Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400370/4/Gf/Km

Linz, 18.08.1995

VwSen-400370/4/Gf/Km Linz, am 18. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des M.

A., vertreten durch die RAe Dr. H. F., Dr. F. F. und Dr. W.

F., ..........., ............, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion ..... zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als die Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft bis dato festgestellt wird; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, daß die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zur Sicherung der Ausweisung zulässig ist.

II. Der Bund (Bundespolizeidirektion .....) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 8.513,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 52 Abs. 4 FrG; § 66 Abs. 4 AVG; § 67c Abs. 3 AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Beschwerdeführer hat am 14. August 1995 eine auf § 51 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. 838/1992 (im folgenden: FrG), gestützte Beschwerde erhoben. Am selben Tag wurde die belangte Behörde ersucht, die bezughabenden Verwaltungsakten vorzulegen und mitzuteilen, ob sich der Beschwerdeführer noch in Schubhaft befindet.

Im Hinblick auf die durch § 52 Abs. 2 Z. 2 FrG vorgegebene Entscheidungsfrist ist jedoch weder eine Aktenvorlage noch eine entsprechende Mitteilung rechtzeitig, d.h. vor der spätestens am heutigen Tage abzufertigenden Entscheidung, erfolgt, weshalb in sachverhaltsmäßiger Hinsicht von der Richtigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers auszugehen war.

2. Danach liegt der gegenständlichen Beschwerde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt zugrunde:

2.1. Der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, hat am 4. Mai 1995 von Ungarn aus kommend das Bundesgebiet illegal betreten.

2.2. Noch am selben Tag wurde er von Organen der Bundespolizeidirektion Wels festgenommen, über ihn mit Bescheid vom 5. Mai 1995, Zl. IV-Fr-30213, die Schubhaft verhängt und diese durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus .....

vollzogen.

2.3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18. Mai 1995 wurde ein Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen.

2.4. Am 29. Mai 1995 hat die Bundespolizeidirektion .....

erstmals beim jugoslawischen Generalkonsulat in ........ um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer angesucht.

2.5. Am 4. Juli 1995 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß die Schubhaft gemäß § 48 Abs. 4 Z. 3 FrG über die Dauer von zwei Monaten hinaus bis zur Erlangung der für die Einreise nach Restjugoslawien erforderlichen Bewilligung ausgedehnt wird.

2.6. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion ..... vom 10.

Juli 1995 wurde über den Beschwerdeführer die Ausweisung verfügt.

3. Gegen seine Anhaltung aufgrund des oben unter 2.2.

angeführten Schubhaftbescheides wendet der Beschwerdeführer ein, daß die belangte Behörde von vornherein nicht darauf hingewirkt habe, daß die Schubhaft nur so kurz wie möglich dauert, weil von ihr erst nach einigen Wochen ein Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates gestellt worden ist.

Außerdem sei amtsbekannt, daß der Staat (Rest-)Jugoslawien (Serbien) aufgrund eines Erlasses seines Transport- und Kommunikationsministeriums vom 16. Novmeber 1994, der sich nicht nur auf den Flugverkehr beziehe, Kosovo-Albaner, die sich ohne gültiges Reisedokument im Ausland befinden und dort einen Asylantrag gestellt haben, nicht wieder zurücknehmen, weshalb die im gegenständlichen Fall verhängte Schubhaft schon von vornherein als zur Zielerreichung ungeignet und daher unzulässig sei. Schließlich sei auch die Schubhaft lediglich zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, nicht aber gleichzeitig auch zur Sicherung einer Ausweisung verhängt worden.

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung beantragt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 FrG hat derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen.

