Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160845/2/Fra/Hu

Linz, 03.11.2005

 

 

 

VwSen-160845/2/Fra/Hu Linz, am 3. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn KB vertreten durch die Herren Rechtsanwälte Dr. KF & Dr. CA gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 2. September 2005, VerkR96-5658-2004-BB, betreffend Übertretung des § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

§ 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 145 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt, weil er am 22.10.2004 um 05.55 Uhr als Lenker des Fahrzeuges, Kennzeichen UU-..............., Personenkraftwagen in der Gemeinde Walding, Lindhamer Straße, Str.km 13,950, aus Richtung Lindham kommend, Kreuzung der Lindhamer Straße mit der Rohrbacher Bundesstraße B127, nach rechts in die B127 in Richtung Linz eingebogen ist und trotz Rotlichtes der Verkehrssignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten hat, sondern weitergefahren ist, obwohl ein sicheres Anhalten möglich gewesen wäre. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Über die dagegen durch die ausgewiesenen Vertreter rechtzeitig eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) erwogen:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung - als nunmehr belangte Behörde - stützt den inkriminierten Tatbestand auf die Angaben des Meldungslegers RI K, wonach dieser laut Anzeige des Gendarmeriepostens O vom 29.10.2002 den spruchgemäßen Sachverhalt festgestellt habe. In den nachfolgenden Zeugenaussagen des Meldungslegers bekräftigte dieser seine bereits in der Anzeige dokumentierten Feststellungen und führte ergänzend aus, dass der Querverkehr zum Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie bereits Grünlicht gehabt habe und er die Übertretung von seinem Fahrzeug aus am Wege zur Arbeit eindeutig wahrnehmen habe können. Es sei als zweites Fahrzeug auf der B127 ca. bei Strkm 14,0, Höhe Bushaltestelle, in Richtung Ottensheim gestanden und habe freie Sicht auf das Beschuldigtenfahrzeug sowie auf die Ampel gehabt. Bis Ottensheim, Höhe Einkaufszentrum, sei der Bw jedenfalls zwei Fahrzeuge vor ihm gefahren.

 

Der Bw hat bereits in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am
9. November 2004 angegeben, zum Tatzeitpunkt aus Richtung Walding kommend zur besagten Kreuzung gefahren zu sein. Er sei bei Rotlicht ca. eine halbe Minute stehen geblieben. Plötzlich sei er durch ein Licht hinter ihm geblendet worden und habe er dies als Aufforderung zum Fahren verstanden. Die Ampel sei zu diesem Zeitpunkt außerhalb seines Sichtbereiches (zu hoch) gewesen. Er habe nach links und nach rechts geschaut. Da keine Fahrzeuge gekommen seien, sei er nach rechts Richtung Rohrbach abgebogen. In seiner durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachten Stellungnahme vom 25.1.2005 brachte der Bw vor, es sei ihm die Tatbeschreibung laut Anzeige nicht erklärlich. Er sei von zu Hause gekommen und über Walding nach St. Martin gefahren, wo er um 6.15 Uhr sein musste, weil er an einer Busfahrt teilgenommen habe. Er könne sich noch erinnern, dass in Walding an der Kreuzung mit der Rohrbacher Bundesstraße die ORF-Nachrichten liefen, es also kurz nach 6.00 Uhr war. Definitiv könne er ausschließen, dass er die Lindhamer Straße aus Lindham kommend befahren hätte. Es sei die in der Anzeige beschriebene Fahrtrichtung (von Lindham kommend) im Übrigen auch nicht mit der beschriebenen Fahrtroute, welche er an diesem Tag zurücklegte (Oberneukirchen - Walding - St. Martin) in Einklang zu bringen. Insoweit scheine ihm die Angabe in der Anzeige nur mit einem Versehen erklärlich. In weiteren Stellungnahmen wiederholte der Bw diese Version.

 

Der Bruder des Bw, Herr WB gab am 9. Mai 2005 zeugenschaftlich vor der belangten Behörde an, mit dem Bw am 22.10.2005 gegen 5.40 Uhr von Oberneukirchen weg und Richtung Gramastetten gefahren zu sein. Er wohne neben seinem Bruder und habe ihn wegfahren gesehen. Den vom Meldungsleger geschilderten Tatort kann er sich nicht erklären. Wenn man vom Haus L wegfahre, so sei die vom Meldungsleger angegebene Fahrstrecke nicht möglich.

 

Herr WP gab am 31. Mai 2005 vor der belangten Behörde zeugenschaftlich an, er sei Obmann des Traditions-, Brauchtums- und Geselligkeitsvereins B. Er habe am 22.10.2004 einen Ausflug nach Graz organisiert. Er sei mit dem Busunternehmer Wagner aus St. Oswald von B um ca. 5.30 Uhr weggefahren. Die Strecke führe über Aigen, Schlägl und Rohrbach, wo drei, zwei und sechs Personen eingestiegen seien. Auf der Strecke habe ihm der Busfahrer, Herr W, gesagt, dass es für ihn besser bzw. kürzer wäre, über Eferding und Aschach, anstatt über Linz nach Graz zu fahren. Es sei ursprünglich ausgemacht gewesen, dass der Bw in Walding in den Bus zusteige. Er habe ihn am Handy angerufen und habe ihn ersucht, in die Stapfenedt zu fahren, wo er bei der P-Tankstelle sein Fahrzeug abstellen könne. Als er den Anruf getätigt habe, sei es ca. 6.00 Uhr gewesen. Sie seien um ca. 6.15 Uhr in der Stapfenedt angekommen, wo der Bw schon auf das Zusteigen gewartet habe.

 

Herr HW gab am 31. Mai 2005 vor der belangten Behörde zeugenschaftlich an, am 22.10.2004 mit dem Traditionsverein B zu den M-Werken nach Graz gefahren zu sein. Er legte auch eine Zusteigeliste vor, die ungefähr (+/- 5 Minuten) den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Aus dieser Zusteigliste geht hervor, dass der Bw um ca. 6.10 Uhr in St. Martin auf dem Pendlerparkplatz zugestiegen ist.

 

In seiner Stellungnahme vom 29.6.2005 brachte der Bw vor, es sei eindeutig belegt, dass er um 6.10 Uhr beim Pendlerparkplatz in St. Martin zugestiegen sei. Damit passe zusammen, dass er laut Aussage des Herrn WB gegen 5.40 Uhr von Oberneukirchen, L weggefahren und gegen 6.00 Uhr in Walding gewesen sei. Nicht in Einklang damit zu bringen sei allerdings die Aussage des Meldungslegers, wonach er zur fraglichen Kreuzung nicht von Norden, sondern von Süden gekommen sein sollte. Nicht damit passe auch zusammen, dass er Richtung Linz gefahren wäre (und dies noch dazu bis Ottensheim!). Eine lebensnahe Rekonstruktion des Geschehnisablaufes - dies auch unter Einbeziehung der Zeugenaussagen - zeige, dass er naturgemäß von Oberneukirchen aus Richtung Norden kommend auf die gegenständliche Kreuzung zugefahren sei und dass er auf diese seine Fahrt Richtung Rohrbach fortgesetzt habe. Die Angaben des meldungslegenden Beamten seien damit zusammenfassend weder mit den sonst vorliegenden Zeugenaussagen in Einklang zu bringen, noch hielten sie seiner lebensnahen Betrachtung stand. Es würde dies nämlich eine - zeitlich gar nicht mögliche - völlig irrsinnige Fahrt bedeuten. Er hätte also zunächst von Oberneukirchen nach Walding fahren müssen, durch Walding durchfahren müssen, dort wenden müssen, um dann endlich an die gegenständliche Kreuzung von Süden her kommend hinfahren zu können, um dann nach rechts weiterzufahren in Richtung Linz, wo er dann irgendwo im Bereich nach Ottensheim wenden hätte müssen, um wieder zurückzufahren - wieder über die gegenständliche Kreuzung - um die Fahrt dann in weiterer Folge Richtung Rohrbach fortzusetzen, um dann endlich bei der Einstiegstelle in St. Martin zu sein. Es wäre dies also wirklich eine geradezu haarsträubende Route, für die es naturgemäß nicht auch nicht nur die geringste Veranlassung gegeben hätte, ganz abgesehen davon, dass sich das alles zeitlich gar nicht ausgehen würde. Zeugenschaftlich belegt sei die Abfahrtszeit, urkundlich belegt sei die Ankunftszeit mit 6.10 Uhr in St. Martin. Wäre er so gefahren, wie sich dies - theoretisch - aus der Schilderung des Meldungslegers ergebe, dann wäre es ihm niemals möglich gewesen, jeweils rechtzeitig zu den objektiv vorhandenen Zeitpunkten an den objektiv nachgewiesenen Stellen zu sein.

 

Der Oö. Verwaltungssenat stellt fest, dass er unter Zugrundelegung der oa. Zeugenaussagen nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Richtigkeit des Tatvorwurfes überzeugt werden konnte. Die belangte Behörde folgt - siehe oben - der Version des Meldungslegers und verweist darauf, dass dieser bei seinen Aussagen unter strafrechtlicher Verantwortung steht sowie darauf, dass er eben aufgrund seiner Schulung und Ausbildung es ohne weiteres möglich war, derartige Übertretungen feststellen zu können. Zu dieser formalen Beweiswürdigung ist einerseits festzuhalten, dass auch die vom Bw namhaft gemachten Zeugen ihre Angaben unter Wahrheitspflicht getätigt haben. Es steht auch außer Zweifel, dass dem Meldungsleger die Wahrnehmung und zutreffende Feststellung des hier entscheidungsrelevanten Sachverhaltes zumutbar ist. Würden die Aussagen des Meldungslegers als einziges Beweismittel vorliegen, bestünde auch kein Zweifel daran, dass der Bw den spruchgemäßen Sachverhalt verwirklicht hat. Im gegenständlichen Fall liegen jedoch gravierende gegenteilige Zeugenaussagen vor, die bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass der Bw bereits in seiner Einvernahme am 9. November 2004 - also rund 2 1/2 Wochen nach dem Vorfall (zu diesem Zeitpunkt war er noch nicht anwaltlich vertreten) seine Version vorgebracht hat. Der Meldungsleger hat seine Anzeige erst am 29.10.2004 erstellt. Es ist also ohne weiteres möglich bzw. nicht auszuschließen, dass sich der Meldungsleger geirrt hat. Möglicherweise hat der Meldungsleger den von ihm in der Anzeige dokumentierten Sachverhalt an einem anderen Tag wahrgenommen. Dem Bw ist zuzustimmen, dass seine oben bezeichnete Fahrt, hätte sie stattgefunden, an Sinnlosigkeit nicht zu überbieten wäre, abgesehen davon, dass sie vom zeitlichen Ablauf im Hinblick auf den Zeitpunkt des Zusteigens zum Bus und den Zeitpunkt des Abfahrens von seinem Wohnort nicht möglich gewesen wäre. Jedenfalls kann man die Fakten: Abfahrtsort Oberneukirchen um 5.40 Uhr sowie Zielort/Ankunftsort bzw. das Zusteigen zum Bus nicht widerlegen. Es ist daher dem Bw zuzustimmen, dass sich hier eine für ein Strafverfahren hinreichend plausible Tatrekonstruktion bzw. Beweisführung durch die nach Unschuldskriterien beweispflichtige Behörde nicht ausreichend möglich ist.

 

Es war daher der Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" spruchgemäß zu entscheiden, wobei eine Berufungsverhandlung im Sinne des § 51e Abs.2 Z1 VStG entfiel. Diese hätte nur zu einer unökonomischen Aufblähung des Verfahrens geführt und hätte auch vom Aspekt der Wahrheitsfindung nichts gebracht, weil davon auszugehen war, dass sich die Zeugen lediglich (nochmals) wiederholen.

 

 

3. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

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