einer Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht als geringfügig anzusehen, zumal durch die Nichterteilung der Lenkerauskunft die Ausforschung und Bestrafung des tatsächlichen Lenkers erschwert bzw wie im gegenständlichen Fall unmöglich gemacht wird. Es entfallen daher Präventivmaßnahmen, die im Sinne des Verkehrssicherheitsdenkens erforderlich gewesen wären, um den tatsächlichen Lenker von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, dass mit der verhängten Strafe das Auslangen gefunden werden kann. Diese liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

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