Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150140/2/Kei/Km

Linz, 30.04.2001

VwSen-150140/2/Kei/Km Linz, am 30. April 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Mag. G P, N-O-Straße 1, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26. September 2000, Zl. 101-5/28-330110578, zu Recht:
 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
  2.  
  3. Rechtsgrundlage:
    § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.1 Z.3 und § 51 Abs.1 VStG.
     

  4. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.
  5.  

Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.1 VStG.
 
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):
"Der Beschuldigte, Mag. P G, geb. 27.3.1959, whft. N-O-Straße 1, L, hat als Lenker des PKW M, amtliches Kennzeichen M-, am 22.1.00, 22.20 Uhr, eine mautpflichtige Bundesstraße A (Bundesautobahn), nämlich die A, Rfb. Süd, Abfahrt W, Km 0,4, benützt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, indem an dem von Ihnen gelenkten Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht war, obwohl gemäß § 7 Abs.1 BStFG die Benützung von Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) und Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) - solange keine fahrleistungsabhängige Maut eingehoben wird - einer zeitabhängigen Maut, welche vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist, unterliegen.
 
 
 
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 7 Abs.1 iVm. § 12 Abs.1 Z.2 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (BStFG 1996), BGBl. Nr. 201/1996 (Art. 20 Strukturanpassungsgesetz 1996) i.d.g.F.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über den Beschuldigten folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
S 3.000,-- 17 Stunden § 13 Abs.1 BStFG i.d.g.F.
Ferner hat der/die Beschuldigte gem. § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
300,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: 3.300,-- Schilling (Euro 239,82). Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d Abs.1 VStG)."
 
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.
Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung u.a. vor:
Der Sachverhalt sei in einem wesentlichen Teil ungeprüft geblieben. Die Behörde hätte keine Ermittlungen durchgeführt.
Es seien der Pfarrer, Verwandte und Freunde nicht befragt worden.
Es liegen Entschuldigungsgründe vor.
Der Bw beantragte, dass das Straferkenntnis aufgehoben wird.
 
3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 23. November 2000, Zl. 101-5/28-330110578, Einsicht genommen.
 
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
 
4.1. Im Hinblick auf das in § 44a VStG normierte Konkretisierungsgebot war das im Folgenden Angeführte zu berücksichtigen (zitiert aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, Linde Verlag, Seite 969 und Seite 970):
Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 - 5 festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.
Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefasst sein muss, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, hat sowohl in der Praxis der Behörden als auch in der Judikatur des VwGH manchmal zu Unsicherheiten geführt. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984, Slg 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, dass die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, dass
1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung a l l e r Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und
2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.
 
Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z1 der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt.
 
4.2. Der dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. April 2000 ist zu entnehmen, dass der Bw wegen einem in der Anzeige näher beschriebenen Verhalten vom 22. April 2000 verdächtigt wurde. Dem Bw wurde innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist der Tag der Tat - der 22. April 2000 - nicht vorgeworfen. Im gegenständlichen Straferkenntnis und auch in der gegenständlichen Strafverfügung wurde als Tag der Tat jeweils der 22. Jänner 2000 angeführt. Die gegenständliche Strafverfügung und das gegenständliche Straferkenntnis sind die einzigen tauglichen Verfolgungshandlungen, die im gegenständlichen Zusammenhang erfolgt sind. Dazu, was eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung darstellt, wird auf die Ausführungen in Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, 1996, Linde Verlag, S. 924 und S. 925, hingewiesen.
Die Verfolgungsverjährungsfrist ist abgelaufen. Eine Berichtigung des Spruches des gegenständlichen Straferkenntnisses im Hinblick auf den Tattag durch den Oö. Verwaltungssenat war nicht zulässig. In diesem Zusammenhang wird auf die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen aus Hauer/Leukauf, S. 492, hingewiesen. "Die Berichtigung eines Tatbestandselementes durch die Berufungsbehörde setzt voraus, dass innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine entsprechende Verfolgungshandlung hinsichtlich dieses Merkmales erfolgt ist".
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
 
5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.
 
 
Dr. Keinberger