Nach § 41 Abs. 1 FrG können Fremde in Schubhaft angehalten werden, wenn dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

Gemäß § 48 Abs. 2 FrG darf die Schubhaft nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann; zum Zweck der Sicherung der Zurückschiebung darf sie insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

4.2.1. Daß es im vorliegenden Fall zur Sicherung des Ausweisungsverfahrens tatsächlich der Verhängung der Schubhaft bedurfte, ist offensichtlich, wenn schon der Beschwerdeführer selbst eingesteht, sich ohne gültiges Reisedokument im Bundesgebiet aufzuhalten und sohin seine Identität nicht zweifelsfrei feststellbar ist, weil damit die Prognose, daß er die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen zumindest erschweren - wenn nicht durch ein Untertauchen in der Anonymität gar verunmöglichen - wird, auf der Hand liegt.

Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers trifft es nicht zu, daß die Bundesrepublik Jugoslawien generell jenen Personen, die im Aufenthaltsland um Asyl angesucht haben, die Einreise verweigert, sondern lediglich im (für den vorliegenden Fall ohnedies unmaßgeblichen) See- oder Flugverkehr und auch dort nur dann, wenn sie weder ein durch eine jugoslawische Auslandsvertretung ausgestelltes (neues) Reisedokument noch eine durch die jugoslawische Auslandsvertretung ausgestellte Authentizitätsbescheinigung ihres (alten) Passes vorlegen können.

Es war daher im vorliegenden Fall keineswegs grundsätzlich aussichtslos, wenn sich die belangte Behörde durch Urgenz um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der jugoslawischen Vertretungsbehörde bemühte (vgl. auch bereits VwSen400350 v. 29.6.1995), um solcherart die Abschiebung durchführen zu können. Daß ein derartiges Unterfangen einige Zeit in Anspruch nimmt, wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt, sodaß sich auch die Ausdehnung der Schubhaft über die Dauer von zwei Monaten aus diesem Blickwinkel nicht als rechtswidrig erweist.

4.2.2. Vom Zutreffen des Vorbringens des Beschwerdeführers, daß die Schubhaft im oben unter 2.2. angeführten Schubhaftbescheid lediglich zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, nicht jedoch auch zur Sicherung der Verfügung einer Ausweisung verhängt wurde, ausgehend ist zunächst darauf hinzuweisen, daß § 51 Abs. 1 FrG alternative Beschwerdemöglichkeiten - nämlich u.a. die Behauptung der Rechtswidrigkeit einerseits des Schubhaftbescheides oder andererseits der Anhaltung - vorsieht.

Soweit der Beschwerdeführer nun vorbringt, daß die Schubhaft deshalb rechtswidrig ist, weil der sie verfügende Bescheid auf einem letztlich unzutreffenden Haftgrund (Aufenthaltsverbot) basiert, ist dieser Einwand berechtigt, wie dies die Erlassung des Ausweisungsbescheides vom 10. Juli 1995 (anstelle eines Aufenthaltsverbotsbescheides) belegt, ohne daß der Schubhaftbescheid diesem Umstand seither - weder zuvor noch danach - angepaßt worden wäre. Dazu kommt noch, daß die belangte Behörde die Ausstellung des Heimreisezertifikates offenkundig nicht zeitgerecht, sondern erstmals erst nach dreieinhalb Wochen beantragt hat.

Dennoch tangiert dieser Formalfehler die weitere Rechtmäßigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft deshalb nicht, weil durch eine Beschwerde gemäß § 51 FrG die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates an die Stelle des Schubhaftbescheides der belangten Behörde tritt und somit die - inhaltlich betrachtet, wie zuvor ausgeführt(vgl. 4.2.1.), rechtmäßigerweise verhängte - Schubhaft nunmehr als zur Sicherung der Ausweisung verhängt gilt.

4.3. Bei dieser Sachlage war sohin der vorliegenden Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG insoweit stattzugeben, als die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides der belangten Behörde und damit der Anhaltung des Beschwerdeführers bis dato festzustellen war; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und festzustellen, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers zur Sicherung der Ausweisung vorliegen.

5. Angesichts dieses Verfahrensergebnisses waren dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 8.513,33 S zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum