Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150365/8/Lg/Hue

Linz, 27.06.2006

VwSen-150365/8/Lg/Hue Linz, am 27. Juni 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 27. April 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des S. L., D-84 V., vertreten durch Rechtsanwältin Dr. W. S., 40 L., gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 7. Oktober 2005, Zl. BauR96-322-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem behördlichen deutschen Kennzeichen KE zu vertreten habe, dass er am 10. März 2005, 16.40 Uhr, in der Gemeinde A., Bezirk G., auf der A, I., bei ABKm 33, Parkplatz der Raststätte A., eine Mautstrecke benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Fahrzeug sei die Mautvignette nicht mit dem Originalkleber angebracht gewesen.
  2.  

  3. In der Berufung wird dagegen eingewendet, dass das Kfz mit einer ordnungsgemäß angebrachten Mautvignette versehen gewesen und zur Anbringung kein wie immer geartetes Hilfsmittel benutzt worden sei. Da der Bw zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht anwesend gewesen sei, sei eine Kontrolle der Vignette im Fahrzeuginneren nicht möglich und nur durch äußere Beschau möglich gewesen. Eine Feststellung, dass die Mautvignette mit "Labello" befestigt gewesen sei, sei somit aufgrund der bereits am 12. September 2005 geschilderten Umstände gänzlich unmöglich. Darüber hinaus sei schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine Adhäsionswirkung eines solchen Lippenstiftes nicht denkbar. Aus diesem Grund werde ein entsprechendes Sachverständigengutachten und eine Besichtigung des Kfz beantragt.
  4.  

    Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Zurückverweisung an die Erstbehörde zur Beiziehung des Sachverständigen.

     

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  6.  

    Dem Akt liegt eine Anzeige der A. vom 10. März 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass auf dem Kfz die Vignette nicht mit einem Originalkleber sondern mit "Labello" angebracht gewesen sei.

     

    Nach Strafverfügung vom 5. August 2005 rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

     

    Einer zusätzlichen Stellungnahme der A. vom 31. August 2005 ist zu entnehmen, dass die in der Anzeige festgehaltenen Angaben von einem Mautaufsichtsorgan dienstlich wahrgenommen und am Kfz ein Ersatzmautangebot hinterlassen worden sei.

     

    Dazu äußerte sich der Bw am 12. September 2005 wie in der später eingebrachten Berufung.

     

    Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

     

  7. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. April 2005 wurden vom Bw Fotoaufnahmen des gegenständlichen Kfz vorgelegt, die erkennen lassen sollen, dass die Vignette ordnungsgemäß aufgeklebt gewesen sei. Auf den Fotos ist erkennbar, dass auf der Windschutzscheibe zwei Vignetten befestigt sind: eine grüne und eine rote. Auf einem weiteren Foto ist erkennbar, dass versucht worden ist, die rote Vignette abzukratzen, dies indiziere die ordnungsgemäße Anbringung der roten Vignette. Dies würde den Schluss zulassen, dass der Bw um einen ordnungsgemäßen Umgang mit Mautvignetten bemüht sei. Man könne den Meldungsleger befragen, ob die Vignetten - obwohl erst nach der Tat aufgenommen - zum Tatzeitpunkt so angebracht gewesen seien.
  8.  

    Der zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger sagte aus, dass er sich an den gegenständlichen Vorfall nicht mehr erinnern könne. Aufgrund der Aufzeichnungen ergebe sich aber, dass die Vignette nicht mit dem Originalkleber aufgeklebt gewesen sei, wobei der Ausdruck, dass die Aufklebung mittels "Labello" erfolgt sei, von ihm stamme und auch seine Kollegin zum selben Schluss gelangt sei. Diese Art der Befestigung sehe man insbesondere an den schwarzen Stellen bzw. schwarz aufgedruckten Buchstaben, die in so einem Fall heller erscheinen würden. Dies werde vom Zeugen jedesmal von außen mit einer Taschenlampe - auch bei Tageslicht - eingehend auch von der Seite kontrolliert. Es seien in so einem Fall "Wellen" u. dgl. erkennbar. Ob diese "Wellen" oder Verschmierungen auch im gegenständlichen Fall erkennbar gewesen seien, sei nicht mehr erinnerlich. Nach von der A. durchgeführten Tests verrutsche eine mit "Labello" bestrichene Vignette während der Fahrt nicht, wobei die Trägerfolie auf der Vignette belassen worden sei. Glaublich sei die komplette Trägerfolie (mit Randpapier) beim gegenständlichen Kfz nicht aufgeklebt gewesen; eine konkrete Erinnerung habe der Zeuge jedoch nicht. Auf den nunmehr vom Bw vorgelegten Fotos scheine die grüne Vignette ordnungsgemäß aufgeklebt worden zu sein.

    Nach Einblick in die Ö.-Zahlungsaufforderung ergebe sich, dass die Tatzeit um 17.40 Uhr gewesen sei. Weshalb die handschriftliche Eintragung von vermutlich 16.40 Uhr auf 17.40 Uhr korrigiert worden sei, sei dem Meldungsleger nicht bekannt. Jedenfalls stelle die ausgebesserte Tatzeit auf dem Zahlschein (17.40 Uhr) die richtige Tatzeit dar. Außerdem werden die Daten auf diesem Ersatzmautangebot in den Computer eingegeben. Auch auf diesem internen Computerausdruck scheine als Tatzeit 17.40 Uhr auf. Somit müsse auch auf der Anzeige der A. diese Uhrzeit aufscheinen.

     

    Im Anschluss wurde vom Amtssachverständigen ein Test auf der Windschutzscheibe seines Kfz durchgeführt. Dieser bestrich eine Mustervignette mit "Labello" und klebt diese (mit der Trägerfolie) auf. Daneben war eine ordnungsgemäß aufgeklebte Mautvignette sichtbar. Weiters wurde eine grüne Vignette (für das Jahr 2005) aufgeklebt, die bereits einmal mit "Labello" bestrichen und auf einer Windschutzscheibe angebracht war.

    Es wurde festgestellt, dass alle Vignetten "scheckig" sind, wobei dies von Lufteinschlüssen stammt und daher mit Daumendruck zu beseitigen ist. Dies gilt sowohl für die mit "Labello" bestrichene als auch für die ordnungsgemäß angebrachte Vignette. Der Unterschied im Bezug auf die Schwarztöne (schwarz aufgedruckten Buchstaben und Zahlen) ist praktisch nicht sehr groß. Laut Ansicht des Amtssachverständigen dürften ins Auge springende Unterschiede nicht erkennbar werden.

     

    Der Meldungsleger brachte vor, dass es offenbar so sei, dass, wenn man dies perfekt mache, die Unterschiede nicht groß seien. Er hätte den gegenständlichen Fall jedoch nicht zur Anzeige gebracht, wenn nicht eben doch Unterschiede erkennbar gewesen seien.

     

    Die Vertreterin des Bw brachte abschließend vor, dass speziell im gegenständlichen Fall es unzweckmäßig gewesen wäre, mit einer mit "Labello" befestigten Vignette zu arbeiten, da es sich um einen deutschen Staatsbürger handle, dieser mit dem Kfz seiner Mutter unterwegs gewesen sei und sich daher nicht die Notwendigkeit aufdränge, die Vignette nicht ordnungsgemäß anzubringen. Wesentlich erscheine auch, dass der durchgeführte Test gezeigt habe, dass es zumindest sehr schwer sei, von außen einen Unterschied zwischen einer mit "Labello" aufgeklebten und einer ordnungsgemäß aufgeklebten Vignette festzustellen. Dies zumal dann, wenn man - wie heute - beim Test zwei Jahresvignetten für das gleiche Jahr nebeneinander zum Vergleich angebracht habe. Außerdem werde auf die Tatzeitproblematik hingewiesen. Dem Bw sei als Tatzeit 16.40 Uhr angelastet worden. Heute habe sich aber herausgestellt, dass sich die Anzeige auf eine Tat um 17.40 Uhr beziehe und daher eine wesentliche Differenz zwischen den Taten bestehe.

     

  9. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Der Einwand des Bw, dass das Ersatzmautangebot einen vom Tatvorwurf unterschiedlichen Tatzeitpunkt angibt, entspricht den Tatsachen. Fraglich erscheint, welche rechtlichen Folgen sich an eine solche Diskrepanz knüpfen. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit und eines geordneten Gesetzesvollzugs wird man davon auszugehen haben, dass sich ein Ersatzmautangebot - bei sonstiger Unwirksamkeit - auf den durch die Uhrzeit definierten Tatvorwurf beziehen muss. Da eine wirksame Ersatzmautaufforderung Strafbarkeitsvoraussetzung ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 22.11.2004, VwSen-150249/9/Lg/Hu) war spruchgemäß zu entscheiden. Bei diesem Ergebnis konnten die übrigen Einwendungen des Bw unerörtert bleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

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