Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160951/7/Zo/Da

Linz, 11.01.2006

VwSen-160951/7/Zo/Da Linz, am 11. Jänner 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des G F, geb. , S, vom 27.10.2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 5.10.2005, VerkR96-4969-2004, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
  3. Der Antrag auf Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG iVm § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960

Zu II.: §§ 64 ff VStG

Zu III.: § 51a Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Erstinstanz hat dem Berufungswerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 11.12.2003 gegen 14.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen GM- in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand auf der Pilsbacher Straße im Gemeindegebiet von Manning in Richtung Attnang-Puchheim bis km 7,415 gelenkt habe. Es sei zu einem Verkehrsunfall mit Verletzten gekommen, welcher von der Gendarmerie beim Gericht angezeigt worden sei. Vom Gericht sei jedoch keine Bestrafung erfolgt, weshalb nunmehr die Verwaltungsbehörde zuständig sei. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 700 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden, Verfahrenskostenbeitrag 70 Euro) verhängt wurde.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorerst die Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers beantragte. Er sei mittellos und verfüge über kein Einkommen, außerdem würde er sich bis 20. Dezember 2005 auch wegen dieses Vorfalles in Haft befinden.

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist. Weiters wurde in den Akt des Landesgerichtes Steyr zu Zl. 11HV 21/04 Einsicht genommen.

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte am 11.12.2003 um 14.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen GM- in 4901 Manning auf der Pilsbacher Straße in Richtung Attnang-Puchheim. Bei Strkm 7,415 stieß er trotz einer Vollbremsung gegen den vor ihm fahrenden Traktor mit angehängtem Kipper. Bei diesem Verkehrsunfall wurde sowohl der Berufungswerber als auch der Lenker des Traktors leicht verletzt (siehe Verletzungsanzeige des Krankenhauses Vöcklabruck vom 12.12.2003). Der Berufungswerber befand sich bei dieser Fahrt entsprechend dem Gutachten der Gerichtsmedizin Salzburg vom 1.3.2004 unter massiver Einwirkung des Opiats Morphin in Kombination mit der Droge Cannabis (TCH und 11-OH-THC). Er war nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug mit der notwendigen Sicherheit und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr zu bewegen. Seine Fahrtüchtigkeit zum Unfallszeitpunkt war damit nicht mehr gegeben.

Wegen dieses Verkehrsunfalles wurde der Berufungswerber vom Gendarmerieposten Gmunden sowohl bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden als auch beim Bezirksanwalt des Bezirksgerichtes Vöcklabruck angezeigt. Die gerichtliche Anzeige wurde gemäß § 56 StPO an die Staatsanwaltschaft Steyr abgetreten und in die zu Zl. 16 UR317/03 laufende Voruntersuchung gegen den Berufungswerber wegen anderer gerichtlich strafbarer Handlungen einbezogen. Am 23.6.2004 wurde der Berufungswerber im Rechtshilfeweg vom Bezirksgericht Schwanenstadt auch zum gegenständlichen Verkehrsunfall einvernommen. In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Steyr zu Zl. 2 St 379/03 wurden dem Berufungswerber zahlreiche gerichtlich strafbare Handlungen vorgeworfen, unter anderem auch ein Verkehrsunfall vom 6.11.2003, bei welchem der Unfallgegner schwer verletzt wurde. Hinsichtlich des gegenständlichen Verkehrsunfalles vom 11.12.2003 wurde der Berufungswerber jedoch nicht angeklagt, obwohl auch dieser Verkehrsunfall Gegenstand der Voruntersuchungen war. Auch in der Hauptverhandlung am 10.11.2004 erfolgte keine Ausdehnung auf diesen Verkehrsunfall, weshalb der Berufungswerber diesbezüglich auch nicht verurteilt wurde. Aus dem Gerichtsakt ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund der gegenständliche Verkehrsunfall nicht weiter gerichtlich verfolgt wurde, obwohl er Gegenstand der Voruntersuchungen sowie des gesamten Gerichtsaktes war. Entsprechend einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft Steyr vom 14.6.2005 ist wegen des Verschweigens in der Anklageschrift und der Hauptverhandlung eine gerichtliche Bestrafung wegen dieses Verkehrsunfalles nicht mehr möglich.

Der Berufungswerber wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 10.11.2004, Zl. 11 Hv 21/04 wegen verschiedener gerichtlich strafbarer Handlungen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 Jahr verurteilt.

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

5.1. Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat nach diesem Bundesgesetz oder nach den §§ 37 und 37a FSG den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht.

5.2. Aus der Bestimmung des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 ergibt sich, dass ein Verkehrsverstoß nach der Straßenverkehrsordnung dann keine Verwaltungsübertretung ist, wenn die Tat auch den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung verwirklicht. Es kommt also nicht darauf an, ob eine Person wegen eines bestimmten Verhaltens vom Strafgericht tatsächlich verfolgt oder verurteilt wurde, sondern darauf, ob das Verhalten den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung verwirklichte oder nicht.

Die Erstinstanz ist mit ihren Überlegungen im Recht, dass diese Frage in aller Regel durch das gerichtliche Urteil geklärt wird. Im konkreten Fall kam es aber ausnahmsweise zu keinem Urteil hinsichtlich des gegenständlichen Verkehrsunfalles. Im Gerichtsverfahren wurde also nicht geklärt, ob die Verletzung des Unfallgegners bei dem Verkehrsunfall vom 11.12.2003 den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung verwirklichte. Diese Frage muss deshalb von der Verwaltungsbehörde selbständig beurteilt werden.

Es handelt sich offensichtlich um eine fahrlässige leichte Körperverletzung des Unfallgegners iSd § 88 Abs.1 StGB, wobei sich der Berufungswerber aber auf Grund des gerichtsmedizinischen Gutachtens in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand befunden hat. Der Berufungswerber hat damit den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung iSd § 88 Abs.3 StGB verwirklicht. Wie bereits dargelegt, kommt es für die Subsidiaritätsbestimmung des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 nicht darauf an, ob der Berufungswerber gerichtlich verurteilt wurde, sondern ausschließlich darauf, ob sein Verhalten den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung verwirklichte. Diese Voraussetzung ist im gegenständlichen Fall offensichtlich gegeben, weshalb das Verhalten des Berufungswerbers gem. § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 keine Verwaltungsübertretung bildet. Es war damit seiner Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war es nicht erforderlich, den Berufungswerber zu einer weiteren Begründung seiner Berufung zu veranlassen. Auch die Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers war nicht erforderlich, weshalb dieser Antrag gemäß § 51a Abs.1 VStG abzuweisen war.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Z ö b l

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