Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150141/9/Lg/Bk

Linz, 11.10.2001

VwSen-150141/9/Lg/Bk Linz, am 11. Oktober 2001

DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Herrn W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. September 2000, Zl.: BauR96-12-1999, betreffend Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung einer Berufung als verspätet, zu Recht erkannt:
 
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
 
Rechtsgrundlage:
§§ 63 Abs. 5, 66 Abs. 4, 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF, iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idgF.
 
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) vom 14. Juni 2000 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. Februar 2000, Zl. BauR96-12-1999, abgewiesen und die gleichzeitig eingebrachte Berufung als verspätet zurückgewiesen.
 
Die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags begründet der angefochtene Bescheid unter Hinweis auf verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung im Wesentlichen damit, dass im Hinblick auf die Bedeutung der Angelegenheit, es dem Bw möglich und zumutbar gewesen sei, die Befolgung des Auftrages an die Sekretärin, die Berufung zur Post zu geben, zu überwachen (beispielsweise durch Vorlage des Aufgabescheines). Bei der Einhaltung von Rechtsmittelfristen sei größtmögliche Sorgfalt des Rechtsmittelwerbers erforderlich und zumutbar.
 
2. In der Berufung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde von einem "nicht sorgfältigen Menschen" ausging, jedoch verschwiegen habe, wie sie zu diesem Schluss komme, weshalb es sich hierbei entweder um eine Vermutung oder eine Unterstellung handle und dies zur Begründung nicht ausreiche. Darüber hinaus bringt der Bw vor, dass auch "sorgfältige" Menschen wie beispielsweise Richter, Anwälte und dgl. von ihren Sekretariaten selbständig die Termine verwalten lassen, da ansonsten der Gerichtsbetrieb nicht aufrechterhalten werden könnte. In derartigen Gerichten und Verwaltungsbehörden könne der Bw problemlos "nicht sorgfältige Gebarungen" nachweisen. Ihm zuzumuten, seine Sekretärin als "Hilfsarbeiterin" zu betrachten, obwohl er sie seit Jahren als zuverlässige und sorgfältige Kraft kenne und schätze und sie mit wesentlich wichtigeren Dingen als Terminevidenzen in einem Verwaltungsstrafverfahren betraue, grenze an Zumutung und erscheine lediglich geeignet, eine weitere Begründung für eine "beamtete Hybris" oder schlichte Inkassoabsicht zu liefern.
 
3. Aus dem Akt ist ersichtlich:
 
Mit Schreiben vom 14.6.2000 stellte der Bw einen Antrag auf Wiedereinsetzung in Verbindung mit einer Berufung gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 22.2.2000, Zl. BauR96-12-1999/Rei und begründete dies damit, dass seine - offensichtlich erst durch die Zahlungsaufforderung motivierten - Nachforschungen ergeben hätten, dass "meine ansonsten äußerst zuverlässige und seit mehr als eineinhalb Jahren bei mir beschäftigte Sekretärin, die auch ansonsten mit der Evidenzhaltung meiner Termine, auch jener von Fristsachen, betraut ist, den Versand meiner Berufungsschrift aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen vergessen hat." Daher treffe ihn ein minderer Grad des Verschuldens und sei das Versagen seiner Sekretärin für ihn ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gewesen.
 
4. Das erkennende Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenats versuchte am 11.9.2001 den Bw über die Firma U. F GesmbH, G, telefonisch zu erreichen, um dessen Vorbringen zu klären bzw, damit zusammenhängend, den Antrag des Bw auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu erörtern. Das erkennende Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates kam mit einer Dame (Frau E) zu sprechen, die sich als jene Sekretärin zu erkennen gab, welche die gegenständliche Berufung gegen das Straferkenntnis nicht zur Post gegeben hatte. Das erkennende Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates bat diese Dame, an den Bw das Ersuchen weiterzuleiten, mit dem unabhängigen Verwaltungssenat zu dem erwähnten Zweck in Kontakt zu treten (Bitte um Rückruf). Da ein solcher Rückruf nicht erfolgte, beraumte der unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 11.10.2001 an und lud den Bw als Partei sowie Frau E als Zeugin. Mit Fax vom 4.10.2001 gab der Bw bekannt, sich am Tag der öffentlichen mündlichen Verhandlung geschäftlich in der Schweiz aufzuhalten und ersuchte um Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins. Die Zeugin blieb der öffentlichen mündlichen Verhandlung ohne Begründung fern.
 
5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:
 
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die Voraussetzungen des § 71 Abs.1 Z1 AVG (Glaubhaftmachung eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses; minderer Grad des Verschuldens) vorliegt.
 
Im gegenständlichen Fall hat sich der Bw für die Postaufgabe seiner Berufung einer Botin bedient. Durch die Rechtsprechung des VwGH ist klargestellt, dass hinsichtlich Boten eine Überwachungspflicht besteht (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, 1998, unter E 90ff zu § 71 AVG, S 1561f, zitierten Judikaturnachweise). Eine Überwachung seiner Botin hat der Bw aber nicht behauptet sondern sogar dezidiert als überflüssig in Abrede gestellt.
 
Lediglich ausnahmsweise ist nach der Rechtsprechung des VwGH - für Anwaltskanzleien - anerkannt, dass rein technische Vorgänge (wie zB die Postaufgabe) einer verlässlichen Kanzleikraft überlassen werden dürfen (vgl. die Judikaturnachweise bei Walter-Thienel, ebd, E 250 ff, insbesondere E 253, 254 zu § 71 AVG, S 1593). Es erscheint fraglich, ob bzw inwieweit diese Ausnahme auf private Betriebe übertragen werden kann. Anwaltskanzleien unterscheiden sich dadurch von "gewöhnlichen" Betrieben, dass der Verkehr mit Behörden (Gerichten) zu den betrieblichen Kernfunktionen gehört und die Weiterleitung von Schriftstücken an Behörden im Zentrum der dienstlichen Obliegenheiten des hauptsächlich mit solchen Aufgaben befassten Personals steht. Denkbar wäre eine Übertragung der eine detaillierte Überwachung erübrigenden Rechtsprechung des VwGH allenfalls unter der Voraussetzung, dass der Säumige dartut, dass auf seinen Betrieb bzw dessen Personal die Charakteristika einer Anwaltskanzlei zutreffen. Die entsprechenden Darlegungen müssten - in Anlehnung an die Rechtsprechung des VwGH (vgl. Walter-Thienel, ebd, E 221ff zu § 71 AVG, S 1585ff) - im Wiedereinsetzungsantrag erfolgen. (Wenn der Bw argumentiert, die belangte Behörde habe ihm keinen Sorgfaltsmangel nachgewiesen, so verkennt er grundsätzlich, dass es ihm oblegen wäre, seine organisatorischen Vorkehrungen zu substantiieren.) Mit der bloßen Behauptung, dass seine Sekretärin "auch ansonsten mit der Evidenzhaltung der Termine, auch jener von Fristsachen betraut ist" (so der Wiedereinsetzungsantrag) und er sie "mit wesentlich wichtigeren Dingen als Terminevidenzen in einem Verwaltungsstrafverfahren zur eigenständigen und eigenverantwortlichen Bearbeitung betraue" (so die Berufung gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags), tut der Bw nicht dar, dass seine Sekretärin hinsichtlich des manipulativen Behördenverkehrs in eine einer Anwaltskanzlei vergleichbare Organisation eingegliedert ist und aufgrund hauptsächlicher Befassung mit Aufgaben dieser Art dieselbe Routine aufweist, wie eine einschlägig verantwortliche Anwaltskanzleikraft. Schon aus dieser Erwägung ist im gegenständlichen Fall nicht darauf zu verzichten, dass der Bw eigeninitiativ ein Kontrollsystem dartut, welches ein Organisationsverschulden ausschließt oder zumindest vernachlässigbar gering erscheinen lässt. Dies ist aber nicht geschehen. Vielmehr scheint aus den herablassenden Bemerkungen des Bw mit Blick auf die Behörde und aus dem Hinweis, dass seine Sekretärin sich mit wichtigeren Dingen befasse, als mit Verwaltungsstrafverfahren, der Schluss zu ziehen zu sein, dass der Bw nicht geneigt ist, Angelegenheiten wie der gegenständlichen einen solchen Grad an Bedeutung beizumessen, der es ihm der Mühe Wert erscheinen lässt, für den Verkehr mit Verwaltungsbehörden organisatorische Vorkehrungen auf einem Niveau zu treffen, wie dies bei einer ordentlich geführten Anwaltskanzlei der Fall ist. Dieser Eindruck wird nicht zuletzt dadurch bekräftigt, dass weder das informelle Gesprächsangebot des unabhängigen Verwaltungssenates (um dem Bw gegebenenfalls die Fahrt nach L zu ersparen) - wegen eines Kanzleiversehens? - genutzt wurde noch der Bw - wegen anderer Präferenzen - zur öffentlichen mündlichen Verhandlung kam bzw sich dort vertreten ließ und auch die Sekretärin ihrer Zeugenladung nicht Folge leistete.
 
Da sohin der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht abgewiesen und die Berufung gegen das Straferkenntnis zu Recht als verspätet zurückgewiesen wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.
 
6. Ergänzend sei bemerkt, dass der Bw in der Berufung vom 14.6.2000 selbst eingesteht, dass er das Fahrzeug auf der Raststätte A (deren Parkplatz gemäß § 3 BStG als Teil der - natürlich mautpflichtigen - Autobahn A1 anzusehen ist) abgestellt und er "abgesehen davon... kein gebührenpflichtiges Straßenstück benützt" (sic!) hatte, sodass nicht erkennbar ist, wodurch der Bw seinen Antrag auf Einstellung des Verfahrens zu begründen vermöchte.
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 
 
Dr. Langeder

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