Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160884/20/Ki/Da

Linz, 26.01.2006

 

 

 

VwSen-160884/20/Ki/Da Linz, am 26. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Z S, W, S, vom 16.9.2005, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 31.8.2005, GZ. III-S-38/05/G, nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen am 24.11.2005 und 25.1.2006 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Straferkenntnis vom 31.8.2005, GZ. III-S-38/05/G, die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe am 7.10.2004 um ca. 17.30 Uhr in Wels, S gegenüber dem Haus Nr. als Lenkerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen WE- nach einem Verkehrsunfall, bei dem nur Sachschaden entstand, nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl Sie der Lenkerin des gegnerischen Unfallfahrzeuges bzw. der Person, in deren Vermögen ein Schaden entstanden ist, nicht ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen habe. Es wurden Geldstrafen bzw. Ersatzfreiheitsstrafen verhängt und überdies ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin (zunächst vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J K) mit Schriftsatz vom 16.9.2005 Berufung erhoben und beantragt, dass das Straferkenntnis zur Gänze aufgehoben; in eventu die Strafhöhe reduziert werde.

 

Im Wesentlichen wird die Berufung damit begründet, dass Frau S keinen Verkehrsunfall verursacht habe.

 

I.3. Die Bundespolizeidirektion Wels hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung von mündlichen Berufungsverhandlungen am 24.11.2005 und 25.1.2006. Die Berufungswerberin sowie ein Vertreter der Bundespolizeidirektion Wels nahmen an beiden Verhandlungen teil. Als Zeugen wurden A G, M M sowie Mag. H K einvernommen. Die Verhandlung am 25.11.2005 war mit einem Augenschein an Ort und Stelle verbunden.

 

I.5. Der gegenständliche Vorfall wurde am 7.10.2004 um 19.00 Uhr von R G zur Anzeige gebracht. Laut dessen Angabe hatte er seinen Kombi mit dem Kennzeichen WE- am Vorfallstag auf der S gegenüber dem Haus Nr. zum Parken abgestellt. Laut Angaben der weiteren Zeugen (M und Mag. K) habe S um 17.30 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen WE- in Rückwärtsfahrt ebenfalls auf der S in Höhe des Hauses Nr. gelenkt um diesen Kombi einzuparken. Dabei sei sie mit der hinteren Stoßstange gegen das linke vordere Eck des von G abgestellten Kombis gestoßen, der Kombi sei bei diesem Vorfall beschädigt worden.

 

Bei einer niederschriftlichen Befragung vor der Bundespolizeidirektion Wels (Verkehrsunfallkommando) am 12.11.2004 bestritt Frau S, den geparkten PKW beschädigt zu haben. Sie habe sich zu diesem Zeitpunkt mit ihrem Kraftfahrzeug an ihrem Arbeitsplatz (Firma T) befunden. Sie arbeite dort bis 18.00 Uhr und sei anschließend nach Hause gefahren. Sie könne daher den Unfall gar nicht verursacht haben.

 

Frau M führte bei einer zeugenschaftlichen Befragung vor der Bundespolizeidirektion Wels am 25.1.2005 aus, dass sie sich an den Tag des Unfalles (7.10.2004, 17.30 Uhr) noch relativ gut erinnern könne. Sie habe sich damals in ihrer Wohnung im 1. Stock befunden, als sie ein lautes Geräusch gehört habe, welches offensichtlich von einem Zusammenstoß von Fahrzeugen herrührte. Sie habe aus dem Fenster gesehen und sehen können, wie ein roter Kleinwagen auf der Fahrbahn unter dem Fenster im Begriff gewesen sei, wegzufahren. Der oder die Lenkerin hätten sich dabei relativ ungeschickt und nervös angestellt, habe den Gang nicht hineingebracht, sei aber schließlich, sich ohne um die Beschädigung zu kümmern, weggefahren. Später habe sie eine Frau, die in der Nachbarschaft wohne, mit einem roten Kleinwagen fahren gesehen. Genau dieses Fahrzeug sei es gewesen, welches sie damals davonfahren sah.

 

Mag. K führte bei der zeugenschaftlichen Befragung vor der Bundespolizeidirektion Wels, ebenfalls am 25.1.2005, aus, dass er sich an den Tag des Unfalles (7.10.2004, 17.30 Uhr) noch genau erinnern könne. Er habe sich damals vor seinem Wohnhaus S Nr. direkt auf dem Gehsteig befunden. Ca. drei Autolängen von ihm entfernt habe die Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen WE- versucht vorwärts einzuparken, habe das aber offensichtlich nicht geschafft. Sie habe daher den Retourgang eingelegt und sei auf die gegenüberliegende Straßenseite gefahren, wo sie gegen den PKW des A G gestoßen sei. Ohne auszusteigen und nachzusehen, ob durch den Zusammenstoß ein Schaden entstanden sei, sei die Frau auf der S in Richtung Vogelweider-Unterführung davongefahren. Die Lenkerin des PKW, KZ. WE-, wohne in seinem Haus, er kenne sie vom Sehen. Der Name sei ihm aber nicht bekannt, diese Frau sei die Lenkerin zum Zeitpunkt des Unfalles gewesen. Er habe diese Frau bereits früher einmal beobachtet, als sie sich besonders ungeschickt beim Lenken angestellt habe.

 

Die Berufungswerberin legte bereits im erstinstanzlichen Verfahren in Kopie Unterlagen über die Zeiterfassung bei der Firma T vor, danach sei sie am 7.10.2004 in der Zeit von 13.21 Uhr - 17.30 Uhr in der Firma anwesend gewesen.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestritt die Berufungswerberin weiterhin den ihr zur Last gelegten Sachverhalt, sie habe keinen Unfall verursacht. Frau M bestätigte bei ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung im Wesentlichen ihre bereits im erstbehördlichen Verfahren getätigte Aussage, erklärte aber, dass sie den Verkehrsunfall bzw. den Anstoß nicht selbst gesehen habe, sie habe jedoch gesehen, dass das andere Fahrzeug beschädigt war und eben dass jemand nervös habe wegfahren wollen. Sie habe sich dann das Kennzeichen aufgeschrieben und die Freundin des Herrn G vom Vorfall verständigt. Wer im Fahrzeug gesessen ist, habe sie nicht erkennen können.

 

Herr G führte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme aus, dass er von dem Schaden insofern informiert worden wäre, als Frau M seine Lebensgefährtin angerufen habe. Er selbst habe den Unfall nicht bemerkt, bei seinem Fahrzeug sei der Blinker links vorne kaputt und überdies auch der linke vordere Kotflügel eingedellt.

 

Mag. K bestätigte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme ebenfalls den bereits geschilderten Sachverhalt, befragt, ob die Uhrzeit (17.30 Uhr) richtig wiedergegeben wurde, erklärte er, dass er diese Zeit wohl durch Blick auf seine Uhr festgestellt habe.

 

Beim durchgeführten Augenschein sind keine wesentlichen Aspekte hervorgekommen, Tatsache ist, dass vom Fenster aus, von welchem die Zeugin ihrer Aussage nach den Vorfall beobachtet hat, Sichtkontakt auf die Vorfallstelle möglich war.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn u.a. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Dazu wird festgestellt, dass im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz in dubio pro reo (im Zweifel für den Beschuldigten) anzuwenden ist, wonach dann, wenn dem Beschuldigten die Tat nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit trotz Aufnahme aller Beweise vorgeworfen werden kann, die Einstellung des Verfahrens zu verfügen ist.

 

Im gegenständlichen Falle liegen zwar mehrere Zeugenaussagen vor, welche die Möglichkeit, die Berufungswerberin habe den geschilderten Verkehrsunfall begangen, nicht ausschließen lassen. Ohne diesen Zeugen jedoch eine vorsätzliche Falschaussage unterstellen zu wollen, vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Auffassung, dass diese Beweise nicht ausreichen um mit absoluter Sicherheit den Nachweis der Verwaltungsübertretung durch die Berufungswerberin zu erbringen. Wohl hat Mag. K ausgesagt, er habe gesehen, wie die Beschuldigte an das andere Fahrzeug angestoßen ist, problematisch erscheint diesbezüglich jedoch seine Angabe in Bezug auf die Tatzeit, nämlich 17.30 Uhr. Laut dem im Verfahrensakt aufliegenden Zeiterfassungsblatt (Kopie) der Firma T war die Berufungswerberin nämlich bis 17.30 Uhr im dortigen Betrieb anwesend. Die Fahrtzeit vom Betrieb bis in die S beträgt laut Angaben der Bundespolizeidirektion Wels mindestens 9 Minuten, nach Angaben der Berufungswerberin bzw. auch des Zeugen Mag. K ca. 15 Minuten. Demnach kann sich der Vorfall jedenfalls nicht um 17.30 Uhr ereignet haben.

 

Nicht widerspruchsfrei sind auch die Angaben des Mag. K einerseits und der Frau M andererseits dahingehend, dass nämlich ersterer ausgeführt hat, die Beschuldigte sei ohne sich um den Schaden zu kümmern sofort wieder weggefahren, während letztere ihre Wahrnehmung derart beschrieb, sie habe sehen können, wie die Lenkerin zunächst nervös versucht habe, den Gang hineinzubringen und sie dann irgendwie weggefahren sei. Dazu kommt, dass die Zeugin M den Vorfall nicht unmittelbar beobachtet hat. Mag. K hat andererseits ausgesagt, er habe die Frau früher einmal beobachtet, als sie sich besonders ungeschickt beim Lenken anstellte. Die Berufungsbehörde schließt in diesem Zusammenhang nicht aus, dass dieses vormalige Erlebnis die Wahrnehmung des Zeugen möglicherweise beeinflusst haben könnte.

 

Aus der Aussage des Zulassungsbesitzers ist nichts zu gewinnen, zumal dieser den Vorfall überhaupt nicht mitbekommen hat, er wurde erst mittelbar durch seine Lebensgefährtin von diesem Vorfall informiert.

 

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zunächst fest, dass natürlich ein Vorfall, wie er von den Zeugen geschildert wurde, nicht der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht und es durchaus möglich ist, dass die Beschuldigte tatsächlich den Verkehrsunfall, wie er geschildert wurde, verursacht hat. Andererseits reichen die vorliegenden Beweise nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich aber nicht aus, diese Tatsache mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit, jedenfalls bezogen auf die vorgeworfene Tatzeit, zu belegen.

 

Unter Berücksichtigung des bereits erwähnten Grundsatzes in dubio pro reo kann somit der Beschuldigten der ihr zur Last gelegte Sachverhalt nicht mit der zur Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden, aus diesem Grunde war in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

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